· Fachbeitrag · Pensionszusagen an GmbH-Geschäftsführer
Die schuldbefreiende Übertragung von Pensionszusagen im Falle der Liquidation der GmbH
von Jürgen Pradl, Gerichtlich zugelassener Rentenberater, Zorneding
| Immer mehr GmbHs müssen liquidiert werden, weil die Inhaber aus Altersgründen ausscheiden und sich kein geeigneter Nachfolger finden lässt. Problematisch wird die Abwicklung der Gesellschaft, wenn die Mittel der GmbH nicht ausreichen, um die dem Geschäftsführer erteilte Pensionszusage in vollem Umfang zu erfüllen. Im Rahmen unserer Beitragsserie „Pensionszusagen an GmbH-Geschäftsführer“ wird nachfolgend die Übertragung der unmittelbaren Pensionsverpflichtung auf eine Lebensversicherungsgesellschaft (sog. Liquidationsversicherung) analysiert. |
1. Sachverhalt
Im Jahre 1982 wurde die D-Services GmbH von ihrem 100 %igen Gesellschafter Dieter Dreher (DD) gegründet. Nach der erfolgreichen Gründungsphase hat die GmbH fünf Jahre später dem damals 40-jährigen DD in Ergänzung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages eine Pensionszusage in Form einer Festbetragszusage mit folgendem Inhalt erteilt:
Vereinbartes Pensionsalter | 65. Lebensjahr (Lj.) |
Alters- und BU-Rente | mtl. 3.000 EUR |
Hinterbliebenenrente | mtl. 1.800 EUR |
Zur Finanzierung der übernommenen Pensionsverpflichtung hat die GmbH im Jahr der Einrichtung der Pensionszusage eine Rückdeckungsversicherung (RDV) abgeschlossen. Da DD mittlerweile das 65. Lebensjahr erreicht hat, ist die RDV fällig geworden. Ein von einem unabhängigen Sachverständigen erstelltes Gutachten zur rechtlichen und wirtschaftlichen Lage der Pensionszusage bringt folgende Eckdaten zum Vorschein:
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Steuerbilanz | Handelsbilanz | |
Aktuelle Lage | ||
Teilwert per 31.12.12 | 436.577 EUR | 474.939 EUR |
Aktivwert und Ablaufleistung der RDV | 300.000 EUR | 300.000 EUR |
Rückdeckungsquote per 31.12.12 | 68,72 % | 63,17 % |
Die handelsrechtliche Bewertung der Pensionsverpflichtung zeigt auf, dass der unter Anwendung der im Handelsrecht üblichen Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns ermittelte Barwert der künftigen Pensionsleistungen zum 65. Lebensjahr bei 474.939 EUR liegt und somit die nach § 6a EStG ermittelte Pensionsrückstellung um 38.362 EUR oder um 8,79 % übersteigt (Biometrie gem. Heubeck 2005 G, Rechnungszins 5,1 %). Die handelsrechtliche Rückdeckungsquote zum 65. Lebensjahr beläuft sich somit nur noch auf 63,17 % (Ablaufleistung im Verhältnis zum handelsrechtlichen Barwert).
Die im Gutachten angestellte Rentenfinanzierungsanalyse zeigt auf, dass die Ablaufleistung der RDV nur dazu geeignet wäre, die zugesagte Altersrente über maximal zehn Jahre zu finanzieren (bei einem unterstellten Kapitalertrag von 4 % p.a. in der Rentenphase). Im 10. Bezugsjahr müsste die Rente in vollem Umfang aus dem laufenden Cash-Flow der Gesellschaft bestritten werden. Die Kapitalertragsanalyse offenbart, dass die GmbH die Ablaufleistung der RDV mit einer Verzinsung von rund 12 % p.a. an den Kapitalmärkten anlegen müsste, wenn sie die übernommene Versorgungsverpflichtung allein aus der Ablaufleistung der RDV finanzieren wollte (einen Rentenfinanzierungszeitraum von 30 Jahren unterstellt - 25 Jahre Altersrente zzgl. 5 Jahre Witwenrente).
Nach der im Gutachten angestellten betriebswirtschaftlichen Analyse würde die D-Services GmbH durch die Erfüllung der an BB erteilten Pensionszusage in der Rentenphase folgende Liquiditätsbelastung erleiden:
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Liquidität vor Steuern | -644.728 EUR | |
Entnahmen Kapitalanlage | 363.272 EUR | |
abzgl. Rentenzahlungen | 1.008.000 EUR | |
Steuerliches Ergebnis | -629.760 EUR | |
Kapitalerträge | 63.272 EUR | |
zzgl. Auflösung Pensionsrückstellungen | 314.968 EUR | |
abzgl. Rentenzahlungen | 1.008.000 EUR | |
Steuerersparnis 30 % aus 629.760 EUR |
| 188.928 EUR |
Liquidität nach Steuern -644.728 EUR zzgl. 188.928 EUR |
-455.800 EUR |
Die Finanzierung der vollständigen Pensionszusage würde die Liquidität der D-Services GmbH in den verbleibenden 30 Jahren insgesamt mit 455.800 EUR belasten, sofern die Pensionszusage innerhalb des bestehenden Finanzierungskonzeptes weitergeführt würde. Etwaige Zinseffekte, die durch Zu- bzw. Abflüsse von Zahlungsmitteln im Betriebsvermögen der GmbH entstehen, sind dabei noch nicht berücksichtigt.
Am Ende des Planungszeitraums (31.12.42) würde die Steuerbilanz der GmbH noch eine Pensionsrückstellung von 121.609 EUR ausweisen (rund 28 % des Rentenbarwertes zu Beginn der Rentenphase).
Da DD keinen adäquaten Nachfolger für seine Gesellschaft gefunden hat, möchte er diese in einem ordentlichen Verfahren liquidieren. In diesem Zusammenhang stellt er seinen Beratern folgende Fragen:
- Kann die Pensionszusage im Zuge der Liquidation auf einen externen Versorgungsträger übertragen werden?p
- Welche Folgen ergeben sich bei einer Übertragung mittels einer Liquidationsversicherung?
- Kann die Pensionsverpflichtung auch nur teilweise auf einen externen Versorgungsträger übertragen werden?
- Führt ein Teilverzicht zu einem fiktiven Zufluss beim Geschäftsführer?n
2. Lösung
2.1 Kann die Pensionszusage im Zuge der Liquidation auf einen externen Versorgungsträger übertragen werden?
„ Wird die Betriebstätigkeit eingestellt und das Unternehmen liquidiert, kann eine Zusage von einer Pensionskasse oder einem Unternehmen der Lebensversicherung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers oder Versorgungsempfängers übernommen werden, wenn sichergestellt ist, dass die Überschussanteile ab Rentenbeginn entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG verwendet werden. § 2 Abs. 2 S. 4 bis 6 BetrAVG gilt entsprechend.” Mit dieser Formulierung ermöglicht § 4 Abs. 4 BetrAVG, dass Unternehmen nicht mehr nur deswegen am Leben erhalten werden müssen, weil sie in der Vergangenheit betriebliche Versorgungszusagen erteilt haben.
PRAXISHINWEIS | Der Gesetzgeber hat mit der sog. Liquidationsversicherung ein Ventil für all diejenigen Betriebe geschaffen, für die sich kein adäquater Nachfolger finden lässt oder die aus wirtschaftlichen Gründen die Geschäftstätigkeit einstellen möchten, bevor es zu einer Insolvenz kommt. Die Inanspruchnahme dieser Sonderbestimmung wird jedoch nur für diejenigen Geschäftsführer von Interesse sein, die zum einen das Langlebigkeitsrisiko absichern und zum anderen nicht mehr den Aufwand betreiben möchten, der mit der Fortführung der GmbH einhergeht (Kapitalanlage, Bilanzerstellung u.Ä.). Sollten diese beiden Ziele nicht im Sinne des Gesellschafter-Geschäftsführers liegen, bliebe als Ausweichmöglichkeit einzig und allein die Abfindung der Pensionszusage, um die GmbH schuldrechtlich abschließend von ihrer Verpflichtung zu befreien. |
Zwingende Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der besonderen Übertragungsmöglichkeit des § 4 Abs. 4 BetrAVG sind die Einstellung der Betriebstätigkeit und die anschließende Liquidation des Unternehmens. Im Zusammenhang mit der Liquidation darf die bestehende Pensionszusage auf eine Pensionskasse oder eine Lebensversicherungsgesellschaft übertragen werden. Desweiteren müssen folgende Punkte erfüllt sein:
- Verwendung der Überschussanteile zur Rentenerhöhung,
- keine Beleihung oder Abtretung durch den Arbeitnehmer,
- keine Kündigung durch den Arbeitnehmer.
Die Zustimmung des Versorgungsberechtigten ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes in diesem Sonderfall zwar nicht erforderlich. Es ist aber davon auszugehen, dass § 150 Abs. 2 VVG auch hier zu beachten ist. Danach ist bei Abschluss einer Lebensversicherung immer dann die Einwilligung des Versicherten einzuholen, wenn Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch sind.
Beachten Sie | Da es der Gesetzestext offenlässt, ob das zu liquidierende Unternehmen die Versicherungsnehmereigenschaft einnehmen muss (sog. Liquidations-Direktversicherung) oder ob der Versorgungsberechtigte sowohl versicherte Person als auch Versicherungsnehmer sein kann, sind wohl beide Formen zulässig. Im letzteren Fall erübrigt sich dann eine ausdrückliche Einwilligung des Versorgungsberechtigten i.S.d. § 150 Abs. 2 VVG.
Die Übertragung einer Pensionszusage auf eine Liquidationsversicherung wird durch § 4 Abs. 4 BetrAVG vorgegeben. Diese Vorschrift findet zwar keine unmittelbare Anwendung auf Zusagen, die innerhalb einer Unternehmerstellung erdient wurden. In der Praxis wird die schuldbefreiende Übertragung einer unmittelbaren Pensionszusage eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers aber in Anlehnung an die Bestimmung des § 4 Abs. 4 BetrAVG durchgeführt.
2.2 Welche Folgen ergeben sich bei einer Übertragung mittels einer Liquidationsversicherung?
2.2.1 Auswirkungen beim Geschäftsführer
Die Leistungen des Unternehmens an eine Pensionskasse oder einen Lebensversicherer führen normalerweise als sog. Zukunftssicherungsleistungen im Zeitpunkt der Beitragszahlung zu steuerpflichtigen Einkünften beim Versorgungsberechtigten i.S. von § 19 EStG (BMF 31.3.10, IV C 3 - S 2222/09/10041, IV C 5 - S 2333/07/0003, Rz 253). Da eine Übertragung an eine Pensionskasse oder eine Lebensversicherungsgesellschaft aber in der Praxis kaum stattfinden würde, wenn der Versorgungsberechtigte den Übertragungswert im Moment der Übertragung voll versteuern müsste, war der Gesetzgeber gezwungen, die Übertragungsmöglichkeit steuerlich zu flankieren.
2.2.1.1 Steuerfreie Übertragung
Da Sinn und Zweck der Sonderregelung des § 4 Abs. 4 BetrAVG sowohl in der Förderung der betrieblichen Altersversorgung als auch in der Verwaltungsvereinfachung zu suchen sind, hat der Gesetzgeber im § 3 Nr. 65 b) EStG dafür gesorgt, dass die Pensionszusage im Falle der Liquidation steuerneutral übertragen werden kann. Nach § 3 Nr. 65 b) EStG bleiben Leistungen zur Übernahme von Versorgungsleistungen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften durch eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung in den in § 4 Abs. 4 BetrAVG bezeichneten Fällen steuerfrei.
Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Sonderregelung hat sich die Finanzverwaltung großzügig gezeigt. Sie lässt es zu, dass die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 65 b) EStG sowohl für Gesellschafter-Geschäftsführer als auch für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer angewandt werden darf, obwohl dieser Personenkreis nicht in den Geltungsbereich des Betriebsrentenrechts fällt (R 3.65 Abs. 1 S. 3 LStR 2008).
2.2.1.2 Spätere Rentenleistungen
Durch die Übertragung der Pensionszusage auf eine Pensionskasse oder eine Lebensversicherung tritt keine Veränderung in der Besteuerungssituation des Versorgungsberechtigten ein. Die später von der übernehmenden Pensionskasse oder Lebensversicherungsgesellschaft zu leistenden Renten rechnen zu der Einkunftsart, zu denen die Versorgungsleistungen gehören würden, wenn eine Übertragung nicht stattgefunden hätte (§ 3 Nr. 65 S. 2 EStG).
Somit rechnen die aus der unmittelbaren Pensionszusage herrührenden Rentenzahlungen auch nach ihrer Übertragung noch zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die Pensionskasse oder der Lebensversicherer als Arbeitgeber und der Leistungsempfänger als Arbeitnehmer (§ 3 Nr. 65 S. 4 EStG).
2.2.2 Auswirkungen bei der Gesellschaft
Die Pensionsverpflichtung wird mit schuldbefreiender Wirkung auf eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung übertragen (§ 4 Abs. 6 BetrAVG). Die GmbH wird somit rechtlich und wirtschaftlich von der Pensionsverpflichtung befreit. Sie kann im Anschluss liquidiert werden. Da die Pensionsverpflichtung durch die Übertragung auf den externen Versorgungsträger entfällt, ist die bisher gebildete Rückstellung in voller Höhe gewinnerhöhend aufzulösen; und zwar sowohl in der Steuer- als auch in der Handelsbilanz. Der zur Übernahme notwendige Einmalbeitrag an den Versorgungsträger ist in voller Höhe als betrieblicher Aufwand zu verbuchen (§ 4 Abs. 4 EStG).
2.2.3 Ermittlung des Übertragungswertes
Die Ermittlung des Übertragungswertes erfolgt sowohl im Falle der Übertragung auf eine Pensionskasse als auch bei der Übertragung auf einen Lebensversicherer nach den Rechnungsgrundlagen, die der jeweilige Versorgungsträger zur Kalkulation seiner Tarife verwendet. Dabei werden sich zwischen Pensionskasse und Lebensversicherer kaum Unterschiede ergeben, da beide mit denselben Rechnungsgrundlagen operieren. Die biometrischen Risiken werden unter Verwendung der Sterbetafeln DAV 2004 R kalkuliert. Der Rechnungszins beträgt aktuell 1,75 %.
PRAXISHINWEIS | Da die unmittelbare Pensionszusage bisher unter Anwendung der in § 6a EStG festgelegten Rechnungsgrundlagen bewertet wurde (Heubeck-Richttafeln, Rechnungszins 6 %), ist auf den ersten Blick erkennbar, dass der von der übernehmenden Gesellschaft geforderte Übertragungswert den bisherigen Bilanzwert der Pensionsverpflichtung bei Weitem übersteigen wird. |
2.3 Kann die Pensionsverpflichtung auch nur teilweise auf einen externen Versorgungsträger übertragen werden?
Im Rahmen der Aufgabe der Geschäftstätigkeit ergibt es sich nicht selten, dass die vorhandene RDV nicht ausreicht, um die Dotierung der Liquidationsversicherung in vollem Umfang zu finanzieren (Unterfinanzierung). Sollte auch die Verwertung des sonstigen Vermögens der Gesellschaft nicht zu Erlösen führen, die der Höhe nach geeignet sind, den entstandenen Finanzbedarf zu decken, so wird eine Übertragung der Pensionszusage auf eine Pensionskasse oder ein Lebensversicherungsunternehmen nicht in vollem Umfang möglich sein. Der Geschäftsführer steht dann vor der Frage, ob er die bestehende Pensionszusage in einem solchen Fall nur insoweit im Rahmen einer Liquidationsversicherung übertragen darf, als der Gesellschaft hierfür die Mittel zur Verfügung stehen.
PRAXISHINWEIS | Da sich weder aus § 4 Abs. 4 BetrAVG noch aus § 3 Nr. 65 EStG ergibt, dass die Pensionszusage nur in ihrer gesamten Höhe auf eine Pensionskasse oder ein Lebensversicherungsunternehmen übertragen werden darf, ist davon auszugehen, dass auch nur eine teilweise Übertragung mittels einer Liquidationsversicherung steuerunschädlich möglich ist. Eine andere Ansicht würde den Sinn und Zweck der Vorschrift unterlaufen. |
2.4 Führt ein Teilverzicht zu einem fiktiven Zufluss beim Geschäftsführer?
Gibt der Gesellschafter-Geschäftsführer im nächsten Schritt den nicht mehr finanzierbaren Teil der Pensionszusage ohne Gegenleistung auf, so stellt sich natürlich die Frage, ob ein derartiger Verzicht zu einer verdeckten Einlage und somit zu einer Versteuerung des Wiederbeschaffungswertes in seinem Privatvermögen führt. Hier wäre zunächst zu prüfen, ob für einen Teilverzicht im Zusammenhang mit einer Liquidation eine betriebliche Veranlassung anzunehmen ist. Unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung ist wohl davon auszugehen, dass selbst in diesem Falle keine betriebliche Veranlassung gegeben ist, da nach dem hierfür anzustellenden Fremdvergleich der Umstand einer Liquidation es nicht ermöglicht, einem abhängig Beschäftigten die bereits erdienten Versorgungsanwartschaften zu entziehen.
MERKE | Höfer vertritt in seinem Kommentar zum „Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung“ in Rz. 3183 die Auffassung, dass ein Fremdgeschäftsführer im Falle einer Liquidation einer Leistungsreduzierung zustimmen würde, wenn die Gesellschaft nicht mehr über die ausreichenden Mittel verfügen würde. Darüber hinaus könne im Rahmen des Fremdvergleichs der Insolvenzschutz des § 7 BetrAVG auf den Fremdgeschäftsführer nicht angewendet werden.
M.E. ist es aber praxisfremd anzunehmen, dass sich ein Fremdgeschäftsführer so einfach von seinen Versorgungsansprüchen verabschieden würde, nur weil die Gesellschaft nicht über die notwendigen Mittel verfügt. Zum anderen führt die Argumentation auf die Ebene der Veranlassung des Verzichts. Eine Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung auf der Veranlassungsebene beinhaltet das Risiko, dass sich diese der vorgetragenen Argumentation nicht anschließt. Die Auslegung eines hypothetischen Fremdvergleichs unterliegt naturgemäß erheblichen Spielräumen. Daher sollte man diesen „Kriegsschauplatz“ tunlichst vermeiden. |
Wichtig | Ich gehe daher davon aus, dass der Verzicht durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist. Es ist auf die Werthaltigkeit des Pensionsanspruchs abzustellen. Soweit die Werthaltigkeit zu verneinen ist, sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer verdeckten Einlage nämlich nicht erfüllt.
Daher bleibt zunächst zu prüfen, inwieweit die aufgegebenen Versorgungsanwartschaften in den Bereich des Past Service entfallen. Denn nur insoweit könnte eine verdeckte Einlage angenommen werden. Für die auf den Future Service entfallenden Anwartschaften mangelt es von vornherein an einem einlagefähigen Vermögensvorteil. Führt diese Ermittlung zu dem Ergebnis, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer auch auf Teile seiner bereits erdienten Versorgungsanwartschaften verzichtet, bleibt im letzten Schritt die Prüfung der diesbezüglichen Werthaltigkeit. Nur wenn diese zu bejahen ist, kann es zu einer verdeckten Einlage kommen.
PRAXISHINWEIS | Eine Werthaltigkeit der aufgegebenen Versorgungsanwartschaften ist mit Sicherheit nur für den Teil der Versorgungsanwartschaften zu bejahen, der sich künftig durch die Liquidationsversicherung finanzieren lässt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gesellschaft über die Mittel der RDV hinaus sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel verwendet, um die Dotierung der Liquidationsversicherung vorzunehmen (Abwicklungskosten ausgenommen). Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf die darüber hinausgehenden Versorgungsansprüche dann entschädigungslos verzichtet, so kann diesbezüglich wegen mangelnder Werthaltigkeit keine verdeckte Einlage angenommen werden. |
Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer dabei auf den Past Service verzichtet. In diesem Sonderfall kommt es dann zwar zu einer verdeckten Einlage dem Grunde nach, die der Höhe nach jedoch mit 0,- EUR zu bewerten ist. Eine Werterhellung seiner Anrechte ist im Hinblick auf die Liquidation der GmbH in jedem Fall ausgeschlossen.
MERKE | Mit der o.a. Begründung ist es mir bereits mehrfach und bundesweit gelungen, eine teilweise Übertragung auf eine Liquidationsversicherung mit dem Segen der Finanzverwaltung (in Form einer verbindlichen Auskunft) erfolgreich umzusetzen. |
Zu einem anderen Ergebnis kommt man wohl dann, wenn die Gesellschaft nur die Mittel aus der RDV bereitstellt und das aus der Verwertung des sonstigen Vermögens zur Verfügung stehende Kapital zurückbehält. In diesem Fall wäre eine verdeckte Einlage insoweit anzunehmen, als die Pensionszusage unter Einsatz des noch verfügbaren Kapitals hätte übertragen werden können.
2.5 Das Ergebnis im Falle des DD
2.5.1 Vollständige Übertragung auf einen Lebensversicherer
Da die unmittelbare Pensionsverpflichtung durch die Übertragung auf einen Lebensversicherer entfällt, ist die bisher gebildete Pensionsrückstellung in voller Höhe gewinnerhöhend aufzulösen. Die Leistung an den Lebensversicherer in Form eines Einmalbeitrages ist in voller Höhe als betrieblicher Aufwand zu verbuchen. Da der zur Übertragung notwendige Einmalbeitrag von 855.860 EUR aufgrund der versicherungsspezifischen Kalkulation die bisher gebildete Pensionsrückstellung um 96 % übersteigt, würde die GmbH eine erhebliche Ergebnis- und Liquiditätsbelastung erleiden.
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Liquidität vor Steuern | -555.860 EUR | |
Einmalprämie Liquid.-Versicherung | 855.860 EUR | |
abzgl. Ablaufleistung RDV | 300.000 EUR | |
Steuerliches Ergebnis | -419.283 EUR | |
Auflösung Pensionsrückstellung | 436.577 EUR | |
abzgl. Einmalprämie Liquid.-Versicherung | 855.860 EUR | |
Steuerersparnis 30 % aus 419.283 EUR |
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125.785 EUR |
Liquidität nach Steuern -555.860 EUR zzgl. 125.785 EUR |
-430.075 EUR |
Die Übertragung kann steuerneutral erfolgen (§ 3 Nr. 65 b EStG). Sie führt bei DD im Zeitpunkt der Übertragung zu keinem steuerpflichtigen Zufluss.
Bei Eintritt des Versorgungsfalls würde DD die Rentenleistungen in voller Höhe von der übernehmenden Lebensversicherungsgesellschaft erhalten. Die späteren Rentenleistungen hat er unverändert nach § 19 EStG zu versteuern.
2.5.2 Teilweise Übertragung auf einen Lebensversicherer (Teilverzicht)
Sollte die D-Services-GmbH nur über die Ablaufleistung aus der RDV in Höhe von 300.000 EUR verfügen und wäre sie nicht in der Lage, darüber hinausgehende Mittel zur Dotierung der Liquidationsversicherung einzusetzen, so würde sich damit lediglich eine lebenslange Altersrente von anfänglich 1.051 EUR finanzieren lassen.
DD müsste in diesem Fall auf rund 65 % seiner Pensionsansprüche entschädigungslos verzichten. Hinsichtlich der aufzugebenden Pensionsansprüche würde es m.E. jedoch nicht zu einer verdeckten Einlage kommen, da diese als nicht werthaltig zu beurteilen wären (s. Tz. 2.4). Die Auswirkungen bei der D-Services GmbH lassen sich wie folgt darstellen:
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Liquidität vor Steuern | 0 EUR | |
Einmalprämie Liquid.-Versicherung | 300.000 EUR | |
abzgl. Ablaufleistung RDV | 300.000 EUR | |
Steuerliches Ergebnis | 136.577 EUR | |
Auflösung Pensionsrückstellung | 436.577 EUR | |
abzgl. Einmalprämie Liquid.-Versicherung | 300.000 EUR | |
Steuerersparnis 30 % aus 136.577 EUR |
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-40.973 EUR |
Liquidität nach Steuern - 0 EUR abzgl. 40.973 EUR |
-40.973 EUR |
Auch in diesem Fall kann die Übertragung steuerneutral erfolgen (§ 3 Nr. 65 b EStG). Sie führt bei DD im Zeitpunkt der Übertragung zu keinem steuerpflichtigen Zufluss:
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steuerpflichtiger Arbeitslohn gem. § 19 EStG | 0 EUR |
private Steuerbelastung in 2013 ESt, SoliZ, KiSt (Spitzensteuerbelastung) | 0 EUR |
3. Zusammenfassung
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Sonderregelung des § 4 Abs. 4 BetrAVG eine praktikable und verwaltungsvereinfachende Möglichkeit geschaffen, um im Falle der Liquidation die Übertragung der Versorgungsanwartschaft auf einen externen Versorgungsträger zu ermöglichen. Die Gesellschaft wird durch die Leistung eines Einmalbeitrages von der bisherigen Pensionsverbindlichkeit mit schuldrechtlich abschließender Wirkung befreit und kann anschließend liquidiert werden.
Diese Lösung ist besonders für die Zielgruppe hochinteressant, die kein besonderes Interesse daran verspürt, die GmbH nur wegen der Pensionszusage weiter am Leben zu erhalten und die die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos als Ziel verfolgt. Die Lösungsmöglichkeit der Liquidationsversicherung kann auch im Anschluss an einen Asset Deal gewählt werden.
A
Beachten Sie | Wie so oft besteht aber auch bei der Liquidationsversicherung ein Pferdefuß. Die unterschiedlichen Rechnungsgrundlagen führen zwangsläufig dazu, dass die Gesellschaft entweder deutlich mehr Mittel für die Übertragung einsetzen muss oder aber der Gesellschafter-Geschäftsführer in Kauf nehmen muss, dass wesentliche Teile seiner Versorgungsanwartschaft untergehen.
Für den in der Praxis regelmäßig vorkommenden Fall, dass die liquiden Mittel der GmbH nicht ausreichen, um die Liquidationsversicherung zu dotieren, kann m.E. eine steuerneutrale Übertragung dann stattfinden, wenn der Gesellschaft über den geleisteten Einmalbeitrag hinaus keine weiteren Finanzmittel mehr zur Verfügung stehen.
Ob es sinnvoll ist, die zur Verfügung stehende Lösungsmöglichkeit der Liquidationsversicherung zum Einsatz zu bringen, lässt sich immer nur nach den individuellen Umständen des Einzelfalles beurteilen.
Zum Autor | Jürgen Pradl ist gerichtlich zugelassener Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung und geschäftsführender Gesellschafter der Pensions Consult Pradl GmbH, Kanzlei für Altersversorgung, juergen.pradl@pcp-kanzlei.de