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  • 04.06.2009 | Musterfall

    Das Seeling-Modell vom „Einstieg“ bis zum „Ausstieg“ - ein Praxisfall

    von Dipl.-Finw. RiFG Dr. Volker Kreft, Bielefeld

    Selten hat eine Entscheidung des EuGH wie die in der Rechtssache Seeling so viele steuerrechtliche Folgeprobleme nach sich gezogen (EuGH 8.5.03, C-269/00). Nach dieser Entscheidung kann ein Unternehmer die beim Erwerb gemischt-genutzter Gegenstände geschuldete Umsatzsteuer grundsätzlich vollständig und sofort als Vorsteuer abziehen, wenn er diese Gegenstände seinem Unternehmen zuordnet. Umstritten war anschließend beispielsweise, wie die Miteigentumsfälle bei Ehegatten zu beurteilen sind, wenn nur ein Ehegatte das Gebäude teilweise unternehmerisch nutzt. Streitig war auch, ob die Seeling-Grundsätze nur für Unternehmen gelten, die steuerpflichtige (und nicht steuerfreie) Umsätze ausführen. Auch beim Ausstieg aus dem Modell, insbesondere bei der Entnahme des Gebäudes, war einiges ungeklärt. Diese Zweifelsfragen scheinen nun jedoch durch aktuelle Rechtsprechung (zuletzt BFH 8.10.08, XI R 58/07, Abruf-Nr. 090492, GStB 09, 113; BFH 11.3.09, XI R 69/07, Abruf-Nr. 091456), Gesetzesänderungen sowie aktuelle BMF-Schreiben (BMF 22.9.08, IV B 8 - S 7109/07/10002, BStBl I 08, 895) geklärt zu sein. Dies ist Anlass genug, das Seeling-Modell einmal anhand eines Musterfalls vom „Einstieg“ bis zum „Ausstieg“ darzustellen.  

    1. Sachverhalt

    Die Eheleute A und B beabsichtigen, ein Grundstück zu erwerben und darauf ein Gebäude zu errichten. Die Herstellungskosten des Gebäudes werden 400.000 EUR zzgl. 76.000 EUR Umsatzsteuer, die laufenden Betriebs- und Instandhaltungskosten jährlich 8.000 EUR zzgl. 1.520 EUR Umsatzsteuer betragen. Geplant sind nachträgliche Herstellungskosten innerhalb der nächsten 10 Jahre. Die Ehefrau B ist freiberufliche Journalistin. Für ihre Tätigkeit will sie 20 % des Gebäudes als Büro nutzen. Weitere 40 % sollen dem A als Arztpraxis dienen. 5 % der Nutzfläche entfallen auf ein Arbeitszimmer, das A für eine Nebentätigkeit mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen nutzen will. Die verbleibende Fläche soll eigengenutzt werden. A und B wollen wissen, welche Gestaltungsmöglichkeiten aus umsatzsteuerlicher Sicht bestehen und welche Steuerfolgen sich jeweils ergeben.  

    2. Gestaltungsüberlegungen

    Zunächst muss überlegt werden, wer das Gebäude errichten soll - wer also zivilrechtlicher Eigentümer des Grundstücks und damit Bauherr werden soll - und wie das Zuordnungswahlrecht ausgeübt wird.  

     

    2.1 Entscheidung über die Eigentümerstellung

    In Betracht kommen Alleineigentum von A oder von B oder Eigentum der Ehegattengemeinschaft.