01.07.2006 | Kapitalgesellschaft
Neue Bedenken gegen das Halbabzugsverfahren des § 3c Abs. 2 EStG
Der hälftigen Steuerfreistellung von Dividendenzahlungen und Veräußerungserlösen nach dem Halbeinkünfteverfahren steht die hälftige Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 EStG für die mit diesen Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen gegenüber. In der Literatur wird die Verfassungsmäßigkeit dieser auf den ersten Blick konsequenten Abzugsbeschränkung oft bezweifelt. Die Verfassungsmäßigkeit ist hier zumindest problematischer als bei der Parallelnorm des § 3c Abs. 1 EStG. Während bei letzterer Vorschrift ein Abzug bei (insgesamt) steuerfreien Einnahmen nur versagt wird, soweit Einnahmen erzielt werden, soll § 3c Abs. 2 EStG auch unabhängig von der Erzielung von Einnahmen im jeweiligen VZ anwendbar sein. Der BFH hat jüngst am 27.10.05 (IX R 15/05, Abruf-Nr. 053513) zwar entschieden, dass das Halbabzugsverfahren bei Veräußerungsgewinnen nicht gegen das verfassungsrechtlich verankerte objektive Nettoprinzip verstoße. Dabei hat er zur Anwendbarkeit bei Dividendenerträgen aber ausdrücklich keine Aussage getroffen. Nachfolgend wird die Problematik in einem Musterfall näher dargestellt und Handlungsmöglichkeiten erörtert.
1. Sachverhalt
Der Freiberufler Xaver (X) kauft Anfang 2001 einen 90-Prozent-Anteil an der Y-GmbH mit Sitz in Bielefeld für rund 200.000 EUR. Der Anteilskauf wird fremdfinanziert. Bei einem Zinssatz von 6 v.H. fallen jährlich 12.000 EUR Darlehenszinsen an. X erbringt für die Y-GmbH Dienstleistungen, die ausschließlich durch den nun beherrschenden Einfluss des X bei der Y-GmbH verursacht sind. Können die Finanzierungsaufwendungen des X zu 100 v.H. als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit geltend gemacht werden?
2. Problemstellung
Da die Schuldzinsen für ein Darlehen gezahlt werden, das der Finanzierung der Anschaffungskosten des GmbH-Anteils des X dient, stehen sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den daraus erzielten Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit und sind dem Grunde nach abziehbare Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG).
2.1 Beteiligung im Betriebsvermögen des X
Die Beteiligung an der Y-GmbH gehört zum notwendigen Betriebsvermögen des X. Das Eingehen von „Geldgeschäften“, hier der Beteiligung an der Y-GmbH, stellt sich allerdings nur ausnahmsweise als nicht „wesensfremde“ Hilfstätigkeit zur freiberuflichen Tätigkeit dar. Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zum notwendigen Betriebsvermögen eines Freiberuflers, wenn mit der Gesellschaft – wie hier – eine auf die Vergabe von Aufträgen gerichtete Geschäftsbeziehung bestand bzw. geschaffen werden sollte (vgl. BFH 14.1.82, BStBl II, 345 zur Beteiligung eines Architekten an einer Bauträger-Gesellschaft; BFH 31.5.01, DStR 01, 1425 zur Beteiligung eines Ingenieurs an einer Messehotel-AG).
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