· Fachbeitrag · Bilanzierung
So sind unfertige Leistungen einer bilanzierenden Steuerkanzlei zu behandeln
von StB Michael Ferstl, Hemau
| Gibt es bei einer bilanzierenden Steuerkanzlei am Bilanzstichtag angefangene, aber noch nicht abgeschlossene Leistungen, so sind diese als „unfertige Leistungen“ auszuweisen. Was einfach klingt, wirft in der Praxis eine Reihe an Fragen auf: Wann ist eine „wirtschaftliche Erfüllung“ gegeben? Was hat es mit der Notwendigkeit der Wirtschaftsguteigenschaft für die Aktivierung unfertiger Leistungen auf sich? Wie sind unfertige Leistungen zu bewerten? GStB gibt die Antworten. |
1. Rechtsprechung des BFH
1.1 Kriterien für die Gewinnrealisierung
Ermittelt eine Steuerkanzlei (z. B. in der Rechtsform einer GmbH) ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, so ist für den Schluss des betreffenden Wirtschaftsjahrs das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Demzufolge gilt auch das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HS. 2 HGB), wonach Gewinne nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie am Abschlussstichtag schon realisiert waren. Bei Dienstleistungen (und bei Lieferungen) wird der Gewinn realisiert, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen „wirtschaftlich erfüllt“ hat und ihm die Forderung auf die Gegenleistung (die Zahlung) ‒ von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen ‒ so gut wie sicher ist. Auf die Fälligkeit kommt es nicht an (vgl. BFH 14.5.14, VIII R 25/11, BStBl II 14, 968 m. w. N.; soweit der BFH mit Urteil vom 26.4.18, III R 5/16, BStBl II 18, 536, lediglich auf das Entstehen einer Forderung verweist, ist dies wohl dem Umstand geschuldet, dass der Fall einen Handelsvertreter betraf, bei dem der Provisionsanspruch nach § 87a HGB erst mit Ausführung der Leistung entsteht).
Bei Dienst- oder Werkverträgen ist eine „wirtschaftliche Erfüllung“ erst mit Abschluss der geschuldeten Leistung gegeben (vgl. z. B. BFH 14.5.14, VIII R 25/11, BStBl II 14, 968 m. w. N.). Somit ist frühestens zu diesem Zeitpunkt die entsprechende Forderung realisiert (vgl. auch Hartmann in: Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, II.5.A.I.3, Rn. 18).
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