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  • · Fachbeitrag · Gesellschafter-Geschäftsführer

    BFH besteuert Pensionsabfindung mit 100 % und mehr: So können Sie sich schützen!

    von RA FASteuerrecht StB Dipl.-Finw. Dr. Bernhard Janssen, Berlin

    | Was die Gesetzgebung nicht schafft, bekommt der I. Senat des BFH inzwischen mit seiner jüngsten Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung hin: Bei Pensionsabfindungen droht betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführern (GGf) unter Umständen eine Besteuerung von 100 % und mehr. Kann das richtig sein? Wie man sich davor schützen kann, wird nachfolgend analysiert. |

    1. Aktuelle Rechtsprechung zur Abfindung von Pensionszusagen

    Die Rechtsprechung des BFH zur Abfindung von bzw. zum Verzicht auf Pensionszusagen wird schon seit vielen Jahren von der Praxis als unglücklich empfunden und infolgedessen oft ignoriert. Das kann sich rächen, wie aktuelle Urteile zeigen. In der Praxis konnte der past service (erdiente Teil) einer Pensionszusage, sobald die Zusage unverfallbar war, zum Betrag der steuerlichen Pensionsrückstellung abgefunden werden. Ignoriert wurde damit, dass

     

    • eine Abfindung laut BFH bei gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zu einer vGA führen sollte und gleichzeitig die Folgen eines Verzichts - nämlich Zufluss und verdeckte Einlage - eintreten sollten (BFH 14.3.06, I R 38/05, BFH/NV 06, 1515). Die Entscheidung wurde von der Praxis als „Ausrutscher“ ignoriert, zu sehr widerspricht sie bilanziellen Grundsätzen und den Grundlagen im Recht der vGA.

     

    • bei einer Abfindung zum steuerlichen Rückstellungswert eigentlich immer gleichzeitig ein Verzicht stattfindet. Dieser ist nämlich laut BFH mit den Wiederbeschaffungskosten zu ermitteln (BFH 15.10.97, I R 58/93, BStBl II 98, 305). Diese liegen nach einer „Daumenregel“ 40 bis 50 % über dem steuerlichen Rückstellungsbetrag, sodass bei einer Abfindung zum steuerlichen Rückstellungswert auf diese Differenz verzichtet wird. Das wurde regelmäßig übersehen und die Folgen des Verzichts nicht gezogen.

     

    Zum zweiten Punkt hat sich der BFH bislang nicht geäußert, jedoch hat er im Jahr 2013 das an Einzelfallentscheidungen ohnehin reiche Recht der vGA um einen neuen Grundsatz zur Abfindung angereichert und die erste der beiden o.g. Entscheidungen bestätigt (BFH 11.9.13, I R 28/13).

     

    Die Abfindung der Pensionszusage war im entschiedenen Fall bei einem 52-jährigen beherrschenden GGf erfolgt. Da dies in der ursprünglichen Zusage nicht vorgesehen war, genüge die kurz zuvor getroffene Abfindungsvereinbarung nicht den Anforderungen an eine vorherige eindeutige und klare Vereinbarung. Diese „Spontanabfindung“ sei vielmehr gesellschaftsrechtlich bedingt, weil die Gesellschaft sonst noch 13 Jahre lang die Chance gehabt hätte, dass der Geschäftsführer vor dem 65. Geburtstag verstirbt und sie sodann gar nichts zahlen müsste. Daher liege eine vGA vor. Diese sei geschäftsvorfallbezogen zu beurteilen und somit sei das oben genannte Urteil vom 14.3.06 anzuwenden.

    2. Die Auswirkung am Praxisfall - mehr als 100 % Steuer

    Es geht im Folgenden nicht um den konkret vom BFH entschiedenen Fall, da die dortigen Daten nicht vollständig im Urteil wiedergegeben sind, sondern um einen fiktiven Fall, um die Folgen der Rechtsprechung zu verdeutlichen:

     

    • Beispiel

    Vater V ist 100 %iger Gesellschafter und einziger Geschäftsführer der V-GmbH. Er hat dort eine Pensionszusage erhalten, die weitgehend erdient ist, jedoch nur eine Leistung ab dem 65. Geburtstag zusagt. Die Pensionsrückstellung beträgt 1 Mio. EUR. Die Rückdeckungsversicherung weist zufällig einen Rückkaufswert in gleicher Höhe aus. Zu seinem 64. Geburtstag lässt sich V die Versicherung auszahlen, findet damit die Pensionszusage an sich selbst ab (unter Einbehaltung von 450.000 EUR Lohnsteuer zzgl. 5,5 % SolZ), schenkt die GmbH-Anteile seinem Sohn und will sich nun auf Weltreise begeben.

     

    V macht allerdings den „Fehler“, vor Reiseantritt noch seinen Steuerberater nach den praktischen Konsequenzen zu fragen. Dieser klärt ihn über die neue Rechtsprechung des BFH auf und rechnet ihm Folgendes vor:

     

    Da die Abfindung vor dem 65. Geburtstag erfolgt ist, handelt es sich dabei laut BFH um eine vGA. Bei einer vGA von 1 Mio. EUR fallen zunächst 250.000 EUR Abgeltungsteuer an. Zusätzlich wird auf die Pensionszusage verzichtet, was bei einem Wiederbeschaffungswert von geschätzt 1,5 Mio. EUR eine Einkommensteuer von (45 % =) 675.000 EUR ausmacht, zusammen 925.000 EUR, zzgl. 50.875 EUR Solidaritätszuschlag. Da V Kirchenmitglied ist, kommen noch 9 % KiSt = 83.250 EUR hinzu, macht in Summe eine Belastung von 1.059.125 EUR. Im Ergebnis könne V getrost zu Hause bleiben und sich überlegen, wie er die 59.125 EUR auftreibt, die er ergänzend zur Auszahlung der Versicherung noch zusätzlich an das Finanzamt abzuführen hat.

     

    Natürlich muss man darauf verweisen, dass die Überschrift nicht ganz zutreffend ist. Es handelt sich natürlich nicht um einen Steuersatz von 100 %, schließlich werden einmal die Abfindung und einmal der Verzicht besteuert. Geleistet werden muss die gesamte Steuer aber de facto vom Abfindungsbetrag.

     

    PRAXISHINWEIS | Es hilft V auch nichts, dass der Verzicht auf die Pensionszusage seine Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile um 1,5 Mio. EUR erhöht. Die Anteile hat er nämlich seinem Sohn geschenkt. Führt dieser die GmbH noch 40 Jahre fort, bevor er die Anschaffungskosten realisiert, so ist der Vorteil abgezinst (mit dem bei Pensionszusagen so beliebten Satz von 6 %) auf den Tag der Schenkung gerade einmal 65.624 EUR wert, also kaum mehr als an zusätzlicher Steuer aufzubringen ist. So gesehen sind die erhöhten Anschaffungskosten wirtschaftlich uninteressant.

     

     

    3. Kann diese Rechtsprechung richtig sein?

    3.1 Der Tatbestand: Liegt eine vGA vor?

    Bei der Frage, ob eine vGA vorliegt, vermengt das Gericht zunächst zwei Aspekte miteinander, nämlich

    • die eindeutige und klare Vereinbarung, die nach der Rechtsprechung bei Rechtsgeschäften zwischen einer GmbH und einem beherrschenden Gesellschafter vorliegen muss, und
    • die Frage der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung.

     

    Ob eine Vereinbarung eindeutig und klar und im Vorhinein geschlossen worden ist, hat nichts mit der Veranlassung zu tun. Auch eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Vereinbarung kann eindeutig und klar im Vorhinein vereinbart sein. So wurde im entschiedenen Fall unmittelbar vor der Abfindung eine Vereinbarung getroffen. Das muss ausreichen, da es sich bei der Abfindung lediglich um eine Auszahlungsmodalität handelt (vgl. ebenso FG Köln 17.3.05, 13 K 1531/09, EFG 05, 1075 - offen gelassen in der Revisionsentscheidung BFH 14.3.06, I R 38/05, BFH/NV 06, 1515; Briese, DStR 04, 1276; ebenso für die einkommensteuerliche Seite BFH 13.12.05, XI R 55/04, BFH/NV 06, 2042). Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese länger im Voraus vereinbart werden müsste. Einen Grund gibt auch der BFH nicht an, er müsste zudem sagen, wie lange im Voraus denn ggf. nötig wäre. Dafür gibt es aber schlicht keinen Maßstab.

     

    Eine ganz andere Frage ist, ob eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung für die Abfindung vorliegt, ob sie also gegenüber einem Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter wäre, überhaupt vorgenommen worden wäre. Dies soll nach der oben vereinfacht dargestellten Begründung nicht der Fall sein, weil die Gesellschaft die Chance verliert, gar nichts zahlen zu müssen.

     

    MERKE |  

    Mit dieser Begründung ließe sich allerdings die Abfindung generell untersagen. Auch bei Erreichen des 65. Geburtstages würde dann wohl eine GmbH keine Abfindung vornehmen, weil sie dann ja die Chance verlieren würde, nur wenig Rente zahlen zu müssen, wenn der Geschäftsführer kurz nach Rentenbeginn - z.B. bei einem Autounfall - verstirbt. Soweit will wohl auch der BFH nicht gehen, mit Eintritt des Rentenfalls soll eine Abfindung möglich bleiben.

     

    Dann muss sie aber auch vorher möglich sein. Immerhin verliert die GmbH zwar die Chance des vorzeitigen Todes des Geschäftsführers; zugleich spart die Gesellschaft aber Verwaltungsaufwand ein. Im Fall des BFH kam noch hinzu, dass der Geschäftsführer weiterarbeitete, sodass die Gesellschaft das Risiko des weiteren Anwachsens des Anspruchs trug. Durch die Abfindung verlor sie Chance und Risiko zugleich. Die versicherungsmathematisch richtige Bewertung der beiden Seiten ergibt sich daraus, dass nur der erdiente Teil einer Pensionszusage zurückgestellt wird und somit in der Abfindungssumme zutreffend enthalten ist.

     

    Bedenkt man, dass eine Pensionszusage an einen Nichtgesellschafter bzw. nicht beherrschenden Gesellschafter immer dem BetrAVG unterliegt und eine Abfindung daher gemäß § 3 dieses Gesetzes sehr erschwert wird, so wird schon deshalb die Abfindung einer Pensionszusage stets auch gesellschaftsrechtlich motiviert sein. Gerade zu einem Zeitpunkt vor Eintritt des Pensionsfalles (und nicht im Zusammenhang mit dem Ausscheiden) wird aber die Abfindung auch vom BetrAVG zugelassen. Somit ist es schon bemerkenswert, dass der BFH eben diese Fälle bei beherrschenden GGf verhindern will, dagegen nicht die Abfindung bei Eintritt des Pensionsalters, die nach BetrAVG praktisch nur noch bei Minirenten möglich ist.

     

    Es ist wohl zutreffend, dass i.d.R. auch gesellschaftsrechtliche Motive vorliegen, diese sollten aber regelmäßig als von betrieblichen Motiven überlagert angesehen werden. Das betriebliche Interesse, eine Pensionszusage aus der Bilanz zu entfernen, ist nämlich bereits seit vielen Jahren bei Unternehmen aller Größenklassen und bei Pensionszusagen an Gesellschafter wie an Nichtgesellschafter weit verbreitet. Dies sollte man anerkennen und als Motiv für die Abfindung ausreichen lassen.

     

    PRAXISHINWEIS | Selbst wenn man aber eine überwiegend gesellschaftsrechtliche Veranlassung bejahen wollte, so ist doch zu bedenken, dass ein weiteres Tatbestandsmerkmal der vGA die Vermögensminderung ist. Dazu bedarf es eines Aufwands, der dann als vGA außerbilanziell korrigiert wird. Hier entfällt aber in Höhe der Zahlung die Pensionsrückstellung, es ergibt sich also gar kein Aufwand. Schon mangels einer Vermögensminderung liegt also keine vGA vor.

     

    3.2 Die Rechtsfolge: Verzicht und vGA?

    Der BFH erzeugt sich seine vGA selbst, indem er so tut, als ob der Wegfall der Rückstellung nichts mit der Abfindung zu tun hätte. Dabei sind beide kausal miteinander verknüpft - ohne Wegfall des Pensionsanspruchs keine Abfindung, ohne Abfindung kein Wegfall des Pensionsanspruchs (ebenso Rätke, StuB 14, 402). Würde die Zahlung wirklich eine vGA darstellen, so müsste der Pensionsanspruch bestehen bleiben. Ein Verzicht, also eine unentgeltliche Auflösung der Pension ist aber nirgends vereinbart. Der vom BFH angenommene Verzicht ist rein fiktiv und von den beteiligten Parteien weder gewollt noch vereinbart (ebenso Briese, BB 14, 1567).

     

    Beachten Sie | Damit fingiert der BFH in diesen Fällen nicht nur eine vGA, sondern zusätzlich auch noch einen Verzicht, den keine der Parteien ausgesprochen oder gewollt hat. Die Konstruktion des BFH entspricht damit weder zivilrechtlichen Grundsätzen der Auslegung und Rechtsfortbildung, noch bilanzsteuerlichen Grundsätzen, körperschaftsteuerlichen Anforderungen an eine vGA oder auch nur den Grundsätzen der schieren Logik.

     

    3.3 Die weitere Folge: der rechtsfreie Raum

    Man fragt sich, warum der BFH immerhin 7 Jahre gebraucht hat, seine Rechtsprechung aus 2006 zu bestätigen. Das dürfte daran gelegen haben, dass man ihm die entsprechenden Fälle nicht mehr vorgelegt hat. Es hatte sich längst eine einvernehmliche Verfahrensweise für Abfindungsfälle herausgebildet, die im großen und ganzen vernünftig war und mit der Rechtsprechung, wie aufgezeigt, wenig bis nichts zu tun hatte.

     

    Doch das Dilemma ist: Wer die Abfindung einer Pensionszusage durchführt, muss sich künftig noch mehr als bisher in allem und jedem nach der Finanzverwaltung richten. Denn vor Gericht kann es sein, dass der Steuerpflichtige zwar in der eigentlich streitigen Frage Recht bekommt, den Prozess aber verliert, weil sein Fall die (theoretischen) Anforderungen der Rechtsprechung nicht erfüllt.

    4. Was kann man aktuell tun?

    Was kann man also tun, außer auf den BFH schimpfen? Hier sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:

     

    Fallgruppe 1: Abfindung nach dem 60. Geburtstag 

    Häufig soll eine Abfindung zwar vorzeitig, aber doch erst in relativ hohem Alter erfolgen. Da dem BFH eine Abfindung zum Fälligkeitszeitpunkt (regelmäßig 65. Geburtstag) weiterhin möglich erscheint, ergibt sich hier Gestaltungspotenzial. Viele Pensionszusagen sehen nämlich vor, dass sie bereits vorgezogen ab dem 60. Geburtstag in Anspruch genommen werden können. Die vorzeitige Inanspruchnahme löst regelmäßig eine Kürzung des Anspruchs um 0,3 bis 0,7 % pro Monat aus. Ist eine solche Klausel vorhanden, so muss also nur die vorzeitige Inanspruchnahme vereinbart, die gekürzte Summe ausgerechnet und danach die Abfindung erklärt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Da, anders als im Beispiel oben unter 2., viele Pensionszusagen nicht vollständig ausfinanziert sind, führt die Kürzung in der Praxis oft sogar dazu, dass die Lücke zwischen Auszahlungsbetrag der Rückdeckungsversicherung und Pensionsrückstellung erheblich verkleinert werden kann. Unter diesem Aspekt ist die Kürzung also gar nicht unwillkommen.

     

    Schwieriger ist die Sache, wenn eine solche Klausel nicht vorhanden ist oder die vorzeitige Inanspruchnahme davon abhängig macht, dass eine solche auch in der gesetzlichen Rentenversicherung möglich wäre und dies nicht der Fall ist. Dann müsste die notwendige Klausel eingeführt bzw. die vorhandene Klausel geändert werden. Es ist nicht ersichtlich, was dagegen spräche. Mit der Kürzung wird die frühere Inanspruchnahme der Pension ausreichend abgegolten. Es ist nicht ersichtlich, warum die GmbH sich gegenüber einem Nichtgesellschafter nicht darauf einlassen sollte. Ob der BFH das allerdings genauso sieht, ist fraglich.

     

    Hinweis | Da der BFH die Spontanabfindung „verdammtn“ hat, sollte man in solchen Fällen vielleicht besser noch ein paar Jahre Geduld haben und die Abfindung sofort auf den 65. Geburtstag vereinbaren, um wenigstens einen zeitlichen Abstand von einigen Jahren darstellen zu können.

     

    Fallgruppe 2: Abfindung vor dem 60. Geburtstag  

    Auch wenn vor dem 60. Geburtstag eine Abfindung gewünscht ist, ist natürlich ein Steuersatz von über 100 % nicht akzeptabel. Es verbleiben aber kaum befriedigende Möglichkeiten:

     

    • Auf die Abfindung kann verzichtet werden und die Pensionszusage läuft eben bis zum 65. Geburtstag weiter und wird dann ausgezahlt oder abgefunden. Theoretisch hübsch, verhindert diese Variante aber oft einen geplanten Anteilsverkauf oder den erwünschten Liquiditätszufluss beim Gesellschafter.

     

    • Es wird keine Abfindung vorgenommen, sondern lediglich ein Verzicht vereinbart. Es treten die dargestellten Verzichtsfolgen ein (Lohnsteuer und Erhöhung der Anschaffungskosten, aber keine Abgeltungsteuer). Soweit noch Geld in der GmbH zur Verfügung steht, kann dieses auch ausgekehrt werden, dann entsteht allerdings wie bei der Abfindung zusätzlich Abgeltungsteuer. Werden die Anteile verkauft, kann stattdessen der Kaufpreis für die Anteile erhöht werden, zudem wirkt sich dann die Erhöhung der Anschaffungskosten aus dem Verzicht auf die Pensionszusage unmittelbar aus.

     

    • Die GmbH-Anteile werden nicht verkauft, die Pensionszusage wird nicht abgefunden. Stattdessen verkauft die GmbH nur ihre einzelnen Anlagegüter, den Namen, das Know-how, den Kundenstamm usw. (sog. asset deal). Das dafür erhaltene Geld bleibt in der GmbH, die dann nur noch als Vermögensanlage-GmbH dient und mit dem 65. Geburtstag des Gesellschafters die Pensionszahlungen aufnimmt oder eine Abfindung vornimmt.

     

    • Denkbar wäre schließlich, dass noch eine Änderung der Pensionszusage dahin vorgenommen wird, dass eine jederzeitige Abfindung zum Barwert möglich sein soll. Da die Gesellschaft sich hier eines Risikos entledigt und zudem das weitere Anwachsen des Risikos verhindern kann, würde eine solche Änderung durchaus einem Drittvergleich standhalten. Dies gilt umso mehr als nur die Situation hergestellt wird, die nach BetrAVG gegenüber Nichtgesellschaftern ohnehin gilt, nämlich die Möglichkeit der einverständlichen Abfindung für die Zeit vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

     

    • VORSICHT | Bei einer kurz vor der tatsächlichen Abfindung stattfindenden Änderung würde die Rechtsprechung aber wohl von einem Missbrauch ausgehen und die Änderung nicht beachten. Es ist aber auch bei einem längeren Vorlauf nicht klar, ob und ab welchem zeitlichen Abstand zwischen Vereinbarung und Umsetzung die Rechtsprechung eine solche Regelung akzeptieren würde. Zudem könnte eine solche Klausel als steuerschädliche Widerrufsklausel ausgelegt werden, womit die Pensionsrückstellung in der ersten noch offenen Bilanz ertragserhöhend ausgebucht werden könnte (was im konkreten Einzelfall nicht nachteilig sein muss).

       

    5. Zusammenfassung

    Die Entscheidung des BFH vom 11.9.13 zur Abfindung vor dem 65. Geburtstag hat zwei Aspekte:

     

    • Zunächst entscheidet der BFH, dass eine Abfindung einer Pensionszusage vor Eintritt des Pensionsfalles (regelmäßig 65. Geburtstag) nicht möglich sein soll. Unter Ignoranz gegenüber allen Grundsätzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung genügt es ihm nicht, dass in solchen Fällen nur der erdiente Teil abgefunden wird und sich darin die Bewertung von Chance und Risiko für die Gesellschaft bereits ausreichend materialisiert. Er sieht vielmehr allein die Chance für die Gesellschaft bei einem vorzeitigen Tod des Gesellschafters ohne eine Zahlung davonzukommen und hält daher jede vorzeitige Abfindung für gesellschaftsrechtlich bedingt und vGA.

     

    • In der Begründung wird das auch noch vermischt mit der Anforderung, dass eine Abfindung bei beherrschenden GGf eindeutig und klar im Vorhinein erfolgen muss und deswegen die Spontanabfindung als vGA angesehen wird. Eine Begründung ist nicht ersichtlich und wird nicht geliefert. Auch die kurz vorher (spontan) vereinbarte Abfindung ist aber eindeutig und klar im Vorhinein erfolgt. Ist er schon anderer Meinung, so lässt der BFH das staunende Publikum auch noch im Ungewissen, wie lange vorher denn „im Vorhinein“ ist - Monate? Jahre? Jahrzehnte? Es fehlt der Maßstab, es besteht der Verdacht, dass auch der BFH ihn nicht hat.

     

    • Des Weiteren soll eine geschäftsvorfallbezogene Betrachtung herrschen. Wer die dies erstmals aussprechende Entscheidung von 2006 für eine „Ausreißerentscheidung“ hielt, wird nun eines Besseren belehrt. In völliger Verkennung der bilanziellen Zusammenhänge und der Tatbestandsmerkmale für eine vGA soll nun bei einer gesellschaftsrechtlich bedingten Abfindung sowohl eine vGA als auch ein Verzicht auf die Pensionszusage vorliegen. Woher Letzteres genommen wird, bleibt im Dunkeln. Die Rechtsprechung führt wirtschaftlich dazu, dass eine Besteuerung von mehr als 100 % zusammenkommen kann.

     

    FAZIT |  

    Das Urteil ist ein weiterer Schritt in einer äußerst bedenklichen Tendenz des I. Senats im Umgang mit der vGA. Der BFH kümmert sich immer weniger um die Voraussetzungen der vGA und nimmt immer öfter vGA an, nur weil ihm der Fall vGA-würdig erscheint. Das ist jedoch Willkür und hat nichts mehr mit Rechtsanwendung zu tun. Es zeigt sich, dass es höchste Zeit wird, die Voraussetzungen der vGA gesetzlich zu normieren.

     

    In der Praxis wird man immerhin für die zahlreichen Fälle einer Abfindung nach dem 60. und vor dem 65. Geburtstag eine Lösung darin finden können, dass zunächst die vorgezogene Pension in Anspruch genommen und sodann die Abfindung erklärt wird. Für Fälle vor dem 60. Geburtstag sind die Umgehungsmöglichkeiten hingegen äußerst begrenzt.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 402 | ID 42994737