01.05.2007 | Kapitalvermögen
Finanzinnovationen: BFH betritt mit seiner Rechtsprechung „Neuland“
Nach der Systematik des EStG war bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bislang immer zwischen dem Kapitalvermögen als solches (Vermögensebene) und der Frucht des Kapitals (Ertragsebene) zu unterscheiden. Demgemäß wirkten sich Wertveränderungen der Kapitalanlage als solche auf die Besteuerung der erzielten Erträge im Rahmen des § 20 EStG nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht aus (vgl. nur BFH 24.10.00, BStBl II 01, 97 m.w.N.). Der BFH hat unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Besteuerung bloßer Wertveränderungen eine Systemabweichung beinhalte, die der Gesetzgeber unmissverständlich definieren und rechtfertigen müsse. Für Finanzinnovationen hat der Gesetzgeber diese klare Unterscheidung zwischen Vermögens- und Ertragsebene jedoch aufgegeben. Wie der BFH dazu steht und welche Besonderheiten bei der Besteuerung von Finanzinnovationen nach der jüngsten Rechtsprechung zu beachten sind, wird in diesem Beitrag dargestellt.
1. Die gesetzliche Regelung
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG zählen zu den Kapitaleinkünften auch Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von Schuldverschreibungen bzw. Kapitalforderungen, bei denen die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt oder aber Kapitalerträge in unterschiedlicher Höhe bzw. für unterschiedliche Zeiträume gezahlt werden. Auch wenn der Besteuerung grundsätzlich die Emissionsrendite zugrunde zu legen ist, hat die Marktrendite für die Praxis erhebliche Bedeutung. Denn haben Wertpapiere/Kapitalforderungen keine Emissionsrendite oder wird diese vom Steuerpflichtigen nicht nachgewiesen, so ist die Marktrendite anzusetzen. Diese bemisst sich aber allein nach dem Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung bzw. Einlösung. Somit konnten bisher auch Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuerlich berücksichtigt werden (vgl. dazu BMF 14.7.04, IV C 1-S 2252-171/04, BStBl I, 611).
2. Die aktuelle Rechtsprechung des BFH
In insgesamt fünf Entscheidungen hat der BFH sich nunmehr umfassend zur Besteuerung von Finanzinnovationen und zu den damit verbundenen Problemen geäußert. In diesem Beitrag werden zunächst drei dieser Entscheidungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Praxis erörtert.
2.1 BFH vom 11.7.06 – VIII R 67/04: Zum Nachweis der Emissionsrendite i.S. von § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG
Die Kläger erwarben 1997 Gleitzins-Schuldverschreibungen mit einem Nominalwert von 390.000 DM und einem Emissionskurs von 101 v.H.
Die mit Endfälligkeit zum Jahre 2015 begebenen Schuldverschreibungen waren bis Ende 1997 mit 3 v.H. p.a., in der Folgezeit bis zum 19.3.01 mit 14 v.H.und danach mit 10 v.H. p.a. zu verzinsen. Die Rückzahlung des Kapitals sollte in elf Jahresraten ab März 2005 erfolgen. Der Emissionsprospekt sah für den Fall der Beendigung des zwischen dem Emittenten und einem Dritten bestehenden Devisenhandelsgeschäftes (Swap-Vertrag) aus bestimmten Gründen die vorzeitige Einlösung der Schuldverschreibungen zu einem vom Wert der hierfür bestellten Sicherheiten abhängigen Kurs vor.
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