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  • · Fachbeitrag · Kapitalgesellschaften

    BFH stellt klar: vGA keine Schenkung der GmbH an dem Gesellschafter nahestehende Person

    von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart

    | Zahlt eine GmbH unter Mitwirkung des Gesellschafters z. B. einen überhöhten Mietzins oder Kaufpreis an eine dem Gesellschafter nahestehende Person, liegt hierin keine Schenkung der GmbH an die nahestehende Person. Der BFH deutet aber an, dass eine Schenkung des Gesellschafters vorliegen kann ( BFH 13.9.17, II R 54/15, II R 32/16, II R 42/16, Abruf-Nrn. 199080 , 199078 , 199081 ). |

    1. Zum Hintergrund

    Das Finanzamt nahm bislang an, dass vGAs neben den bekannten ertragsteuerlichen Folgen auch eine Schenkung der GmbH an den Empfänger seien und Schenkungsteuer auslösen könnten. In dem gleichlautenden Ländererlass vom 14.3.12 (BStBl I 12, 1207) wird hierzu unter Tz. 2.6.1 ausgeführt: Zahlt eine Kapitalgesellschaft auf Veranlassung eines Gesellschafters einer diesem nahestehenden Person, die nicht Gesellschafter ist, überhöhte Vergütungen, sei darin regelmäßig keine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die nahestehende Person zu sehen. Es handele sich vielmehr um eine gemischte freigebige Zuwendung im Verhältnis der Kapitalgesellschaft zur nahestehenden Person. Dem hat der BFH nunmehr entschieden widersprochen.

    2. Sachverhalt

    In den beiden Entscheidungen II R 54/15 und II 32/16 war jeweils ein Ehegatte bzw. ein Kind alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Der andere Ehegatte bzw. ein Elternteil vermietete der GmbH Gegenstände und Grundstücke und erhielt dafür ein unstreitig überhöhtes Entgelt.

     

     

    In der Entscheidung II 42/16 ist A gemeinsam mit seiner Tochter Gesellschafter der A-GmbH. Diese war gleichzeitig alleinige Gesellschafterin der B-GmbH, ihrer Tochtergesellschaft. Der Bruder des A verkaufte der Tochtergesellschaft Aktien einer AG zu einem überhöhten Preis. Das FA nahm eine vGA an den Gesellschafter A an und gleichzeitig eine Schenkung der GmbH an den Bruder des A.

     

     

    Der BFH verwarf in allen drei Fällen die Idee, die vGA könne gleichzeitig eine Schenkung der GmbH an die nahestehende Person (Ehepartner in den ersten beiden Fällen bzw. Bruder in dritten Fall) sein.

    3. Rechtliche Würdigung

    Eine Schenkung ist eine freigebige Zuwendung. Dies setzt nach Ansicht des BFH voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt, die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist und der Zuwendende dies alles unentgeltlich machen möchte. Erforderlich ist also eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten. Welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer Schenkung beteiligt sind, bestimmt sich dabei ausschließlich nach dem Zivilrecht.

     

    Bei der Zahlung eines überhöhten vertraglichen Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person liegt aber keine freigebige Zuwendung der GmbH i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person vor, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In einem solchen Fall beruht die Vorteilsgewährung allein auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter.

     

    MERKE | Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern gibt es neben den betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen und Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen. Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter erfolgen nicht freigebig, und zwar unabhängig davon, ob sie offen oder verdeckt vorgenommen werden.

     

     

    Zahlt die GmbH überhöhte vertragliche Entgelte nicht an den Gesellschafter selbst, sondern unter Mitwirkung des Gesellschafters an eine diesem nahestehende Person, liegt in Höhe des nicht angemessenen Teils der Entgelte ‒ wie bei der Zahlung überhöhter Entgelte der GmbH an den Gesellschafter direkt ‒ eine vGA an den Gesellschafter selbst vor. Sowohl die Vorabausschüttung als auch die Entnahme beruhen auf dem Gesellschaftsverhältnis. Die Mitwirkung des Gesellschafters an dem Vertrag zwischen GmbH und nahestehender Person liegt dabei darin, dass er den Vertrag als Gesellschafter-Geschäftsführer abschließt.

     

    Durch die Mitwirkung des Gesellschafters beim Vertragsschluss verschafft dieser der ihm nahestehenden Person einen Vermögensvorteil. Er verfügt damit über seinen künftigen Anspruch auf Gewinnausschüttung oder übt sein aus der Satzung oder einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss folgendes Entnahmerecht gegenüber der GmbH aus. Dadurch mindert sich in Höhe des Ausschüttungsbetrags bzw. in Höhe des Entnahmewerts das künftige Gewinnausschüttungsvolumen der GmbH zu seinen Lasten. Zugleich ermächtigt der Gesellschafter die GmbH, an die nahestehende Person mit befreiender Wirkung zu leisten (sog. abgekürzter Zahlungsweg).

    4. Begrüßenswerte Klarstellung des BFH

    Mit den Entscheidungen hat der BFH einen langen Streit ‒ hoffentlich ‒ beendet, denn er hatte so ähnlich bereits im Jahr 2013 entschieden (s. BFH 30.1.13, BStBl II 13, 930). Der BMF erließ hiergegen allerdings einen Nichtanwendungserlass (5.6.13, BStBl I 13, 1465) und hatte auch in internen Dienstanweisungen darauf gedrängt, solche Sachverhalte im Rahmen von Betriebsprüfungen aufzugreifen (vgl. OFD NRW 19.1.16, DStR 16, 812).

     

    Mit den o. g. Entscheidungen steht nun allerdings eindeutig fest, dass weder an den Gesellschafter noch an die begünstigte nahestehende Person neben der vGA eine Schenkung anzunehmen ist. Allerdings weist der BFH ausdrücklich darauf hin, dass in den entschiedenen Fällen der Gesellschafter selbst Schenker i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein kann. Im Verhältnis Gesellschafter/nahestehende Person komme eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Betracht.

     

    Der Gesellschafter verfügt entweder über seinen künftigen Gewinnausschüttungsanspruch oder er tätigt eine Entnahme. In dieser Höhe ist eine Vermögensverschiebung hin zur nahestehenden Person gegeben. Die BFH-Entscheidungen könnten sich daher als Pyrrhussieg für die Steuerpflichtigen erweisen. Denn wahrscheinlich wir die Finanzverwaltung in ähnlich gelagerten Fällen jetzt nicht mehr Schenkungen im Verhältnis GmbH/nahestehende Person, sondern im Verhältnis Gesellschafter/nahestehende Person annehmen und entsprechende Schenkungsteuerbescheide erlassen.

     

     

    PRAXISHINWEIS | Ob zwischen Gesellschafter und nahestehender Person eine Schenkung oder aber ein schuldrechtliches Verhältnis ‒ z. B. Unterhaltsansprüche oder ein Darlehensverhältnis ‒ anzunehmen ist, ist gestaltbar. Hier gibt es im Einzelfall sicher Möglichkeiten, eine Schenkung zu vermeiden. Man könnte z. B. ein privatrechtliches Darlehensverhältnis begründen, dessen Rückzahlung mit den überhöhten Mietentgelten der GmbH etc. erfolgt.

     

     

    Beachten Sie | Nicht höchstrichterlich entschieden wurde bislang allerdings, ob in GmbHs mit mehreren Gesellschaftern eine vGA an einen der Gesellschafter eine Schenkung der übrigen Gesellschafter an den Begünstigten ist. Auch in diesen Fällen wird nach dem o. g. Koordinierten Ländererlass vom 14.3.12 (BStBl I 12, 331) eine Schenkung der GmbH an den Begünstigten in Höhe des Anteils der anderen Gesellschafter gesehen.

     

    • Beispiel

    Die AB-GmbH, an der A zu 40 % und B zu 60 % beteiligt sind, gewährt dem B eine um 100.000 EUR überhöhte Vergütung (vGA). Schenkungsteuerliche Folgen?

     

     

     

    Stellungnahme: Zwar stellt die Zahlung der vGA durch die AB-GmbH an den B keine Schenkung da. Nach der neuen Rechtsprechung könnte jedoch eine freigebige Zuwendung des A an den B in Höhe von 40 % der vGA (in Höhe des Anteils des A) vorliegen. Wenn A und B keine nahen Angehörigen sind, kommt dabei zu allem Überfluss noch eine ungünstige Steuerklasse zur Anwendung, sodass bereits bei geringen Zuwendungen Schenkungsteuer anfällt.

     

    GESTALTUNGSHINWEIS | Mit BMF-Schreiben vom 17.12.13 erkennt die Finanzverwaltung ‒ unter Aufgabe ihrer bisherigen Auffassung ‒ inkongruente Gewinnausschüttungen unter bestimmten Voraussetzungen (u. a. zivilrechtlich wirksame Satzungsregelungen) steuerlich ausdrücklich an. Wenn für die inkongruente Gewinnverteilung „beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe“ nachgewiesen werden, sieht die Finanzverwaltung hier keinen Gestaltungsmissbrauch. Soll also bei einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern ein Gesellschafter überproportional bedacht werden, empfiehlt sich dieses Gestaltungsmittel, um eine Schenkung sicher zu vermeiden.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2018 | Seite 85 | ID 45123167