· Fachbeitrag · Bundesfinanzhof
Kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten
von Georg Nieskoven, Troisdorf
Begeht jemand Straftaten „im Interesse seines Unternehmens“ (z.B. zur Beschaffung von Aufträgen), so war bislang fraglich, ob dem Unternehmen aus den Kosten einer späteren Strafverteidigung - mit der das Unternehmen einen Anwalt beauftragt hatte - der Vorsteuerabzug zusteht. Nach einer entsprechenden EuGH-Vorlage hat der BFH nun klargestellt, dass ein solches Vorsteuerabzugsrecht rechtsformunabhängig nicht besteht (BFH 11.4.13, V R 29/10). |
Das Verfahren
G war bei der U-GmbH (U) als Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer tätig und war zudem - über ein Einzelunternehmen - umsatzsteuerlicher Organträger der U (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Im Zusammenhang mit einem Bauauftrag wurde gegen G ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eröffnet, die GmbH habe diesen Auftrag durch Bestechungshandlungen erlangt. Das Strafverfahren wurde letztlich gegen eine Geldzahlung gemäß § 153a StPO eingestellt. Mit der Strafverteidigung hatte die U Rechtsanwalt R beauftragt. Aus der (an die U adressierten) Rechnung beantragte die U den Vorsteuerabzug, den das FA jedoch versagte, weil es sich bei den Anwaltskosten nicht um einen unternehmerischen Leistungsbezug der U handele, da die Strafverteidigung im Kern auf den Privatbereich des G abgezielt habe. Nach erfolglosem Einspruch hatte das FG der Klage unter Verweis auf den „betrieblichen Umsatzbezug“ der Straftaten stattgegeben, was der BFH in der Revision jedoch für fraglich hielt und daher dem EuGH vorlegte. Im Nachgang zur EuGH-Entscheidung hat der BFH nun den Vorsteuerabzug versagt.
Anmerkungen und Praxishinweise
Bei seiner EuGH-Vorlage hatte der BFH für fraglich gehalten, inwiefern das private Motiv der Strafverteidigung (Vermeidung persönlicher Sanktionsfolgen für G) von den fraglos auch bestehenden unternehmerischen Motiven (Interesse der U an einer Nichtverurteilung des G zur Vermeidung wirtschaftlicher Beeinträchtigungen oder des Verlusts an Reputation) verdrängt werde.
Nach der abschlägigen EuGH-Entscheidung kommt der BFH nun jedoch zu der Einschätzung, dass die Strafverteidigung nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit der U gestanden habe. Denn das Strafverfahren habe sich nicht gegen die U selbst, sondern gegen G als deren Organ gerichtet und damit sei es bei der Strafverteidigung vorrangig um die Abwendung der dem G persönlich drohenden Bestrafung gegangen. Für Leistungsbezüge, die Gesellschaften für ihre Vertreter oder Beschäftigten in Auftrag geben und die entsprechenden Kosten übernehmen, wird der Vorsteuerabzug demnach künftig - nicht nur im Strafverteidigungsbereich - regelmäßig am „direkten und unmittelbaren Kausalzusammenhang zur gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit“ scheitern, soweit die Maßnahme in erster Linie keinen unternehmerischen, sondern einen persönlichen Bezug zum Vertreter oder Beschäftigten aufweist (vgl. hierzu bereits BFH 8.9.10, XI R 31/08, BStBl II 11, 197).
PRAXISHINWEIS | Aus der vorangehenden EuGH-Aussage hatte man noch herleiten können, dass sich diese Rechtsfolge auf Unternehmen in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beschränkt, da in diesen Fällen die Gesellschaft einerseits und die von der Strafverfolgung betroffene natürliche Person andererseits getrennte Rechtspersönlichkeiten darstellen. Ohne dass es zur Entscheidung des vorliegenden Verfahrens dazu bedurft hätte, hat der BFH in einer Schlussbemerkung (unter II.2.b) aber nun auch klargestellt, dass er seine Aussage rechtsformneutral verstanden wissen will. Demnach ist hinsichtlich der Vorsteuerversagung nicht danach zu differenzieren, ob es sich bei den „privaten Interessen“, die durch die Anwaltsleistung geschützt werden sollen, um die eines Geschäftsführers einer juristischen Person oder um die eines Einzelunternehmers handelt. |