01.08.2006 | Gewinnermittlung
Praktische Auswirkungen der neuen BFH-Rechtsprechung zum Schuldzinsenabzug
Der BFH hat endlich (21.9.05, X R 47/03 und X R 46/04) überfällige Entscheidungen zum betrieblichen Schuldzinsenabzug getroffen und klargestellt, dass eine zweistufige Prüfung erfolgen muss. Zunächst müssen die Schulden nach privater oder betrieblicher Veranlassung getrennt werden; erst danach ist das Abzugsverbot anzuwenden. Das BMF hatte mit Schreiben vom 17.11.05 (BStBl I, 1019) reagiert und darin seine frühere Auffassung teilweise revidiert. Im aktuellen Anwendungsschreiben vom 12.6.06 (IV B 2 - S 2144 - 39/06, Abruf-Nr. 062188) werden hier weitere Zweifelsfragen ausgeräumt. Die Auswirkungen auf die Praxis werden nachfolgend anhand von Berechnungsbeispielen dargestellt.
1. Die Auffassung des BFH im Überblick
Der BFH hat vier entscheidende Punkte klargestellt:
- Unterentnahmen in Wirtschaftsjahren vor dem 1.1.99 müssen in den VZ 1999 und 2000 berücksichtigt werden.
- Ab dem VZ 2001 ist der „ Anfangsbestand“ nicht mehr zu berücksichtigen und eine neue Ermittlung seit 1999 durchzuführen.
- Der betriebliche Schuldzinsenabzug ist zweistufig zu ermitteln. Der typisierten Überentnahmeberechnung ist eine Veranlassungsprüfung voranzustellen. Dadurch vermindert sich der Zinsaufwand.
- Soweit Betriebseinnahmen zum Ausgleich privat veranlasster Sollsalden eingesetzt werden, gelten diese als entnommen.
2. Behandlung von Unterentnahmen vor dem 1.1.99
2.1 Veranlagungszeiträume 1999 und 2000
Der BFH (21.9.05, X R 47/03) hat zunächst festgestellt, dass die Einführung des vollkommen neuen Regelungsansatzes ab dem VZ 1999 nicht gegen formelles Verfassungsrecht verstößt, auch wenn der Gesetzgeber erst mit Abschluss des VZ 1999 im Rahmen des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 diese gesetzliche Neuregelung normiert hat. Insoweit wird von einer verfassungsrechtlich zulässigen „unechten Rückwirkung“ gesprochen.
Der BFH widerspricht der Finanzverwaltung in ihrer Auffassung (BMF 22.5.00, BStBl I, 588, Rz. 36), dass der „Anfangsbestand“ aus saldierten Über- und Unterentnahmen in Wirtschaftsjahren vor dem 1.1.99 nicht bei der Ermittlung zu berücksichtigen ist. Der Steuerpflichtige kann damit nicht nur im laufenden Wirtschaftjahr „gebildetes“, sondern auch „angespartes“ Eigenkapital vorangegangener Wirtschaftsjahre nach Sinn und Zweck entnehmen. Es ist also nicht zulässig, dass bei einem positiven Kapitalkonto zum 31.12.98 ein „Anfangsbestand“ ab dem 1.1.99 bei der Berechnung ausgeschlossen wird.
2.2 Veranlagungszeiträume ab 2001
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