01.07.2005 | Kapitalgesellschaft
Gründung einer englischen „Limited“ – eine zweckmäßige Gestaltungsmöglichkeit?
Der EuGH hat im Fall „Überseering“ (EuGH 5.11.02, PIStB 03, 146 ff., 252 ff.) entschieden, dass einer nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaft innerhalb aller anderen EU-Mitgliedstaaten dieselbe Rechtsfähigkeit zuerkannt werden muss, die sie in ihrem Gründungsstaat besitzt. Im späteren „Inspire Art-Urteil“ (EuGH 30.9.03, GmbHR 03, 1260) hat der EuGH diese Auffassung bestätigt und zudem ausgeführt, dass die Anforderung eines Mindeststammkapitals bei einer Limited gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Damit hat er sich für EU-Sachverhalte gegen die zuvor vom BGH vertretene Sitztheorie ausgesprochen. Im folgenden Musterfall wird untersucht, wann die Gründung einer ausländischen Kapitalgesellschaft mit inländischem Tätigkeitsschwerpunkt ausnahmsweise zweckmäßig ist und ob die Gründung einer britischen Limited derzeit eine „echte Alternative“ zur GmbH darstellt.
1. Sachverhalt
Der 65-jährige Unternehmer U betreibt als Alleingesellschafter eine Marketing-GmbH. Da die GmbH sich in einer Krise befindet, erwägt er, sie in eine englische Limited zu übertragen, um den für deutsche GmbH`s geltenden Haftungsvorschriften zu entgehen. Da U außerdem über umfangreichen Grundbesitz verfügt, denkt er darüber nach, diesen auf eine KG mit einer Kapitalgesellschaft als einzigem persönlich haftenden Gesellschafter zu übertragen, um die Vergünstigungen der §§ 13a, 19a ErbStG nutzen zu können. Er fragt sich, ob die Übertragung des Vermögens in eine nach britischem Recht gegründete „limited by shares“ aus betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Sicht empfehlenswert ist?
2. Motive für die Gründung einer EU-Kapitalgesellschaft
Die Beweggründe für die Gründung einer Kapitalgesellschaft nach ausländischem Recht (insbesondere einer britischen Limited) sind fast immer dieselben: Zum einen sollen die deutschen Regeln zur Kapitalaufbringung umgangen werden, zum anderen gilt die Gründung einer Limited als schnelle und kostengünstige Alternative. Die Vor- und Nachteile müssen in der Praxis aber genau abgewogen werden.
Die Gründung einer ausländischen Kapitalgesellschaft kann insbesondere interessant sein, um das Mindeststammkapital bei einer GmbH von derzeit noch 25.000 EUR nicht aufbringen zu müssen. Nach herrschender Meinung können auf diesem Wege auch die Regeln über die Kapitalerhaltung nach §§ 30, 31 GmbHG (Rückzahlungspflicht bei Verstoß gegen Kapitalerhaltung) sowie das Kapitalersatzrecht der §§ 32 a, b GmbHG umgangen werden. Diese Vorschriften finden auf nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaften keine Anwendung. Allerdings sind diese Grundsätze keine deutsche Besonderheit. Mit Ausnahme von Großbritannien und Irland setzen alle Mitgliedstaaten, auch die am 1.5.04 beigetretenen Länder, ein Mindeststammkapital voraus (Wachter, GmbHR 04, 88 ff., 94).
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