Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 05.01.2010 | FG Niedersachsen

    Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags

    von Dipl.-Finw. Dr. Volker Kreft, RiFG, Bielefeld

    Seit seiner Einführung im Jahre 1991 ist die Verfassungsmäßigkeit der Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG heftig umstritten. Gerügt wird sowohl die formelle als auch die materielle Verfassungsmäßigkeit. Brandaktuell hat nun das FG Niedersachsen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags geäußert und die umstrittene Rechtsfrage dem BVerfG vorgelegt (FG Niedersachsen 25.11.09, 7 K 143/08, Abruf-Nr. 093895; betreffend den VZ 2007). Anstoß genommen haben die Finanzrichter insbesondere an der formellen Verfassungsmäßigkeit, nämlich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Erhebung in Form einer Ergänzungsabgabe.

     

    Bislang ergangene Entscheidungen

    Für die Jahre 1991 und 1992 hat das BVerfG bereits entschieden, dass das SolZG verfassungsgemäß ist und eine entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 19.11.99, NJW 00, 797). Eine weitere Verfassungsbeschwerde betreffend den Solidaritätszuschlag für das Jahr 2002 hat das BVerfG ebenfalls ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 11.02.08, 2 BvR 1708/06).  

     

    Auch die mit der Problematik bislang befassten Steuergerichte sind von der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags ausgegangen (vgl. z.B. FG Münster, EFG 06, 371 betr. VZ 2002, bestätigt durch BFH 28.6.06, VII B 324/05, BStBl II 06, 692; zuletzt FG München 18.8.09, 2 K 108/08, n.v., betr. VZ 2005, Rev. BFH: II R 50/09 und FG Münster 8.12.09, 1 K 4077/08 E, n.v., Rev. zugelassen, betr. VZ 2007). Die vielen derzeit noch bei den Finanzgerichten anhängigen Klageverfahren zeigen, dass der Unmut der Steuerbürger über die fortwährende Erhebung des Solidaritätszuschlags wächst, je länger die Abgabeverpflichtung andauert.  

     

    Anmerkungen zur Entscheidung des FG Niedersachsen

    Der Solidaritätszuschlag ist eine Ergänzungsabgabe, die als Zuschlag zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer entrichtet wird (§§ 1, 3 SolZG). Derartige Ergänzungsabgaben dürfen jedoch - so die Materialien zu Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG - nicht auf Dauer und lediglich in Ausnahmesituationen erhoben werden. Der Solidaritätszuschlag wird jedoch bereits seit 1995 ununterbrochen erhoben und ist damit zur Dauersteuer geworden. Zweifel bestehen deshalb, weil es sich bei den Kosten der deutschen Einheit gerade nicht um einen nur vorübergehenden, sondern um einen langfristigen Bedarf handelt, der zulässigerweise nicht durch eine Ergänzungsabgabe gedeckt werden durfte - so die mündliche Begründung des Beschlusses. Bei der vorliegenden Ausgestaltung ist es daher nach Auffassung des FG Niedersachsen mehr als zweifelhaft, ob dem Bund, dem das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag allein zusteht, die Gesetzgebungskompetenz zusteht (Art. 105 Abs. 2 GG). Zu weiteren Einzelheiten der mündlichen Begründung des Vorlagebeschlusses siehe Balke, NWB 50/2009, 3897; die schriftliche Begründung wird erst für Anfang 2010 erwartet.