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  • · Nachricht · Erbschaft- und Schenkungsteuer

    Schenkung an Schwiegerkind: Steuerlast kann durch „Kettenschenkung“ deutlich gesenkt werden

    | Eine steuergünstige Übertragung von Vermögenswerten kann über die Einschaltung eines Zwischenerwerbers erfolgen; auf diese Weise können Freibeträge besser ausgenutzt werden und die Vermögensübertragung über eine günstigere Steuerklasse erfolgen. Die Gefahr bei einer solchen Kettenschenkung besteht darin, dass die Finanzverwaltung von einem Gestaltungsmissbrauch ausgeht und die Schenkung steuerlich als Direktschenkung behandelt. Dem kann man jedoch entgegenwirken, wie eine aktuelle Entscheidung des BFH zeigt ( BFH 30.11.11, II B 60/11 ). |

    1. Die Problemstellung

    Oftmals können schenkungsteuerlich die Freibeträge nicht bestmöglich ausgenutzt werden. So sind etwa Schenkungen der Großeltern an ihre Enkel oder Schwiegerkinder schenkungsteuerlich ungünstig. Optimaler wäre eine Schenkung zunächst an die eigenen Kindern und das Weiterreichen des Vermögens wiederum an ihre Kinder. Dies sichert eine Ausnutzung der Steuerfreibeträge durch eine sog. „Kettenschenkung“.

     

    Wollen Eltern eine Schenkung an ihr Schwiegerkind vornehmen, zeigt diese Fallgestaltung das Dilemma in seinem vollen Ausmaß. Während die Schenkung an das eigene Kind unter die Steuerklasse I fällt und ihm ein Steuerfreibetrag in Höhe von 400.000 EUR zukommt, steht dem Schwiegerkind nur ein Steuerfreibetrag von 20.000 EUR offen.

    2. Sachverhalt des Beschlusses des BFH - II B 60/11

    Der Vater schenkte seinem Sohn das Eigentum an einer Wohnung. Die Vertragsteile waren sich über den Eigentumsübergang einig und beantragten die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch. Eine Auflassungsvormerkung wurde nicht eingetragen. Der Vater war berechtigt, die unentgeltliche Rückauflassung des Vertragsobjekts u.a. dann zu verlangen, wenn S dieses zu Lebzeiten des V ohne dessen Zustimmung veräußern sollte. Im Hinblick darauf stimmte der Vater der Veräußerung eines hälftigen Anteils der Wohnung an die Klägerin - die Ehefrau des Sohns - unwiderruflich zu.

     

    Im Folgenden übertrug S als ehebezogene Zuwendung ohne besonderes Entgelt die Hälfte seines verbundenen Miteigentumsanteils an dem Grundstück auf die Klägerin. Die Vertragsteile erklärten die Auflassung und beantragten die Eintragung der Ehegatten als Miteigentümer im Grundbuch. Auf die Zwischeneintragung des S als Alleineigentümer wurde verzichtet. Dem S wurde das Recht eingeräumt, im Fall der Scheidung oder bei einem Vorversterben der Klägerin, die Zuwendung zurückzuverlangen. Das Finanzamt ging von einer Schenkung des hälftigen Anteils an dem Grundstück von V an die Klägerin aus und setzte Schenkungssteuer fest.

     

    Unterstellt man einen Grundstückwert von 300.000 EUR, fällt bei einer Übertragung von V an S keine Schenkungssteuer an. Für diese besteht ein Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR. Auch die Übertragung von S an die Klägerin wäre steuerneutral. Insofern kann - ausgehend von einem hälftigen Wert des Grundstücks von 150.000 EUR - der den Eheleuten zustehende Freibetrag i.H. von 500.000 EUR genutzt werden, siehe §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Steuerbelastung beliefe sich „auf null“.

     

    Unterstellt man aber die Ansicht der Finanzverwaltung als richtig und geht von einer Zuwendung des Vaters an seine Schwiegertochter aus, kann nur ein Freibetrag von 20.000 in Anspruch genommen werden, §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG. Es ergäbe sich dann folgende Rechnung:

     

    Bereicherung um Grundstückwert

    150.000,00 EUR

    ./. Freibetrag

    20.000,00 EUR

    Steuerpflichtiger Erwerb

    130.000,00 EUR

     

    Dies ergibt eine Steuerbelastung von 130.000,00 EUR x 20% (vgl. § 19 Abs. 1 ErbStG) = 26.000 EUR.

    3. Die Ansicht des BFH

    Der BFH ist im Streitfall davon ausgegangen, dass keine Zuwendung des Vaters an seine Schwiegertochter, sondern eine solche vom Sohn an seine Ehefrau erfolgte (BFH 30.11.11, II B 60/11). Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Bei der Prüfung der Frage, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG beteiligt ist, kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage an. Wird dem Bedachten der Schenkungsgegenstand nicht unmittelbar von dessen ursprünglichem Inhaber zugewendet, sondern noch ein Dritter zwischengeschaltet, kommt es für die Bestimmung der Person des Zuwendenden darauf an, ob der Dritte über eine eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung des Schenkungsgegenstands verfügte. Dies richtet sich nach der Ausgestaltung der Verträge unter Einbeziehung ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie die mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Parteien.

     

    Nach einer Prüfung aller Umstände kam der BFH hier zu der Entscheidung, dass keine Zuwendung des V an sein Schwiegerkind, die Klägerin, vorlag. Sondern eine Zuwendung des S an seine Ehefrau. Maßgeblich war dabei, dass zivilrechtlich zwei Schenkungen vorlagen und der zwischen dem Vater und dem Sohn geschlossene Überlassungsvertrag keine Verpflichtung des Sohns zur Weiterübertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück enthielt. Es waren ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Vater den Sohn zu einer Weiterübertragung auf die Klägerin veranlasst haben könnte. Eltern haben regelmäßig nämlich kein Interesse daran, ihre Grundstücke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nicht auf ihre Kinder, sondern unmittelbar auf Schwiegerkinder zu übertragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - für bestimmte Fälle ein Rückübertragungsanspruch des zuwendenden Elternteils gegenüber dem bedachten Kind vereinbart wird.

    4. Steuerfalle „Gestaltungsmissbrauch“ im Blick haben

    Grundsätzlich wird daher die sog. „Kettenschenkung“ als zulässig angesehen. Allerdings können zwei Gesichtspunkte entgegenstehen:

     

    • Eine Kettenschenkung kann den Tatbestand des Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 Abs. 1 AO entgegenstehen.

     

    • Nach neuerer Rechtsprechung bedarf es des § 42 AO nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dann wenn jemand als Durchgangs- oder Mittelperson eine Zuwendung erhält die er entsprechend einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, schenkungsteuerlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vorliegt. Wegen der Verpflichtung zur Weitergabe besteht keine Bereicherung der Mittelsperson aus dem Vermögen des Zuwendenden. Eine Schenkung scheidet dann aus.

     

    Bei der Gestaltung der Schenkungsverträge ist daher darauf zu achten, dass dem Eindruck entgegengewirkt wird, es liege eine Verpflichtung der „Mittelperson“ zur Weitergabe vor. Folgende vertragliche Vereinbarungen sind zu berücksichtigen:

     

    • Die Verpflichtung zur Weiterschenkung und generell eine Einschränkung der Dispositionsbefugnis darf nicht vertraglich festgehalten sein. Der Bedachte muss über eine eigene Entscheidungsmöglichkeit verfügen.

     

    • Beide Rechtsgeschäfte, d.h. Schenkung Eltern an Kind und Weiterschenkung Kind an Ehefrau dürfen nicht in einer Urkunde niedergelegt werden. Die Abhängigkeit zweier Rechtsgeschäfte wird nach der Finanzverwaltung „unwiderleglich“ vermutet, wenn beide in einer Urkunde niedergeschrieben sind.

     

    • Das Fehlen einer eigenen Entscheidungsbefugnis ist nicht schon deshalb zu vermuten, wenn beide Rechtsgeschäfte zwar in mehreren Urkunden, aber innerhalb kurzer Zeit erfolgen. Ob eine gegenseitige Abhängigkeit der beiden Verträge vorliegt, ist anhand der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.

     

    • Der BFH betont in dem hier besprochenen Fall auch die Bedeutung sog. Rückübertragungsklauseln. Diese können zum einen dem Eindruck einer Kettenschenkung entgegen wirken; zum anderen sind diese sinnvoll, um das Vermögen vor zukünftigen, ungewissen Ereignissen zu schützen.
    Quelle: ID 32907930