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Keine Sperrfrist bei bereits bestehendem Kindergeldanspruch
| Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen EU-Mitgliedstaates im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate keinen Anspruch auf Kindergeld (§ 62 Abs. 1a EStG). Laut FG Münster gilt diese dreimonatige Sperrfrist für zugezogene EU-Ausländer aber nicht, wenn bereits vor Begründung des inländischen Wohnsitzes ein Kindergeldanspruch bestand (FG Münster 10.12.20, 8 K 2975/20 Kg; Rev. zugelassen). |
Im Streitfall war die Klägerin im Juli 2020 mit ihren beiden Kindern von Bulgarien nach Deutschland gezogen. Ihr Ehemann, der Vater der Kinder, ging bereits seit Ende 2019 in Deutschland einer Vollzeitbeschäftigung nach, während die Klägerin selbst nicht erwerbstätig war. Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag der Klägerin für die ersten drei Monate (Juli bis September 2020) ab, weil sie keine laufenden inländischen Einkünfte erzielt habe. Das FG sah das anders und stellte dabei entscheidend darauf ab, dass die Klägerin bereits zuvor ‒ infolge des Wohnens und Arbeitens des Ehemannes im Inland ‒ einen sog. fiktiven Familienwohnsitz gemäß Art. 67 S. 1 der EG-Verordnung Nr. 883/2004 gehabt habe.
PRAXISTIPP | Die Kindergeldberechtigung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten führt immer wieder zu Streitigkeiten mit den Familienkassen. Steuerliche Berater sollten in solchen Fällen zur Vermeidung der Sperrfrist die Frage eines bereits bestehenden fiktiven Familienwohnsitzes prüfen. Dabei sollte man wissen, dass der Anspruch der nachziehenden Ehefrau auch nicht auf das Differenzkindergeld beschränkt ist, weil Deutschland wegen der Erwerbstätigkeit des Ehemannes vorrangig zuständig ist und daher kein ausländischer Kindergeldanspruch besteht. |