· Fachbeitrag · Schenkungsteuer
Die ertragsteuerlichen Rechtsfolgen der Schenkung von Grundstücken
von Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg
| Die schenkweise Übertragung von Grundstücken auf nahe Angehörige ist ein beliebtes Mittel, um die Erbfolge zu regeln und die potenziellen Erben bereits zu Lebzeiten in den Genuss der Vermögensnutzung kommen zu lassen. Meist wird bei derartigen Gestaltungen die Schenkungsteuer in die Überlegungen einbezogen, ohne jedoch mögliche einkommensteuerliche Rechtsfolgen zu bedenken. Worauf hierbei zu achten ist und welche Gestaltungsmöglichkeiten sich in diesem Bereich anbieten, wird nachfolgend erläutert. |
1. Die Rechtsfolgen beim Schenker
1.1 Übertragung einer Privatimmobilie
Überträgt der Steuerpflichtige eine ihm gehörende selbstgenutzte und damit bisher steuerlich nicht relevante Immobilie des Privatvermögens, hat dies für ihn keine weiteren Rechtsfolgen. Bei einer vermieteten Immobilie hingegen endet mit dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums die Einkunftserzielungsabsicht und damit auch die Möglichkeit des Werbungskostenabzugs. Die Abschreibungsbefugnis geht im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf den Rechtsnachfolger über, der auch die vom Schenker auf mehrere Jahre verteilte Absetzung von Erhaltungsaufwand gemäß § 82b EStDV bis zum Ende des gewählten Verteilungszeitraums fortführen kann (FG Münster 4.5.94, EFG 94, 1088).
Hinweis | Sollte das Objekt noch nicht schuldenfrei sein, ermöglicht die Zurückbehaltung der Schulden dem Schenker (z.B. durch Absicherung über ein anderes Objekt) nicht den weiteren Werbungskostenabzug der Schuldzinsen, da diese nun nicht mehr mit der Erzielung von Einkünften in Zusammenhang stehen. Dies gilt auch dann, wenn die Schulden über ein anderes, dem Schenker zuzurechnendes Vermietungsobjekt abgesichert werden, da zu diesem lediglich ein rechtlicher, nicht aber der für den Werbungskostenabzug erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang hergestellt wird.
GESTALTUNGSHINWEIS | Hier bietet es sich an, dass der Bedachte die Schulden übernimmt und die Zinsen sodann als Werbungskosten abziehen kann; dann liegt jedoch kein unentgeltlicher, sondern regelmäßig ein teilentgeltlicher Erwerb vor, da dem Bedachten in Höhe der Schuldübernahme Anschaffungskosten entstehen. Der Werbungskostenabzug wird auch nicht dadurch gefährdet, dass der Schenker die Zinsverpflichtung gegenüber dem Kreditgeber, die durch die Schuldübernahme auf den Bedachten übergegangen ist, weiterhin bedient. Denn insoweit liegt lediglich ein abgekürzter Zahlungsweg vor, der beim Bedachten den Abzug der Zinsen als Werbungskosten nicht vereitelt, jedoch ggf. schenkungsteuerlich relevant wird, weil der Schenker dem Bedachten den monatlichen Zinsaufwand zuwendet. |
Beachten Sie | Einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn muss der Schenker solange nicht befürchten, wie es sich um eine voll unentgeltliche Übertragung handelt, denn in diesem Fall mangelt es bereits an einem Veräußerungspreis. Anders ist dies dagegen bei teilentgeltlicher Übertragung innerhalb der 10-Jahresfrist. Hier berechnet sich der Veräußerungsgewinn für den entgeltlich erworbenen Teil durch Gegenüberstellung des Veräußerungserlöses (z.B. der übernommenen Restverbindlichkeiten) zu den anteiligen Anschaffungskosten, die nach dem Verhältnis des Veräußerungserlöses zum Verkehrswert des Grundstücks zu ermitteln sind (BFH 29.6.11, BStBl II 11, 873).
1.2 Übertragung eines Grundstücks des Betriebsvermögens
Wird ein zum Betriebsvermögen gehörendes Grundstück unentgeltlich auf Angehörige übertragen, führt dies zu einer steuerpflichtigen Entnahme, die regelmäßig mit dem Teilwert zu bemessen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG).
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Vater A schenkt dem Sohn B ein bislang als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeltes vermietetes Zweifamilienhaus. B führt die Mietverhältnisse fort. Es betragen:
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A entnimmt das Grundstück mit dem Teilwert von insgesamt 340.000 EUR, wodurch stille Reserven von 130.000 EUR aufgedeckt werden. Sohn B kann das Gebäude im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus V+V auf der Basis des Gebäudeentnahmewerts (250.000 EUR) abschreiben (R 7.3 Abs. 6 u. 10 EStR 2012).
PRAXISHINWEIS | Eine Entnahme mit dem Teilwert kann auch nicht dadurch vermieden werden, dass das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen des Schenkers entnommen und in ein Betriebsvermögen des Beschenkten eingelegt wird. Auch hier ist die Realisierung der stillen Reserven zwingend vorzunehmen. Die Regelung des § 6 Abs. 5 EStG greift in diesen Fällen nicht, da sie allein die Überführung zwischen unterschiedlichen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen betrifft. Lediglich dann, wenn sich das Wirtschaftsgut im Sonderbetriebsvermögen des Schenkers befindet und in das Sonderbetriebsvermögen des an derselben Mitunternehmerschaft beteiligten Beschenkten wechselt, ist nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG eine Buchwertfortführung möglich. |
2. Grundstücksschenkung - Rechtsfolgen beim Beschenkten
2.1 AfA-Berechtigung
Die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks des Privatvermögens führt beim Übernehmer nicht zur Abschreibung eigener Anschaffungskosten. Er kann jedoch, sofern er das Grundstück einkunftsrelevant nutzt, die AfA des Rechtsvorgängers fortführen (§ 11d EStDV).
MERKE | Wurde das Gebäude beim Rechtsvorgänger nicht zur Erzielung von Einkünften genutzt, sind ebenfalls die seinerzeit dem Rechtsvorgänger entstandenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten maßgebend (R 7.3 Abs. 6 EStR 2012). Die auf den Zeitraum, in dem das Gebäude nicht zur Einkunftserzielung genutzt wurde, entfallende AfA gilt allerdings als verbraucht (R 7.4 Abs. 10 Nr. 2 S. 2 EStR 2012). |
Bei der unentgeltlichen Übertragung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks erfolgt die Abschreibung durch den Beschenkten dagegen auf der Basis des Entnahmewerts (R 7.3 Abs. 6 und Abs. 10 EStR 2012).
Hinweis | Im Zusammenhang mit dem unentgeltlichen Erwerb entstehende Nebenkosten (z.B. Notar- und Gerichtsgebühren) können - soweit sie auf das einkunftsrelevant genutzte Gebäude entfallen - auch vom unentgeltlichen Erwerber im Wege der AfA berücksichtigt werden (BFH 9.7.13, IX R 43/11).
Bei teilentgeltlichem Erwerb ist der Erwerbsvorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Dabei ist auf das Verhältnis des Entgelts (ohne Anschaffungsnebenkosten) zum Verkehrswert des Gebäudes abzustellen. Soweit das Gebäude unentgeltlich erworben wird, kann der Übernehmer die AfA des Rechtsvorgängers fortführen (§ 11d EStDV). Soweit ihm eigene Anschaffungskosten entstehen, sind diese abschreibbar. Im Zusammenhang mit der Übernahme von Schulden oder der Finanzierung von Abstandszahlungen und Gleichstellungsgeldern entstehende Schuldzinsen sind (bei einkunftsrelevanter Nutzung des Gebäudes) als Werbungskosten abziehbar (BMF 13.1.93, BStBl I 93, 80 Tz. 22).
2.2 Anschaffungsnahe Aufwendungen
Investiert der (unentgeltliche oder teilentgeltlich bedachte) neue Eigentümer innerhalb von drei Jahren nach der Grundstücksübertragung, stellt sich die Frage, ob die Instandsetzungsaufwendungen bei ihm zu anschaffungsnahem Aufwand führen können (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Dies ist jedoch nur bei einer teilentgeltlichen Übertragung und auch dann nur bezüglich des entgeltlich übertragenen Teils möglich (R 6.4 Abs. 1 S. 2 EStR 2012). In dem Umfang, in dem Instandsetzungsaufwendungen auf ein unentgeltlich erworbenes Gebäude/einen Gebäudeteil entfallen, mangelt es bereits an den für die Prüfung der Quote des anschaffungsnahen Aufwands erforderlichen Anschaffungskosten, sodass diese Aufwendungen in vollem Umfang als Werbungskosten absetzbar sind.
2.3 Gewinnbesteuerung bei nachfolgender Veräußerung (§ 23 EStG)
Veräußert der Beschenkte das unentgeltlich erworbene Grundstück, ist ihm bei Prüfung einer eventuell steuerpflichtigen Veräußerung innerhalb des 10-Jahreszeitraums die Anschaffung oder die Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen (gilt als Anschaffung) durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG). Dies betrifft sowohl die Frage, ob überhaupt eine steuerpflichtige Veräußerung innerhalb des 10-Jahreszeitraums erfolgt ist, als auch für die Ermittlung eines steuerpflichtigen Gewinns durch Gegenüberstellung von Veräußerungserlös und Anschaffungskosten (des Einzelrechtsvorgängers).
Bei der Veräußerung eines teilweise entgeltlich erworbenen Grundstücks innerhalb der 10-Jahresfrist nach dem Erwerb, aber nach Ablauf von zehn Jahren nach Erwerb durch den Rechtsvorgänger berechnet sich der Veräußerungsgewinn für den entgeltlich erworbenen Teil durch Gegenüberstellung des anteiligen Veräußerungserlöses zu den tatsächlichen Anschaffungskosten. Dabei bestimmt sich der anteilige Veräußerungserlös nach dem Verhältnis der aufgewendeten Anschaffungskosten zum Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Erwerbs (BMF 5.10.00, BStBl I 00, 1383, Rz. 30).
3. Grundstücksübertragung gegen Versorgungsleistungen
Wird nach dem 31.12.07 ein Privatgrundstück gegen Versorgungsleistungen übertragen, liegt keine unentgeltliche Übertragung gegen Versorgungsleistungen vor, da § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der ab 1.1.08 geltenden Gesetzesfassung nur noch Betriebsvermögen und (bestimmte) GmbH-Beteiligungen umfasst. Die Finanzverwaltung geht in derartigen Fällen hinsichtlich der wiederkehrenden Leistungen von einer (teil-)entgeltlichen Übertragung aus (BMF 11.3.10, BStBl I 10, 227, Rz. 57 u. 65 ff.).
4. Grundstücksübertragung gegen Nutzungsrechtsvorbehalt
Die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks gegen Nießbrauchsvorbehalt führt hinsichtlich des vorbehaltenen Nutzungsrechts auch dann nicht zu einer Gegenleistung, wenn der Übernehmer dem Übergeber das Nutzungsrecht einräumt. Vielmehr ist von der Übertragung von bereits mit dem Nutzungsrecht belastetem Vermögen auszugehen (BMF 13.1.93, BStBl I 93, 80, Tz. 10). Da die Nutzungsbefugnis weiterhin beim Vorbehaltsnießbraucher verbleibt, erzielt er auch weiterhin Einkünfte aus V+V und ist zur weiteren Vornahme der Gebäude-AfA berechtigt (BMF 30.9.13, IV C 1 - S 2253/07/10004). Die gilt entsprechend bei Vorbehalt eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts.
Im Gegensatz zum Nießbrauch, der dem Nießbraucher das Recht gibt, die Nutzungen der Sache zu ziehen (§ 1030 BGB), darf der Wohnberechtigte das Gebäude lediglich unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung nutzen (1093 BGB). Der Wohnberechtigte erzielt also im Regelfall keine Einkünfte aus V+V. Und aufgrund der dem Grundstücksübergeber weiterhin zustehenden Nutzungsbefugnis kann der neue Eigentümer die wohnrechtsbelastete Wohnung nicht zur Einkunftserzielung einsetzen.
GESTALTUNGSHINWEIS | Laut BGB (§§ 1041 ff. BGB) hat der neue Eigentümer insbesondere auch außergewöhnliche Instandhaltungsaufwendungen zu tragen, die er jedoch, da die Nutzungsbefugnis beim Übertragenden verblieben ist, nicht als Werbungskosten abziehen kann. Sofern der Nießbraucher solche Kosten übernimmt, hat er gegenüber dem Eigentümer einen Ersatzanspruch (§ 1049 BGB). Verzichtet er auf dessen Geltendmachung oder steht schon bei der Aufwendung fest, dass der Ersatzanspruch nicht zu realisieren ist, scheitert der Werbungskostenabzug bei ihm an § 12 Nr. 2 EStG (BMF 30.9.13, IV C 1 - S 2253/07/10004, Rz. 43 i.V.m. Rz. 21). Aus steuerlichen Gründen sollte sich der Nießbraucher daher vertraglich zur Übernahme sämtlicher Kosten verpflichten, um sicherzustellen, dass sämtliche Grundstücksaufwendungen auch bei ihm als dem weiteren Einkunftserzieler geltend gemacht werden können. |