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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Unentgeltliche Übertragung von betrieblichen Einheiten zwischen Kapitalgesellschaften

    von RA Sigmund Perwein, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Zertifizierter Berater für Internationales Steuerrecht (DAA), Reichert & Reichert, Singen/Hohentwiel

    | Ein Betriebsinhaber kann seinen Betrieb gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 EStG unentgeltlich zu Buchwerten auf einen anderen Rechtsträger übertragen, ohne dass ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entsteht. Dabei sollen als übertragender wie als übernehmender Rechtsträger auch Kapitalgesellschaften in Betracht kommen. Insoweit stellt sich dann allerdings die Frage, wie sich die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) und der verdeckten Einlage zur unentgeltlichen Betriebsübertragung verhalten. |

    1. Praxisfall

    An der X-GmbH sind X und Y mit je 50 % beteiligt. Die X-GmbH hat u.a. den Teilbetrieb Y. X und Y trennen sich dergestalt, dass die X-GmbH den Teilbetrieb Y unentgeltlich auf die Y-GmbH überträgt, die Y kurz zuvor bar gegründet hatte. In zeitlichem Zusammenhang dazu überträgt Y seinen Anteil an der X-GmbH auf X. Den beiden Beteiligten ging es darum, sich ohne Liquidation der X-GmbH und auf zivilrechtlich möglichst unkomplizierte Weise zu trennen, um ihre Aktivitäten in getrennten GmbHs fortzuführen. Der Berater war der Auffassung, dass die Übertragung des Teilbetriebs Y auf die Y-GmbH insgesamt ohne Anfall von Steuern erfolgen kann.

    2. Lösungshinweise

    Über § 8 Abs. 1 S. 1 KStG kommen eine Vielzahl von Vorschriften des EStG (R 32 Abs. 1 KStR 2004) auf Körperschaftssteuersubjekte zur Anwendung. Dazu gehört auch § 6 EStG. Nach § 6 Abs. 3 in der 1. Alternative sind bei der Gewinnermittlung zwingend die Buchwerte anzusetzen, wenn der bisherige Betriebsinhaber seinen Betrieb unentgeltlich überträgt. Dabei lässt es die offen formulierte Vorschrift zu, dass übertragender wie übernehmender Rechtsträger auch eine Kapitalgesellschaft sein kann (BMF 3.3.05, BStBl I 05, 458, Rn. 1). § 8 Abs. 1 S. 1 KStG sagt jedoch auch aus, dass die Einkommensermittlung sich „nach den Vorschriften des EStG und dieses Gesetzes“, also dem KStG bestimmt, sodass z.B. die Regelung über die vGA nicht verdrängt wird (Gratz in: H/H/R, EStG/KStG, § 6 EStG, Rz. 1378). Ebenso wenig verdrängt werden die Grundsätze der verdeckten Einlage.

     

    Jeweils isoliert betrachtet kommt eine Anwendung aller drei Tatbestände in Betracht:

     

    • a) Tatsächlich könnte im Praxisfall die X-GmbH ihren Teilbetrieb Y unter Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 EStG auf die Y-GmbH übertragen und bei ihrer Gewinnermittlung die Buchwerte zugrunde legen.

     

    • b) Zugleich liegt jedoch eine vGA der X-GmbH an Y vor, die durch § 6 Abs. 3 EStG nicht ausgeschlossen wird. Durch die unentgeltliche Übertragung des Teilbetriebs Y kommt es bei der X-GmbH zu einer verhinderten Vermögensmehrung, die ihre Ursache offensichtlich im Gesellschaftsverhältnis hat (X und Y wollten sich trennen), sich auf die Höhe des Einkommens der X-GmbH bzw. den Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 1 EStG auswirkt und augenscheinlich nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.

     

    • c) Zusätzlich sind die Grundsätze der verdeckten Einlage anwendbar. Die X-GmbH ist eine dem Y nahe stehende Person (R 40 Abs. 1 KStR 2004). Die unentgeltliche Übertragung des Teilbetriebs Y auf die Y-GmbH ist demnach eine verdeckte Einlage des Y. Wenn ein Gesellschafter seinen Betrieb unentgeltlich in eine GmbH, an der er beteiligt ist, einlegt, geht der verdeckten Einlage regelmäßig eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG mit Entnahme ins Privatvermögen voraus (BFH 18.12.90, VIII R 17/85, BStBl II 91, 512) - denn sonst würde die Regelung des § 20 UmwStG ausgehebelt.

     

    Im Ergebnis erfolgt die Übertragung des Teilbetriebs Y auf der Ebene der X-GmbH zu Buchwerten gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 EStG. Durch die zugleich bewirkte und durch § 6 Abs. 3 EStG nicht verdrängte vGA wird dem Ergebnis der GmbH außerbilanziell der Teilwert des übertragenen Teilbetriebs Y hinzugerechnet und so der Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 1 EStG um die vGA berichtigt (Gosch, KStG, § 8 Rz. 381, 383 und 395). Auf der Ebene der übernehmenden Y-GmbH kommt es wegen der vorrangig anwendbaren Grundsätze der verdeckten Einlage nicht zur Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 S. 3 EStG, sondern zum Ansatz mit den Teilwerten. Der verdeckten Einlage geht bei dieser Konstellation keine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG voraus, da die vGA insoweit vorgeht und im Grunde dieselbe Rechtsfolge nach sich zieht.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • 1. Eine Nachzahlung der Kapitalertragsteuer (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG) durch die X-GmbH nach Entdeckung der vGA ist im Regelfall nicht erforderlich, da die Besteuerung dann sogleich im Rahmen der Veranlagung des vGA-Begünstigten erfolgt (Vorrang des Veranlagungs- vor dem Abzugsverfahren).

     

     

    • 3. Im Grunde wollten die Beteiligten eine Spaltung der GmbH unter gleichzeitiger Trennung der Gesellschafterstämme erreichen. Diese erfolgt als sog. Spaltung zu Null zivilrechtlich nach dem Umwandlungsgesetz (Schröer in: Semler/Stengel, UmwG, § 126 Rz. 29) und ist unter Anwendung von § 15 UmwStG auch tatsächlich ertragssteuerneutral möglich (Dötsch/Pung, in: Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, § 15 UmwStG, Rz. 249 ff.; zu schenkungsteuerlichen Fragen der Spaltung zu Null, Perwein, DStR 08, 1892).
     

    Ergebnis: Die unentgeltliche Übertragung betrieblicher Einheiten zwischen Kapitalgesellschaften ist somit in der Regel ertragsteuerneutral nicht möglich.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 172 | ID 42598650