03.12.2010 | Umsatzsteuer
Die umsatzsteuerliche Organschaft: Neues zur finanziellen und organisatorischen Eingliederung
von Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf
Die umsatzsteuerliche Organschaft führt dazu, dass die umsatzsteuerlichen Aktivitäten aller Beteiligten zu einem einzigen „Unternehmen" zusammengefasst werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die abhängigen Gesellschaften finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in das Organträgerunternehmen eingegliedert sind. Zu diesen Eingliederungsvoraussetzungen hat sich die Rechtsprechung in jüngster Zeit erheblich verschärft. Die Gestaltende Steuerberatung zeigt, wie man darauf reagiert und verhindert, dass eine umsatzsteuerliche Organschaft ungewollt wegfällt.
1. Chancen und Risiken einer bewusst herbeigeführten umsatzsteuerlichen Organschaft
Liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft vor, werden nur Außenaktivitäten des Organkreises beim Organträger besteuert, während beim Leistungsaustausch zwischen den Organschaftsbeteiligten („Innenumsätze“) Umsatzbesteuerung und Vorsteuerabzug unterbleiben. Das Hauptmotiv für die bewusst herbeigeführte umsatzsteuerliche Organschaft liegt damit auf der Hand: Die Definitivbelastung, die bei „Binnenumsätzen“ gegenüber einem vorsteuereingeschränkten Organschaftsbeteiligten sonst entstünde, soll vermieden werden. Dies ist insbesondere in der Immobilien-, Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche sowie bei den mit Heilbehandlungs- und Pflegeumsätzen befassten Unternehmen von Bedeutung. Zudem können sich Liquiditätsvorteile im Organkreis ergeben, weil bei Innenumsätzen die zeitliche Differenz zwischen Umsatzsteuerabführung und Vorsteuererstattung vermieden wird. Außerdem dürften sich die Verwaltungsabläufe spürbar verbessern.
Vorteile können sich auch ergeben, wenn die von zwei Organschaftsbeteiligten abgestimmt gegenüber einem Dritten erbrachten Leistungen umsatzsteuerlich zu „einer einheitlichen Leistung“ verschmelzen. So hat der BFH beispielsweise den Verkauf von Baugrundstücken durch einen Grundstückshändler und die von „dessen“ Organschaftstochter - einer Bauunternehmungs-GmbH - durchgeführte Bebauung als einen vollumfänglich nach § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerfreien Grundstücksverkauf zusammengefasst (BFH 29.10.08, XI R 74/07).
Diesen Vorteilen stehen aber auch Nachteile gegenüber. So kann die in der Entscheidung XI R 74/07 zum Vorteil gereichende Zusammenfassung zivilrechtlich getrennter Aktivitäten dazu führen, dass bei Übertragung einer an die Organgesellschaft (OG) vermieteten Immobilie auf den Organträger (OT) eine nicht-steuerbare „Geschäftsveräußerung im Ganzen“ scheitert (so jüngst BFH 6.5.10, V R 26/09). Zudem schuldet der OT die Umsatzsteuer auch dann für von den OG’en erbrachte „Außenumsätze“, wenn diese aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten zum Ausgleich dieser Beträge nicht (mehr) in der Lage sind. Umgekehrt kann das Finanzamt über § 73 AO für organschaftliche Umsatzsteuerschulden im Wege der Haftung auch auf das Vermögen der OG zugreifen.
2. Die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen
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