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  • · Fachbeitrag · Steuerbefreiung

    Vom Arbeitgeber übernommene Studiengebühren

    von StBin Dipl. Fwin (FH) Jutta Liess, Traunreut

    | Arbeitnehmer können Bildungsaufwendungen nicht immer voll von der Steuer absetzen, insbesondere wenn es sich um eine Erstausbildung handelt. Hier wurde die erfreuliche Rechtsprechung des BFH vom 28.7.11 leider vom Gesetzgeber rückwirkend ausgehebelt (siehe GStB 12, 2 ff.). Umso mehr hat die Übernahme von Studiengebühren durch den Arbeitgeber an Bedeutung gewonnen. Hier liegt zumindest dann kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung im „überwiegend betrieblichen Interesse“ erfolgt. Wann ein berufsbegleitendes Studium insoweit begünstigt ist, regelt die Finanzverwaltung in einem aktuellen Erlass ( BMF 13.4.12, IV C 5 - S 2332/07/0001 ). |

    1. Berufsbegleitendes Studium als Teil der Berufsausbildung

    • Beispiel 1

    Der Großkonzern REWE bietet Mitarbeitern an, Studienplätze zum Bachelor of Arts, Fachrichtung Warenwirtschaft und Handel zu belegen. In einem 3-jährigen Studium an einer Berufsakademie bzw. dualen Hochschule mit Praktikumszeiten in Filialen werden sie zu Marktleiter/innen ausgebildet. Zu Beginn des Studiums wird ein entsprechender Ausbildungsvertrag abgeschlossen.

    In der Regel kommt es nur dann zur Übernahme von Studienkosten durch einen Arbeitgeber, wenn das Studium im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses abgeleistet wird. In der Praxis kommt das am häufigsten bei Ausbildungsdienstverhältnissen vor (R 9.2 LStR). Nicht darunter fällt allerdings ein berufsbegleitendes Studium, das nicht Gegenstand eines Dienstverhältnisses ist. Das ist z.B. der Fall, wenn ein Unternehmen einen Studienplatz mittels Stipendium fördert, oder wenn eine Teilzeitkraft neben dieser Beschäftigung ein Präsenz- oder Fernstudium absolviert und die Teilzeitstelle dieses lediglich finanziert. Handelt es sich aber doch um ein Studium im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses, richtet sich die lohnsteuerliche Behandlung der - neben der Ausbildungsvergütung gezahlten - übernommenen Studiengebühren nach den bereits seit Jahren geltenden Grundsätzen, die sich vor allem danach unterscheiden, wer die Studiengebühren schuldet:

     

    • Ist der Arbeitgeber Schuldner der Studiengebühren und zahlt er diese direkt an die (Fach-)Hochschule, werden an das überwiegend eigenbetriebliche Interesse keine weiteren Voraussetzungen gestellt. Für die Übernahme der Studiengebühren fallen weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben an (BMF 13.4.12, Tz. 1.1.). Das ist häufig der Fall bei dualen Studiengängen, Vertragspartner mit der Bildungseinrichtung ist hier oftmals - wie in unserem Ausgangsfall - der Arbeitgeber.

     

    • Werden die Studiengebühren vom Arbeitnehmer geschuldet, kann lohn- und beitragspflichtiger Arbeitslohn nur vermieden werden, wenn

     

      • sich der Arbeitgeber vor Beginn des Studiums im Ausbildungsdienstvertrag zur Erstattung der Studiengebühren verpflichtet und

     

      • er die Studiengebühren zurückverlangen kann, falls der Arbeitnehmer die Firma auf eigenen Wunsch innerhalb von 2 Jahren nach Studienabschluss verlässt. Bereits ein zeitanteiliger Rückforderungsanspruch ist ausreichend.

     

    Hinweis | Gibt es innerbetriebliche Gründe für das Ausscheiden auf eigenen Wunsch, z.B. weil der Arbeitnehmer nicht in eine weiter entfernt liegende Filiale umziehen will oder weil er einen anderen als den zugesagten Arbeitsplatz ablehnt, kann die vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung arbeitsrechtlich ungültig werden. Das schadet der Steuer- und Abgabefreiheit jedoch nicht (BMF 13.4.12, Tz. 1.2. Buchst. b).

    2. Berufsbegleitendes Studium als Fort- bzw. Weiterbildung

    • Beispiel 2

    Eine große Kfz-Werkstatt finanziert einem ihrer Mechaniker unter Reduzierung seiner Arbeitszeit ein berufsbegleitendes Studium der Fahrzeugtechnik, damit er die Leitung der Filiale übernehmen kann.

    Wird eine bereits vorhandene Berufsausbildung durch ein Studium erweitert, hält sich die Finanzverwaltung an die für die berufliche Fortbildung allgemein gültigen Grundsätze. Das heißt: Auch hier bleiben durch den Arbeitgeber getragene Kosten im Falle eines überwiegend eigenbetrieblichen Interesses steuer- und abgabefrei (R 19.7 Abs. 1 LStR). Das ist dann der Fall, wenn das Studium als Fort- bzw. Weiterbildungsmaßnahme die Einsetzbarkeit des Arbeitnehmers im Unternehmen des Arbeitgebers erhöht (BMF 13.4.12, Tz. 2, R 19.7 Abs. 2 LStR). In dieser zweiten Fallkonstellation spielt es weder eine Rolle, wer die Studienkosten schuldet, noch kommt es auf eine Rückforderungsklausel an (BMF 13.4.12, Tz. 2.1. und 2.2.). Voraussetzung ist aber auch hier, dass der Arbeitgeber die (direkte oder indirekte) Übernahme der Kosten vor Studienbeginn vertraglich fixiert.

     

    PRAXISHINWEIS | Übernimmt der Arbeitgeber Kosten des Arbeitnehmers, muss er in beiden Fällen (Erststudium im Ausbildungsverhältnis und Fortbildungsstudium) auf der - an den Arbeitnehmer ausgestellten - Originalrechnung die Kostenübernahme einschließlich deren Höhe vermerken und eine Kopie der so ergänzten Rechnung als Beleg zum Lohnkonto nehmen.

    Wird durch die Fortbildungsmaßnahme die Einsetzbarkeit beim Arbeitgeber nicht verbessert, führen von ihm getragene Studienkosten zu steuer- und beitragspflichtigem Arbeitslohn. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer allerdings die übernommenen und versteuerten Kosten als Werbungskosten bei seiner Einkommensteuererklärung absetzen (R 19.7 Abs. 2 S. 6, 7 LStR). Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit der Studienfinanzierung durch den Arbeitgeber:

     

    • Beispiel 3

    Der Arbeitgeber stellt die finanziellen Mittel für das Studium der Fahrzeugtechnik im Bsp. 2 im Wege eines zinsfreien Darlehens zur Verfügung. Die Rückzahlung entfällt, sofern der Arbeitnehmer nach Studienabschluss drei Jahre im Betrieb bleibt.

    Darlehen zu marktüblichen Konditionen haben ohne nähere Prüfungen keine lohnsteuerlichen Auswirkungen. Ist allerdings ein Zins unter der Marktüblichkeit vereinbart oder eine Darlehensrückzahlung nur für den Fall, dass der Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitraums (meist zwei bis fünf Jahre) aus Gründen ausscheidet, die in seiner Person liegen, dann ist wiederum das eigenbetriebliche Interesse im Sinne von R 19.7 LStR zu prüfen (BMF 13.4.12, Tz. 2.3), das, wie oben erwähnt, bei einer verbesserten Einsetzbarkeit zu bejahen ist und zur Folge hat, dass die Zinsvergünstigung bzw. der Rückzahlungsverzicht nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führt.

    3. Fazit

    Durch die Übernahme von Studiengebühren kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nicht nur höher qualifizieren und erfolgreicher einsetzen, sondern zugleich motivieren, zum einen durch den eigenen Mehrwert, zum anderen durch den Wegfall finanzieller Einbußen. Hinzu kommt der Vorteil der langfristigen Bindung an das Unternehmen. Bei Beachtung der Formerfordernisse sparen Arbeitgeber und Arbeitnehmer obendrein Lohnsteuer und Sozialabgaben - letztendlich eine unschlagbare Win-win-Situation.

     

    Betrachtet man diverse Fallkonstellationen, lässt sich bei der Frage nach einer Steuerpflicht oder Steuerbefreiung folgendes Prüfschema aufstellen:

     

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2012 | Seite 281 | ID 34352360