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  • Umsatzsteuer

    Vorsteuerabzug bei Gründung einer Kapitalgesellschaft

    von Hans U. Hundt-Eßwein, Rösrath

    In der Gründungsphase eines Unternehmens kommt es immer wieder zum Streit darüber, ob aus bezogenen Eingangsleistungen der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Der folgende Beitrag beschreibt die Rechtslage, wobei insbesondere auf die Problematik bei Gründung einer Kapitalgesellschaft eingegangen wird.

    1. Allgemeines

    Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die Vorsteuerbeträge abziehen, die ein anderer Unternehmer für eine Leistung an sein Unternehmen in einer Rechnung gesondert ausgewiesen hat. Insbesondere für den Vorsteuerabzug des Gründers sind folgende Voraussetzungen zu beachten:

    • Die Rechnung des leistenden Unternehmens an den Gründer muß den zutreffenden Leistungsempfänger benennen;
    • der Leistungsempfänger (Gründer) muß selbst alle Voraussetzungen eines Unternehmers erfüllen und
    • der Gründer muß die bezogene Leistung seinem Unternehmen zuordnen.

    Der Gründer hat sich darauf einzustellen, daß er für den Vorsteuerabzug die Feststellungslast trägt (vgl. BFH 5.8.88, BStBl II 89, 120). Kann er auch nur eine Voraussetzung des Vorsteuerabzugs nicht glaubhaft darlegen, ist er ihm vollständig zu versagen. Der Verlust der Vorsteuer kann insbesondere bei hohen Anfangsinvestitionen des Gründers zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führen.

    Der EuGH hat in jüngeren Entscheidungen zu einigen Fragen in diesem Zusammenhang ausführlich Stellung genommen (vgl. Entscheidungen vom 4.10.95, Rs. C – 291/92 – Armbrecht –, BStBl II 96, 392; vom 29.2.96, Rs. C – 110/94 – INZO – BStBl II, 655, und vom 15.1.98, Rs. C – 37/95, Ghent Coal Terminal NV, UR 98, 149, berichtigt in DStRE 98, 528). Die Finanzverwaltung hat die neue Rechtsprechung übernommen (vgl. BMF 2.12.96, BStBl I, 1461).

    2. Wesentliche Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug

    Der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers ist – wie oben dargelegt – an mehrere Voraussetzungen geknüpft, auf die im folgenden kurz eingegangen wird.

    2.1 Rechnung mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer

    Die Umsatzsteuer muß in einer Rechnung i.S.d. § 14 gesondert ausgewiesen werden. Rechnung ist jede Urkunde, mit der der leistende Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, gleichgültig wie die Urkunde im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Eine Gutschrift gilt unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 5 UStG als Rechnung. Der notwendigeInhalt der Rechnung bestimmt sich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG: Danach muß die Rechnung unter anderem die genaue Bezeichnung des Namens und der Anschrift des Leistungsempfängers enthalten. (Erleichterungen ergeben sich in bestimmten Fällen durch die §§ 31 ff. UStDV). Empfänger der Leistung ist in der Regel der Auftraggeber oder Besteller (vgl. BFH 5.10.95, BStBl II 96, 111). Dieser muß zur Begründung des Vorsteuerabzugs Unternehmer sein.

    Alle Angaben in einer Rechnung müssen für die Finanzverwaltung eindeutig und leicht nachprüfbar sein (BFH 10.11.94, BStBl II 95, 395). Die Rechnung ist dem Rechnungsempfänger (Gründer) im Original auszuhändigen (vgl. BFH 16.4.97, BStBl II, 582). Dieser kann allerdings den Nachweis, daß die Rechnung im Original vorgelegen hat, verfahrensrechtlich auch später mit allen zulässigen Beweismitteln führen, zum Beispiel mit einer Abschrift oder Fotokopie.

    Weist der Rechnungsaussteller in seiner Rechnung einen zu hohen Steuerbetrag aus, so schuldet er den Mehrbetrag nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG. Berichtigt er den Steuerbetrag, kann er – unabhängig vom Vorsteuerabzugsrecht des Gründers –  auch seine geschuldete Steuer nach § 17 Abs. 1 UStG entsprechend berichtigen (vgl. BFH 25.2.93, BStBl II, 253). Ist der Rechnungsaussteller zum Ausweis der Steuer nicht berechtigt, so schuldet er die Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG. Eine Rechnungsberichtigung ist allenfalls aus Billigkeitsgründen zulässig (vgl. Abschn. 190 Abs. 3 UStR).

    2.2 Leistung für das Unternehmen

    Den Vorsteuerabzug kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur ein Unternehmer vornehmen. Insbesondere in der Gründungsphase von Unternehmen ist es häufig schwer nachzuweisen, ob der Gründer unternehmerisch tätig geworden ist. Die frühere Rechtsprechung des BFH hat den Vorsteuerabzug daher versagt, wenn es nach der Vorbereitungsphase nicht oder nicht nachhaltig zur Ausführungen entgeltlicher Leistungen kommt. Die bloße Absicht, entgeltliche Leistungen auszuführen, sowie Handlungen, die die Ausführung entgeltlicher Leistungen lediglich vorbereiten, sollten die Unternehmereigenschaft nicht begründen (Urteil vom 6.5.93, BStBl II, 564).

    Der EuGH hat diese Auffassung im Urteil vom 29.2.96 dahingehend modifiziert, daß bereits die ersten Investitionsausgaben, die für Zwecke eines Unternehmens getätigt werden, als wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 4 der 6. EG-Richtlinie (= Unternehmereigenschaft i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG) angesehen werden können. Diese können durch Dokumentation der ernsthaften Absicht, nachhaltig unternehmerisch tätig zu werden, glaubhaft gemacht werden. Grundsätzlich kann die Unternehmereigenschaft auch nicht mehr nachträglich aberkannt werden, wenn sich herausstellen sollte, daß es tatsächlich nicht zur Ausführung von Umsätzen kommt  (Ausnahme nur bei Betrug und Mißbrauch).

    Der Gründer kann den Vorsteuerabzug für eine Anschaffung oder den Bezug einer sonstigen Leistung konkludent mit der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den jeweiligen Voranmeldungszeitraum bzw. mit der Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung nach Abschluß des Besteuerungszeitraums vornehmen. Er muß aber darlegen (nachweisen oder zumindest glaubhaft machen), daß er in der Gründungsphase ernsthaft beabsichtigt hat, später unternehmerisch tätig zu werden.

    Mit dem Urteil vom 15.1.98 (aaO) hat der EuGH seine Rechtsprechung ausgedehnt. Danach ist es für den Vorsteuerabzug unschädlich, wenn  die Investitionen, für die der Vorsteuerabzug bereits vorgenommen wurde, später aufgrund nicht vorhersehbarer Umstände nicht zu steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen führen können (Beispiel: Umtausch eines Grundstückes auf behördliche Initiative). Bei langlebigen Investitionsgütern (zum Beispiel Grundstücken oder Maschinen) kann es aber unter den Voraussetzungen des § 15a UStG (nachträgliche Änderung der Verhältnisse) zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs  kommen.

    Die Finanzverwaltung hat die Rechtsprechung des EuGH übernommen und verlangt vom Gründer, die Ernsthaftigkeit der späteren Unternehmensbetätigung anhand bestimmter Umstände zu dokumentieren (vgl. BMF 2.12.96, BStBl I, 1461). Dabei wird auch auf die Art der Vorbereitungshandlung abgehoben (s.a. Hundt-Eßwein, GStB 1/98, 31):

    • Sind die Vorbereitungshandlungen unternehmensbezogen, das heißt, die bezogenen Gegenstände und/oder sonstigen Leistungen  zur unternehmerischen Verwendung oder Nutzung bestimmt und stehen sie in einem erkennbaren Zusammenhang mit der beabsichtigten Tätigkeit des Gründers, ist der Nachweis der ernsten Absicht späterer unternehmerischer Betätigung gegeben. Dazu zählen zum Beispiel die Anmietung eines Büros oder der umfangreiche Erwerb von Unternehmensinventar, der Erwerb eines Grundstücks oder die Beauftragung eines Architekten.
    • Ist nicht eindeutig erkennbar, ob die Vorbereitungshandlung unternehmensbezogen ist, da die bezogene Leistung auch nichtunternehmerisch verwendet oder genutzt werden kann, ist der Vorsteuerabzug nur vorläufig bzw. unter Vorbehalt der Nachprüfung zuzulassen, da zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs die Ernsthaftigkeit und der Unternehmensbezug noch nicht abschließend geklärt werden kann. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung zum Beispiel für den Ankauf eines Computers oder eines Kfz durch den Gründer.
    • Ist die Vorbereitungshandlung ihrer Art nach typischerweise einer späteren nichtunternehmerischen Verwendung oder Nutzung zuzuordnen, ist der Vorsteuerabzug in der Gründungsphase nicht zuzulassen und erst abzuwarten, ob der Gründer tatsächlich später entgeltliche Ausgangsumsätze tätigt. Dies gilt zum Beispiel bei der Anschaffung sogenannter Freizeitgegenstände (Segelboot etc.).

    2.3 Zuordnung zum Unternehmen

    Für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist schließlich zu beachten, ob bzw. inwieweit der Gründer die bezogene Leistung dem Unternehmensvermögen zuordnet. Eine Zuordnung ist statthaft, wenn der Gegenstand in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit steht und diese fördern soll (BFH 11.11.93, BStBl II 94, 335). Nach dem EuGH-Urteil vom 4.10.95 (aaO) hat der Gründer ein Wahlrecht, sogenannte gemischt nutzbare Gegenstände, zum Beispiel Grundstücke, oder auch bewegliche Wirtschaftsgüter wie zum Beispiel Kfz dem Unternehmensvermögen ganz oder nur teilweise zuzuordnen. Wird ein Teil des Wirtschaftsgutes danach dem nichtunternehmerischen Teil zugeordnet, ist er insoweit nicht „für das Unternehmen“ bezogen worden. Ein Vorsteuerabzug entfällt für den nichtunternehmerischen Teil. Spätere Verwendungs- oder Nutzungsänderungen sind umsatzsteuerlich insoweit ohne Belang.

    Die Finanzverwaltung verlangt bei der Ausübung des Wahlrechts in bezug auf Grundstücke, daß der Unternehmer bis zum Jahresende des Kalenderjahres der erstmaligen Verwendung des Gebäudes schriftlich mitteilt, ob er einen Teil davon dem nichtunternehmerischen Bereich zuordnet. In diesem Fall darf der Unternehmer den Vorsteuerabzug nur im Umfang der unternehmerischen Zuordnung vornehmen. Macht der Unternehmer keine Mitteilung, wird stillschweigend von der vollständigen Zuordnung zum Unternehmensvermögen ausgegangen (BMF 27.6.96, BStBl I, 702). Bezieht der Unternehmer ein bewegliches Wirtschaftsgut (zum Beispiel ein Kfz), geht die Finanzverwaltung (aaO) grundsätzlich davon aus, daß es in vollem Umfang dem Unternehmen zugeordnet wird. Es läßt aber auch eine eingeschränkte Zuordnung zum Unternehmen ausdrücklich zu.

    3. Gründung von Kapitalgesellschaften

    Besondere Probleme mit dem Vorsteuerabzug kann es bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft geben. Die Gründung einer Kapitalgesellschaft entwickelt sich in den Phasen Vorgründungsgesellschaft, Vorgesellschaft und „endgültige“ Kapitalgesellschaft.

    3.1 Stadium der Vorgründungsgesellschaft

    Die Gründer treffen verbindliche Abreden zum Zweck der Gründung einer Kapitalgesellschaft, insbesondere erarbeiten sie eine verbindliche Satzung (Gesellschaftsvertrag) für die Gesellschaft (= Stadium der Vorgründungsgesellschaft). Die Vorgründungsgesellschaft ist zivilrechtlich eine eigenständige GbR nach § 705 ff. BGB oder eine eigenständige OHG i.S.d. § 128 HGB. Sie ist grundsätzlich auf die Errichtung einer Kapitalgesellschaft, insbesondere auf den Abschluß eines notariellen Gesellschaftsvertrags gerichtet. Die Gesellschafter haften für die Schulden der Gesellschaft persönlich und unbeschränkt. Mit der Beurkundung des GmbH-Vertrages oder auch mit dem Abbruch der Verhandlungen endet die GbR nach § 726 BGB. Rechte und Pflichten der Vorgründungsgesellschaft gehen nicht automatisch auf die Vorgesellschaft bzw. die Kapitalgesellschaft über; im Gesellschaftsvertrag muß vielmehr geregelt werden, ob und ggf. in welcher Weise sie übergehen (vgl. BFH 8.11.89, BStBl II 90, 91).

    Für den Vorsteuerabzug der Vorgründungsgesellschaft gelten eigenständige Regeln:

    3.1.1 Bezug von Leistungen für eine spätere Gesellschaft

    Bezieht die Vorgründungsgesellschaft bereits Waren oder andere Leistungen für die Vorgesellschaft oder die Kapitalgesellschaft, wird zum Beispiel bereits ein Büro angemietet und mit Büromöbeln ausgestattet, ist es möglich, daß die Vor- bzw. die Kapitalgesellschaft als Besteller oder Auftraggeber der Leistung in Betracht kommen. In diesem Fall handelt die Vorgründungsgesellschaft als Vertreter der Vorgesellschaft bzw. der Kapitalgesellschaft. In der Rechnung sind die letztgenannten Gesellschaften als Leistungsempfänger zu bezeichnen.

    Beispiel 1

    Die Unternehmer A und B beabsichtigen, eine Bäckerei in Form einer GmbH zu gründen. Sie vereinbaren einen Gesellschaftsvertrag, mieten vor dessen notariellem Abschluß Büroräume an und kaufen Maschinen und Vorräte ein. Zum Zeitpunkt der Lieferung der Waren ist der Gesellschaftsvertrag schon notariell beurkundet. In den Rechnungen werden A und B als Vertreter bezeichnet, handelnd für die A & B GmbH in Gründung (GmbH i.G.).

    Der Vorsteuerabzug steht der GmbH i.G. zu, da sie als Empfängerin der Leistungen bezeichnet worden ist und die Leistungen an sie bewirkt worden sind. Würden hingegen A und B bzw. die Vorgründungsgesellschaft als Leistungsempfänger bezeichnet, wäre die Rechnung unzutreffend. Die Rechnungsaussteller würden die ausgewiesene Umsatzsteuer grundsätzlich nach § 14 Abs. 3 UStG schulden. Diese könnten die Rechnung allerdings aus Billigkeitsgründen berichtigen, wenn sie darlegen, daß sie irrtümlich einen unzutreffenden Leistungsempfänger angegeben haben (vgl. Abschn. 190 Abs. 3 UStR).

    3.1.2 Vorgründungsgesellschaft als Leistungsempfänger

    Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn die Vorgründungsgesellschaft nicht als Vertreter der Vor- oder Kapitalgesellschaft auftritt, sondern in eigenem Namen handelt. Dann muß die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft unabhängig von der späteren Vor- oder Kapitalgesellschaft beurteilt werden, da sie als eigenständiges Rechtssubjekt anzusehen ist. Der Vorsteuerabzug bei der Vorgründungsgesellschaft ist zulässig, wenn sie selbst nachhaltig Leistungen gegen Entgelt ausführt.

    Beispiel 2

    Die Vorgründungsgesellschafter A und B haben bereits vor notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrages mit dem Betrieb einer Bäckerei begonnen. Aufgrund ihrer vertraglichen Abreden soll dieA & B Vorgründungs-OHG nach Beurkundung dieses Vertrages vollständig in die A & B GmbH eingebracht werden. Die OHG bestellt das Inventar und Material in eigenem Namen.

    Die OHG kann die Vorsteuer selbst abziehen, weil sie unternehmerisch tätig wird und die Investitionen in einem engen sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb der OHG stehen (vgl. FinMin Thüringen 10.11.98 , koord. Ländererlaß, S - 7104 - B - 14 - 202.2). Die spätere Übertragung des Unternehmensvermögens auf die A & B GmbH ist nach § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbar.

    Es ist dagegen fraglich, ob der Vorsteuerabzug auch zulässig ist, wenn die Vorgründungsgesellschaft selbst keine entgeltlichen Leistungen ausführt, sondern die bezogenen Leistungen lediglich im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen auf die Vorgesellschaft überträgt.

    Beispiel 3

    A und B lassen sich vor notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrages von einem Rechtsanwalt beraten, ob die Rechtsform der GmbH & Co. KG oder der GmbH für das Unternehmen günstiger ist. Sie wählen die Rechtsform der GmbH, schließen den Gesellschaftsvertrag ab und lassen die Gesellschaft ins Handelsregister eintragen. Kann die Umsatzsteuer aus der Gründungsberatung des Rechtsanwalts bei der Vorgründungsgesellschaft als Vorsteuer abgesetzt werden, wenn sie selbst keine Ausgangsumsätze tätigt?

    Der Vorsteuerabzug im Beispiel 3 kann weder von der Vorgesellschaft noch von der GmbH geltend gemacht werden, da die Beratungsleistung nicht in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit dieser Unternehmen steht. Vielmehr folgt im Beispielsfall erst aus der Beratungsleistung des Rechtsanwalts die Wahl der Unternehmensform. Daher kommt es darauf an, ob die Beratungsleistung „für das Unternehmen“ der Vorgründungsgesellschaft bezogen wurde. Das würde voraussetzen, daß bereits diese Gesellschaft unternehmerisch tätig geworden ist. Um es vorwegzunehmen: Die Rechtslage ist  noch nicht abschließend geklärt.

    Nach früherer Auffassung des BFH war die Beratungsleistung als Vorbereitungshandlung für die Gründung einer Kapitalgesellschaft keine unternehmerische Betätigung der Vorgründungsgesellschaft, da der unternehmerische Bereich einer Person entscheidend nur durch die Ausführung eigener Umsätze bestimmt wurde (BFH 28.9.88, BStBl II 89, 122). Nach den o.g. EuGH-Urteilen zum umsatzlosen Unternehmer kommt es zwar auf die Ausführung von Ausgangsumsätzen nicht an. Es muß aber die ernsthafte Absicht bestehen, unternehmerisch tätig zu werden. Es ist fraglich, ob die Beratung in erkennbarem  Zusammenhang mit einer – beabsichtigten – unternehmerischen Betätigung der Vorgründungsgesellschaft steht. Eher dürfte sie doch mit der späteren Vorgesellschaft oder mit der GmbH zusammenhängen.

    Zu beachten ist auch, daß nach der EuGH-Rechtsprechung eine unternehmerische Betätigung nur gegeben ist, wenn die Investitionsausgaben „für Zwecke des Unternehmens“ getätigt werden (vgl. EuGH 20.6.96, Rs. C-115/94, UR 96, 423). Hat die Vorgründungsgesellschaft zum Beispiel als bloße Holding überhaupt nicht vor, steuerpflichtige Umsätze auszuführen, erscheint es fraglich, die Vorbezüge als „für das Unternehmen“ der Vorgründungsgesellschaft ausgeführt zu betrachten und den Vorsteuerabzug zuzulassen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 27.8.98, UR 99, 26). Auch Fittkau (Inf 97, 45) lehnt es ab, der Gesellschaft Unternehmereigenschaft zuzusprechen, weil ihre Aktivitäten nicht über das Stadium der Vorbereitungshandlung hinausgehen.

    Die Finanzverwaltung dagegen verneint die Unternehmereigenschaft nicht grundsätzlich, da der Zweck der Vorgründungsgesellschaft auch in der Vorbereitung des späteren Unternehmens besteht (FinMin Thüringen, aaO). Sie differenziert vielmehr nach der Art der Vorbereitungshandlung: Werden die an die Vorgründungsgesellschaft ausgeführten Umsätze im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen später entgeltlich auf die Vorgesellschaft übertragen, kann dieser Umsatz als Indiz für eine unternehmerische Verwendung bei der Vorgründungsgesellschaft angesehen werden.

    Praxishinweis: Im Ergebnis bleibt der Vorsteuerabzug der Vorgründungsgesellschaft in bezug auf die Beratungsleistungen fraglich. Existenzgründern ist daher zu raten, bereits im Vorgründungsstadium unternehmerisch tätig zu werden. Zumindest sollte im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden, daß die Leistungen an die Vorgründungsgesellschaft nach dem notariellen Abschluß des Gesellschaftsvertrages im einzelnen entgeltlich(!) auf die Vorgesellschaft übertragen werden. Denn wenn die Vorgründungsgesellschaft bereits bezogene Leistungen auf die Vorgesellschaft überträgt, kann dieser (Hilfs-)Umsatz als eine für den Vorsteuerabzug maßgebende erstmalige Verwendung angesehen werden (FinMin Thüringen, aaO).

    3.2 Stadium der Vorgesellschaft

    Bei der Vorgesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer Kapitalgesellschaft bereits notariell beurkundet. Zur Entstehung der Kapitalgesellschaft fehlt nur noch die Eintragung im Handelsregister. Die Vorgesellschaft ist handelsrechtlich die Kapitalgesellschaft im Gründungsstadium (BFH 8.11.89, BStBl II 90, 91).

    Steuerrechtlich wird die Vorgesellschaft bereits als die Kapitalgesellschaft behandelt, wenn sie später ins Handelsregister eingetragen wird. Zwischen der Vorgesellschaft und der Kapitalgesellschaft besteht Identität (BFH 14.10.92, BStBl II 93, 352). Entsteht die Kapitalgesellschaft durch Eintragung ins Handelsregister, ist es für den Vorsteuerabzug von Gründungsinvestitionen unwesentlich, welche der beiden Gesellschaften in der Rechnung als Leistungsempfänger bezeichnet wird. Denn es handelt sich um dieselbe Gesellschaft.

    Kommt die Kapitalgesellschaft nicht zur Eintragung, weil die Gründer bestehende Eintragungshindernisse nicht beseitigt haben, liegt handelsrechtlich eine sogenannte „unechte Vorgesellschaft“ vor. Diese ist zivilrechtlich eine OHG oder eine GbR (BFH 7.4.98, BStBl II, 531). Sind Gründungsleistungen an die Gesellschaft gerichtet worden, die mangels Handelsregistereintrag zur unechten Vorgesellschaft geworden ist, muß zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs die Bezeichnung des Leistungsempfängers umgestellt werden. Sollte die Leistung allerdings bereits bezogen sein, ist eine Rechnungsumstellung nur noch aus Billigkeitsgründen möglich (s.o.).

    3.3 Stadium der Kapitalgesellschaft

    Die Kapitalgesellschaft ist entstanden, sobald sie im Handelsregister eingetragen ist. Gründungsleistungen aus Rechnungen, die an die Vor- bzw. an die  Kapitalgesellschaft gerichtet sind, können unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG – ohne besondere Probleme – als Vorsteuerbeträge abgezogen werden.

    Quelle: Gestaltende Steuerberatung - Ausgabe 09/1999, Seite 303

    Quelle: Ausgabe 09 / 1999 | Seite 303 | ID 103451