· Fachbeitrag · Existenzminimum
Grundfreibetrag: Mustereinspruch wegen möglicher Verfassungswidrigkeit erwägenswert
von Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.
| Das FG Schleswig-Holstein (28.6.24, 1 K 37/23, Rev. BFH III R 26/24 ) hat entschieden, dass die Höhe des Grundfreibetrags sowohl für 2023 als auch für 2024 nicht zu beanstanden ist, doch es wurde die Revision zugelassen, die nunmehr beim BFH anhängig ist. Die obersten Steuerrichter werden klären müssen, ob der jeweilige Grundfreibetrag angehoben werden muss, weil der Gesetzgeber den betragsmäßigen Wert für das Existenzminimum im Sozialrecht ‒ möglicherweise ‒ höher angesetzt hat als im Steuerrecht. Daher sollte ab sofort gegen jeden Steuerbescheid für das Jahr 2023 und gegebenenfalls gegen Vorauszahlungsbescheide für 2024 Einspruch eingelegt werden. |
Zum Hintergrund
Der Gesetzgeber ist gehalten, das steuerliche Existenzminimum jedes Bürgers steuerlich unangetastet zu lassen. Dementsprechend bleibt das Einkommen bis zur Höhe des Grundfreibetrags steuerfrei (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG). Doch wie hoch muss der Grundfreibetrag eigentlich sein? Das BVerfG hat diesbezüglich entschieden: Das für die Sozialhilfe definierte Existenzminimum bildet die Grenze für das einkommensteuerliche Existenzminimum, die über-, aber nicht unterschritten werden darf (BVerfG 10.11.98, 2 BvL 42/93). Letztlich bedeutet dies, dass der Gesetzgeber zunächst im Sozialrecht die Höhe des Existenzminimums bestimmen muss und an diesen Wert auch für das Steuerrecht gebunden ist. Im Jahr 2023 betrug der Grundfreibetrag 10.908 EUR, in 2024 betrug er zunächst 11.604 EUR, allerdings ist soeben eine rückwirkende Erhöhung auf 11.784 EUR erfolgt. Bei Verheirateten gelten bekanntlich die doppelten Beträge.
Sachverhalt
Die Kläger beantragten im Streitfall, die ESt-Vorauszahlungen für 2023 neu festzusetzen. Zwar sei der Gewinn zutreffend zugrunde gelegt worden; es sei jedoch lediglich ein Grundfreibetrag für Verheiratete von 21.816 EUR berücksichtigt worden. Ausweislich eines Berichts in der Berliner Morgenpost betrügen die Leistungen nach dem Bürgergeld 14.280 EUR. Dieser Betrag sei höher als der steuerliche Grundfreibetrag, was einen Verstoß gegen den vom BVerfG aufgestellten Grundsatz darstelle, wonach das steuerliche Existenzminimum für alle Steuerpflichtigen von der Einkommensteuer freizustellen sei. Einspruch und Klage wurden abgewiesen.
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