01.03.2005 | Umsatzsteuer
Gemischte Gebäudenutzung im umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen
Der EuGH hat in seinem Aufsehen erregenden „Seeling-Urteil“ entschieden, dass ein Unternehmer ein Gebäude, das er teilweise zu unternehmerischen Zwecken und teilweise zu privaten Wohnzwecken nutzt, insgesamt seinem Unternehmensvermögen zuordnen kann. Als Folge kann er dann auch die Vorsteuer aus den Herstellungskosten des privat genutzten Gebäudeteils abziehen (EuGH 8.5.03, Rs. C-269/00, UR 03, 288). Im Gegenzug hat der Unternehmer die Privatnutzung als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Die Finanzverwaltung hat darauf nun mit zwei BMF-Schreiben vom 13.4.04 (BStBl I 04, 468 und 469) reagiert, um Einnahmeausfällen vorzubeugen. Auch das Niedersächsische FG hat sich jüngst in einer Entscheidung mit dieser Problematik befasst (28.10.04, 5 K 351/04). Die Auswirkungen dieser für die steuerliche Praxis sehr interessanten Situation werden anhand des folgenden Musterfalls dargestellt.
1. Sachverhalt
A errichtet im 2. Halbjahr 04 ein Einfamilienhaus mit einer Nutzfläche von 250 qm. Für private Wohnzwecke nutzt er 200 qm (= 80 v.H.). Einen Büro- und einen Lagerraum (= 50 qm) vermietet er umsatzsteuerpflichtig an das Bauunternehmen X, das die angemieteten Räumlichkeiten ausschließlich zur Erzielung steuerpflichtiger Umsätze verwendet. Die Herstellungskosten betrugen 240.000 EUR, von denen 232.000 EUR vorsteuerbehaftet waren (Umsatzsteuer: 32.000 EUR). A hat folgende steuerliche Fragen:
- Kann das Einfamilienhaus dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden mit der Folge des vollen Vorsteuerabzugs aus den Herstellungskosten?
- Wie wäre der Vorsteuerabzug zu beurteilen, wenn A abgesehen von der Privatnutzung einen Teil des Gebäudes nur zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwenden würde?
- Inwieweit ist die Privatnutzung umsatzsteuerpflichtig?
- Kann trotz Zuordnung zum Unternehmensvermögen die Eigenheimzulage erlangt werden?
- Welche umsatzsteuerlichen Folgen hätte die Aufgabe der gewerblichen Vermietung bzw. die Entnahme des Gebäudes?
2. Lösung
Der steuerliche Berater des A hat die Rechtslage geprüft und kommt zu folgenden Ergebnissen:
2.1 Zuordnung zum Unternehmensvermögen und Vorsteuerabzug
Nach der Seeling-Entscheidung des EuGH wird auch vom BFH und der Finanzverwaltung (BMF 13.4.04, BStBl I, 469) akzeptiert, dass privat genutzte Gebäudeteile dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden können. Voraussetzung ist lediglich, dass der Teil des Gebäudes, der unternehmerisch genutzt wird und der Erzielung umsatzsteuerlicher Umsätze dient, nicht von untergeordneter Bedeutung ist, d.h. mehr als 10 v.H. beträgt. Das kann bereits dann der Fall sein, wenn ein häusliches Arbeitszimmer z.B. zur Erzielung schriftstellerischer Einkünfte genutzt wird. A kann daher eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen vornehmen und die in den Herstellungskosten enthaltene Vorsteuer vollständig zum Abzug bringen. Diese Grundsätze gelten im Übrigen auch dann, wenn ein Teil eines unternehmerisch genutzten Gebäudes unentgeltlich an Familienangehörige überlassen wird.
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