Kapitalgesellschaften Forderungsverzicht gegen Besserungsschein - eine sinnvolle Alternative? von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart Mit seinem Schreiben vom 2.12.03 (BStBl I, 648) hat das BMF die Konsequenzen aus der Rechtsprechung des BFH zum Forderungsverzicht gegen Besserungsschein gezogen. Das sind die Fälle, in denen der Gesellschafter zwar auf eine Forderung gegen "seine" Gesellschaft verzichtet, allerdings unter der Bedingung, dass die Forderung wieder auflebt, wenn sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft in der Zukunft bessert. Im folgenden Beitrag werden die steuerlichen Folgen des Forderungsverzichts gegen einen Besserungsschein dargestellt. 1. Steuerliche Auswirkungen im Zeitpunkt des Verzichts Am 30.5.90 (BStBl II 91, 588) hat der BFH entschieden, dass ein Forderungsverzicht unter einer auflösenden Bedingung zum Zeitpunkt der Verzichtserklärung einem unbedingten Forderungsverzicht gleichzusetzen ist. Entsprechend richten sich die steuerlichen Folgen auch beim Forderungsverzicht eines Gesellschafters gegen Besserungsschein nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 9.6.97 (GrS 1/94, BStBl II 98, 307). Zu unterscheiden ist danach, ob die Forderung, auf die der Gesellschafter verzichtet, werthaltig ist oder nicht. Zwar ist die Forderung in beiden Alternativen aus der Bilanz der Gesellschaft erfolgswirksam auszubuchen, verzichtet der Gesellschafter aber auf eine werthaltige Forderung, so führt dies beim Gesellschafter zu einem Vermögenszufluss und bei der Gesellschaft zu einer (verdeckten) Einlage, die den außerordentlichen (a.o.) Ertrag ausgleicht. Der Vorgang ist bei der GmbH dadurch steuerneutral. Ist die Forderung des Gesellschafters hingegen nicht mehr werthaltig, führt der Verzicht bei der Gesellschaft zu einem a.o. Ertrag in Höhe der bisherigen Verbindlichkeit, dem keine verdeckte Einlage gegenübersteht und der folglich nicht kompensiert wird. Ist die verzichtete Forderung teilweise werthaltig, dann ist zwischen beiden Varianten aufzuteilen (zu Einzelheiten, insbesondere auch zu lohnsteuerlichen Folgen, vgl. GStB 03, 219). Erfolgt der Verzicht unter dem Vorbehalt der Besserung, das heißt unter dem Vorbehalt, dass bei einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens die Forderung wieder auflebt, dann gilt nichts anderes. Auch in diesem Fall ist bei der steuerlichen Beurteilung zwischen werthaltigen und nicht werthaltigen Forderungen zu unterscheiden.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ein Verzicht auf eine in der Zukunft gelegene - erst entstehende - Forderung gegen Besserungsschein nicht möglich ist. Verzichtet der Gesellschafter im März 2004 auf Teile seines ihm künftig, das heißt ab April 2004 zustehenden Gehalts, dann ist hier ein bedingter Forderungsverzicht gegen einen Besserungsschein nicht möglich, denn die Forderung war zum Zeitpunkt des Verzichts noch nicht entstanden. Es handelt sich in diesem Fall vielmehr um eine bloße Gehaltsanpassung.
2. Steuerliche Auswirkung bei Eintritt des Besserungsfalles Die ursprünglich ausgebuchte Forderung ist bei Eintritt des Besserungsfalles wieder als Verbindlichkeit vermögensmindernd einzubuchen (a.o. Aufwand an Verbindlichkeit). Bei der steuerlichen Behandlung des Besserungsfalles ist danach zu unterscheiden, ob die Forderung zum Zeitpunkt des Verzichts werthaltig war oder nicht. War die Forderung zum Zeitpunkt des Verzichts gegen Besserungsschein werthaltig, war der Verzicht als verdeckte Einlage zu beurteilen. Im Zeitpunkt der Besserung ist daher die Rückgewähr einer verdeckten Einlage anzunehmen, die den a.o. Aufwand steuerlich kompensiert. Wenn das Einlagekonto durch die Auszahlung der wieder auferstandenen Forderung negativ wird, ist dies ohne Bedeutung. Beim Gesellschafter mindern sich die Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG für die GmbH-Beteiligung. Ein (ggf. lohnsteuerlich relevanter) Zufluss ist nicht anzunehmen. War die Forderung zum Zeitpunkt des Verzichts nicht werthaltig, dann liegt im Fall der Wiedereinbuchung zwar ebenfalls ein Aufwand vor, dieser wird aber durch die Einlagerückgewähr nicht oder nicht in voller Höhe ausgeglichen. Die Einlage gilt nämlich nur in Höhe des damals werthaltigen Teils als zurückgewährt. Hat der Gesellschafter seinerzeit zum Beispiel auf eine Gehaltsforderung verzichtet, dann liegt im Fall der Zahlung eine steuerpflichtige Einnahme vor.
Lagen zwischen dem Zeitpunkt der Ausbuchung einer Forderung und ihrem Wiedereinbuchen irgendwann die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 KStG vor (Mantelkauf), so soll der Aufwand, der sich durch die Wiedereinbuchung ergibt, noch unter die beschränkte Verlustberücksichtigung fallen (vgl. hierzu BMF 2.12.03, a.a.O., Tz. 2.d). 3. Verzinsung der wieder eingebuchten Verbindlichkeiten Eine großzügige Regelung sieht das BMF-Schreiben vom 2.12.03 für die Zinsen vor, die auf die zeitweise verzichtete Forderung gezahlt werden. Die ab dem Zeitpunkt der Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit zu zahlenden Zinsen stellen Betriebsausgaben dar. Dies gilt nach dem BFH-Urteil vom 30.5.90 (a.a.O.) auch für den Teil der Zinsen, der für die Dauer der Krise - also für den Zeitraum, in dem die Verbindlichkeit ausgebucht war - nachgezahlt werden muss. Hier liegt kein Verstoß gegen das Nachzahlungsverbot vor, obwohl diese Zinsen einen Zeitraum umfassen, zu dem keine bilanzierte Verbindlichkeit vorlag.
4. Praxishinweise Der Forderungsverzicht gegen Besserungsschein wird vor allem genutzt, um eine bilanzielle Überschuldung zu vermeiden. Tritt eine wirtschaftliche Erholung ein, dann kann der Anteilseigner die Verbindlichkeit problemlos wieder aufleben lassen. Zu bedenken ist allerdings, dass eine solche Forderung auch nach einem Gesellschafterwechsel wieder aufleben kann. Wer also Anteile an einer GmbH erwirbt, muss danach fragen, ob in der Vergangenheit auf Forderungen gegen Besserungsschein verzichtet wurde. Ist dies der Fall, sollte unbedingt auf einem absoluten Verzicht bestanden werden, um vor unangenehmen Überraschungen sicher zu sein. Das bietet sich auch aus steuerlicher Sicht an, denn in Sonderfällen könnte die Übernahme der Darlehensforderungen durch den neuen Anteilseigner als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) zu werten sein (vgl. BFH 1.2.01, BStBl II, 520).
Auseinandersetzungen mit dem FA kann es auch noch hinsichtlich der Frage geben, wann eine GmbH überhaupt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist. Diese liegen zumindest immer dann vor, wenn eine Kapitalgesellschaft über einen längeren Zeitraum Verluste erwirtschaftet. Allgemein wird in diesem Zusammenhang von einem Drei-Jahres-Zeitraum ausgegangen. Eine Überschuldung oder gar Zahlungsunfähigkeit wird das FA nicht fordern können. Insoweit bleibt dem verantwortlichen Gesellschafter ein breiter Beurteilungsspielraum, ob er auf eine ihm zustehende Forderung gegen Besserungsschein verzichtet oder nicht. Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, ob eine Verbindlichkeit wieder eingebucht werden muss oder nicht. Hier wird das FA eine genaue Aussage verlangen, unter welchen Voraussetzungen der Besserungsfall angenommen werden soll. Daher sind bereits bei Verzicht die Voraussetzungen für die Annahme des Besserungsfalles und die Laufzeit des bedingten Verzichts genau zu bestimmen. Bei Gehaltsnachholungen sind der zeitliche und betragsmäßige Umfang möglichst konkret zu regeln (vgl. BFH 18.12.02, BFH/NV 03, 824). Nicht anerkennen wird das FA eine eher unverbindliche Vereinbarung, die das Vorliegen des Besserungsfalles weitgehend in das Belieben der Gesellschafter stellt. | ||||||||||
Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 03/2004, Seite 104 |
Quelle: Ausgabe 03 / 2004 | Seite 104 | ID 103912