08.11.2010 | Gewerbebetrieb
Die Veräußerung oder Aufgabe von Teilbetrieben: Abgrenzungsprobleme und Gestaltungspotenzial
von Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg
Die Frage, ob ein selbstständiger Teilbetrieb vorliegt, kann nicht nach einem bestimmten Schema beantwortet werden, sondern ist in hohem Maße einzelfallabhängig. Allerdings ergeben sich im Vorfeld erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten, indem z.B. die Voraussetzungen für die Eigenständigkeit von Betriebsteilen geschaffen werden, die sodann für eine isolierte steuerbegünstigte Veräußerung oder Aufgabe zur Verfügung stehen.
1. Teilbetriebseigenschaft auf vielen Ebenen von Bedeutung
Der Gewerbetreibende, der seinen Betrieb veräußert oder aufgibt und dadurch einen Gewinn erzielt, unterliegt damit nicht der laufenden, sondern der ermäßigten Besteuerung, indem ggf. der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sowie die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 2 oder 3 EStG Anwendung finden. Gewerbesteuerlich gehören Veräußerungs- oder Aufgabegewinne nicht zum Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) und bleiben damit unbelastet. Diese Vergünstigungen gelten auch bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs (R 16 Abs. 3 EStR 2008; R 7.1 Abs. 3 Nr. 1 GewStR 2009).
Der Begriff des Teilbetriebs spielt ferner eine Rolle im Rahmen einer zu Buchwerten möglichen Realteilung einer Mitunternehmerschaft (§ 16 Abs. 3 S. 2 ff. EStG u. § 16 Abs. 5 EStG). Bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus selbstständiger Arbeit sind Teilbetriebsveräußerungs- und Aufgabegewinne ebenfalls begünstigt. Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer kann die Veräußerung eines Teilbetriebs innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist zum Wegfall des Verschonungsabschlags führen (§ 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG). Außerdem gehört ein erworbener Teilbetrieb zum begünstigten Vermögen (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
2. Kriterien des BFH für anzuerkennenden Teilbetrieb
Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisatorisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich betrachtet alle Merkmale eines einkommensteuerrechtlich relevanten Betriebs aufweist und für sich lebensfähig ist (R 16 Abs. 3 S. 1 EStR 2008). Ob die veräußerten Wirtschaftsgüter beim Erwerber eine ausreichende Grundlage für seinen Gewerbebetrieb bilden, ist dagegen unerheblich (BFH 15.3.07, III R 53/06, BFH/NV 07, 1661). Es ist auch unschädlich, wenn der Erwerber den Teilbetrieb nicht als eigenständige Einheit fortführt, sondern in seinen Betrieb integriert. Die Frage nach der Lebensfähigkeit und Selbstständigkeit ist stets nach den Verhältnissen beim Veräußerer im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe zu beurteilen (BFH 18.10.99, GrS 2/98, BStBl II 00, 123).
3. Anforderungen an den Teilbetrieb im Einzelnen
Maßgebende Abgrenzungsmerkmale für die Bestimmung der erforderlichen Eigenständigkeit sind insbesondere
- die räumliche Trennung vom Hauptbetrieb;
- eine eingerichtete gesonderte Buchführung;
- eigenes Personal, eigene Verwaltung und selbstständige Organisation;
- eigenes Anlagevermögen;
- eine ungleichartige betriebliche Tätigkeit im Vergleich zum Hauptbetrieb;
- ein eigener Kundenstamm.
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