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  • Umsatzsteuer

    Grundlegendes und Aktuelles zur Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

    von Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf

    Erwirbt ein Unternehmer ein mehrjährig nutzbares Wirtschaftsgut, so muss er berücksichtigen, dass die zunächst abgezogene Vorsteuer nicht in jedem Fall zu 100 Prozent erhalten bleibt. Denn bei veränderten Gegebenheiten kann unter Umständen eine Vorsteuer-Korrektur nach § 15a UStG erfolgen. Der folgende Beitrag gibt einen Kurzüberblick über die Grundsystematik des § 15a UStG und aktuelle Entwicklungen dieser Vorschrift. Er bietet zugleich Anlass, ein jüngst im Internet installiertes Berechnungsprogramm vorzustellen, welches unseren Lesern ab sofort kostenlos für individuelle Korrekturberechnungen nach § 15a UStG zur Verfügung steht.*

    * Sie gelangen zu dem Berechnungsprogramm, wenn Sie im Internet unter www.iww.de im Feld2Quellenmaterial“ die Abruf-Nr. 011018 eingeben.

    1. Erstmaliger Vorsteuerabzug und spätere Korrektur

    Ob und inwieweit ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, entscheidet sich nach den Nutzungsverhältnissen im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung eines Gegenstands. Wird der Gegenstand in dem auf das Anschaffungsjahr folgenden Kalenderjahr erstmalig – und in anderer Weise als ursprünglich prognostiziert – genutzt, so kommt es folglich nicht zu einer Vorsteuerberichtigung aus § 15a UStG, sondern zu einer berichtigten Umsatzsteuerfestsetzung für das Erwerbsjahr (siehe aber auch unter 4.). Anders sieht es dagegen aus, wenn sich die Nutzungsverhältnisse in den der Erstnutzung folgenden Jahren ändern. Diese Nutzungsänderungen können zu einer zeitanteiligen Vorsteuerkorrektur gemäß § 15a UStG führen – und zwar zu Gunsten wie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen. Denkbar ist hierbei sogar, dass sich ein zeitanteiliger erstmaliger Vorsteuerabzug ergibt (Beispiel: Ein Versicherungsmakler erwirbt eine EDV-Anlage; nach zweijähriger Tätigkeit beginnt er, zusätzlich Grundstücke zu vermitteln und nutzt die Anlage auch für diese Tätigkeit). Voraussetzung für eine solche anteilige Vorsteuerausschüttung in den letztgenannten Fällen ist jedoch, dass dem Vorsteuerabzug beim ursprünglichen Erwerb – außer § 15 Abs. 2 UStG – kein weiteres Hindernis im Weg gestanden hat (Abschn. 214 Abs. 6 UStR). Für die ins Unternehmensvermögen „eingelegten“ Wirtschaftsgüter kommt § 15a UStG daher nicht in Betracht (vgl. Abschn. 214 Abs. 7 UStR; insbesondere auch zur Zuordnungsproblematik bei Gebäudeteilen).

    2. Der Korrekturzeitraum

    § 15a UStG findet auf alle mehrjährig nutzbaren Wirtschaftsgüter Anwendung. Eine Unterscheidung ergibt sich jedoch hinsichtlich des Korrekturzeitraums: Er beträgt fünf Jahre bei beweglichen Wirtschaftsgütern (bzw. verringert entsprechend einer nachgewiesenen kürzeren Verwendungsdauer) und zehn Jahre bei Grundstücken. Diese Angaben sind in Monate – regelmäßig also 60 bzw. 120 Monate – umzurechnen, denn § 15a UStG stellt für Beginn und Ende des Korrekturzeitraums auf den Kalendermonat ab. Hierbei bleiben nach § 45 UStDV aber solche „Endmonate“ unberücksichtigt, in denen der Zeitraum vor dem 16. endet.

    Beispiel

    3. Relevante Besonderheiten

    Neben den zuvor dargestellten Grundzügen sind bei § 15a UStG folgende Besonderheiten zu beachten:

    Veräußerung oder Entnahme: § 15a UStG setzt geänderte Nutzungsverhältnisse voraus. Als Nutzungsänderung gilt auch eine Veräußerung oder Entnahme, wenn die bei ihr anzuwendenden Besteuerungsverhältnisse von den Verhältnissen bei erstmaliger Nutzung abweichen. Eine steuerfreie Veräußerung nach einer steuerpflichtigen Nutzung würde also eine Vorsteuerberichtigung auslösen. Hierbei fingiert § 15a Abs. 6 UStG, dass die für die Veräußerung oder Entnahme geltenden Besteuerungsmerkmale für die verbleibende Zeit des Korrekturzeitraums fortgelten.

    • Geschäftsveräußerung im Ganzen: Ein korrekturauslösendes Ereignis i.S. des § 15a UStG ist zu verneinen, soweit ein Wirtschaftsgut im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG übertragen wird. Insofern geht der Korrekturzeitraum mit allen sonstigen Merkmalen auf den Erwerber über (§ 15a Abs. 6a UStG). Dies kann beispielsweise zur Folge haben, dass der Erwerber eines Grundstücks Vorsteuer anteilig nach § 15a UStG zurückzahlen muss, die sein Rechtsvorgänger geltend gemacht hat.
    • Nachträgliche Herstellungskosten: Neben den originären Anschaffungs- oder Herstellungskosten lösen auch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten einen eigenen Beobachtungs- bzw. Korrekturzeitraum i.S. des § 15a UStG aus (§ 15a Abs. 3 Nr. 1 UStG). Dies gilt hingegen nicht für laufende Erhaltungsaufwendungen (a.A. nun aber EuGH 17.5.01, Rs C. 322/99 u. 323/99, UR 01, 294). Die Unterscheidung zwischen Erhaltungs- oder Herstellungsaufwendungen ist folglich auch umsatzsteuerlich von erheblicher Brisanz; die begriffliche Abgrenzung ist dabei nach ertragsteuerlichen Grundsätzen vorzunehmen (Abschn. 214 Abs. 3 UStR).
    • Zeiten der Nichtnutzung – Leerstandszeiten: Die Zeiten der Nichtnutzung eines Wirtschaftsguts vor erstmaliger Verwendung bleiben ohne Relevanz, da für den Vorsteuerabzug die Verhältnisse bei erstmaliger Nutzung ausschlaggebend sind. Nutzungspausen (z.B. Leerstandszeiten bei Gebäuden) nach erstmaliger Verwendung begründen grundsätzlich weder eine Nutzungsänderung noch eine Verlängerung des Korrekturzeitraums; einer solchen Nutzungspause sind jedoch die nachfolgenden Nutzungsverhältnisse zuzuordnen (Abschn. 215 Abs. 8 UStR; siehe jedoch auch Punkt 4. dieses Beitrages).
    • Kfz-Besteuerung (§ 15 Abs. 1b UStG): Für die seit dem 1.4.99 erworbenen Betriebs-Kfz ist gemäß § 15 Abs. 1b UStG regelmäßig nur noch ein hälftiger Vorsteuerabzug zulässig. Ändern sich insofern – durch Nutzungsänderung oder Veräußerung/Entnahme – die Verhältnisse, so sieht § 15a Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 S. 2 UStG hierfür eine Vorsteuerkorrektur vor. Diese Besonderheit könnte jedoch wieder rückwirkend hinfällig werden, wenn der EuGH § 15 Abs. 1b UStG für nicht EG-konform erklärt (vgl. GStB 01, 85).
    • Korrektur von Rechtsfehlern: Nach der Rechtsprechung des BFH begründet § 15a UStG nicht nur eine Korrekturmöglichkeit bei veränderten Nutzungsverhältnissen, sondern lässt auch die Korrektur von Rechtsfehlern hinsichtlich des Vorsteuerabzugs zu – dies jedoch nur, soweit die diesbezüglichen Altjahre nach der AO nicht mehr berichtigt werden können (Abschn. 215 Abs. 6 Nr. 3 UStR).
    • „Nullregelung“ beim Abzugsverfahren: Hat der Unternehmer sich für die Errichtung eines unternehmerisch genutzten Gebäudes ausländischer Unternehmer bedient, so hatte er insofern das Abzugsverfahren i.S. der §§ 51 ff. UStDV zu beachten. Häufig unterbleiben jedoch die Abführung der Umsatzsteuer und der korrespondierende Vorsteuerabzug wegen Anwendung der „Nullregelung“ in § 52 Abs. 2 UStDV. Obwohl hier ein Vorsteuerabzug unterblieben ist, muss diese fiktive Vorsteuer in eine Korrekturberechnung nach § 15a UStG einbezogen werden (§ 52 Abs. 5 UStDV).
    • Verfahrensfragen und Bagatellgrenzen:Vorsteuerkorrekturbeträge i.S. des § 15a UStG sind grundsätzlich bereits in der Umsatzsteuer-Voranmeldung anzugeben. Davon kann nur dann abgesehen werden (d.h. Aufführung erst in der Jahreserklärung), wenn die jeweilige Korrektur 12.000 DM nicht übersteigt. Dies ist jedoch wiederum dann unzulässig, wenn korrekturauslösendes Ereignis eine Veräußerung oder Entnahme ist (44 Abs. 4 UStDV). Daneben kennt das Gesetz noch drei Bagatellgrenzen:
    1. Eine Vorsteuerkorrektur unterbleibt, wenn die auf das Wirtschaftsgut entfallende Vorsteuer 500 DM nicht übersteigt (§ 44 Abs. 1 UStDV).
    2. Eine Vorsteuerkorrektur wird für alle betroffenen Kalenderjahre einheitlich im letzten Jahr durchgeführt, wenn die auf das Wirtschaftsgut entfallende Vorsteuer 2.000 DM nicht übersteigt (§ 44 Abs. 3 UStDV).
    3. Eine Vorsteuerkorrektur unterbleibt in einem Folgejahr mit geänderten Verhältnissen gleichwohl, soweit die Änderung auf dieses Jahr bezogen weniger als zehn Prozentpunkte beträgt und 500 DM nicht übersteigt (§ 44 Abs. 2 UStDV).

    4. Aktuelle Entwicklungen

    In Kürze dürfte sich eine grundlegende Systemumstellung in § 15a UStG ergeben, da der Gesetzgeber die Vorschrift an Art. 20 der 6. EG-Richtlinie wird anpassen müssen. Hintergrund ist die Rechtsprechung zu den Fällen, in denen die prognostizierte Nutzung (eines Gebäudes) von der tatsächlichen Nutzung abweicht. Beispiel: Eine Immobilie, die als reines Geschäftsgebäude geplant war, wird später nur als Wohnhaus genutzt. In diesen Fällen wird der Vorsteuerabzug in der Bauphase entsprechend der geplanten Nutzung gewährt. Später erfolgt dann eine Änderung der Umsatzsteuer-Festsetzung nach § 164 AO oder § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO und die ursprünglich gewährte Vorsteuer wird zurückgefordert – so die bisherige Vorgehensweise der Finanzverwaltung (Abschn. 203 Abs. 3 und 4 UStR).

    Dieses Recht zu einer rückwirkenden Korrektur nach der AO steht dem Fiskus jedoch aus Sicht des EuGH regelmäßig nicht zu. Vielmehr müsse in diesen Fällen die spätere (von der ursprünglichen Nutzungsprognose abweichende) Nutzung durch eine nachgelagerte Vorsteuerkorrektur i.S. des Art. 20 der 6. EG-Richtlinie bereinigt werden. Diese Vorschrift entspricht zwar in etwa dem deutschen § 15a UStG. Allerdings ist es dem deutschen Fiskus bislang verwehrt, in den genannten Fällen tatsächlich auf § 15a UStG zurückzugreifen, weil dieser dem Wortlaut nach nur dann zur Anwendung kommt, wenn sich die Nutzungsverhältnisse eines Folgejahres im Vergleich zum Jahr der erstmaligen Nutzung ändern. Und das ist hier gerade nicht der Fall, denn das Jahr der erstmaligen Nutzung ist schließlich das Jahr, in dem die obige Immobilie zu Wohnzwecken genutzt wird. Eine Änderung der Nutzungsverhältnisse ist also gar nicht eingetreten – § 15a UStG geht ins Leere. Der deutsche Gesetzgeber wird folglich zeitnah § 15a UStG grundlegend umstrukturieren und an Art. 20 der 6. EG-Richtlinie anpassen müssen, um millionenschwere Steuerausfälle zu vermeiden. Die Sichtweise des EuGH könnte auch die Fälle der Nichtnutzung bzw. der Leesrandszeiten von Gebäuden betreffen. Beachten Sie ausführlichen hierzu: GStB 01, 279.

    Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 09/2001, Seite 333

    Quelle: Ausgabe 09 / 2001 | Seite 333 | ID 103662