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  • · Fachbeitrag · Kapitalgesellschaften

    Böses Erwachen: Erweiterte GewSt-Kürzung bei Grundstücksunternehmen „verspielt“

    von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart

    | Die GewSt steht oft nicht so sehr im Fokus der Beratung. So kommt es immer wieder zu unliebsamen Überraschungen vor allem bei GmbHs, weil die GewSt hier eine ähnlich hohe finanzielle Belastung auslöst wie die KSt selbst ‒ und bei der KSt bekanntlich steuerlich nicht abziehbar ist. Ein solch „böses Erwachen“ gab es bei einer GmbH, die zwar nur Grundstücksgeschäfte tätigte, dabei aber auch Betriebsvorrichtungen errichtete und diese mitverpachtete. Hier stand plötzlich die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für Grundstücksunternehmen auf dem Spiel (BFH 28.11.19, III R 34/17, Abruf-Nr.  215237 ). |

     

    Sachverhalt

    Die A-GmbH erwarb mehrere Grundstücke. Am Tag des Erwerbs schloss sie mit der B-AG einen Vertrag. Darin verpflichtete sie sich, auf dem Gelände auf eigene Rechnung ein Zentrum zu errichten und es anschließend für 20 Jahre an die AG zu vermieten. Die jährlichen Mietzahlungen sollten sich auf 7,072 % der Gesamtinvestitionskosten belaufen und zugleich Mieterdarlehen sein. Mietobjekt sollte laut Vertrag der gesamte Grundbesitz nebst wesentlichen Bestandteilen sein, nicht jedoch Betriebsvorrichtungen i. S. d. § 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BewG. Betriebsvorrichtungen sollten von der A-GmbH weder angeschafft noch finanziert werden. Etwaige von der B-AG eingebaute und als wesentliche Bestandteile des Grundstücks zu beurteilende Betriebsvorrichtungen sollten als vorbehaltenes wirtschaftliches Eigentum der B-AG anzusehen sein.

     

    Die GmbH errichtete das Zentrum nicht selbst, sondern beauftragte die B-AG. Die Rechnungen der Bauunternehmer wurden nach Freigabe durch die AG von der A-GmbH bezahlt. Während der Bauzeit wurde vereinbart, dass die AG Aufwendungen für bereits von der GmbH bezahlte Betriebsvorrichtungen wieder erstatten sollte. Entsprechend wurden rd. 400.000 EUR an die A-GmbH zurückgezahlt und nicht in die Gebäudeinvestitionskosten von rd. 16 Mio. EUR einbezogen. Weitere Aufwendungen für zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch nicht errichtete Betriebsvorrichtungen wurden allerdings später nicht aus den Gesamtinvestitionskosten herausgerechnet und sind damit in die Berechnung der Mietzahlungen (7,072 % der Investitionskosten/jährlich) eingeflossen.

     

    Nach einer Betriebsprüfung bei der A-GmbH versagte der Prüfer die erweiterte Kürzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 GewStG, da die A-GmbH Aufwendungen für Betriebsvorrichtungen und andere bewegliche Wirtschaftsgüter (Rohrpostanlage für 13.500 EUR, Info-Terminals für 24.652 EUR etc.) getragen und zusammen mit der Immobilie an die B-AG vermietet habe. Das FG gab dem FA Recht. Vor dem BFH hat die A-GmbH dann aber Recht bekommen.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG kann ein Unternehmen, das ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet, den Gewerbeertrag um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die „Verwaltung und Nutzung“ des eigenen Grundbesitzes entfällt. Zweck dieser erweiterten Kürzung ist es, eine Gleichbehandlung mit natürlichen Steuerpflichtigen zu erreichen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (BFH 25.9.18, GrS 2/16, BStBl II 19, 262, Rz. 96, m. w. N.).

     

    „Verwaltung und Nutzung“ i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist nicht deckungsgleich mit dem einkommensteuerlichen Begriff der privaten Vermögensverwaltung. Die Vermietung von Betriebsvorrichtungen überschreitet den Rahmen der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes auch dann, wenn einkommensteuerlich noch von Vermögensverwaltung auszugehen wäre. Ob bei Anwendung dieser Grundsätze im Streitfall eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen anzunehmen ist, hängt davon ab, ob die Mitvermietung vom Wissen und Wollen der Vertragsparteien getragen wurde.

     

    MERKE | Nach dem Inhalt des zwischen A-GmbH und B-AG geschlossenen Vertrags sollten Betriebsvorrichtungen gerade nicht von der A-GmbH angeschafft und finanziert werden und auch nicht Gegenstand des Vertrags sein. Die Parteien waren sich somit darüber einig, dass Betriebsvorrichtungen gerade nicht entgeltlich von der GmbH an die AG zur Nutzung überlassen werden sollten. Entscheidend ist aber weiter, ob sich die beiden Parteien in tatsächlicher Hinsicht an den geschlossenen Vertrag gehalten haben.

     

    Dass im Verlauf der Errichtung des Zentrums die gesonderte Abrechnung bei einzelnen Anlagen, die später vom FG als Betriebsvorrichtungen beurteilt wurden, unterblieben ist, heißt nicht zwingend, dass die handelnden Personen den Mietvertrag ausdrücklich oder stillschweigend ändern wollten. Zwar flossen die entsprechenden Aufwendungen in die Gesamtkosten des Zentrums und damit in die Bemessungsgrundlage für den von der AG zu entrichteten Mietzins ein. Daraus kann jedoch nicht zwingend die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diese Anlagen und Wirtschaftsgüter mit Wissen und Wollen beider Parteien der B-AG entgeltlich zur Nutzung überlassen werden sollten. Die Aktivierung der Aufwendungen könnte lediglich zu einer fehlerhaften, weil überhöhten Ermittlung der für den Mietzins maßgeblichen Bemessungsgrundlage geführt haben. Dies hat das FG im zweiten Rechtsweg durch Beweisaufnahme zu prüfen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Nochmals Glück gehabt, könnte man sagen. Entscheidend ist nun, ob die tatsächlich handelnden Personen die Vollmacht hatten, eine vom ursprünglichen Vertrag abweichende Regelung zu treffen oder nicht. Wenn z. B. der Bauleiter oder ein Sachbearbeiter diese Vollmacht nicht hatten, wären die Organe der A-GmbH und der B-AG „aus dem Schneider“. Es handele sich dann nur um eine noch heilbare „Schlamperei“ ‒ so der BFH. Sollte die „Schlamperei“ allerdings von den Geschäftsführern selbst oder von Generalbevollmächtigten oder Prokuristen begangen worden sein, dann wäre eine Heilung wohl nicht mehr möglich, denn von diesem Personenkreis wird erwartet, dass er „richtig“ handelt. Der Fall zeigt aber jedenfalls eindrücklich, dass die tatsächlich Handelnden entsprechend angewiesen und beaufsichtigt werden müssen. Denn nicht immer ist der BFH so „gnädig“ und sieht in einer abweichenden Vertragsdurchführung kein rechtsgültiges gewolltes Handeln.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2020 | Seite 265 | ID 46650552