· Fachbeitrag · GmbH-Geschäftsführerpensionszusage
Pensionszusage bei Formwechsel einer GmbH in eine PersG: positives Ende einer über 10-jährigen Odyssee
von Jürgen Pradl, Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung und Kevin Pradl, LL. B., MPM, Rentenberater, beide Zorneding
| Die Praxis lehrt uns, dass sich Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung oftmals über Jahre hinziehen können. Gerät man jedoch in einen Konflikt, den die Finanzverwaltung „anzettelt“, weil sie sich intern nicht auf eine einheitliche Handhabung einigen kann, lässt das den Betroffenen zu Recht an der Funktionalität unseres Rechtssystems zweifeln. Insbesondere dann, wenn eine Länderfinanzverwaltung wegen eines „offensichtlich widersprüchlichen“ BMF-Schreibens dem Bundesfinanzministerium die Gefolgschaft verweigert. Wohin eine derartige Odyssee führen kann, zeigt unser praktischer Fall eindrucksvoll. Die erfreuliche Botschaft: Eine Geschäftsführer-Pensionszusage führt bei einer formwechselnden Umwandlung einer GmbH in eine PersG nicht zu einer steuerpflichtigen Sondervergütung für den früheren Geschäftsführer. |
1. Der Sachverhalt
Eine am 14.12.09 vereinbarte formwechselnde Umwandlung einer GmbH zugunsten einer GbR I führte im Rahmen einer Betriebsprüfung am 9.8.13 hinsichtlich der bilanzsteuerrechtlichen Behandlung der aus den Geschäftsführer-Pensionszusagen resultierenden Pensionsrückstellungen erstmals zu einer Beanstandung. Die Angelegenheit mündete in einem Finanzrechtsstreit, den erst der BFH mit seiner Entscheidung vom 12.12.23 (VIII R 17/20) beenden konnte. Zwischen erstmaliger Beanstandung des zu beurteilenden Rechtsgeschäftes und der höchstrichterlichen Klärung der strittigen Rechtsfrage sind somit sage und schreibe zehn Jahre und vier Monate ins Land gezogen.
Die betroffenen Steuerpflichtigen und Kläger (beide als StB und WP zugelassen), die sich bereits vor dem FG Baden-Württemberg durchsetzen konnten (16.12.19), wurden am Ende für ihre Hartnäckigkeit belohnt: Der BFH hat der Finanzverwaltung eine klare Abfuhr erteilt.
1.1 Geschäftsführer-Pensionszusagen und Formwechsel
Die Pensionszusage zugunsten des GGf „V“ (Jahrgang 1950) wurde diesem von der später formgewechselten GmbH (GmbH I) im Jahre 1996 erteilt. Die Pensionszusage zugunsten des GGf „“ (Jahrgang 1978) wurde diesem von der GmbH I im Jahre 2004 erteilt. Die Pensionszusage zugunsten der Gf „M“ (Jahrgang 1953) wurde diesem durch die GmbH II im Jahre 1996 erteilt. Die Anteile an der GmbH I hielten V und S, wobei V immer über die Mehrheit der Anteile verfügte. S war alleiniger Gesellschafter der GmbH II. M war zu keinem Zeitpunkt an einer der beiden GmbHs beteiligt. S ist der Sohn von V und M.
Mit Verschmelzungsvertrag vom 14.12.09 wurde die GmbH II mit Wirkung zum 1.10.09 auf die GmbH I verschmolzen. Die Pensionszusagen befanden sich somit alle drei im Betriebsvermögen der GmbH I. Die GmbH I wurde mit notariellem Vertrag vom selben Tag und ebenfalls mit Wirkung zum 1.10.09 formwechselnd in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR I) umgewandelt.
1.2 Beanstandung durch die Finanzverwaltung im Rahmen einer BP
Während einer Betriebsprüfung für die GbR I kam der hinzugezogene Fachprüfer für betriebliche Altersversorgung zu dem Ergebnis, dass aufgrund des Formwechsels die in der Gesamthandsbilanz zum 31.12.09 ausgewiesenen Pensionsrückstellungen zu korrigieren seien. Hierzu sei im Sonder-BV des GGf V ein Ausgleichsposten von 477.358 EUR und im Sonder-BV des GGf S ein Ausgleichsposten von 123.962 EUR zu erfassen. Ferner vertrat der Fachprüfer die Auffassung, dass in der Gesamthandsbilanz der GbR I zum 31.12.09 die Pensionsrückstellungen für den GGf S und für M jeweils nur noch in Höhe des Anwartschaftsbarwerts der Pensionsverpflichtungen gemäß § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 EStG (GGf S: 14.396 EUR; M: 569.958 EUR) auszuweisen seien. Mit der teilweisen Auflösung der von der GbR I übernommenen Rückstellungen erhöhte sich der laufende Gesamthandsgewinn bei der GbR I um 146.090 EUR.
Das Finanzamt erließ am 7.9.15 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Es erhöhte die laufenden Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus der Gesamthand um 146.090 EUR. Ferner erfasste es Sondervergütungen in Höhe von 601.320 EUR, indem es in den Sonderbilanzen der beiden GGf Ausgleichsposten zu den Pensionsrückstellungen bildete (477.358 EUR und 123.962 EUR). Mit Schreiben vom 25.9.15 haben die Steuerpflichtigen gegen den geänderten Bescheid Einspruch eingelegt, der jedoch als unbegründet zurückgewiesen wurde.
1.3 Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 16.12.19 ‒ 8 K 892/16
Mit Schreiben vom 23.3.16 erhoben die Steuerpflichtigen Klage vor dem FG Baden-Württemberg. Innerhalb des Verfahrens erkannte die Finanzverwaltung die Wertansätze an, die seitens der Kläger vorgetragen wurden, sodass dieser Teil der Auseinandersetzung einvernehmlich beendet werden konnte. Die Wertansätze basierten auf einem von den Autoren erstellten Gutachten, datiert vom 16.11.16.
Dementsprechend war die Rückstellung für die Pensionszusage der M in der Gesamthandsbilanz der GbR I zum 31.12.09 gemäß § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 EStG mit dem Barwert der unverfallbaren Anwartschaft von 512.092 EUR anzusetzen. Hieraus ergab sich eine weitere Erhöhung des laufenden Gesamthandsgewinns um 57.866 EUR. Die Pensionsrückstellung des GGf S war in der Gesamthandsbilanz zum 31.12.09 mit dem Teilwert nach § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EStG von 25.630 EUR anzusetzen. Aus der Rückstellungserhöhung ergab sich eine Gewinnminderung auf der Gesamthandsebene in Höhe von 11.234 EUR.
Das Finanzamt, repräsentiert durch den Fachprüfer, vertrat aber weiterhin die Auffassung, dass in der Sonderbilanz des GGf V in Höhe der Differenz zwischen dem Bilanzansatz zum 31.12.09 (1.287.087 EUR) und dem Anwartschaftsbarwert des während der Arbeitnehmerzeit des GGf V in der GmbH I erdienten Pensionsanspruchs (893.244 EUR) ein Ausgleichsposten in Höhe von 393.843 EUR und in der Sonderbilanz des GGf S (Anwartschaftsbarwert für den erdienten Anspruch als Arbeitnehmer in der GmbH I: 14.396 EUR) ein Ausgleichsposten in Höhe von 11.234 EUR zu bilden sei. Ein geänderter gesonderter und einheitlicher Feststellungsbescheid für das Streitjahr erging trotz der während des Klageverfahrens erzielten teilweisen Übereinstimmung nicht.
Das FG Baden-Württemberg gab mit der Entscheidung vom 16.12.19 (8 K 892/16) der Klage in der wesentlichen und zwischen den Parteien noch strittigen Rechtsfrage statt und lehnte die Bildung eines Ausgleichsposten ab. Dementsprechend hat es die Sondervergütungen für die GGf V und S auf 0 EUR reduziert.
Beachten Sie | Über den Sachverhalt und die Entscheidung des FG Baden-Württemberg haben die Autoren bereits im Rahmen des Beitrags „Formwechselnde Umwandlung einer GmbH: Kein Übernahmefolgegewinn durch Pensionszusage“ (GStB 20, 253) berichtet. Eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Verfahren findet sich auch in dem von den Autoren verfassten und im NWB-Verlag erschienen Fachbuch „Pensionszusagen an GmbH-Geschäftsführer“, 5. Auflage 2024, Kapitel II., S. 80, Rz. 441 ff.
2. Das BFH-Urteil vom 12.12.23 ‒ VIII R 17/20
Mit Schriftsatz vom 9.9.20 begründete das Finanzamt die zuvor eingeleitete Revision damit, dass es an der bisher vertretenen Rechtsauffassung festhält, dass in der Sonderbilanz des GGf V ein Ausgleichsposten in Höhe von 393.843 EUR und in der Sonderbilanz des GGf S in Höhe von 11.234 EUR anzusetzen sei und die GGfs in dieser Höhe im Streitjahr jeweils steuerpflichtige Sondervergütungen erzielt haben. Die Autoren haben auf die Revisionsbegründung mit Gutachten vom 18.11.20 ausführlich erwidert. Dementsprechend haben die Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
2.1 Die Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Finanzverwaltung als unbegründet zurückgewiesen und in der grundsätzlichen Rechtsfrage ebenfalls vollumfänglich zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden:
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„Leitsatz Zuführungsbeträge zu Pensionsrückstellungen für die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, die im Zuge eines Formwechsels auf eine Mitunternehmerschaft übergehen, sind für die zusageberechtigten Mitunternehmer weder zum steuerlichen Übertragungsstichtag noch danach anteilig in Sondervergütungen umzuqualifizieren. (Rn. 27) (Rn. 36) (Rn. 38) (Rn. 41)“
„Orientierungssatz
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2.2 Die Begründung
Der BFH bestätigte zunächst die Sichtweise der Vorinstanz, dass die für die Pensionszusagen kausalen Dienstverhältnisse durch den Formwechsel nicht beendet wurden. Daher war trotz der nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag vorhandenen Stellung der GGf V und S als Mitunternehmer der GbR I der Teilwertansatz für die Rückstellungen gemäß § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EStG zum 31.12.09 beizubehalten.
2.2.1 Keine Korrektur nach § 6a EStG
Der BFH hat ferner unzweifelhaft klargestellt ‒ und damit die Sicht der Autoren bestätigt ‒, dass sich aus § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 oder 2 EStG weder eine Korrekturbefugnis für den Ansatz der Pensionsrückstellungen in der Gesamthandsbilanz der GbR I zum 31.12.09 noch eine etwaige Befugnis zur Korrektur eines fehlerhaften Ansatzes der Pensionsrückstellungen in den Sonderbilanzen der GGfs V und S herleiten lässt.
2.2.2 Keine Sondervergütungen nach § 6 UmwStG
Darüber hinaus hat der BFH aufgezeigt, dass die Annahme von steuerpflichtigen Sondervergütungen für die GGfs V und S auch nicht auf § 6 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 gestützt werden kann. Zwar erlauben § 6 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG 2006 die Bildung einer Rücklage nach Entstehen eines sogenannten Übernahmefolgegewinns. Der Übernahmefolgegewinn setzt jedoch voraus, dass aufgrund der Umwandlung (hier: des Formwechsels) entweder eine Rückstellung (hier: die Pensionsrückstellungen der GGfs V und S) aufzulösen ist (§ 6 Abs. 1 S. 1 Alternative 2 UmwStG 2006) oder die geänderte steuerliche Beurteilung einer Rückstellung zu einer Gewinnauswirkung führt (§ 6 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006).
Der Übernahmefolgegewinn muss sich als Ausfluss der Umwandlung nach den allgemeinen steuerlichen Regelungen ergeben; sein Entstehen wird nicht durch die Tatbestände des § 6 UmwStG 2006 angeordnet. § 6 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG 2006 enthalten somit keine Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der streitigen Sondervergütungen. Deren Ansatz könnte sich nur nach den allgemeinen Regelungen (hier: § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i. V. m. § 18 Abs. 4 S. 2 EStG) ergeben.
2.2.3 Keine Sondervergütungen nach § 15 und § 18 EStG
Aber auch nach den Bestimmungen der §§ 15 und 18 EStG können die vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag, d. h. während der Arbeitnehmerzeit der beiden GGfs V und S bei der GmbH I, gebildeten Pensionsrückstellungen im Streitjahr weder ganz noch anteilig zu den Sondervergütungen der beiden GGfs rechnen. Hierfür spricht lt. BFH entscheidend der Wortlaut des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Hs. 2 EStG, der nur „Vergütungen“ des Mitunternehmers der Besteuerung unterwirft. Bei den Zuführungsbeträgen zu den Pensionsrückstellungen, die für die GGfs V und S auf Ebene der GmbH I gebildet wurden, handelt es sich jedoch nicht um solche Vergütungen.
Ferner verweist der BFH darauf, dass die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen bei der GmbH I gemäß § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EStG vor dem Formwechsel für die GGfs V und S keinen zugeflossenen Arbeitslohn ausgelöst haben; sie vergüteten aber ausschließlich deren Arbeitstätigkeit bei der GmbH I bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag. Die Begründung im Detail:
„Seit dem BFH-Urteil vom 22.6.77 (I R 8/75, BStBl II 77, 798) ist ein Versorgungsversprechen, das der Gesellschafter einer Personengesellschaft vor einer Umwandlung in seiner Eigenschaft als GGf der Kapitalgesellschaft erhalten hatte, steuerlich nicht mehr insgesamt in eine Gewinnverteilungsabrede auf Ebene der Personengesellschaft umzuqualifizieren. Die auf die Personengesellschaft übergehende Pensionsverpflichtung der umgewandelten Kapitalgesellschaft und die korrespondierende Forderung des früheren Anteilseigners und Arbeitnehmers aus dem Versorgungsversprechen haben ihre Ursache vielmehr allein in dem früheren Beschäftigungsverhältnis des Berechtigten zu der umgewandelten Kapitalgesellschaft. Die Zuführungsbeträge zur Pensionsrückstellung bei der Kapitalgesellschaft bis zur Umwandlung vergüten nicht die Tätigkeit im Dienst der Personengesellschaft nach der Umwandlung. Für den vergleichbaren Fall, dass ein Angestellter einer Personengesellschaft, dem eine Pensionszusage unter Bildung einer Pensionsrückstellung erteilt worden war, Mitunternehmer wird, ist eine bis zum Statuswechsel gebildete Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz der Gesellschaft ebenfalls keine Vergütung für die Tätigkeit als Mitunternehmer.“
2.2.4 Keine Korrektur wegen „vorauslaufendem Finanzierungsaufwand“
Der Fachprüfer vertrat hingegen vehement die Auffassung, dass die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen versicherungsmathematisch betrachtet teilweise einen (vorauslaufenden) Finanzierungsaufwand für die während der Mitunternehmerzeit noch zu erdienenden Versorgungsansprüche enthalten würden. Insoweit sei ein hypothetischer Anwartschaftsbarwert gemäß § 6a Abs. 3 S. 2 Nr. 2 EStG für den bei der Kapitalgesellschaft bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag erdienten Teil des Versorgungsanspruchs zu berechnen, der der bei der Gesellschaft zum Teilwert bewerteten Rückstellung gegenüberzustellen wäre. Dem Ansinnen hat der BFH aber eine klare Abfuhr erteilt. Denn aus Sicht des BFH würde es sich bei solchen Finanzierungsaufwendungen ‒ wenn sie denn vorhanden wären ‒ nach den dargelegten Grundsätzen nicht um Sondervergütungen des berechtigten Mitunternehmers nach der Umwandlung handeln.
3. Kommentierung
Das Verfahren hat zu einer klarstellenden Fortentwicklung des Rechts zur Gf-Pensionszusage geführt. Für die Autoren ist die BFH-Entscheidung darüber hinaus ein persönlicher Triumph, da sie von den Steuerpflichtigen im Rahmen des Einspruchsverfahrens hinzugezogen wurden. Im Anschluss daran haben die Autoren den Finanzrechtsstreit als Parteiengutachter bis zur Entscheidung durch den BFH federführend betreut und über entsprechende Gutachten die vom Beklagten und Revisionskläger vertretene Auffassung detailliert widerlegt.
Mit dieser positiven Entscheidung hat der BFH letztendlich ein „Machtwort“ gesprochen. Künftig findet die Finanzverwaltung bei einer formwechselnden Umwandlung einer GmbH zugunsten einer PersG keine Grundlage mehr, um aus diesem Anlass eine Korrektur der aus der Pensionszusage resultierenden Rückstellung in der Sonderbilanz des nunmehrigen Mitunternehmers „herbeizuzaubern“ und damit den Geschäftsführern Steuerzahlungen aufzuerlegen, für die es keine haltbare Begründung gibt.
4. Verhalten der Finanzverwaltung verdient deutliche Kritik
4.1 Unnötige Auseinandersetzung entgegen BMF und Verfahrenslaufzeit
Wie eingangs dargestellt, hat die Haltung der Finanzverwaltung ‒ angeführt von einem übereifrigen Fachprüfer ‒ zu einer Verfahrenslaufzeit von über zehn Jahren geführt. Bemisst man den Zeitraum, der seit dem Abschluss des strittigen Rechtsgeschäftes (14.12.09) verstrichen ist, dann ermittelt sich sogar eine unglaubliche Gesamtlaufzeit von fast punktgenau 14 Jahren! Und dies alles nur, weil die Finanzverwaltung Baden-Württemberg sich dazu aufgeschwungen hat, einer geltenden Verwaltungsanweisung des BMF ‒ nämlich dem Umwandlungssteuererlass vom 11.11.11 ‒ zu widersprechen und diese als „offensichtlich widersprüchlich“ einzustufen.
In dem Erlass hat das BMF eine Handhabung verfügt, die unserer im Rahmen des Finanzrechtsstreits vertretenen Sichtweise entsprach. Dass auch der BFH die Anweisung im Umwandlungssteuererlass in unserem Sinne interpretiert, lässt sich dem Urteil entnehmen. Zudem hat ein Mitglied des verantwortlichen VIII. Senats (Dr. Christian Levedag) im Rahmen einer Kurzkommentierung des Urteils bestätigt, dass die vom BFH vertretene Auffassung wohl auch dem Inhalt des Umwandlungssteuererlasses entsprechen dürfte, dass sich das als Revisionskläger auftretende Finanzamt aber gegen diese Anweisung der Oberbehörde gewandt hatte (Online-Nachricht NWB vom 28.3.24).
Am Ende steht somit die Erkenntnis, dass der beschriebene Finanzrechtsstreit seine Grundlage in einer internen Auseinandersetzung der Finanzverwaltung fand. Doch anstatt die Differenzen innerhalb der Finanzverwaltung zu klären, hat die Finanzverwaltung Baden-Württemberg den Weg über die Finanzgerichtsbarkeit gewählt und damit die internen Differenzen „auf dem Rücken der Steuerpflichtigen“ ausgetragen. Dabei spannte sie einen Fachprüfer vor den Karren, der das Verfahren offensichtlich dazu nutzte, um sein eigenes Geltungsbedürfnis zu befriedigen.
Die Steuerpflichtigen haben eine aus ihrer Sicht völlig unnötige Auseinandersetzung über sich ergehen lassen müssen, die sie im Laufe der über zehnjährigen Verfahrenslaufzeit eine Menge an Zeit, Geld und Nerven gekostet hat. Dass der BFH am Ende verhindert hat, dass die Steuerpflichtigen Opfer einer „bilanzsteuerrechtlichen Vergewaltigung“ wurden, ist einerseits ein bemerkenswerter Triumph für die Steuerpflichtigen. Andererseits kann das Ergebnis aber keinesfalls eine Entschädigung für die Belastungen bieten, die beide Kläger über ein Jahrzehnt zu bewältigen hatten. U. E. wäre es nur gerecht, wenn die Finanzverwaltung über die Erstattung der Verfahrenskosten hinaus einen „Schadenersatz“ zu leisten hätte. Vielleicht würde dies dazu führen, dass in der Finanzverwaltung endlich Lehren gezogen würden, dass solche Differenzen nicht auf Kosten des Steuerpflichtigen zu klären sind.
4.2 Die wesentlichen Verfahrensabschnitte auf der Zeitachse
Zur Verdeutlichung wird die Verfahrenslaufzeit abschließend nochmals in die unterschiedlichen Verfahrensabschnitte unterteilt. Dies soll Rechtsanwendern und Steuerpflichtigen gleichermaßen einen vertiefenden Einblick in die Praxis von finanzgerichtlichen Auseinandersetzungen verschaffen.
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Vom Rechtsgeschäft bis zur ersten Beanstandung | 14.12.09 bis 9.8.13 3 Jahre und 7 Monate |
Auseinandersetzung mit der BP und dem Finanzamt | 9.8.13 bis 17.3.16 2 Jahre und 7 Monate |
Klage vor dem FG (bis zur Veröffentlichung) | 23.3.16 bis 11.5.20 4 Jahre und 3 Monate |
Revision vor dem BFH (bis zur Veröffentlichung) | 3.6.20 bis 28.3.24 3 Jahre und 10 Monate |
5. Zusammenfassung
Der beschriebene Finanzrechtsstreit fand seine Grundlage in einer internen Auseinandersetzung der Finanzverwaltung. Die Finanzverwaltung des Bundeslandes Baden-Württemberg lehnte sich gegen die Inhalte eines BMF-Schreibens auf, weil sie diese zumindest für offensichtlich widersprüchlich hielt. Doch anstatt die Differenzen intern zu klären, hat die Finanzverwaltung Baden-Württemberg den Weg über die Finanzgerichtsbarkeit gewählt. Sie hat dadurch die internen Differenzen „auf dem Rücken der Steuerpflichtigen“ ausgetragen. Dabei spannte sie einen übereifrigen Fachprüfer vor den Karren, der das Verfahren offensichtlich dazu nutzte, um sein eigenes Geltungsbedürfnis zu befriedigen.
Am Ende hat der BFH die Finanzverwaltung Baden-Württemberg in dieser völlig unnötigen Auseinandersetzung in die Schranken verwiesen und die Sichtweise der Autoren und der Steuerpflichtigen vollumfänglich bestätigt. Künftig findet die Finanzverwaltung bei einer formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft zugunsten einer Personengesellschaft keine Grundlage mehr, um aus diesem Anlass eine Korrektur der aus der Gf-Pensionszusage resultierenden Pensionsrückstellung in der Sonderbilanz des nunmehrigen Mitunternehmers „herbeizuzaubern“ und damit den betroffenen Geschäftsführern Steuerzahlungen aufzuerlegen, für die es keine rechtlich haltbare Begründung gibt.
Zu den Autoren
- Jürgen Pradl ist gerichtlich zugelassener Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung und geschäftsführender Gesellschafter der PENSIONS CONSULT PRADL GmbH, Kanzlei für Altersversorgung, juergen.pradl@pcp-kanzlei.de
- Kevin Pradl, LL. B., MPM, ist gerichtlich zugelassener Rentenberater und geschäftsführender Gesellschafter der PENSIONS CONSULT PRADL GmbH und der BPS ‒ BAYERISCHE PENSIONS SERIVCE GMBH, kevin.pradl@pcp-kanzlei.de