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  • 01.05.2005 | Steuerplanung

    Antrag auf verbindliche Auskunft bei einem Billigmietverhältnis unter nahen ­Angehörigen

    von Dipl.-Finw. Dr. Volker Kreft, Richter am Niedersächsischen FG, Bielefeld

    Bei der zunehmenden Komplexität des Steuerrechts gewinnt der Faktor „Planungssicherheit“ immer mehr an Bedeutung. Abgesehen von einigen gesetzlich geregelten Spezialfällen wie der verbindlichen Auskunft nach einer Betriebsprüfung (§ 204 AO) oder der Lohnsteueranrufungsauskunft (§ 42e EStG) bleibt dem Steuerberater nur die Möglichkeit eines Antrags auf verbindliche Auskunft. Welchen Vorgaben ein solcher Antrag genügen muss, hatten wir bereits in GStB 05, 143 ff. erläutert. Im folgenden Musterfall wird dargestellt, wie der Antrag konkret formuliert werden könnte.  

    Sachverhalt

    Herr Mustermann (M), verheiratet, wohnhaft in Bielefeld, will für seinen Sohn A am Studienort in Münster eine Eigentumswohnung (ETW) mit einer Wohnfläche von 60 qm erwerben. Er hat sich mit dem Veräußerer bereits über den Kaufpreis von 100.000 EUR verständigt. Der Vertragsentwurf des Notars liegt vor. Die Kaufpreiszahlung soll zum Teil aus Fremdmitteln erfolgen. M will mit seinem Sohn A einen unbefristeten Mietvertrag über die Eigentumswohnung schließen. Der Mietzins soll auf Grund der finanziell eingeschränkten Möglichkeiten des A unterhalb der ortsüblichen Miete liegen. Herr Mustermann möchte von seinem Steuerberater wissen, ob die entstehenden Verluste steuerlich berücksichtigt werden können, da er andernfalls eine Wohnung für seinen Sohn anmieten würde.  

    Musterantrag auf verbindliche Auskunft

    Der Steuerberater kommt zu dem Ergebnis, dass Planungssicherheit hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung des beabsichtigten Mietverhältnisses nur im Rahmen einer verbindlichen Auskunft erlangt werden kann:  

     

     

    Vorschlag für einen Antrag auf verbindliche Auskunft

    An das  

    Finanzamt Bielefeld 

    Adresse 

     

    Antrag auf verbindliche Auskunft 

    Eheleute E. und H. Mustermann, Musterstr. 10, Bielefeld 

    Steuernummer: ..... 

     

    Sehr geehrte Damen und Herren, 

     

    ich bitte um Erteilung einer verbindlichen Auskunft auf Grundlage des nachstehend dargestellten Sachverhaltes: 

     

    1. Sachverhalt: 

    Herr Mustermann beabsichtigt, in Münster eine Eigentumswohnung (60 qm) zu erwerben und diese anschließend an seinen Sohn A zu vermieten. Erwerbszeitpunkt soll der 1.10.05 sein. Der Kaufpreis soll 100.000 EUR betragen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den beigefügten Entwurf des Kaufvertrages Bezug genommen. Die Finanzierung erfolgt teilweise aus Fremdmitteln. Der jährliche Zinsaufwand beträgt für die Darlehenslaufzeit von 10 Jahren ca. 1.500 EUR (siehe Finanzierungsangebot der Sparkasse Bielefeld vom ...).  

     

    Es ist geplant, dass Herr Mustermann mit seinem Sohn A einen unbefristeten Mietvertrag über die ETW schließt, und zwar zu folgenden Bedingungen:  

    • Mtl. Mietzins von 5 EUR pro qm = 300 EUR (Kaltmiete);
    • mtl. Nebenkostenabschlag: 80 EUR; eine Nebenkostenabrechnung soll erfolgen. Miete und Nebenkosten sollen per Dauerauftrag jeweils bis zum 3. des Monats auf ein Konto des Vaters überwiesen werden;
    • die Betriebskosten (Strom, Heizung, Wasser, Abwasser, Müllabfuhr) betragen mtl. ca. 80 EUR, die weiteren Kosten für Grundsteuer und Gebäudeversicherung mtl. ca. 50 EUR.
    • die ortsübliche Miete laut Mietspiegel beträgt 8 EUR/qm;
    • der Entwurf des schriftlichen Mietvertrags liegt in Kopie bei.

     

    Der Sohn A wird ab 15.10.05 in Münster Rechtswissenschaften studieren. Den monatlichen Mietaufwand wird er zum Teil aus seinem monatlichen Lohn für die Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft (250 EUR), zum Teil aus den monatlichen Unterhaltszahlungen von 600 EUR bestreiten und immer am Monatsanfang auf ein Konto des M überweisen.  

     

    2. Antrag und konkrete Rechtsfrage 

    Hiermit beantrage ich im Namen und im Auftrag der Eheleute Mustermann die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zu der Rechtsfrage, ob das Mietverhältnis mit dem Sohn A zu den vorstehenden Bedingungen anerkannt wird und die entstehenden Verluste bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden können.  

     

    3. Darlegung des Auskunftsinteresses 

    Die Erteilung der Auskunft ist für Herrn Mustermann von besonderem Interesse. Erwerb und Finanzierung der Eigentumswohnung hängen davon ab, ob die entstehenden Verluste steuerwirksam mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden können. Ansonsten kommt ein Erwerb der ETW nicht in Betracht. 

     

    4. Schilderung des Rechtsproblems 

    Bei dem geplanten Mietvertrag mit dem Sohn A handelt es sich um einen Vertrag zwischen nahen Angehörigen, bei dem der vereinbarte Mietzins zwischen 56 v.H. (Grenze der verbilligten Überlassung gemäß § 21 Abs. 2 EStG) und 75 v.H. der ortsüblichen Miete liegt. Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein solches Mietverhältnis bei positivem Liebhabereitest nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Darüber hinaus soll die Unterschreitung der Marktmiete nicht zusätzlich als Gesichtspunkt in den Fremdvergleich bei der Prüfung der Anerkennung des Angehörigenvertrags einbezogen werden (BFH 22.7.03, BStBl II, 806; BFH 4.8.03, BFH/NV 04, 39). Diese Rechtsprechung ist bislang nicht von den Finanzgerichten umgesetzt worden. Im Gegenteil:  

     

    Soweit ersichtlich haben alle einschlägigen Entscheidungen das in der verbilligten Vermietung liegende nicht marktgerechte Verhalten des Steuerpflichtigen zu seinen Lasten in die Fremdvergleichsprüfung ausdrücklich mit einbezogen (siehe Zusammenstellung der FG-Rechtsprechung bei Stein, EStB 04, 158). Insoweit besteht derzeit eine Rechtsunsicherheit, ob das vorliegende Mietverhältnis aus Sicht des Finanzamtes einem Fremdvergleich wegen erheblicher Unterschreitung der Marktmiete standhält.  

     

    5. Eigene Rechtsauffassung 

    (Detaillierte Darlegung der Rechtsauslegung aus Sicht des Antragstellers unter Angabe der gesetzlichen Vorschriften, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen) 

     

    U.E. sind bei Anwendung der BFH-Rechtsprechung die entstehenden Verluste aus Vermietung und Verpachtung in voller Höhe zu berücksichtigen. Eine Kürzung der Werbungskosten kommt gemäß § 21 Abs. 2 EStG nicht in Betracht, da die vereinbarte Miete mehr als 56 v.H. der Marktmiete beträgt und auf Dauer ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwarten ist. Nach Beendigung des Darlehensvertrags in 10 Jahren und Wegfall der Zinsbelastung übersteigt die Jahresmiete vielmehr die Abschreibung (2 v.H.) und die nicht umlagefähigen Kosten dauerhaft. M handelt also mit Überschusserzielungsabsicht.  

     

    Darüber hinaus ist das Mietverhältnis als Vertrag zwischen nahen Angehörigen auch steuerlich anzuerkennen. Das Mietverhältnis ist wirksam vereinbart, ernstlich gewollt und wird auch entsprechend den Vereinbarungen durchgeführt. U.E. steht die Mietverbilligung allein einem Fremdvergleich nicht entgegen. Zum einen besteht trotz gegenteiliger Handhabung in der FG-Rechtsprechung nach der Rechtsprechung des BFH ein „Fremdvergleichs-Überprüfungsverbot“ (vgl. BFH 22.7.03, BStBl II 03, 806). Zum anderen dürfte die Unterschreitung der ortsüblichen Miete allenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung berücksichtigt werden. Abgesehen von der verbilligten Miete halten jedoch alle anderen vereinbarten Pflichten einem Fremdvergleich stand. 

     

    6. Erklärung und Versicherung  

    Über den zu beurteilenden Sachverhalt wurde bei keiner anderen Finanzbehörde eine verbindliche Auskunft beantragt. Zudem wurden alle für die Erteilung der Auskunft und die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht und entsprechen der Wahrheit. 

     

    (Unterschrift)