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  • · Fachbeitrag · Steuerberater in eigener Sache

    Selbstanzeigeberatung: So rechnen Sie Ihre Tätigkeiten richtig ab!

    von Dr. Gregor Feiter, Düsseldorf

    | Der wiederholte Ankauf von Steuer-CDs und prominente Steuersünder haben die Selbstanzeige in letzter Zeit immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dies hat zur Folge, dass auch die gebührenrechtliche Vorschrift des § 30 StBVV (Selbstanzeige) immer mehr Beachtung findet. Der folgende Beitrag gibt konkrete Hinweise, wie man als Steuerberater die im Rahmen einer Selbstanzeige anfallenden Tätigkeiten richtig abrechnet. |

    1. Anwendungsbereich

    Für die Tätigkeit im Verfahren der Selbstanzeige (§§ 371 und 378 Abs. 3 AO) einschließlich der Ermittlungen zur Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Angaben erhält der Steuerberater gemäß § 30 StBVV 10/10 bis 30/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle A. Folgende Tätigkeiten sind mit dieser Gebühr abgegolten:

     

    • Feststellungen im Vorfeld der Selbstanzeige
    • Beratungen des Mandanten im Zusammenhang mit der Selbstanzeige
    • Ermittlung der unrichtigen oder unvollständigen Angaben
    • Erstattung der Selbstanzeige
    • Berechnung der verkürzten Steuern
    • Verhandlungen über eine angemessene Zahlungsfrist.

     

    • Beispiel

    Der Steuerpflichtige hat ein Aktiendepot in der Schweiz. Steuerpflichtige Veräußerungsgewinne und Zinserträge wurden über einen Zeitraum vom mehreren Jahren nicht erklärt. Die Ermittlung des „richtigen“ zu versteuernden Einkommens durch „Zurechnungen“ zu den bisher veranlagten Werten und die Errechnung der Mehrsteuern ist mit der Gebühr nach § 30 StBVV abgegolten. Dies gilt unabhängig davon, wie umfangreich die Dokumentation aller Kontobewegungen ist.

     

    Beachten Sie | Bedingt die Selbstanzeige die Anfertigung einer Buchführung, eines Jahresabschlusses, einer Überschussrechnung oder einer Steuererklärung, so erhält der Steuerberater zusätzlich die hierfür vorgesehenen Gebühren, gesondert für jedes Kalenderjahr und für jede Steuerart.

     

    • Beispiel

    Der Steuerpflichtige hat einen aufgrund einer Schenkung erlangten Geldbetrag auf einem Schweizer Konto angelegt und die Gewinne über mehrere Jahre nicht versteuert. Neben der Gebühr für die Selbstanzeige entsteht hier auch eine Gebühr nach § 24 Abs. 1 Nr. 13 StBVV für die Anfertigung der Schenkungsteuererklärung.

     

     

    Soweit bisher bereits Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt wurden, fällt keine weitere Gebühr nach § 27 StBVV an. Die Ermittlung des „richtigen“ zu versteuernden Einkommens ist von der Gebühr des § 30 StBVV umfasst.

     

    Wichtig | Gesonderte Gebühren für die erstmalige Anfertigung von Steuererklärungen neben der Gebühr nach § 30 StBVV fallen auch dann an, wenn ein Steuerpflichtiger ein Gewerbe betreibt und die steuerlichen Einnahmen nicht erklärt. Werden diese nacherklärt, fallen gesonderte Gebühren für die Anfertigung der Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuererklärung an.

     

    PRAXISHINWEISE | In der Regel wird die Selbstanzeige für mehrere Kalenderjahre abgegeben. Im Bereich der Gewinneinkünfte sind oftmals mehrere Steuerarten betroffen. Die Gegenstandswerte und die hieraus zu errechnenden Gebühren werden für jedes Kalenderjahr und für jede Steuerart einzeln ermittelt und abgerechnet. Eine Addition der Gegenstandswerte findet nicht statt. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil für jedes Kalenderjahr und für jede Steuerart gesondert ermittelt werden muss, welche Besteuerungsgrundlagen zu ergänzen und zu berichtigen sind und wie hoch die sich ergebende Mehrsteuer ist. Wird die Selbstanzeige für mehrere Personen (Eheleute, Gesellschafter etc.) angefertigt, entsteht für jeden Auftraggeber eine gesonderte Gebühr nach § 30 StBVV. § 6 Abs. 1 StBVV steht dem nicht entgegen. Selbstanzeigen mehrerer Personen in gleich gelagerten Fällen sind immer mehrere Angelegenheiten, da die strafbefreiende Wirkung höchstpersönlicher Natur ist.

     

    2. Abgrenzung zu §§ 23 S. 1 Nr. 1 StBVV und § 27 StBVV

    Die Gebühr nach § 30 StBVV muss von der Gebühr nach § 23 S. 1 Nr. 1 StBVV (Berichtigung einer Erklärung) abgegrenzt werden. Nur dann, wenn der Steuerpflichtige mit Hinterziehungsvorsatz oder leichtfertig handelte, ist § 30 StBVV einschlägig. Demgegenüber ist § 23 S. 1 Nr. 1 StBVV anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit der Erklärung bei Abgabe kannte, aber ohne Hinterziehungsvorsatz handelte (AG Langen 9.1.09, 56 C 100/08).

     

    • Beispiel

    Der Steuerberater erhält den Auftrag, für Eheleute die Anlagen KAP 2008-2011 nachträglich zu erstellen. Die Mandanten waren der irrigen Auffassung, dass aufgrund ihrer Freistellungsaufträge keine Kapitalertragsteuer zu zahlen war. Der Aufwand des Steuerberaters für die Beschaffung der Bankunterlagen und die anschließende Neuberechnung der Steuern betrug rund zwei Stunden.

     

    Hier dürfte § 30 StBVV mangels Hinterziehungsvorsatzes nicht einschlägig sein. § 23 S. 1 Nr. 1 StBVV und § 27 StBVV passen vom Wortlaut beide. Fraglich ist, welche Vorschrift hier günstiger ist. § 23 S. 1 Nr. 1 StBVV sieht einen höheren Gebührenrahmen vor (2/10 bis 10/10). § 27 Abs. 1 S. 2 StBVV sieht hingegen einen Mindestgegenstandswert (8.000 EUR) vor. Auch können Vorarbeiten, die über das übliche Maß erheblich hinausgehen, mit einer gesonderten Zeitgebühr berechnet werden (§ 27 Abs. 3 StBVV). Es wird deshalb immer auf den Einzelfall ankommen, welche Abrechnungsvariante günstiger ist.

    3. Gebühr bei nicht erstatteter Selbstanzeige

    Einer Selbstanzeige geht in der Regel eine Beratung voraus. Hierfür fällt grundsätzlich eine Gebühr nach § 21 Abs. 1 StBVV an, die im Falle der späteren Selbstanzeige auf die Gebühr nach § 30 StBVV anzurechnen ist. Sieht der Mandant nach der Beratung von einer Selbstanzeige ab, kann der Steuerberater die Gebühr nach § 21 Abs. 1 StBVV berechnen. Da die Sonderregelung in § 21 Abs. 1 S. 3 StBGebV für Rat und Auskunft in steuerstrafrechtlichen und bußgeldrechtlichen Angelegenheiten mit Wirkung zum 20.12.12 gestrichen wurde, muss eine solche Beratung nunmehr nach Gegenstandswerten abgerechnet werden. Da sich ein Gegenstandswert in derartigen Angelegenheiten allerdings nicht ermitteln lässt, darf der Steuerberater - wenn keine abweichende Vergütungsvereinbarung besteht - auf die Zeitgebühr ausweichen (Feiter, Die neue Steuerberatervergütungsverordnung, § 21 StBVV Rz. 328).

     

    MERKE | Problematisch ist der Fall, wenn es tatsächlich bei einem ersten Beratungsgespräch bleibt, da der Steuerberater dann keine höhere Gebühr als 190 EUR fordern kann (§ 21 Abs. 1 S. 2 StBVV). Kommt es im Anschluss an ein Erstberatungsgespräch aber zu weiteren Beratungsgesprächen, kann der Steuerberater die Zeitgebühr abrechnen (§ 21 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 13 S. 1 Nr. 2, S. 2 StBVV).

     

    Denkbar ist auch, dass der Mandant sich erst nach Fertigstellung der Selbstanzeige dazu entschließt, diese doch nicht abzugeben.

     

    • Beispiel

    Ein langjähriger Mandant beauftragt den Steuerberater eine Selbstanzeige für einen Zeitraum von zehn Jahren zu erstatten. Nachdem der Steuerberater alle Informationen eingeholt und eine Vollständigkeitserklärung des Mandanten erhalten hat, will er die Selbstanzeige im Oktober 2013 an das Finanzamt übermitteln. Der Mandant bittet darum, die Selbstanzeige erst im Januar 2014 abzugeben, damit das Jahr 2003 noch verjährt. Der Steuerberater legt daraufhin aus berufs-, haftungs- und strafrechtlichen Gründen das Mandat nieder.

     

    Obwohl die Selbstanzeige hier noch nicht erstattet wurde, kann der Steuerberater seine Leistungen abrechnen. Er ist insbesondere weder verpflichtet, noch berechtigt, lediglich einen Vorschuss i.S.v. § 8 StBVV geltend zu machen. Denn die Befugnis, einen Vorschuss zu fordern, endet mit der Fälligkeit der Honorarforderung. Fälligkeit ist hier durch die Kündigung eingetreten, die ein Fall der vorzeitigen Auftragsbeendigung ist (vgl. § 7 StBVV). Der Steuerberater muss auch nicht abwarten, ob der Mandant ihn im Januar 2014 erneut mit der Erstattung der Selbstanzeige beauftragt.

    4. Misslungene Selbstanzeige

    Die Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige wurden durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz 2011 und die restriktive Rechtsprechung des 1. Strafsenats des BGH erheblich verschärft. Ist die Selbstanzeige - aus welchen Gründen auch immer - ohne strafbefreiende Wirkung, bleibt der Gebührenanspruch nach § 30 StBVV davon zunächst unberührt. Allerdings kann der Mandant mit einem Schadenersatzanspruch aufrechnen, wenn der Steuerberater pflichtwidrig und schuldhaft keine ordnungsgemäße Selbstanzeige erstattet und bei pflichtgemäßem Rat und ordnungsgemäßer Selbstanzeige die Bestrafung abzuwenden gewesen wäre. Der Schaden entspricht der Höhe der gegen den Mandanten verhängten Geldstrafe (LG Saarbrücken 23.1.12, 9 O 251/10). Bei einer Freiheitsstrafe kommen Ersatz für Verdienstausfall und Schmerzensgeldansprüche in Betracht (vgl. Guntermann, Stbg 13, 420).

    5. Gegenstandswert

    Der Gegenstandswert bestimmt sich nach der Summe der berichtigten, ergänzten und nachgeholten Angaben, er beträgt jedoch mindestens 8.000 EUR (§ 30 Abs. 2 StBVV). Dies sind die nachgemeldeten Einnahmen, und zwar getrennt nach Kalenderjahr, Steuerart und Einnahmenart. Die bereits erklärten Einnahmen sind bei der Bemessung des Gegenstandswertes nicht zu berücksichtigen. Denn die Selbstanzeige ist begrifflich eine „Nacherklärung“. Ebenso wenig wirkt es sich auf den Gegenstandswert aus, wenn Anlagen (KAP/AUS/SO) abgegeben werden. Der Mehraufwand kann nur beim Zehntelsatz berücksichtigt werden.

    6. Gesetzliche oder vereinbarte Gebühr?

    Da sich der Gegenstandswert nach der Summe der berichtigten, ergänzten und nachgeholten Angaben richtet (sog. Bruttoprinzip) und der Gebührenrahmen von 10/10 bis 30/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle A weit gespannt ist, führt eine Abrechnung nach § 30 StBVV in vielen Fällen zu auskömmlichen Gebühren. Ist der Aufwand gering und fallen noch weitere Gebührentatbestände für die erstmalige Anfertigung einer Steuererklärung, einer Überschussrechnung, eines Jahresabschlusses oder einer Buchführung an, halten manche Kollegen selbst eine Abrechnung nach den gesetzlichen Mindestgebühren gelegentlich für überzogen. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob der Berater die Mindestgebühr unterschreiten und/oder auf weitere Gebühren nach §§ 24, 27, 33 oder 35 StBVV verzichten darf.

     

    MERKE | Grundsätzlich sind Gebührenunterschreitungen zivil- und preisrechtlich nicht ausgeschlossen, können aber in besonders gelagerten Einzelfällen berufs- und wettbewerbswidrig sein (ausführlich hierzu Feiter, Die neue Steuerberatervergütungsverordnung, § 64 StBerG, Rz. 771 ff.).

     

    Aber auch der umgekehrte Fall ist denkbar, dass selbst die Abrechnung der gesetzlichen Höchstgebühr zu einer unangemessen niedrigen Vergütung führt; etwa dann, wenn der Aufwand bei der Auswertung von Konto- und Depotunterlagen ungewöhnlich hoch ist. Hier hilft nur eine Vergütungsvereinbarung nach § 4 StBVV. Üblicherweise werden Stundensätze vereinbart, was zivil- und berufsrechtlich auch zulässig ist (BGH 21.9.00, IX ZR 437/99). Da im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht feststeht, ob eine Abrechnung nach Stundensätzen zu einer höheren Vergütung führt als eine Abrechnung nach § 30 StBVV, empfiehlt es sich, in der Vergütungsvereinbarung eine sog. Auffangklausel vorzusehen:

     

    Formulierungsvorschlag / 

    „Als Mindestvergütung werden - unabhängig von dem tatsächlich angefallenen Zeitaufwand - die gesetzlichen Mittelgebühren (alternativ: Höchstgebühren) nach dem Gegenstandswert der StBVV geschuldet“.

     

    7. Gebühren im Ermittlungsverfahren

    Nimmt das Finanzamt die Selbstanzeige zum Anlass, gezielt nach weiteren Steuerquellen zu suchen und schließt sich nach Abgabe der Selbstanzeige ein Straf- oder Bußgeldverfahren an, entstehen neben den Gebühren nach § 30 StBVV weitere Gebühren für die Tätigkeit im Ermittlungsverfahren. Hier empfiehlt sich grundsätzlich eine Vergütungsvereinbarung nach § 45 StBVV i.V.m. § 3a RVG. Wird keine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, kann der Steuerberater lediglich die gesetzlichen Gebühren abrechnen.

     

    • Beispiel

    Der Steuerberater fertigt für seine Auftraggeber (Ehegatten) eine Selbstanzeige wegen nicht erklärter Kapitaleinkünfte für 2008 bis 2012. Die Wirksamkeit der Selbstanzeige wird angezweifelt und ein Ermittlungsverfahren wird eröffnet. Der Steuerberater bestellt sich als Verteidiger und widerlegt die Vermutung nicht erklärter weiterer Einkünfte. Das Verfahren wird nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

     

    Der Steuerberater hat durch die Anfertigung und Abgabe der Selbstanzeige Gebühren nach § 30 StBVV verdient, und zwar für jeden Ehegatten und jedes Kalenderjahr gesondert (insgesamt also 10 Gebühren nach § 30 StBVV).

     

    Für die Tätigkeit als Verteidiger im Ermittlungsverfahren sind folgende Gebühren abrechenbar (Mittelgebühr/Höchstgebühr):

     

    Grundgebühr für die Einarbeitung gem. Nr. 4100 VV RVG

     

    200 EUR / 360 EUR

    Verfahrensgebühr für die Tätigkeit im Ermittlungsverfahren gem. Nr. 4104 VV RVG

     

    165 EUR / 290 EUR

    zusätzliche Gebühr wegen endgültiger Verfahrenseinstellung gem. Nr. 4141 VV RVG

     

    165 EUR / 290 EUR

    Post- und Telekommunikationspauschale

    20 EUR

     

     

    Neben den Gebühren nach § 30 StBVV kann der Steuerberater also für die Vertretung im Steuerstrafverfahren eine Honorarforderung von maximal 960 EUR zuzüglich Umsatzsteuer abrechnen.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • Der Autor ist Geschäftsführer der Steuerberaterkammer Düsseldorf und Verfasser des Kommentars „Die neue Steuerberatervergütungsverordnung“, Stollfuß Medien Bonn, 2013.
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 98 | ID 42517981