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  • 01.11.2005 | Verfassungsmäßigkeit

    Muster-Einsprüche in Sachen „Grundsteuer“

    von Dipl.-Fw. Dr. Volker Kreft, Richter am Niedersächsischen FG, Bielefeld

    Die Reformdebatte über die zukünftige Ausrichtung der Grundsteuer ist derzeit in vollem Gange (vgl. z.B. KÖSDI 05, 14770; GStB 05, 274). Daneben hegen auch verschiedene Gerichte ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Steuerart. Neben einem Verfahren vor dem VG Düsseldorf (Az. 25 K 2643/05) und einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BVerwG (Az. 10 B 45/05) ist mittlerweile auch eine Beschwerde beim BVerfG anhängig (1 BvR 1644/05). Nach einem Artikel in der FAZ vom 23.8.05 sind zudem eine Fülle von Einspruchsverfahren gegen Grundsteuermessbescheide oder Grundsteuerbescheide in Gang gesetzt worden. Dies nehmen wir zum Anlass, noch einmal detailliert auf die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten in diesem Bereich einzugehen.  

    1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Grundsteuer

    1.1 Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG

    Aus den Beschlüssen des zweiten Senats des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Vermögen- und Erbschaftsteuer vom 22.6.95 (BStBl II, 655 u. 671) könnte auch für die Grundsteuer ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitet werden. Das aus diesen Artikeln abgeleitete Prinzip eigentumsschonender und freiheitsschonender Besteuerung gebietet es, auch bei der Grundsteuer für die Wohnung im eigenen Haus eine untere Belastungsgrenze einzuhalten. Dies müsse zumindest für das durchschnittliche selbstbewohnte Einfamilienhaus gelten (so schon Tipke, MDR 95, 1177), da eine solche Immobilie nicht zur Erzielung von Einkünften dient. Die Grundsteuer als Soll-Ertragsteuer bedeute insoweit einen fragwürdigen Eingriff in die Substanz (vgl. auch KÖSDI 05, 14770). Auf diese Begründung stützt sich auch die beim BVerfG anhängige Beschwerde. 

     

    Tipke (Die Steuerrechtsordnung, Bd. 2, 2. Aufl. 03, 963) führt dazu noch ein schlagkräftiges Argument an: So wie § 4 Nr. 12a UStG das zum Existenzminimum gehörende Wohnen von der Umsatzsteuer befreit, sei konsequenterweise auch eine Entlastung von der Grundsteuer vorzunehmen. 

     

    1.2 Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1u. 6 GG

    Grundlage unseres Steuerrechts ist die Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Dazu gehört, dass nur eine Netto-Bemessungsgrundlage, also nach Abzug aller Kosten und Schulden, der Besteuerung zugrunde gelegt wird (Nettoprinzip). Gegen diesen Grundsatz verstößt die Grundsteuer in eklatanter Weise. Sie wird einerseits auf ein Hausgrundstück ohne Rücksicht auf etwaige Schulden erhoben. Andererseits werden auch die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (z.B. Familienstand, Zahl der Kinder) nicht berücksichtigt, was einen Verstoß gegen den Art. 6 GG bedeuten könnte, der den Schutz von Ehe und Familie gewährleisten soll (so Balke, NWB Nr. 36, S. 2998 unter Hinweis auf die vom BVerfG als unzulässig verworfenen Beschlüsse des Niedersächsischen FG vom 28.5.97, EFG 97, 1526 und vom 18.8.99, EFG 99, 37).