· Fachbeitrag · Gewerbesteuer
Auch kein Untergang des Verlustvortrags bei Übertragung eines gesamten Betriebes in eine KapG
von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart
| Bereits im Januar 2024 hat der BFH entschieden, dass ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag nicht untergeht, wenn der den Verlust verursachende Betrieb von einer KapG in eine GmbH & Co. KG eingebracht wird ( BFH 1.2.24, IV R 26/21 ; s. GStB 24, 356 ). Nun hat der BFH auch zum umgekehrten Fall Stellung genommen. Auch wenn der mit einem gewerbesteuerlichen Verlustvortrag behaftete Betrieb einer PersG im Wege des Asset Deals in eine GmbH eingebracht wird, bleibt der gewerbesteuerliche Verlustvortrag selbst dann erhalten, wenn die KapG ihren Unternehmensgegenstand ändert ( BFH 25.4.24, III R 30/21 ; Abruf-Nr. 243610 ). |
Sachverhalt
Bei der X-GmbH & Co. KG wurde zum 31.12.10 ein vortragsfähiger gewerbesteuerlicher Verlustvortrag von über 34 Mio. EUR festgestellt. Einzige Kommanditistin der X-KG war die Y-GmbH, Komplementär-GmbH die A-GmbH. Mit einem im Jahr 2011 geschlossenen Vertrag wurde die A-GmbH (Komplementärin der X-KG) auf die Y-GmbH verschmolzen. Die X-KG bestand danach als KG nicht mehr fort, ihr Vermögen ging im Wege der Anwachsung auf die Y-GmbH als ihrem einzigen Mitunternehmer über.
Im Jahr 2013 veräußerte die Y-GmbH ihr operatives Geschäft zu Buchwerten an die Z-GmbH (Asset Deal) und führte daher das im Jahr 2011 im Wege der Anwachsung übernommene Geschäft der X-KG nicht mehr weiter. Durch Beschluss der Gesellschafter im Jahr 2013 wurde der Unternehmensgegenstand der Y-GmbH ebenfalls geändert. Sie firmierte nunmehr als Z-GmbH mit dem Unternehmensgegenstand „Halten und Verwalten von Beteiligungen aller Art“.
Das FA ging aufgrund des 2013 vereinbarten Asset Deals und der Änderung des Unternehmensgegenstandes davon aus, dass die Unternehmensidentität der Y-GmbH hinsichtlich der von der X-KG übernommenen Verluste weggefallen und deshalb die von der X-KG übernommenen und noch nicht genutzten gewerbesteuerlichen Verlustvorträge untergegangen seien. Das FG und der BFH gaben allerdings der Y-GmbH Recht.
Entscheidungsgründe
Nach § 10a S. 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag von 1 Mio. EUR um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Der 1 Mio. EUR übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist nach § 10a S. 2 GewStG bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen.
Für die Geltendmachung eines Gewerbeverlusts bedarf es sowohl der Unternehmeridentität als auch der Unternehmensidentität zwischen dem den Verlust erwirtschaftenden Unternehmen (der X-KG) und dem Unternehmen, das den Verlust im Wege der Verrechnung mit positiven Einkünften gewerbesteuermindernd geltend machen möchte (hier die Y-GmbH). Das Erfordernis der Unternehmensidentität wird aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer abgeleitet, der es nicht zulässt, dass Verluste eines Gewerbebetriebs bei einem anderen Gewerbebetrieb berücksichtigt werden. Die Unternehmensidentität liegt demnach vor, wenn der im Verlustabzugsjahr bestehende Gewerbebetrieb mit jenem identisch ist, der im Verlustentstehungsjahr bestand.
Bei einer KapG wird die Unternehmensidentität im Regelfall als unproblematisch angesehen, da ihre Tätigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Betätigung berührt die Unternehmensidentität einer KapG daher nicht, solange derselbe einheitliche Gewerbebetrieb weiterhin existiert. Das Kriterium der Unternehmensidentität hat deshalb für den Fortbestand des vortragsfähigen Gewerbeverlusts bei einer KapG ‒ auch bei einer Änderung des Unternehmensgegenstandes ‒ keine Bedeutung.
Beachten Sie | Dies gilt auch dann, wenn der Verlust ursprünglich von einer PersG herrührt und erst im Wege der Anwachsung des Betriebsvermögens auf die Y-GmbH übergegangen ist.
Die Frage der Unternehmensidentität hat bei einer KapG nicht deswegen ausnahmsweise eine andere oder besondere Bedeutung, weil der von ihr übernommene Gewerbeverlust im Ursprung von einer PersG herrührt. Es bedürfte vielmehr einer rechtlichen Grundlage, die für den Fall, dass eine KapG im Wege der Anwachsung einen für eine PersG festgestellten Gewerbeverlust übernommen hat, die Verlustnutzung von der identitätswahrenden Fortführung des verlustverursachenden Betriebs der PersG abhängig macht. Eine solche rechtliche Grundlage gibt es aber nicht. Deshalb kann die nunmehr unter dem Namen Z-GmbH firmierende bisherige Y-GmbH die im Wege des Asset Deals übernommenen Verluste der X-KG weiter nutzen.
Relevanz für die Praxis
Es handelt sich hier sicher um einen Sonderfall, der allerdings im Konzernverbund sicher öfters vorkommen dürfte. Entscheidend ist, dass ein einmal bei einer KapG festgestellter Verlustvortrag von dieser KapG genutzt werden kann, auch wenn sie ihren Unternehmensgegenstand verändert und keine operative Tätigkeit mehr ausübt, sondern lediglich noch Beteiligungen verwaltet. Bei einer KapG ist für die Nutzung eines einmal festgestellten gewerbesteuerlichen Verlustvortrages die Unternehmensidentität ohne Bedeutung.