· Fachbeitrag · Kinderfreibeträge
Höhe der Kinderfreibeträge zu niedrig?
| Der 7. Senat des FG Niedersachsen ist überzeugt, dass der Gesetzgeber die Kinderfreibeträge (nicht nur) im Streitjahr 2014 in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen hat. Er hat daher am 2.12.16 das Klageverfahren ausgesetzt und das Verfahren dem BVerfG vorgelegt (7 K 83/16). |
Zum Hintergrund
Die Höhe des von der Steuer freizustellenden Existenzminimums wird alle zwei Jahre von der Bundesregierung ermittelt. Auf Grundlage dieser Ermittlung wird bei der Festsetzung der Einkommensteuer für jedes Kind ein Freibetrag für das sächliche Existenzminimum und ein Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- bzw. Ausbildungsbedarf abgezogen. Der nach einer Durchschnittsberechnung vom Gesetzgeber festgelegte Kinderfreibetrag legt für alle Kinder ein sächliches Existenzminimum zugrunde, das - so das FG - niedriger ist als der sozialhilferechtliche Regelbedarf eines Kindes ab dem 6. Lebensjahr. Das gilt auch für ältere oder volljährige Kinder, die z. B. wegen einer Ausbildung oder als behinderte Kinder zu berücksichtigen sind.
Diese Berechnungsweise führt laut FG dazu, dass die Klägerin im Streitfall Einkommensteuer auf das Existenzminimum ihrer zwei Töchter (16 und 21 Jahre alt, in Ausbildung) zahlen muss. Außerdem hätte der Gesetzgeber auch nach seiner eigenen Berechnungsmethode für das Streitjahr 2014 in jedem Fall einen um jährlich 72 EUR höheren Freibetrag ansetzen müssen.
PRAXISHINWEIS | Die Entscheidung hat Bedeutung für alle Eltern, die für ihre Kinder einen Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag haben. Eine Erhöhung der Kinderfreibeträge wirkt sich nicht nur bei Steuerpflichtigen aus, für die der Kinderfreibetrag günstiger ist als das Kindergeld. Letztlich ist nahezu jeder betroffen, weil die Kinderfreibeträge immer bei der Festsetzung der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags berücksichtigt werden. |
Beachten Sie | Das FG hat darauf hingewiesen, dass auch die am 1. 12.16 vom Deutschen Bundestag beschlossene Erhöhung des Kinderfreibetrags ab 1.1.17 an der Problematik nichts ändern wird, weil die Berechnungsmethode unverändert bleibt. Bis zu einem entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk sind Einspruch und Klage geboten.