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  • · Fachbeitrag · Urheberrecht

    Softwareentwicklung durch ausländische IT-Spezialisten ‒ Entwarnung bei § 50a EStG?

    von StB Michael Ferstl, Hemau

    | Den IT-Fachkräftemangel bekommen in Deutschland vor allem kleine und mittelständische Unternehmen zu spüren. IT-Stellen bleiben lange unbesetzt. Vermehrt greift man daher auf das Dienstleistungsangebot ausländischer IT-Spezialisten zurück ‒ z. B. in Georgien, Indien, Rumänien, Russland oder der Ukraine. Rechte an Computerprogrammen (Software) unterfallen in Deutschland dem Urheberrecht. Die Vergabe von Programmierarbeiten an ausländische Auftragnehmer führt daher ‒ jedenfalls nach Ansicht der Finanzverwaltung ‒ grundsätzlich dazu, dass der inländische Auftraggeber nach § 50a EStG zum Steuerabzug verpflichtet ist. Behält er dennoch keine Quellensteuern ein, wird er von den Finanzbehörden in Haftung genommen. Zum 7.6.21 wurde das deutsche Urheberrecht jedoch reformiert und an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes angepasst. Dabei wurde die Gefahr einer Steuerabzugsverpflichtung merklich reduziert, völlige Entwarnung ist aber nicht gegeben. |

    1. Problematik und Lösung nach bisheriger Urheberrechtslage

    1.1 Sachverhalt

    Die A-GmbH ist eigentlich ein Industrieunternehmen. Mittlerweile stellt sie den Kunden aber im Zusammenhang mit ihren Produkten auch spezielle Softwarelösungen zur Verfügung. Im Rahmen der Neuentwicklung eines Softwareprojekts beauftragt die A-GmbH den selbstständigen Softwarespezialisten B aus Russland mit der eigenverantwortlichen Programmierung eines spezifischen Bausteins (bzw. Milestones). B muss den Softwarebaustein bis zu einem bestimmten Datum zur Verfügung stellen. B überträgt der A-GmbH in diesem Zusammenhang sämtliche Nutzungsrechte an allen Arbeitsergebnissen. Dies beinhaltet auch das Recht zur Weiterüberlassung an Dritte sowie Vervielfältigungs-, Bearbeitungs- und Verbreitungsrechte. Die auf die A-GmbH übertragenen Nutzungsrechte sind weder zeitlich, räumlich noch inhaltlich beschränkt. Als Vergütung erhält B einmalig 10.000 EUR.

     

     

    1.2 Beschränkte Steuerpflicht im Inland

    Inländische Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f EStG liegen u. a. vor, wenn Einkünfte aus der

    • Vermietung oder Verpachtung oder
    • der Veräußerung

     

    von Rechten erzielt werden, deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt. Zu diesen Rechten zählen auch urhebergeschützte Rechte wie z. B. „Computerprogramme“ bzw. Software (vgl. § 69a Abs. 4 UrhG).

     

    MERKE | Bei urheberrechtlich geschützter Software ist eine Veräußerung der Urheberrechte zivilrechtlich ausgeschlossen (vgl. § 29 Abs. 1 UrhG). Die Finanzverwaltung vertritt daher die Ansicht, dass grundsätzlich jede Rechteüberlassung als eine zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten anzusehen sei (vgl. BMF 27.10.17, BStBl I 2017, 1448, Rn. 11; 25.11.10, BStBl I S. 1350, Rz. 23 mit Verweis auf § 29 Abs. 1 UrhG; vgl. auch Wehmhörner, ISR 2020, 35).

     

    Nach Ansicht der Finanzverwaltung führt die grenzüberschreitende Softwareüberlassung aber nur dann zur beschränkten Steuerpflicht, wenn dem Nutzer umfassende Nutzungsrechte zur wirtschaftlichen Weiterverwertung der Software eingeräumt werden (vgl. BMF 27.10.17, a. a. O., Rn. 3, 6). Sie nimmt dies an, wenn die Software nicht nur zum bestimmungsgemäßen Gebrauch überlassen wird, sondern darüber hinaus Vervielfältigungs-, Bearbeitungs- und Verbreitungsrechte eingeräumt werden.

     

    Bezogen auf den Ausgangsfall lässt sich also festhalten, dass B nach Ansicht der Finanzverwaltung im Inland aufgrund der Überlassung des Softwarebausteins beschränkt steuerpflichtig ist (Vermietung und Verpachtung i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f aa. EStG). Eine Rechteveräußerung scheidet wegen § 29 Abs. 1 UrhG aus. Außerdem wurden der A-GmbH umfassende Nutzungsrechte durch B eingeräumt.

     

    MERKE | Ob die Beauftragung des ausländischen IT-Spezialisten im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags erfolgt, ist (wohl) unerheblich. Die Finanzverwaltung nimmt dahin gehend jedenfalls keine Unterscheidung vor.

     

    1.3 Quellensteuereinbehalt § 50a EStG

    Die Differenzierung, ob eine beschränkte Steuerpflicht aufgrund einer Rechteüberlassung oder einer Rechteveräußerung vorliegt, ist von entscheidender Bedeutung. Denn die Verpflichtung zum Einbehalt von Quellensteuern nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 AO besteht nur für die Rechteüberlassung. Nur in diesem Fall droht dem Auftraggeber also auch die „Haftungsfalle“.

     

    Da die Finanzverwaltung im geschilderten Sachverhalt von einer Rechteüberlassung ausgeht (s. o.), unterliegt die vereinbarte Vergütung von 10.000 EUR ihrer Ansicht nach dem Quellensteuerabzug von 15 % (= 1.500 EUR) zzgl. Solidaritätszuschlag (= 82,50 EUR). Die A-GmbH zahlt an B demnach lediglich 8.417,50 EUR. Die übrigen 1.582,50 EUR führt sie im Rahmen der vierteljährlichen Steueranmeldung an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ab.

     

    MERKE | Je nachdem, ob der Auftragnehmer in einem DBA-Staat ansässig ist oder nicht und wie die etwaigen DBA-Regelungen konkret ausgestaltet sind, steht dem Auftragnehmer auf Antrag beim BZSt eine entsprechende Quellensteuerentlastung zu. Im vorliegenden Fall wäre die Quellensteuer nach Art. 12 Abs. 1 DBA-RUS sogar auf 0 % zu reduzieren. Bekanntlich muss der Auftraggeber jedoch den Steuerabzug nach § 50a EStG dennoch vornehmen, solange ihm keine entsprechende Freistellungsbescheinigung des Auftragnehmers vorliegt.

     

    1.4 „Wirtschaftlicher Rechtekauf“ und „Total Buy out“-Rechtsprechung

    1.4.1 Wirtschaftlicher Rechtekauf

    In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass bei einer ausreichend umfassenden Rechteeinräumung (z. B. zeitlich, räumlich, inhaltlich unbegrenzt) ein nicht den Regelungen des Steuerabzugs unterfallender „wirtschaftlicher Rechtekauf“ vorliegen kann (vgl. z. B. Gosch in: Kirchhof/Seer, EStG, § 50a, Rn. 15; Frase, KÖSDI 17, 20341).

     

    Eine Übertragung wirtschaftlichen Eigentums i. S. v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO liegt danach vor, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Ein solcher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers wird u. a. angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat. Dies kann z. B. der Fall sein, weil die infrage stehenden Rechte mittlerweile „wirtschaftlich verbraucht“ sind oder einem etwaigen Herausgabeanspruch ein gleichwertiger Ersatzanspruch des bisher Berechtigten gegenübersteht.

     

    1.4.2 „Total Buy out“-Rechtsprechung des BFH

    Höchstrichterlich ist die Frage des „wirtschaftlichen Rechteverkaufs“ bezüglich Software zwar noch nicht geklärt. Der BFH ist den Argumenten für einen „wirtschaftlichen Rechtekauf“ bei anderen urheberrechtlich geschützten Rechten aber nicht gefolgt.

     

    In den beiden Urteilen zu sog. Total Buy out-Verträgen vom 24.10.18 (I R 83/16, BFH/NV 19, 522; I R 69/16, BStBl II 19, 401) ging es um urheberrechtlich geschützte „Reporterleistungen“ bzw. „Drehbuchüberarbeitungen“. Der BFH stellte noch einmal klar, dass ein Urheberrecht gemäß § 29 Abs. 1 UrhG seiner Natur nach grds. unveräußerlich und nur der Einräumung von Nutzungsrechten nach § 29 Abs. 2 UrhG zugänglich ist. Einen wirtschaftlichen Rechtekauf ließ er daran scheitern, dass den Urhebern (trotz zeitlich, räumlich und inhaltlich unbefristeter Nutzungsrechte) wegen § 32a UrhG noch ein fortdauernder Anspruch auf weitere Erlösbeteiligung zustünde. Auf diesen Anspruch könnten Urheber auch nicht im Voraus verzichten. Das dem Urheber verbleibende Recht hindere die Gleichstellung der Nutzungsüberlassung mit einer Übertragung nach Maßgabe einer „verbrauchenden Rechteüberlassung“.

     

    Auf die Bedeutung der Ansprüche nach § 41 UrhG (Rückrufrecht wegen Nichtausübung) und § 42 UrhG (Rückrufrecht wegen gewandelter Überzeugung), die dem Urheber ebenfalls trotz Einräumung umfassender Nutzungsrechte weiterhin zustehen, brauchte der BFH daher gar nicht eingehen. Ob diese Ansprüche ebenfalls einer „verbrauchenden Rechteüberlassung“ entgegenstehen, ließ er offen.

     

    Beachten Sie | Bezogen auf die Software-Überlassung muss man jedenfalls festhalten, dass die §§ 32a, 41 und 42 UrhG wegen § 69a Abs. 4 UrhG a. F. auf Computerprogramme entsprechend anzuwenden waren. Die Finanzverwaltung dürfte sich daher auch für solche Fälle von der o. g. BFH-Rechtsprechung zunächst einmal bestärkt fühlen.

     

    1.5 Maßnahmen zur steuerlichen Risikominimierung

    Auch wenn die o. g. BFH-Rechtsprechung in der Literatur überwiegend kritisiert wird und eine Übertragung der Rechtsgrundsätze auf Fälle der Softwareentwicklung nicht sicher ist, bleibt für die Praxis bislang festzuhalten, dass die Finanzverwaltung wohl nicht von einem „wirtschaftlichen Rechtekauf“ ausgehen wird und eine gerichtliche Durchsetzung dieser Rechtsansicht zumindest ungewiss ist. Als Konsequenz wird man in vielen Fällen gut beraten sein, vorsorglich Maßnahmen zur Minimierung der steuerlichen Risiken zu ergreifen. Hier bieten sich z. B. an:

     

    • Ausweichen auf ausländisches (Urheber-)Recht: Hier ist jedoch eine Prüfung im Einzelfall erforderlich, ob dadurch wirklich die Voraussetzungen für einen „wirtschaftlichen Rechtekauf“ geschaffen werden können (z. B. Verhinderung Eventualanspruch nach § 32a UrhG).

     

    • Aufnahme von Steuerklauseln bzgl. Quellensteuer:
      • Nach Möglichkeit sollten die Verträge mit dem ausländischen Softwareentwickler Bruttoklauseln enthalten. Bei Nettoklauseln würde sich der Auftraggeber zur Übernahme der inländischen Steuerbelastung bereit erklären. Da dies einen zusätzlichen Vorteil für den Auftragnehmer darstellen würde, wären Quellensteuern sogar i. H. v. 17,82 % der vereinbarten Vergütung (zzgl. Solidaritätszuschlag) einzubehalten.

     

      • In DBA-Fällen und insbesondere in Fällen, die unter die EU-Zins-Lizenz-Richtlinie fallen, wird es sinnvoll sein, den ausländischen Auftragnehmer vertraglich zur Mitwirkung an einem Freistellungsverfahren i. S. v. § 50c EStG zu verpflichten (z. B. Bevollmächtigung zur Antragstellung, Vorlage Ansässigkeitsbescheinigung). In vielen Fällen ist so eine Absenkung des Quellensteuersatzes sogar auf 0 % möglich.

     

    PRAXISTIPP | Sofern in solchen Fällen eine Haftungsinanspruchnahme durch die Finanzverwaltung erfolgt (z. B. nach einer Betriebsprüfung), sollte Einspruch eingelegt werden. Wie dargestellt, liegt speziell zur Überlassung von Software bzw. Softwarebausteinen noch keine höchstrichterliche Entscheidung vor. Evtl. kann unter Verweis auf das beim BFH anhängige Verfahren zur Überlassung von Filmrechten (vgl. BFH IV R 32/19) auch Verfahrensruhe erreicht werden.

     

    2. Änderung im Urheberrecht zum 7.6.21

    Durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes vom 31.5.21 (BGBl II 21, 1204) wurde u. a. auch § 69a Abs. 5 UrhG neu gefasst. Seither sind insbesondere § 32a UrhG und § 41 UrhG nicht mehr auf Computerprogramme (Software) anzuwenden. Urhebern steht damit kein fortgesetzter „Eventualanspruch auf weitere Erfolgsbeteiligung“ und auch kein „Rückrufrecht wegen Nichtausübung“ mehr zu.

     

    Die Regelung gilt nur für „Neuverträge bzw. -sachverhalte“. Das sind Verträge und Sachverhalte, die ab dem 7.6.21 geschlossen werden oder entstehen (vgl. § 137d Abs. 3 UrhG).

     

    Beachten Sie | Ein Rückrufrecht wegen „gewandelter Überzeugung“ i. S. v. § 42 UrhG steht dem Urheber dagegen weiterhin zu. Übt er sein Recht aus, so hat er jedoch ggü. dem Nutzungsberechtigten eine angemessene Entschädigung zu leisten (§ 42 Abs. 3 EStG).

    3. Steuerliche Auswirkung der Urheberrechtsänderung für Fälle der Softwareentwicklung

    3.1 Altverträge

    Da die Rechtsänderung im Urheberrecht erst für Verträge ab dem 7.6.21 gilt, ergeben sich für Altverträge keine steuerlichen Auswirkungen. Hier sind weiterhin die bisherigen Ansätze zur steuerlichen Risikominimierung zu empfehlen (vgl. Punkt 1.5). Abhängig vom Einzelfall kann es jedoch sinnvoll sein, einen „Neuabschluss“ bestehender Verträge zu prüfen, um in den Anwendungsbereich der neuen Rechtslage zu kommen.

     

    3.2 Neuverträge

    Für „Neuverträge“ ab dem 7.6.21 bedeutet die Änderung des Urhebergesetzes, dass wohl doch ein „wirtschaftlicher Rechtekauf“ gegeben ist. Voraussetzung ist, dass dem Auftraggeber in ausreichendem Umfang Rechte eingeräumt werden (vgl. dazu Punkt 1.4.1). Jedenfalls ist dem bisherigen Hauptargument des BFH, den wirtschaftlichen Rechtekauf abzulehnen (= fortgesetzter Eventualanspruch i. S. v. § 32a UrhG), nun der Boden entzogen. Ein solcher steht dem Auftragnehmer bei Neuverträgen nicht mehr zu.

     

    Gleiches gilt für etwaige Rückrufrechte wegen Nichtausübung i. S. v. § 41 UrhG. Ob ein solches ausreichen würden, den „wirtschaftlichen Rechtekauf“ abzulehnen, hatte der BFH in der „Total Buy out-Rechtsprechung“ ausdrücklich offengelassen. Die Frage kann auch weiterhin dahinstehen. Dem Auftragnehmer steht bei Neuverträgen kein solches Recht zu.

     

    Von den (vom BFH in der „Total Buy out-Rechtsprechung“ genannten) Hindernissen, die den Annahmen eines „wirtschaftlichen Rechtekaufs“ ggf. entgegenstehen könnten, bleibt somit einzig das „Rückrufrecht wegen gewandelter Überzeugung“ i. S. v. § 42 UrhG bestehen. Der BFH hat die Frage wie dargestellt offengelassen (vgl. Punkt 1.4.2).

     

    M. E. kann die Norm einem „wirtschaftlichen Rechtekauf“ nicht entgegenstehen. Denn selbst wenn der Auftragnehmer sein diesbezügliches Recht ausüben würde, sähe er sich gegenüber dem Auftraggeber nach § 42 Abs. 3 UrhG einem äquivalenten Entschädigungsanspruch ausgesetzt. Wirtschaftlich betrachtet würde der Auftragnehmer aus der Rechteausübung also keinen Vorteil ziehen. Folglich wäre er bereits bei der Einräumung der umfassenden Nutzungsrechte wirtschaftlich endgültig entreichert. Der Auftraggeber könnte den Auftragnehmer also tatsächlich für die gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung auf die überlassenen Rechte ausschließen (vgl. zur selben Argumentation z. B. BFH 9.3.16, X R 46/14, BStBl II 16, 976).

     

    Im Ausgangsfall wurden der A-GmbH von B umfassende Nutzungs- und Verwertungsrechte eingeräumt, die weder zeitlich noch räumlich oder inhaltlich beschränkt waren. Sofern auf den Sachverhalt § 69a Abs. 5 UrhG n. F. anzuwenden ist, liegt demnach m. E. ein wirtschaftlicher Rechteverkauf vor. Die A-GmbH kann den B von der wirtschaftlichen Nutzung des ihm verbliebenen Urheberrechts dauerhaft ausschließen. Der Sachverhalt unterliegt nicht dem Steuerabzug nach § 50a EStG.

     

    MERKE | Die Finanzverwaltung hat sich zu den Auswirkungen der Änderung des Urheberrechts bisher noch nicht geäußert. Die bisherigen BMF-Schreiben vom 25.11.10 und vom 27.10.17 sind von den Finanzbehörden weiter verpflichtend anzuwenden. Es ist daher damit zu rechnen, dass die Sachverhalte im Rahmen von Betriebsprüfungen unverändert aufgegriffen werden. Soweit möglich, dürfte es daher in vielen Fällen ratsam sein, vorerst bisher implementierte Strategien zur steuerlichen Risikominimierung (vgl. Punkt 1.5) beizubehalten.

     

    4. Ein erstes Fazit

    Computerprogramme (Software) sind urheberrechtlich geschützt. Sie unterliegen nach § 69a Abs. 4 UrhG den für Sprachwerken geltenden Bestimmungen. Da Urheberrechte zivilrechtlich nicht veräußerbar sind, stuft die Finanzverwaltung Fälle der Softwareentwicklung durch ausländische Programmierer i. d. R. als eine Rechteüberlassung ein, die dem Quellensteuerabzug unterliegt. In der Literatur wird demgegenüber präferiert, statt von einer Rechteüberlassung von einem „wirtschaftlichen Rechteverkauf“ auszugehen. Dieser löst keine Pflicht zum Einbehalt von Quellensteuern i. S. v. § 50a EStG aus.

     

    Nach bisheriger Rechtslage galten für Computerprogramme (Software) aber die §§ 32a, 41 und 42 UrhG entsprechend. Dies ist insofern von Bedeutung, als der BFH diese Normen zum Anlass nahm, den „wirtschaftlichen Rechtekauf“ bei anderen urheberrechtlich geschützten Werken (nicht: Software) abzulehnen. Eine konkrete Entscheidung zur Softwareentwicklung hat der BFH bisher zwar noch nicht getroffen. Dennoch wurden aufgrund der bestehenden Unsicherheiten häufig Maßnahmen ergriffen, das steuerliche Risiko zu minimieren (z. B. Steuerklauseln, Freistellungsverfahren).

     

    Zum 7.6.21 wurde das Urhebergesetz reformiert und an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes angepasst. Seitdem gelten die § 32 UrhG und § 41 UrhG nicht mehr für Software. Damit sollte der Annahme eines (nicht dem Quellensteuerabzug unterliegenden) „wirtschaftlichen Rechteverkaufs“ eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Die Fortgeltung von § 42 UrhG sollte unproblematisch sein. Bis zu einer entsprechenden Äußerung der Finanzverwaltung dürfte es in vielen Fällen ratsam sein, bereits implementierte Maßnahmen zur Minimierung steuerlicher Risiken vorerst aber beizubehalten. Eine kurzfristige Äußerung der Finanzverwaltung wäre wünschenswert.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2022 | Seite 52 | ID 47874335