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  • 01.08.2005 | Niedersächsisches FG

    Nochmals: Rentenversicherungsbeiträge als ­Werbungskosten abzugsfähig

    von Dipl.-Finw. Dr. Volker Kreft, Richter am Niedersächsischen FG, Bielefeld
    Nach der Entscheidung des BVerfG vom 6.3.02 (BStBl II, 618) war die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten verfassungswidrig und durch den Gesetzgeber zu korrigieren. Dieser Aufforderung ist der Gesetzgeber im Alterseinkünftegesetz mit Wirkung ab VZ 2005 nachgekommen. Nunmehr sind nach einer Übergangsphase bis 2040 – verbunden mit einem erhöhten Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 3 EStG von bis zu 20.000 EUR – die Renten in voller Höhe als sonstige Einkünfte einkommensteuerpflichtig (nachgelagerte Besteuerung). Von Anfang an war heftig umstritten, ob die Rentenversicherungsbeiträge im Gegenzug in voller Höhe als Werbungskosten abzugsfähig sind. Das Niedersächsische FG hat als erstes Finanzgericht diese Rechtsfrage in einem noch nicht veröffentlichten Beschluss vom 23.5.05 (7 S 4/03) zugunsten des Steuerbürgers entschieden.

     

    Sachverhalt

    Der Antragsteller und die Agentur für Arbeit streiten darum, ob für die am 6.12.82 geborene und sich in Ausbildung befindende Tochter wegen Überschreitung des Grenzbetrages gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG (2002: 7.188 EUR) Kindergeld zu gewähren ist. In diesem Zusammenhang geht es um die steuerliche Abziehbarkeit der von der Tochter gezahlten Rentenversicherungsbeiträge, die dazu führen würde, dass die Grenzbeträge unterschritten werden. Die Kindergeldbehörde vertritt die Auffassung, die Beiträge seien zwar begrifflich Werbungskosten, sie seien aber konstitutiv und ausschließlich den Sonderausgaben zugeordnet. Dieser Rechtsansicht ist das Niedersächsische FG entgegengetreten und hat dem Werbungskostenabzug rechtslogischen Vorrang eingeräumt. 

     

    Anmerkungen

    Das FG stuft die in den Streitjahren 2001 und 2002 gezahlten Rentenversicherungsbeträge als Aufwendungen zum Erwerb der künftigen – für die Tochter voll steuerpflichtigen – sonstigen Alterseinkünfte ein und nimmt vorab veranlasste Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG an, die zu negativen Einkünften aus § 22 Nr. 1a EStG führen (so auch Heidrich DStR 05, 861; Balke, Consultant 05, 43). Aus rechtssystematischer Sicht verweisen die Richter auf den Eingangssatz des § 10 Abs. 1 EStG. Danach sind Aufwendungen nur dann Sonderausgaben, wenn es sich weder um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit könne daher ein Werbungskostenabzug nicht unterbleiben. 

     

    Die Entscheidung des 7. Senats des Niedersächsischen FG ist gesetzessystematisch konsequent und nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat hier wieder einmal einen groben handwerklichen Fehler begangen und die vollständige Abzugsfähigkeit der Rentenversicherungsbeiträge nicht bedacht. Die bisherige Rechtsprechung des BFH (BFH 21.7.04, BFH/NV 05, 513) steht dem jedenfalls nicht entgegen, da sie noch die alte Rechtslage betrifft. Man darf gespannt sein, wie der BFH – bei dem bereits ein diese Rechtsfrage betreffendes Revisionsverfahren (X R 11/05) anhängig ist – entscheiden wird.