01.04.2007 | Niedersächsisches Finanzgericht
Vorläufige Eintragung der Pendlerpauschale im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
Wenige Tage nachdem der 8. Senat des Niedersächsischen FG im Vorlagebeschluss vom 27.2.07 die Kürzung der Pendlerpauschale für die ersten 20. Entfernungskilometer für verfassungswidrig erachtet hat (siehe Kreft, GStB 07, 119), hat der 7. Senat des FG diese Rechtsauffassung in einem brisanten Beschluss geteilt und im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes das beklagte Finanzamt sogar verpflichtet, Steuerbürgern vorläufig einen entsprechenden Freibetrag auf die Lohnsteuerkarte einzutragen (Nieders. FG 2.3.07, 7 V 21/07, n.rkr., Abruf-Nr. 070876). |
Sachverhalt
Im Streitfall beantragte der Antragsteller im Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2007, die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für die tatsächliche Entfernung von 61 km als Freibetrag zu berücksichtigen. Gegen die vom Finanzamt vorgenommene Kürzung um die ersten 20 km aufgrund des ab dem 1.1.07 eingeführten „Werkstorprinzips“ erhob der Antragsteller nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Den zusätzlichen Antrag, den Freibetrag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einzutragen, lehnte das Finanzamt ab. Der anschließend beim Finanzgericht gestellte Antrag nach § 69 FGO hatte jedoch Erfolg.
Anmerkungen
Zunächst bestätigten die Finanzrichter, dass die vorläufige Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte im Wege eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) und nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung erreicht werden kann. Weiter schloss sich der 7. Senat den im steuerlichen Schrifttum vielfach geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 2 EStG an (z.B. Drenseck, FR 06, 1; Lenk, BB 06, 1305). Mit diesen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit waren die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der AdV gegeben. Um aber den Antragstellern tatsächlich einen vorläufigen Eintrag des ungeschmälerten Freibetrages zu ermöglichen, musste das FG noch eine weitere Hürde überspringen:
Das FG kam zu der Überzeugung, dass die Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der vorläufigen Eintragung haben und dieses Interesse höher zu bewerten sei als das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung. Dabei setzt sich der 7. Senat über einen Teil der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinweg, die bei dieser Abwägung den schwerwiegenden öffentlichen Interessen den Vorrang einräumen und die AdV trotz ernsthafter verfassungsrechtlicher Bedenken versagen. Der Senat stützt sich in diesem entscheidenden Punkt auf die Rechtsprechung des BVerfG, wonach die Einschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes nur ausnahmsweise anzunehmen ist, wenn die Gemeinwohlbelange des Staates berührt sind (etwa drohende staatliche Haushaltsnotlage; vgl. z.B. BVerfGE 51, 268, 284 f.; 67, 43, 58). Eine solche Haushaltsnotlage konnte das Gericht nicht feststellen.
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