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  • Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer
    Erwerb unbebauter Grundstücke mit anschließender Bebauung - Steuerfallen vermeiden
    von Dipl.-Finw. Hans-Ulrich Kühn, Borgholzhausen
    Wer ein unbebautes Grundstück erwirbt, auf dem ein Gebäude erst noch errichtet werden soll, muss sich nicht nur über die ertragsteuerlichen Folgen im Klaren sein, sondern sollte stets auch die Grunderwerb- und Umsatzsteuer im Auge behalten. Denn hat man sich erst einmal in den Fallstricken des "einheitlichen Vertragswerks" verheddert, zahlt man mitunter nicht nur für den Grundstückserwerb, sondern auch für das noch zu errichtende Gebäude Grunderwerbsteuer. Dabei kann es dann zusätzlich passieren, dass einzelne Leistungskomponenten der Umsatzsteuer unterliegen, obwohl Leistungen, die unter das GrEStG fallen, eigentlich umsatzsteuerfrei sind (§ 4 Nr. 9a UStG). Im Folgenden wird diese Problematik zunächst grundsätzlich erörtert und dann an praxisnahen Fällen verdeutlicht.
    1. Grunderwerbsteuer
    § 8 Abs. 1 GrEStG normiert als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer grundsätzlich die Gegenleistung. Doch Vorsicht: Wenn im Steuerrecht von einem Grundsatz die Rede ist, dann sind die Ausnahmen nicht weit. Mit der ab 1.4.99 gültigen Fassung des § 8 Abs. 2 S. 2 GrEStG übernahm der Gesetzgeber die vom BFH entwickelten Grundsätze zum einheitlichen Leistungsgegenstand bzw. zum einheitlichen Vertragswerk ausdrücklich in das GrEStG.
    Danach gilt: Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist nicht das unbebaute, sondern das bebaute Grundstück, wenn zwischen den Verträgen, die einerseits den Grundstückserwerb und andererseits die spätere Bebauung des Grundstücks betreffen, ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand auf Grund eines einheitlichen Vertragswerks das bebaute Grundstück erwirbt.
    Der BFH stellte erstmals mit Urteil vom 18.10.89 (BStBl II 90, 181 u. 183) auf das Merkmal "des sachlichen Zusammenhangs zwischen mehreren Verträgen" ab und konkretisierte seine Auffassung in diversen Folgeurteilen (BFH 23.11.94, BStBl II 95, 331; BFH 27.10.99, BStBl II 00, 34). Daraus ergeben sich folgende Aussagen zur Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung:
  • Ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den auf Grundstücksübereignung und den auf Bebauung gerichteten Verträgen besteht dann, wenn dem Erwerber auf Grund einer konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wird und er dieses Angebot nur als einheitliches annehmen kann, jedenfalls aber als solches annimmt.
  • Ein sachlicher Zusammenhang kann auch dann bestehen, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auftreten. Nicht ausschlaggebend ist, ob die Ansprüche auf Grundstücksübereignung und auf Errichtung des Gebäudes sich zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten. Entscheidend ist vielmehr, ob die Umstände des Zusammenwirkens dieser verschiedenen Personen ergeben, dass der Erwerber ein bebautes Grundstück erhält.
  • Ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen mit der Folge, dass der Erwerber als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält, liegt insbesondere dann vor, wenn der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das "ob" und "wie" einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei ist.
  • Wird dem Erwerber ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis einheitlich angeboten und nimmt er dieses Angebot als einheitliches an, so ist es ohne Bedeutung, wenn der Erwerber zunächst den Grundstückskaufvertrag und erst danach - in engem zeitlichen Zusammenhang - den zur Errichtung des Gebäudes notwendigen Vertrag abschließt. Bereits die Annahme des vorbereiteten einheitlichen Angebots durch den Erwerber indiziert einen objektiv engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskauf- und dem Bauvertrag - und zwar unabhängig von der zeitlichen Abfolge der Vertragsabschlüsse.
  • Liegt ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskauf- und dem Bauvertrag vor, so ist der für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in bebautem Zustand. Zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) gehören in diesen Fällen alle Leistungen des Erwerbers, die dieser an den Grundstücksveräußerer und an Dritte gewährt, um das Eigentum an dem Grundstück in seinem zukünftigen (bebauten) Zustand zu erwerben.
    2. Umsatzsteuer
    Grundsätzlich sind Umsätze, die unter das GrEStG fallen, von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 9a UStG). Die Finanzverwaltung vertritt jedoch die Auffassung (A 71 UStR), dass die grunderwerbsteuerliche Betrachtungsweise zum sachlichen Zusammenhang mehrerer Verträge nicht ohne weiteres auf die Systematik des Umsatzsteuerrechts übertragen werden kann. Wenn verschiedene Personen (z.B. Grundstückseigentümer, Bauunternehmer, Bauhandwerker) Verträge abschließen, sind die Leistungen der jeweiligen Personen nicht mit dem der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang identisch. Der Vorgang unterliegt dann nicht der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9a UStG (BFH 10.9.92, BStBl II 93, 316). Der BFH stellt in seiner Rechtsprechung zur Umsatzsteuer darauf ab, dass eine Leistungsbündelung nur vom selben Unternehmer und nur nach den Grundsätzen der Einheitlichkeit der Leistung sowie von Haupt- und Nebenleistung zulässig ist. Das heißt: Die über die Grundstückslieferung hinaus erbrachten weiteren Leistungen vom selben Unternehmer gegenüber dem Grundstückserwerber sind nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie in Bezug auf das unbebaute Grundstück unselbstständig sind. Sind es aber selbstständige Leistungen oder werden Leistungen von anderen Unternehmern als dem Grundstücksverkäufer erbracht, können sie der Umsatzsteuer unterliegen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass derselbe wirtschaftliche Vorgang (zumindest teilweise) der Grunderwerb- und auch der Umsatzsteuer unterliegen kann.
    3. Praxisbeispiele
    Nach der Theorie nun zu einigen Praxisbeispielen:
    Bespiel 1
    A erwirbt ein Baugrundstück für 100.000 EUR und beauftragt einen Architekten und diverse Bauhandwerker, ihm darauf ein Haus nach seinen Vorstellungen zu bauen.
    Grunderwerbsteuer: Es liegt kein "einheitlicher Vertrag" vor, da zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den Bauverträgen kein enger sachlicher Zusammenhang besteht. A war allein auf Grund des Grund-stückskaufvertrags nicht dazu verpflichtet, darauf ein Haus zu bauen. Es fällt lediglich Grunderwerbsteuer von dem Kaufpreis für das Grundstück an.
    Umsatzsteuer: Der Verkauf des Grundstücks ist umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG). Die Leistungen des Architekten und der bauausführenden Handwerker sind aber nach den allgemeinen Regeln umsatzsteuerpflichtig.
    Beispiel 2
    B erwirbt ein Baugrundstück für 100.000 EUR und beauftragt einen Generalunternehmer, der in keiner Beziehung zum Grundstücksveräußerer steht, ein schlüsselfertiges Haus zum Festpreis von 200.000 EUR zu bauen.
    Grunderwerbsteuer: Nach den obigen Grundsätzen liegt kein "einheitlicher Vertrag" vor, da zwischen Grundstückskauf- und Werkvertrag mit dem Generalunternehmer kein enger sachlicher Zusammenhang besteht. B war auf Grund des Grundstückskaufvertrags nicht dazu verpflichtet, mit dem Generalunternehmer einen Werkvertrag abzuschließen. Es fällt lediglich Grunderwerbsteuer von dem Kaufpreis für das Grundstück an.
    Umsatzsteuer: Der Grundstücksverkauf ist umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG). Die Leistungen des Generalunternehmers sind nach den allgemeinen Regeln umsatzsteuerpflichtig.
    Beispiel 3
    C schließt mit Bauträger B einen Werkvertrag über den Bau eines schlüsselfertigen Hauses für 200.000 EUR. B verkauft ihm außerdem aus seinem Bestand ein Baugrundstück für 100.000 EUR.
    Grunderwerbsteuer: Es besteht zwischen Werk- und Grundstückskaufvertrag offensichtlich ein enger sachlicher Zusammenhang. Maßgeblicher Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist das Grundstück im bebauten Zustand. Die Grunderwerbsteuer wird daher von dem Kaufpreis des Grundstücks von 100.000 EUR zuzüglich des Gebäudepreises von 200.000 EUR erhoben.
    Umsatzsteuer: Die Umsätze aus dem Werk- und dem Grundstückskaufvertrag sind umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG). B kann gegebenenfalls zur Umsatzsteuer optieren (§ 9 Abs. 1 UStG). Aus Sicht des B steht dem Vorteil der Steuerfreiheit die nicht abziehbare Vorsteuer aus Vorleistungen gegenüber.
    Beispiel 4
    Wie Beispiel 3, der Werkvertrag sah zunächst aber nur eine Standardausstattung hinsichtlich Bodenbelägen, Fliesen usw. vor. Auf Grund von Ausstattungswünschen des C sind zusätzlich zum ursprünglichen Festpreis von 200.000 EUR an den B 20.000 EUR und an einen Subunternehmer des B 10.000 EUR zu zahlen.
    Grunderwerbsteuer: Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist auch hier das Grundstück im bebauten Zustand. Nach der BFH-Rechtsprechung genügt es, dass der endgültige Zustand von vornherein "im Wesentlichen" feststeht und Mehrleistungen in geringerem Umfang vorliegen. Im Allgemeinen sehen Baubeschreibungen häufig im Hinblick auf einen werbewirksamen Endpreis nur Mindeststandards vor. Daher erhöhen die Zahlungen von 20.000 EUR an den B und von 10.000 EUR an den Subunternehmer die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage.
    Umsatzsteuer: Die zusätzlichen Leistungen des B sind steuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG); die Leistungen des Subunternehmers sind - nach Auffassung der Finanzverwaltung - nach allgemeinen Grundsätzen umsatz-steuerpflichtig, auch wenn sie die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage erhöhen (vgl. A 71 Abs. 1 UStR; Boruttau, GrEStG, 15. Aufl., Anm. 184b zu § 9).
    Beispiel 5
    Wie Beispiel 3, der Werkvertrag sah zunächst nur den Hausbau vor. Im Laufe der Bauphase entscheidet sich C jedoch zusätzlich für den Bau einer Doppelgarage. C beauftragt damit B und zahlt für die Doppelgarage 30.000 EUR.
    Grunderwerbsteuer: Ist die Entscheidung zum Garagenbau tatsächlich erst einige Zeit nach dem Abschluss des Grundstückskauf- und des Werkvertrags gefallen, dann besteht insoweit kein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen. Die 30.000 EUR für die Doppelgarage erhöhen dann die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht. Allerdings wird das FA nachfragen, ob diese Entscheidung tatsächlich erst später gefallen ist. Sahen zum Beispiel der Bauantrag und die Bauzeichnungen schon eine Doppelgarage vor, wird C auch von diesen 30.000 EUR Grunderwerbsteuer zu zahlen haben.
    Umsatzsteuer: Wenn der Umsatz hinsichtlich der Doppelgarage nicht in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einfließt, ist dieser nach allgemeinen Grundsätzen umsatzsteuerpflichtig.
    Beispiel 6
    D schließt mit Bauträger Y einen Werkvertrag über den Bau eines schlüsselfertigen Hauses für 200.000 EUR. Y vermittelt zugleich den Verkauf eines Baugrundstücks für 100.000 EUR.
    Grunderwerbsteuer: Zwischen dem Werkvertrag mit Y und dem Grund-stückskaufvertrag mit dem Dritten besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Sowohl die Zahlungen an Y als auch die Zahlungen an den Grundstücksveräußerer unterliegen daher der Grunderwerbsteuer.
    Umsatzsteuer: Der Grundstücksumsatz ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG); die Umsätze des Y sind - nach Auffassung der Finanzverwaltung - nach allgemeinen Grundsätzen umsatzsteuerpflichtig (vgl. A 71 Abs. 1 UStR; Boruttau, a.a.O.).
    Beispiel 7
    E erwirbt von einem Landwirt ein Baugrundstück für 100.000 EUR und verpflichtet sich dabei zugleich, mit dem Sohn (Bauunternehmer) des Landwirts einen Werkvertrag über den Bau eines schlüsselfertigen Hauses zum Festpreis von 200.000 EUR abzuschließen.
    Grunderwerbsteuer: Auch hier besteht zwischen dem Grundstückskaufvertrag mit dem Landwirt und dem Werkvertrag mit dem Sohn ein enger sachlicher Zusammenhang. Sowohl die Zahlungen an den Landwirt als auch die Zahlungen an den Sohn unterliegen der Grunderwerbsteuer.
    Umsatzsteuer: Der Grundstücksumsatz ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG); die Umsätze des Sohnes sind - nach Auffassung der Finanzverwaltung - nach allgemeinen Grundsätzen umsatzsteuerpflichtig.
    Beispiel 8
    F erwirbt von einem Landwirt ein Baugrundstück für 100.000 EUR und verpflichtet sich dabei zugleich, mit der Tochter (selbstständige Archi-tektin) des Landwirts einen Dienstvertrag über die Planung und Baubetreuung eines Hauses nach den Vorstellungen des F abzuschließen. Nach diesem Vertrag sollen die einzelnen Gewerke ausgeschrieben und von dem jeweils günstigsten Anbieter durchgeführt werden.
    Grunderwerbsteuer: Hier ist nicht das Grundstück im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, da ja durch Abschluss des Dienstvertrags mit der Tochter der endgültige "bebaute Zustand" nicht feststeht.
    Umsatzsteuer: Der Grundstücksumsatz ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG); die Umsätze der Tochter und der bauausführenden Handwerker sind nach allgemeinen Grundsätzen steuerpflichtig.
    Beispiel 9
    G geht auf das Angebot eines Maklers ein, ihm ein Grundstück von X für 100.000 EUR und gleichzeitig einen Werkvertrag mit einem Bauträger über die Errichtung eines schlüsselfertigen Hauses zum Festpreis von 200.000 EUR zu vermitteln. G kann dabei auf die Planung des Hauses nur in Details Einfluss nehmen.
    Grunderwerbsteuer: Hier besteht nun wieder ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen. Folglich wird Grunderwerbsteuer sowohl von dem Grundstückskaufpreis als auch von dem Preis des Hauses erhoben.
    Umsatzsteuer: Der Grundstücksumsatz ist steuerfrei gemäß § 4 Nr. 9a UStG; die Umsätze der bauausführenden Handwerker sind nach allgemeinen Grundsätzen steuerpflichtig.
    4. Fazit
    Werden im Zusammenhang mit einem Grundstückskaufvertrag auch Verträge zur Grundstücksbebauung geschlossen, droht regelmäßig eine grunderwerbsteuerliche Belastung hinsichtlich des Gesamtaufwands, die allenfalls teilweise durch eine verminderte Umsatzsteuerbelastung ausgeglichen wird. Zur Dokumentation, dass zwischen Grundstückskauf- und Bauverträgen keine enge sachliche Verbindung besteht, empfiehlt sich eine Beweisvorsorge. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass gesonderte Angebotsunterlagen hinsichtlich Grundstück und Gebäude aufbewahrt werden oder dass nach Grundstückserwerb Planungsvarianten mit verschiedenen bauausführenden Unternehmen dargestellt werden, eventuell auch durch Vertragsformulierungen, dass keine Bindung hinsichtlich Art und Umfang und Wahl weiterer Leistungen und Unternehmen besteht, sofern insoweit nicht zeitnah Fakten geschaffen werden.
    Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 06/2004, Seite 202
    Quelle: Ausgabe 06 / 2004 | Seite 202 | ID 103933