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  • 04.04.2011 | Kapitalgesellschaft

    Die Gründung einer GmbH in drei Schritten: Rechtliche und steuerliche Problemfelder

    von Dr. Helmar Fichtelmann, Ansbach

    Gesellschafter einer GmbH befinden sich in deren Gründungsphase in einem besonderen Konflikt. Einerseits ist die GmbH schon vor ihrer Eintragung im Handelsregister handlungsfähig. Dies ist auch hilfreich, da der Finanzierungsbedarf zur Einrichtung des Geschäftsbetriebs regelmäßig bereits eine Teilnahme der Vor-GmbH am Geschäftsverkehr erfordert. Andererseits lauern in der Gründungsphase Haftungsgefahren für die Gesellschafter, weil die mit der GmbH angestrebte Haftungsbeschränkung ggf. noch nicht greift. Was man beim „Geburtsakt“ der GmbH unbedingt im Blick haben muss, wird nachfolgend dargestellt.  

    1. In drei Schritten zur GmbH

    Für die Gründung einer GmbH sind drei Stufen zu unterscheiden:  

     

    1. Die künftigen Gesellschafter kommen überein, eine GmbH zu gründen. Die wesentlichen Vertragsteile werden festgelegt. Diese sog. Vorgründungsgesellschaft ist eine BGB-Gesellschaft, deren Zweck darin besteht, die GmbH zu gründen (vgl. Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 11 Rn. 69).

     

    2. Mit Errichtung des Gesellschaftsvertrags entsteht die Vor-GmbH.

     

    3. Mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht die GmbH als juristische Person (§ 11 Abs. 1 GmbHG).

     

    Von einer „unechten“ Vorgesellschaft wird gesprochen, wenn von Anfang an keine Eintragungsabsicht besteht oder diese später aufgegeben worden ist (vgl. BFH 7.4.98, VII R 82/97, BStBl II 98, 531). Verwendet wird aber auch die Bezeichnung „fehlgeschlagene Vor-GmbH“ (Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 11 Rn. 32).  

    2. Die Vorgründungsgesellschaft: Zustandekommen und Wirkung

    Der Entschluss mehrerer Personen, eine GmbH zu gründen, lässt eine Personengesellschaft entstehen, die in der Regel eine BGB-Gesellschaft ist, bei Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit aber schon eine OHG darstellen kann (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 11 Rn. 2). Diese (auch stillschweigend) zustande kommende Gesellschaft kann einen doppelten Inhalt haben (vgl. Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, § 11 Rn. 9):  

     

    1. Die Verpflichtung zum Abschluss eines GmbH-Gesellschaftsvertrags (Vorvertrag) und
    2. die Verpflichtung zur Vorbereitung der Gründung.

     

    Merke!

    Soweit der Vorgründungsvertrag die Verpflichtung einschließt, die GmbH zu gründen, unterliegt er als Vorvertrag der Formvorschrift des § 2 GmbHG (BGH 21.9.87, II ZR 16/89, GmbHR 88, 98). Das heißt, dass er in der Regel nichtig ist. Der Formmangel soll durch notariellen Abschluss des Gesellschaftsvertrags geheilt werden (vgl. Bayer in Lutter/Hommelhoff, § 11 Rn. 4). Auch bei einem nichtigen Vorvertrag entstehen aber bereits Treue- und Schutzpflichten unter den Gründern, deren Verletzung zum Schadenersatz verpflichten kann (Scholz/Karsten Schmidt, § 11 Rn. 8).  

     

    Hinweis: Die daneben bestehende BGB-Gesellschaft verpflichtet die Gesellschafter, die Vorbereitung der Gründung der GmbH zu betreiben. Von der Nichtigkeit des GmbH-Vorvertrags wird dieser Teil in der Regel nicht berührt (§ 139 BGB).  

     

    Die Verpflichtung zur Vorbereitung der Gründung bedarf keiner Form und kommt bereits durch (ernsthafte) Gespräche über die spätere Errichtung der GmbH zustande. Die damit entstehende Vorgründungsgesellschaft ist aber nicht mit der Vor-GmbH identisch. Rechte und Verbindlichkeiten gehen deshalb nicht automatisch von der Vorgründungsgesellschaft mit Abschluss des GmbH-Gesellschaftsvertrags auf die Vorgesellschaft über. Sie müssen vielmehr einzeln übertragen bzw. übernommen werden (BFH 8.11.89, I R 174/86; BStBl II 90, 91).  

     

    Praxishinweis

    In der Vorgründungsgesellschaft werden zweckmäßigerweise alle Punkte abgesprochen, die für den Inhalt des Gesellschaftsvertrags (§ 3 GmbHG) erforderlich sind. Die Vorgründungsgesellschaft kann bereits den Geschäftsbetrieb aufnehmen. Die Gesellschafter haften für Verbindlichkeiten nach den allgemeinen Regeln des BGB bzw. des HGB. Die Vorgründungsgesellschaft endet mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags für die GmbH. Änderungen des „künftigen“ Gesellschaftsvertrags vor der notariellen Beurkundung fallen noch in den Tätigkeitsbereich der Vorgründungsgesellschaft.  

     

    3. Die echte Vorgesellschaft (Vor-GmbH)

    3.1 Abgrenzung zur unechten Vorgesellschaft

    Die Vorgesellschaft ist die durch Gesellschaftsvertrag errichtete, aber noch nicht eingetragene GmbH (vgl. BFH 8.11.89, I R 174/86, BStBl II 90, 91). Sie ist als notwendige Vorstufe dem Recht der eingetragenen GmbH schon insoweit unterstellt, als es mit ihrem besonderen Zweck vereinbar ist und nicht die Rechtsfähigkeit voraussetzt. Sie ist zum Auftreten und Handeln im Geschäftsverkehr in weitem Umfang berechtigt und - abgesehen von der Rechtsfähigkeit im engeren Sinne - einer juristischen Person bereits weitgehend angenähert (BFH 12.12.07, X R 17/05, BStBl II 08, 579). Die Vor-GmbH ist mit der späteren GmbH identisch; bereits eingegangene Verbindlichkeiten und erworbene Ansprüche gehen mit der Eintragung auf die GmbH über.  

     

    Wichtig: Änderungen und Ergänzungen des Gesellschaftsvertrags - wie z.B. der Ein- und Austritt von Gesellschaftern - vor Eintragung der GmbH, unterliegen dem Formzwang des § 2 GmbHG (Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, § 2 Rn. 13; vgl. auch BFH 14.10.92, I R 17/92; BStBl II 93, 352; a.A. Scholz/Karsten Schmidt, § 11 Rn. 48). Für die Änderung des Gesellschaftsvertrags ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.  

     

    Ausnahme

    Bei einem Erbfall geht die Beteiligung kraft Gesetzes auf den Erben über. Darin ist keine Änderung des Gesellschaftsvertrags zu sehen (Scholz/Karsten Schmidt, § 11 Rn 42).  

     

    3.2 Die Eintragungsabsicht als konstituierendes Element der Vor-GmbH

    Die Eintragungsabsicht ist neben dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags das tragende Element der sich bildenden Vorgesellschaft; denn ohne Eintragung kann eine GmbH als Körperschaft nicht entstehen (§ 11 Abs. 1 GmbHG). Folgende Fallgestaltungen sind hier von Bedeutung:  

     

    1. Die Eintragungsabsicht besteht von Anfang an nicht.
    2. Die Eintragungsabsicht wird später aufgegeben.
    3. Die von Anfang an nicht bestehende Eintragungsabsicht wird später gefasst bzw. eine bereits aufgegebene Eintragungsabsicht wird wieder aufgenommen.

     

    Zu 1.: Eine Vor-GmbH kann nicht entstehen.  

     

    Zu 2.: Die spätere Aufgabe der Eintragungsabsicht betrifft den inneren Tatbestand und ist deshalb besonders schwer zu beurteilen.  

     

    Praxishinweis

    Es sollte deshalb vereinbart werden, dass die Eintragungsabsicht nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als aufgegeben gilt, wenn ein Antrag nicht gestellt worden ist. M.E. sind hierfür sechs Monate ausreichend, aber auch geboten, wobei es den Gesellschaftern unbenommen bleibt, durch Darlegung gewichtiger Gründe das Gegenteil zu beweisen.  

     

    Zu 3.: Die von Anfang an nicht bestehende Eintragungsabsicht lässt den abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag grundsätzlich unberührt; solange dieser Rechtszustand besteht, kann auch die Eintragung beantragt werden. Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafür, dass die Eintragung innerhalb einer bestimmten Frist beantragt werden muss.  

     

    Im Einzelfall kann in dem Unterlassen der Antragstellung - dazu bedarf es einer besonderen Weisung an die Geschäftsführer - die stillschweigende Aufhebung des Gesellschaftsvertrags zum Ausdruck kommen. Die Gründe für die Weisung an die Geschäftsführer (soweit diese z.B. schriftlich erfolgt ist) können Aufschluss geben. Die Aufhebung des Gesellschaftsvertrags bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter; für den die Aufhebung enthaltenden Weisungsbeschluss muss dasselbe gelten.  

     

    Es stellt sich nun die Frage, welche Wirkung der Antragstellung zukommt: nämlich die rückwirkende Entstehung der Vor-GmbH zum Tag des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags oder die Wirkung ex nunc zum Tag der Antragstellung? Praktikabilitätsgründe sprechen hier eindeutig für eine Vor-GmbH ab Errichtung des Gesellschaftsvertrags, nicht erst ab Stellung des Eintragungsantrags.  

     

    3.3 Weitere Abgrenzungsfragen

    Die Vorgesellschaft ist von der Vorrats- und Mantelgesellschaft zu unterscheiden:  

     

    • Als Vorratsgesellschaft bezeichnet man eine Kapitalgesellschaft, die ohne die Absicht, eine wirtschaftliche Betätigung aufzunehmen, gegründet wurde. Stattdessen soll sie später als „leere Hülle“ an einen Dritten verkauft werden, der dann die Gesellschaft zur Aufnahme einer Geschäftstätigkeit nutzt.

     

    • Im Unterschied zur Mantelgesellschaft ist die Vorratsgesellschaft noch nie einer vorherigen Geschäftstätigkeit nachgegangen.

     

    Ziel dieser Gesellschaftsformen

    Der Käufer spart sich den langwierigen Gründungsprozess der Kapitalgesellschaften und die damit verbundenen Haftungsrisiken einer GmbH in Gründung.  

     

    Eine Vorgesellschaft entsteht nicht bei einem Formwechsel in eine GmbH nach §§ 190 ff. UmwG (vgl. BGH 23.9.85, II ZR 284/84, GmbHR 86, 225), wohl aber in Fällen der Neugründung der aufnehmenden GmbH, also bei Verschmelzung/Spaltung, wenn vor deren Eintragung im Namen der Vorgesellschaft gehandelt wird (Scholz/Karsten Schmidt, § 11 Rn. 22 und 100), was aber äußerst selten der Fall sein wird.  

     

    Eine Vorgesellschaft kann nicht als übertragender Rechtsträger an einer Spaltung beteiligt sein, da sie in § 124 UmwG nicht benannt ist (vgl. Raible in Maulbetsch/Klump/Rose, UmwG, § 124 Rn. 10).  

     

    3.4 Persönliche Haftung in der Vor-GmbH

    Grundsätzlich gilt, dass für die in Gründung befindliche GmbH eingegangene Verbindlichkeiten eine persönliche Haftung der Geschäftsführer zu verneinen ist, wenn das Auftreten für die künftige GmbH genügend deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist (GmbH i.G.). Denn die Vor-GmbH ist durch Eintragung in der entstehenden Kapitalgesellschaft aufgegangen. Es haftet nun die GmbH (§ 13 Abs. 2 GmbHG; vgl. Roth in Roth/Altmeppen, § 11 Rn. 50; BGH 9.3.81, II ZR 54/80, BGHZ 80, 129).  

     

    3.5 Handelsrechtliche Buchführungspflicht

    Nach gängiger Ansicht besteht eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht nur, wenn die Vorgesellschaft selbst als Kaufmann anzusehen ist. Kaufmann könne die Vorgesellschaft aber nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB sein (vgl. Scholz/Karsten Schmidt, § 11 Rn. 29).  

     

    Praxishinweis

    Gegen diese Beurteilung bestehen jedoch Bedenken. Die Identität der Vorgesellschaft mit der aus ihr hervorgehenden GmbH lässt nur eine einheitliche Beurteilung zu. Die Identität verlangt, dass sich die Vorgesellschaft nach dem Rechtszustand der GmbH richtet, die nach § 13 Abs. 3 GmbHG als Kaufmann kraft Rechtsform gilt (ganz gleich, welcher Tätigkeit sie nachgeht). Ab Beginn der Vorgesellschaft ist deshalb m.E. zusammen mit der späteren GmbH eine Bilanz zu erstellen.  

     

    3.6 Liquidation und Insolvenz

    Da die Vor-GmbH weitgehend dem GmbH-Recht unterliegt, kann sie auch durch Gesellschafterbeschluss aufgelöst werden. Die GmbH i.G. wird dann als Vorgesellschaft i.L. fortgesetzt (BGH 28.11.97, V ZR 178/96, GmbHR 98, 185). Im konkreten Fall ergibt sich die Notwendigkeit einer Liquidation wohl nur dann, wenn die Vor-GmbH schon den Geschäftsbetrieb aufgenommen und Vermögen (auch negativer Art) gebildet hat.  

     

    Die Liquidation einer Vor-GmbH erfolgt nach h.M. nach den §§ 66 ff. GmbHG (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, § 66 Rn. 2; Lutter/Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, § 66 Rn. 5). Das gilt m.E. jedoch nur für den Fall, dass die Vor-GmbH körperschaftlich strukturiert ist. Ist das nicht so (in den Fällen der unechten Vor-Gesellschaft), liegt eine Personengesellschaft vor, deren Liquidation nach den Vorschriften des jeweiligen Gesellschaftstyps (BGB-Gesellschaft oder OHG, z.B. §§ 730 ff. BGB) vorzunehmen ist (a.A. Bayer in Lutter/Hommelhoff, § 11 Rn. 20, der auch nach Auflösung der Vor-Gesellschaft durch Aufgabe der Eintragungsabsicht eine Liquidation nach GmbH-Recht befürwortet).  

     

    Hinweis: Bei „Umwandlung“ der Vor-GmbH in eine Personengesellschaft wird der Betrieb der Vor-GmbH von einer Personengesellschaft „übernommen“. Die Notwendigkeit einer Liquidation besteht in diesem Fall nicht (vgl. BFH 18.3.10, VI R 88/06, GmbHR 10, 764).  

     

    Die Vor-GmbH ist als insolvenzfähig anerkannt, wenn Vermögen vorhanden ist und wenn sie im Rechtsverkehr wie eine juristische Person aufgetreten ist (vgl. Kirchhof in HK-InsO, § 11 Rn. 1).  

     

    3.7 Die Vor-GmbH kann bereits sein:

     

    • Betriebsgesellschaft einer Betriebsaufspaltung: Die Betriebsaufspaltung entsteht mit der Eintragung der GmbH rückwirkend (BFH 12.12.09, X R 17/05, BStBl II 08, 579). Eine Betriebsaufspaltung kann auch entstehen, wenn die Vor-GmbH sich in eine Personengesellschaft wandelt (sog. mitunternehmerische Betriebsaufspaltung, vgl. BFH 24.11.98, VIII R 61/97, BStBl II 99, 483; Fichtelmann, Betriebsaufspaltung, 10. Aufl., Rn. 298 ff.).

     

    • Komplementärin einer GmbH & Co. KG: Voraussetzung ist, dass die Geschäftsführer wirksam zum Beitritt bei der KG berechtigt sind (BGH 9.3.81, II ZR 54/80, BGHZ 80, 129).

     

    4. Die Rechtsverhältnisse der „unechten“ Vor-GmbH

    4.1 Die „unechte“ Vorgesellschaft als BGB- oder Handelsgesellschaft

    Die „unechte“ Vorgesellschaft (von Anfang an keine oder später aufgegebene Eintragungsabsicht) ist rechtlich gesehen eine Personengesellschaft. Soweit noch keine Tätigkeit aufgenommen worden ist, liegt eine BGB-Gesellschaft vor. Ansonsten ist auf die Art der Tätigkeit abzustellen: Bei gewerblicher Tätigkeit kann es sich - auf den Umfang abgestellt, vgl. § 1 Abs. 2 HGB - um einen kaufmännischen Betrieb und somit um eine OHG handeln. Ist das nicht der Fall, liegt eine BGB-Gesellschaft vor.  

     

    4.2 Vertretungsbefugnis in der Personengesellschaft

    In der „unechten“ Vor-GmbH werden, wenn der Geschäftsbetrieb aufgenommen worden ist, die Geschäftsführer für die GmbH i.G. tätig. Nun handelt es sich aber nicht um eine körperschaftlich organisierte Gesellschaft, sondern um eine Personengesellschaft. Wie ist die Vertretungsmacht für die Personengesellschaft zu begründen?  

     

    • Soweit die bestellten Geschäftsführer zugleich Gesellschafter der Personengesellschaft sind, ergeben sich keine Probleme; denn bei einer OHG sind die Gesellschafter zur Geschäftsführung berufen (§ 114 Abs. 1 HGB). Sind nicht alle Gesellschafter der GmbH zu Geschäftsführern bestellt, kann daraus geschlossen werden, dass die anderen Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen sind (§ 125 Abs. 1 HGB).

     

    • Schwieriger gestaltet sich die Begründung der Vertretungsmacht für Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter der GmbH sind. Für die OHG/BGB-Gesellschaft sind diese Geschäftsführer nicht ohne Weiteres vertretungsberechtigt. Da die Aufnahme des Geschäftsbetriebs der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf, kann darin aber zugleich die Bevollmächtigung zur Vertretung der (Personen-)Gesellschaft gesehen werden. Der so Handelnde haftet nicht nach § 11 Abs. 2 GmbHG.

     

    4.3 Persönliche Haftung der Gesellschafter

    Die Gründungsgesellschafter haften gegenüber der Vorgesellschaft selbst persönlich und unbeschränkt auf Ausgleich der gesamten Verbindlichkeiten der Vor-GmbH gegenüber ihren Gläubigern. Es handelt sich um eine sog. Innenhaftung; d.h. die Gläubiger können ihre Ansprüche nur gegen die Gesellschaft geltend machen, nicht gegen die Gesellschafter unmittelbar. Will der Gläubiger einen Gesellschafter unmittelbar in Anspruch nehmen, muss er den Anspruch der Gesellschaft pfänden.  

     

    Eine Ausnahme vom Grundsatz der Innenhaftung hält der BGH nur dann für geboten, wenn die Vorgesellschaft vermögenslos ist, es sich um eine Einmann-Vor-Gesellschaft handelt oder weitere Gläubiger nicht vorhanden sind. Gleiches gilt, wenn die Vor-GmbH vermögenslos ist oder sie insbesondere keinen Geschäftsführer hat. Ganz allgemein also in den Fällen, in denen eine Inanspruchnahme der Vor-GmbH offensichtlich aussichtslos oder unzumutbar ist (BFH 7.4.98, VII R 82/97, BStBl II 98, 531).  

     

    Merke!

    Die Gesellschafter haften nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur im Verhältnis ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung. Die Haftung erstreckt sich auf alle Ansprüche gegen die Vor-GmbH (also rückwirkend), die seit Geschäftsbeginn entstanden sind. Die Haftung nach steuerrechtlichen Vorschriften bleibt von der gesellschaftsrechtlichen Haftung unberührt (vgl. BFH 7.4.98, VII R 82/97, BStB II 98, 531).  

     

    5. Steuerliche Beurteilung der Vorgründungsgesellschaft

    Hat die Vorgründungsgesellschaft bereits eine (gewerbliche) Tätigkeit aufgenommen, wird sie steuerlich zur Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Da ihr die körperschaftliche Struktur fehlt, kann sie mit der Vorgesellschaft nicht gleichgesetzt werden. Auch die spätere Errichtung der GmbH ändert hieran nichts. Mit Entstehung der Vorgesellschaft endet deshalb die Mitunternehmerschaft. GGf. sind Rumpfwirtschaftsjahre zu bilden.  

     

    Beispiel

    Die (künftigen) Gesellschafter der GmbH nahmen bereits am 1.5.09 die gewerbliche Betätigung auf. Am 1.10.09 wird der Gesellschaftsvertrag für die GmbH errichtet, die den Betrieb fortführt. Die GmbH wird am 2.2.10 in das Handelsregister eingetragen.  

     

    Für die Zeit vom 1.5 bis 31.9.09 ist für die Mitunternehmerschaft ein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden. Ab 1.10. bis 31.12.09 besteht für die Vor-GmbH Körperschaftsteuerpflicht in einem Rumpfwirtschaftsjahr. Im Gesellschaftsvertrag kann ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vereinbart werden, das aber nur mit Zustimmung des FA auch steuerlich verbindlich ist (vgl. § 4a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG).  

     

    Hinweis: Hat die Vor-GmbH Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft übernommen, ist dies m.E. auch für die steuerliche Beurteilung verbindlich. In der Regel wird es zu einer vGA kommen.  

     

    Praxishinweis

    Die in der Vorgründungsgesellschaft begonnene Mitunternehmerschaft wird fortgesetzt, wenn mit Errichtung des Gesellschaftsvertrags keine (körperschaftliche) Vorgesellschaft entsteht. In beiden Phasen besteht dann eine Personengesellschaft, die auch eine einheitliche Mitunternehmerschaft zur Folge hat. Das hat Auswirkungen auf die Bilanzierung und Gewinnermittlung. Auf den Zeitpunkt der Fortsetzung in der „verunglückten“ Vorgesellschaft ist keine Eröffnungsbilanz zu erstellen. Das Wirtschaftsjahr wird nicht unterbrochen, sodass auch kein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden ist.  

     

    6. Steuerliche Beurteilung der „echten“ Vor-GmbH

    6.1 Vor-GmbH als Körperschaft im Sinne des KStG

    Bei dieser Variante ist die Vor-GmbH bereits körperschaftlich strukturiert und geht mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister in dieser auf. Es besteht deshalb auch in ertragsteuerlicher Sicht Identität. Die Identität zwischen Vor-GmbH und GmbH setzt voraus (vgl. Sauer in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 1 Rn. 83), dass  

     

    • der Erlangung der Rechtsfähigkeit keine ernsthaften Hindernisse entgegenstehen (z.B. eine staatliche Genehmigung, die voraussichtlich nicht oder erst nach einem langwierigen Rechtsstreit erfolgen dürfte).
    • Vermögen vorhanden ist (die Einzahlungen auf die Stammeinlage genügen bereits),

     

    Ob auch für die Vor-GmbH eine nach außen erkennbare geschäftliche Tätigkeit verlangt wird, ist umstritten, m.E. jedoch zu verneinen, weil bereits mit der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags Aufwendungen entstehen, die die GmbH belasten (verneinend auch Sauter in Erle/Sauter, § 1 Rn. 222; a.A. Frotscher/Maas, KStG, § 1 Rn. 70).  

     

    6.2 Eröffnungsbilanz und Gewinnermittlungszeitraum

    Vor-GmbH und nachfolgende GmbH bilden ein einheitliches Steuersubjekt. Auf den Zeitpunkt der Errichtung der Vor-GmbH (notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags) ist daher eine steuerliche Eröffnungsbilanz zu erstellen. Fällt der Zeitpunkt der Bilanzierungspflicht nicht auf den Beginn eines Wirtschaftsjahres, ist ein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden. Für den Zeitraum der Vor-GmbH und der GmbH ist der Gewinn einheitlich zu ermitteln (vgl. zuletzt BFH 14.10.92, I R 14/92, BStBl II 93, 352). Ist das Rumpfwirtschaftsjahr allein auf die Vor-GmbH bezogen, sind in diesem Zeitraum erlittene Verluste (§ 10d EStG) in Wirtschaftsjahren der GmbH abziehbar (vgl. Altendorf in H/H/R, § 1 1 KStG, Anm. 69).  

     

    Der Gesellschafter der Vor-GmbH bezieht Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn der Gewinn auf die Zeit vor Eintragung der GmbH ins Handelsregister entfällt (vgl. Wassermeyer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 Rn. C 3a).  

    7. Steuerliche Beurteilung der „unechten“ Vorgesellschaft

    Die unechte Vorgesellschaft führt zu einer steuerlichen Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) der beteiligten Gesellschafter (BFH 18.3.10, IV R 88/06, BStBl II 10, 991), die nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen ist und für die eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung durchzuführen ist (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO).  

     

    Weiterführende Hinweise

    Quelle: Ausgabe 04 / 2011 | Seite 132 | ID 143542