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  • · Fachbeitrag · Gesetzgebung

    Bürokratieentlastungsgesetz auf der „Zielgeraden“

    von Dipl.-Finw. StB Michael Seifert, Troisdorf

    | Der Bundestag hat am 30.3.17 erfreulicherweise das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen (BEG II). Im Vergleich zum Gesetzentwurf der Bundesregierung haben sich noch wichtige Änderungen ergeben, da die Empfehlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Energie eingeflossen sind. Die Zustimmung des Bundesrats steht zwar noch aus; der Bundesrat wird sich voraussichtlich in seiner Sitzung am 12.5.17 abschließend mit dem Gesetz befassen. Einige lohnsteuerrelevante Details sollte man aber schon jetzt im Blick haben. |

    1. Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum

    Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vergangene Kalenderjahr mehr als 1.080 EUR, aber nicht mehr als 4.000 EUR betragen hat. Der Bundestag hat die Anhebung dieses Betrags auf 5.000 EUR beschlossen. Diese Änderung in § 41a Abs. 2 S. 2 Hs. 1 EStG soll bereits mit Wirkung ab 2017 gelten.

     

    PRAXISHINWEIS | Obwohl die Zustimmung des Bundesrats noch aussteht, arbeitet die Finanzverwaltung schon an der programmtechnischen Umsetzung dieser Regelung. Hierdurch soll erreicht werden, dass nach Gesetzesverkündung im BGBl die unterjährige Umstellung des Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums schnell vollzogen werden kann.

     

     

    • Beispiel

    Der Arbeitgeber hat für das Kalenderjahr 2016 insgesamt 5.550 EUR an Lohn- und Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschlag an das Finanzamt abgeführt. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

     

    Lohnsteuer

    4.900 EUR

    Solidaritätszuschlag

    250 EUR

    Kirchensteuer

     400 EUR

    Summe

    5.550 EUR

     

    Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum für das Kalenderjahr 2017 ist unter Berücksichtigung der vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderung das Kalendervierteljahr, weil die abzuführende Lohnsteuer - ohne Beachtung des SolZ und der Kirchensteuer - im vorangegangenen Jahr 2016 5.000 EUR nicht übersteigt.

     

    Beachten Sie | Die Änderung gilt rückwirkend ab 1.1.17. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung mit dieser Rückwirkung umgehen wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die technische Umstellung erst für die nach der Gesetzesverkündung liegenden Zeiträume vorgenommen wird.

    2. Kurzfristig Beschäftigte

    Eine kurzfristige Beschäftigung, die zu einer Lohnsteuerpauschalierung mit 25 % führen kann (§ 40a Abs. 1 EStG ), liegt vor, wenn

    • der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend beschäftigt wird,
    • die Dauer der Beschäftigung 18 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigt und
    • der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer 68 EUR durchschnittlich je Arbeitstag nicht übersteigt oder die Beschäftigung zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Lohnsteuerpauschalierung von Aufwendungen für kurzfristige Beschäftigungen ermöglicht dem Arbeitgeber eine Abrechnung ohne Abruf der persönlichen ELStAM des Mitarbeiters.

     

    Bei der Lohnsteuerpauschalierung bei kurzfristig Beschäftigten wurde vom Bundestag im Rahmen des BEG II nunmehr beschlossen, die Arbeitslohngrenze von bislang 68 EUR (s. § 40a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG) auf 72 EUR anzuheben. Diese Anhebung soll für das gesamte Jahr 2017 zur Anwendung kommen, obwohl das Gesetzgebungsverfahren noch läuft.

     

    MERKE | Eine Pauschalierung bei steuerlich kurzfristig Beschäftigten mit 25 % ist i. d. R. nur zulässig, wenn der durchschnittliche Tageslohn einen bestimmten Betrag nicht übersteigt. Die durchschnittliche Tageslohngrenze knüpft an den Mindestlohn an (bislang: 8,50 EUR x 8 Stunden = 68 EUR).

     

    Beachten Sie | Es wurde bereits vor einiger Zeit die Anhebung des Mindestlohns zum 1.1.17 auf 8,84 EUR beschlossen (Mindestlohnanpassungsverordnung vom 15.11.16, BGBl I 16, 2530). Als Folgewirkung wurde jetzt die Anhebung der durchschnittlichen Arbeitslohngrenze auf 72 EUR beschlossen.

    3. Anhebung der Kleinbetragsrechnungsgrenze

    Der Bundestag hat beschlossen, die Grenze für Rechnungen über Kleinbeträge von bislang 150 EUR auf 250 EUR anzuheben. Eine Kleinbetragsrechnung (§ 33 UStDV) muss mindestens folgende Angaben enthalten:

     

    • den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
    • das Ausstellungsdatum,
    • die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung und
    • das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

     

    PRAXISHINWEIS | Diese Rechtsänderung soll rückwirkend ab 1.1.17 gelten (Art. 9 Abs. 2 BEG II). Dies ist auch für die Abrechnung von Reise- und Bewirtungskosten bedeutsam.

     

    4. Ausblick auf weitere mögliche Rechtsänderungen

    Der Bundesrat hat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz weitere lohnsteuerliche Änderungen gefordert. Diesen Änderungswünschen hat der Bundestag in dem am 27.4.17 beschlossenen Gesetz entsprochen (s. auch BT-Drs. 18/12127 v. 26.4.17). Mit der Zustimmung des Bundesrates ist zu rechnen:

     

    4.1 Permanenter Lohnsteuer-Jahresausgleich

    Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Lohnsteuerabzug nach einem besonderen Verfahren vorgenommen werden, dem sog. permanenten Lohnsteuer-Jahresausgleich (§ 39b Abs. 2 S. 12 EStG, R 39b.8 LStR 2015). Dabei wird die Höhe der laufenden Lohnsteuer nach dem voraussichtlichen Jahresarbeitslohn und der entsprechenden Jahreslohnsteuer ermittelt. Durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 7.12.11 (BGBl I 2011, 2592) wurde dieses Verfahren mit Blick auf die Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale auf Fälle beschränkt, bei denen seit Beginn des Kalenderjahrs ein durchgängiges Dienstverhältnis zu demselben Arbeitgeber besteht.

     

    PRAXISHINWEIS | Für kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse mit Steuerklasse VI, die regelmäßig nicht das ganze Jahr über bestehen, ist ein permanenter Lohnsteuer-Jahresausgleich somit grundsätzlich nicht mehr zulässig. Für die Jahre bis 2017 konnten bzw. können die Arbeitgeber die bisherige Praxis im Rahmen einer Übergangsregelung aber weiter anwenden.

     

    Durch eine Ergänzung in § 39b Abs. 2 EStG wird für kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse (bis 24 zusammenhängende Arbeitstage; insbesondere Aushilfskräfte bei Volksfesten sind im Fokus) und Steuerklasse VI ab 1.1.18 ein permanenter Lohnsteuer-Jahresausgleich gesetzlich zugelassen. Arbeitslöhne aus solchen Nebenbeschäftigungen bei anderen Arbeitgebern sollen in die Steuerberechnung einbezogen werden, um eine möglichst genaue Steuerberechnung zu erreichen.

     

    4.2 ELStAM bei Heirat bzw. eingetragener Lebenspartnerschaft

    Heiraten Arbeitnehmer und ist nur ein Ehegatte als Arbeitnehmer tätig, soll dieser programmgesteuert in die Steuerklasse III eingereiht werden (§ 39e Abs. 3 S. 3 Nr. 1 EStG). Die Regelung wurde bereits durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 7.12.11 mit Wirkung ab dem 1.1.12 eingeführt. Weil eine programmgesteuerte „isolierte“ Einreihung des als Arbeitnehmer tätigen Ehegatten in Steuerklasse III programmtechnisch jedoch nicht möglich ist, werden Ehegatten bisher stets in die Steuerklasse IV eingereiht.

     

    Diese Verfahrensweise sollte aus Sicht des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes eine vorübergehende sein und wurde durch eine entsprechende Übergangsregelung abgesichert (§ 52 Abs. 39 EStG i. d. F. des Kroatien-Anpassungsgesetzes vom 25.7.14, BGBl I 14, 1266). Die Übergangsregelung läuft mit Ablauf des Kalenderjahrs 2017 aus.

     

    Beachten Sie | Die Zuordnung zur Steuerklasse III ist nach derzeitigem Stand programmtechnisch nur in Kombination mit der Vergabe der Steuerklasse V für den anderen Ehegatten möglich. Dieses Ergebnis widerspricht dem Wortlaut des § 39e Abs. 3 S. 3 EStG, der eine „isolierte“ Einreihung des als Arbeitnehmer tätigen Ehegatten in Steuerklasse III fordert (III/--). Es steht ferner im Widerspruch zu § 38b S. 2 Nr. 5 EStG, wonach eine Einreihung von Ehegatten in die Steuerklassenkombination III/V stets einen entsprechenden Antrag beider Ehegatten voraussetzt.

     

    PRAXISHINWEIS | Die bis Ende 2017 vorgesehene Übergangsregelung, wonach im ELStAM-Verfahren für beide Ehegatten bei einer Heirat im Laufe des Kalenderjahrs auch dann jeweils automatisch die Steuerklasse IV gebildet wird, wenn nur einer der Ehegatten Arbeitnehmer ist, sollte nach Ansicht des Bundesrats als gesetzlicher Regelfall auf Dauer festgeschrieben werden. Die Möglichkeit, in diesen Fällen beim Finanzamt eine Änderung zur Steuerklassenkombination III/V zu beantragen, bleibt den Ehegatten selbstverständlich erhalten.

     

    Die vorstehenden Ausführungen gelten bei Begründung einer Lebenspartnerschaft entsprechend.

     

    Beachten Sie | Für die Ausweitung des Faktorverfahrens auf zwei Jahre wird nunmehr konkret bestimmt, dass dieses ab 2019 startet (§ 52 Abs. 37a EStG). Ein genauer Starttermin war im Gesetz bislang nicht genannt, was dazu führte, dass die Finanzverwaltung die technischen Voraussetzungen hierfür bislang nicht geschaffen hat. Der Gesetzgeber macht der Finanzverwaltung nunmehr Umsetzungsdruck.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2017 | Seite 163 | ID 44625024