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  • · Fachbeitrag · Immobilien

    Investitionen in ein Gebäude: Nachträgliche Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

    von Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    | Investitionen in ein bestehendes, der Einkünfteerzielung dienendes Gebäude können als Erhaltungsaufwendungen sofort abziehbar - oder gemäß § 82b EStDV gleichmäßig auf mehrere Jahre verteilbar - bzw. als nachträgliche Herstellungskosten lediglich im Wege der AfA zu berücksichtigen sein. Doch die Abgrenzung ist oft schwierig. Insbesondere über die Frage, ob eine zu Herstellungskosten führende Substanzvermehrung gegeben ist, kann man im Einzelfall trefflich streiten, wie die jüngste FG-Rechtsprechung zeigt. |

    1. Allgemeines

    Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen sind grundsätzlich unabhängig von ihrer Höhe Herstellungskosten, wenn sie u.a. für eine Erweiterung eines Gebäudes entstehen (§ 255 Abs. 2 S. 1 HGB). Eine solche Erweiterung liegt vor (BMF 18.7.03, IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl I 03, 386),

     

    • wenn ein Gebäude aufgestockt oder ein Anbau errichtet wird;

     

    • wenn die nutzbare Fläche des Gebäudes (auch nur geringfügig) vergrößert wird. Die Nutzfläche ist in sinngemäßer Anwendung der §§ 42 und 44 der II. Berechnungsverordnung zu ermitteln. Von Herstellungskosten ist z.B. auszugehen, wenn die Nutzfläche durch eine zuvor nicht vorhandene Dachgaube, den Anbau eines Balkons oder einer Terrasse über die ganze Gebäudebreite vergrößert wird oder durch ein das Flachdach ersetzendes Satteldach erstmals ausbaufähiger Dachraum geschaffen wird;

     

    • wenn zwar nicht die nutzbare Fläche vergrößert wird, das Gebäude aber dennoch in seiner Substanz vermehrt wird. Dies ist z.B. der Fall, bei Einsetzen von zusätzlichen Trennwänden, bei Errichtung einer Außentreppe, bei Erweiterung eines Gebäudes um ein neues Treppenhaus (BFH 24.9.09, IV B 126/08, BFH/NV 10, 37), bei Einbau einer Alarmanlage, einer Sonnenmarkise, einer Treppe zum Spitzboden, eines Kachelofens oder Kamins.

     

    Beachten Sie | Eine zu Herstellungskosten führende Substanzvermehrung liegt dagegen nicht vor, wenn der neue Gebäudebestandteil oder die neue Anlage die Funktion des bisherigen Gebäudebestandteils in ähnlicher Weise erfüllen. Erhaltungsaufwendungen können daher auch angenommen werden, wenn der neue Gebäudebestandteil für sich betrachtet nicht die gleiche Beschaffenheit aufweist wie der bisherige Gebäudebestandteil oder die Anlage technisch nicht in gleicher Weise wirkt, sondern lediglich entsprechend dem technischen Fortschritt modernisiert worden ist. Von einer Substanzvermehrung ist danach regelmäßig z.B. nicht auszugehen bei

     

    • Anbringen einer zusätzlichen Fassadenverkleidung (z.B. Eternitverkleidung) zu Wärme- und Schallschutzzwecken,
    • Umstellung einer Heizungsanlage von Einzelöfen auf eine Zentralheizung,
    • Ersatz eines Flachdaches durch ein Satteldach, wenn dadurch lediglich eine größere Raumhöhe geschaffen wird, ohne die nutzbare Fläche und damit die Nutzungsmöglichkeit zu erweitern,
    • Vergrößern eines bereits vorhandenen Fensters oder
    • Versetzen von Wänden.

     

    PRAXISHINWEISE | Ein neuer Gebäudebestandteil erfüllt auch dann regelmäßig die Funktion des bisherigen in ähnlicher Weise, wenn er dem Gebäude lediglich hinzugefügt wird, um bereits eingetretene Schäden zu beseitigen oder einen konkret drohenden Schaden abzuwenden. Das ist z.B. der Fall bei Anbringung einer Betonvorsatzschale zur Trockenlegung der durchfeuchteten Fundamente, bei Überdachung von Wohnungszugängen oder einer Dachterrasse zum Schutz vor weiteren Wasserschäden.

    Unabhängig davon gilt: Betragen die Kosten für die Erweiterungsmaßnahme nicht mehr als 4.000 EUR (netto) je Gebäude, kann der Steuerpflichtige beantragen, den Aufwand als Erhaltungsaufwand zu behandeln (R 21.1 Abs. 2 S. 2 EStR).

    2. Umbau eines Flachdachs in ein Satteldach

    Wird ein Flachdach durch ein Satteldach ersetzt, ohne dass die nutzbare Fläche vergrößert wird, liegen sofort absetzbare Erhaltungsaufwendungen vor. Das FG München (10.7.12, 13 K 3810/09) hat nun in einem derartigen Fall Herstellungskosten angenommen. Zwar führe die Verbesserung von erneuerten Teilen für sich allein noch nicht zu Herstellungskosten. Es soll jedoch ausreichen, wenn - wie im Streitfall - Dachraum geschaffen wird und das Gebäude selbst durch die Erweiterung der Bausubstanz eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit erhält und eine erhebliche Wert- und Wesensveränderung erfährt.

     

    MERKE | Die Besonderheit des Streitfalles liegt darin, dass es fraglich war, ob durch die Baumaßnahmen bereits ein den statischen Anforderungen entsprechendes ausbaubares Dachgeschoss entstanden war. Das FG sah in den Baumaßnahmen dennoch eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes, da der Dachboden zumindest als Abstellraum nutzbar ist.

    Da die Rechtsprechung bislang nur bei Entstehen von neuem Wohnraum von Herstellungskosten ausgegangen ist, hat das FG die Revision zugelassen, die beim BFH unter dem Az. IX R 36/12 anhängig ist.

    3. Dachsanierung vor Installation einer Fotovoltaikanlage

    Die auf ein Dach aufgesetzte Fotovoltaikanlage ist zivilrechtlich mangels Einfügung in das Gebäude nicht als wesentlicher Bestandteil zu werten. Sie dient nicht dem Witterungsschutz und wird auch durch die Installation nicht wesentlicher Bestandteil des Gebäudes, sondern stellt eine Betriebsvorrichtung dar.

     

    Die Dachkonstruktion gehört grundsätzlich nicht zur Fotovoltaikanlage, sondern zum Gebäude, auf dem sie montiert ist. Wird das Dach nun vor Installation der Anlage saniert, stellt sich die Frage, wie die Sanierungskosten steuerlich zu behandeln sind. Das FG München (2.8.12, 15 K 770/12, EFG 12, 2279) hat hierbei wie folgt differenziert:

     

    • Die Aufwendungen sind durch den Aufbau der Betriebsvorrichtung „Fotovoltaikanlage“ veranlasst und als betriebliche Aufwendungen in vollem Umfang abziehbar, soweit sie anfallen, um aus statischen Gründen Sparren zu verstärken.

     

    • Dagegen stehen Aufwendungen für die Sanierung des Daches nur teilweise in Zusammenhang mit dem Betrieb der Fotovoltaikanlage und sind als gemischte Aufwendungen nur zum Teil betrieblich veranlasst. Da der durch die Dachreparatur entstandene Aufwand dem gesamten Gebäude zuzurechnen ist, richtet sich die Aufteilung der gemischten Aufwendungen auf den privat und betrieblich veranlassten Teil nach der Verwendung des gesamten Gebäudes. Die maßgeblichen Verwendungsverhältnisse umfassen nicht nur die innere Nutzfläche, sondern auch das Dach des Gebäudes. Deshalb scheidet nach Auffassung des FG eine Gegenüberstellung von Nutzflächen des Gebäudes, das einerseits betrieblich und andererseits privat genutzt wird, aus. Nutzflächen innerhalb eines Gebäudes und Nutzflächen auf dessen Dach sind nicht ohne Weiteres zu einer Gesamtnutzfläche zu addieren, weil sie regelmäßig nicht miteinander vergleichbar sind.

     

    Beachten Sie | Auch diese Entscheidung ist revisionsbefangen (Az. BFH: X R 32/12), sodass sich der BFH insbesondere mit der Aufteilung der Sanierungskosten bei einem auch privat genutzten Gebäude (denn der hierauf entfallende Teil der Sanierungskosten geht steuerlich endgültig verloren) abschließend befassen wird.

    4. Exkurs: AfA für verpachteten Rohbau

    In einem Streitfall des FG Saarland (9.5.12, 2 K 1073/10) hatte der Steuerpflichtige einen Rohbau verpachtet und für diesen Abschreibungen geltend gemacht. Das FG kam zu dem Ergebnis, dass ihm mit Beginn der Verpachtung und damit aufgrund der Einkünfteerzielung die AfA zustand, da auch bei einem Rohbau mit dem Einsatz zur Einkünfteerzielung die „Abnutzung“ beginnt. Es komme nicht darauf an, ob der Pächter den Rohbau unmittelbar bezogen hat oder welche Arbeiten im Einzelnen noch „vor Bezug“ erfolgt sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Gesetzgeber hat mit § 7 Abs. 4 bis 5a EStG typisierende Regelungen über die AfA von Gebäuden getroffen, die unabhängig davon anzuwenden sind, in welchem Umfang eine Nutzung durch den Mieter oder Pächter erfolgt. Insbesondere führt eine unterdurchschnittliche Nutzung, z.B. nur an Wochenenden, als Feriendomizil oder zu Messezeiten, nicht dazu, für die AfA eine längere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer anzunehmen oder gar die AfA nach § 7 Abs. 4 bis 5a EStG für die gesamte Nutzungsdauer abweichend zu berechnen. Dabei ist die AfA laut FG so vorzunehmen, wie wenn das Gebäude auch im Inneren zu Beginn der Verpachtung fertiggestellt gewesen wäre.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 79 | ID 37901950