· Fachbeitrag · Grundstücksverkauf
Notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen bei landwirtschaftlicher Verpachtung
von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart
| Durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft kommt es immer häufiger zur Einstellung von LuF-Betrieben. Viele Landwirte scheuen sich aber ihre Ländereien zu verkaufen, sie verpachten diese weiter. Häufig werden dann weitere günstig gelegene Grundstücke vom ehemaligen Landwirt hinzuerworben. Dann stellt sich die Frage, ob die neu hinzuerworbenen Grundstücke notwendiges Betriebsvermögen werden oder nicht. Spätestens bei einer Weiterveräußerung kommt es dann zum steuerlichen Schwur. In einem beachtenswerten Fall hat der BFH jetzt Möglichkeiten aufgezeigt, wie notwendiges Betriebsvermögen vermieden werden kann (BFH 19.12.19, VI R 53/16, Abruf-Nr. 215197 ). |
Sachverhalt
Die Ehefrau hatte den LuF-Betrieb 1996 von ihrem Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übernommen und erzielte in den Streitjahren 2008 und 2009 Einkünfte aus der parzellenweisen Verpachtung des ruhenden Betriebs. Bereits 1985 hatte sie die Grundstücke 1 und 2 von ihren Eltern bekommen. Nachdem eine gewerbliche Nutzung dieser Grundstücke durch den Gewerbebetrieb des Ehemannes nicht möglich war, tauschte die Ehefrau diese Grundstücke im Jahr 1986 mit einem fremden Dritten gegen dessen Grundstücke 3 und 4. Auf diesen Grundstücken (3 und 4) errichtete die Ehefrau ein Betriebsgebäude, das sie an ihren Ehemann für dessen Gewerbebetrieb verpachtete. Für die Grundstücke 1 und 2 hatte sich die Ehefrau ein dingliches Rückübertragungsrecht vorbehalten, falls diese Grundstücke bis Ende 1999 zu Bauland werden sollten.
Im Januar 1996 erwarb die Ehefrau das Grundstück 1 und einen Teil des Grundstücks 2 von dem Dritten zurück. Die Grundstücke wurden in der Folge von einem benachbarten Landwirt gepachtet und bewirtschaftet. Dabei handelte es sich aber nicht um den Pächter des übrigen ruhenden landwirtschaftlichen Betriebs, sondern um einen zweiten Landwirt. Im September 2008 verkaufte die Ehefrau das Grundstück 1 und den wiedererworbenen Teil des Grundstücks 2 an Fremde. Das FA vertrat die Auffassung, dass Betriebsgrundstücke des ruhenden LuF-Betriebes steuerpflichtig veräußert wurden. Die Ehefrau hingegen vertrat die Ansicht, sie habe Privatvermögen ‒ zehn Jahre nach dessen Erwerb ‒ steuerfrei veräußert. Der BFH gab der Ehefrau Recht.
Entscheidungsgründe
Die veräußerten Grundstücke gehörten weder zum notwendigen noch zum gewillkürten Betriebsvermögen des ruhenden LuF-Betriebs der Ehefrau.
- Notwendiges Betriebsvermögen liegt vor, wenn Wirtschaftsgüter unmittelbar für eigene betriebliche Zwecke genutzt werden. Sie müssen objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sein. Das Wirtschaftsgut muss, wenn auch nicht unentbehrlich oder notwendig i. S. v. „erforderlich“, so doch in gewisser Weise auf den Betriebsablauf bezogen und ihm zu dienen bestimmt sein. Abzustellen ist auf die tatsächliche Zweckbestimmung, also die konkrete Funktion des Wirtschaftsguts im Betrieb.
- Gewillkürtes Betriebsvermögen sind Wirtschaftsgüter dann, wenn sie zwar nicht notwendig sind, aber in einem gewissen objektiven Zusammenhang zu dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind. Des Weiteren muss der Unternehmer seinen Zuordnungswillen klar bekunden.
Zu einem aktiven LuF-Betrieb gehört demnach der vom Land- und Forstwirt bewirtschaftete Grund und Boden. Er stellt die wesentliche Betriebsgrundlage dar. Von einem Landwirt zur eigenen Bewirtschaftung erworbene landwirtschaftliche Nutzflächen sind daher immer notwendiges Betriebsvermögen. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Grundstücke an fremde Dritte verpachtet werden.
Auch ein ruhender LuF-Betrieb kann die Zusammensetzung des Betriebsvermögens seines Betriebes ändern. Wirtschaftsgüter, die der Verpächter für seinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb neu anschafft und dem Pächter zur Nutzung im Rahmen des Pachtverhältnisses überlässt, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs, da durch hinzukommende landwirtschaftliche Nutzflächen der ruhende Betrieb unmittelbar erweitert und verstärkt wird. Die Annahme notwendigen Betriebsvermögens eines ruhenden LuF-Betriebs setzt allerdings voraus, dass das hinzuerworbene verpachtete Grundstück endgültig dazu bestimmt ist, dem verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb auf Dauer zu dienen.
Im Streitfall waren die Grundstücke daher nicht dem notwendigen Betriebsvermögen des Verpachtungsbetriebs der Ehefrau zuzuordnen, da sie nicht in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen worden waren, sondern von einem anderen Landwirt genutzt wurden. Auch wurden die Grundstücke nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet. Es ist davon auszugehen, dass die Ehefrau die Grundstücke nicht zur Betriebserweiterung des Verpachtungsbetriebs, sondern nur im Hinblick auf deren mögliche Nutzung für den Gewerbebetrieb ihres Ehemanns erworben hat. Die Verpachtung an den weiteren Landwirt war nur eine Interimslösung ohne endgültige Funktionszuweisung zum Verpachtungsbetrieb.
Relevanz für die Praxis
Glück gehabt ‒ möchte man sagen. Entscheidendes Argument des BFH ist, dass die betroffenen Grundstücke nicht vom Hauptpächter des ruhenden LuF-Betriebs bewirtschaftet wurden, sondern von einem weiteren Landwirt. Andernfalls wäre die Annahme notwendigen Betriebsvermögens wohl nicht zu vermeiden gewesen. Da für die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens eine eindeutige und klare Zuordnungsentscheidung erforderlich ist, die im vorliegenden Fall sicher nicht vorlag, ist diese Alternative leicht auszuschließen. Für die Beratung von aufgebenden Land- und Forstwirten ist daher empfehlenswert, die Grundstücke möglichst auf mehrere Pächter zu verteilen. Dann ist die Zuordnung neu erworbener Grundstücke zum ruhenden Verpachtungsbetrieb sicher schwierig.