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  • · Fachbeitrag · Körperschaftsteuer

    Das neue KöMoG: Optionsmodell ein „großer Wurf“?

    von StB Jan Böttcher, LL.M., Nürnberg

    | Das Bundeskabinett hat am 24.3.21 den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) beschlossen. Auch wenn der Kurztitel des Gesetzes an die Artikel eines schwedischen Möbelgiganten erinnert, verbirgt sich dahinter ein gewaltiger Paradigmenwechsel: Die Einführung einer Option zur Körperschaftsteuer für Personenhandelsgesellschaften (KG, OHG) und Partnerschaftsgesellschaften (PartG). Doch ist der neu gefasste § 1a KStG-E tatsächlich ein „großer Wurf“? Eine erste Bewertung wägt die Chancen und Risiken gegeneinander ab. |

    1. Option zur Körperschaftsteuer

    Mit dieser Option soll den Gesellschaftern z. B. einer GmbH & Co. KG, aber auch freiberuflichen Zusammenschlüssen in der Rechtsform einer PartG (mbB), ein faktisches Wahlrecht eingeräumt werden, ob sie weiterhin der transparenten Besteuerung des EStG unterworfen werden wollen oder in das Trennungsprinzip der Körperschaftsteuer wechseln. Allerdings sollte man hierbei einige Besonderheiten im Blick haben.

     

    Die Option wird gem. § 1 Abs. 1a KStG-E auf unwiderruflichen Antrag der Gesellschaft bei dem für die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO zuständigen Finanzamt erklärt. Die Antragstellung hat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu erfolgen, für das die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft gelten soll. Nach § 2 Abs. 8 GewStG-E gilt die Option für Zwecke der GewSt entsprechend. Eine rückwirkende Ausübung ist nicht möglich. Der Antrag soll zwar unwiderruflich gestellt werden, jedoch besteht nach dem Regierungsentwurf keine zeitliche Bindungsfrist. § 1a Abs. 4 KStG-E sieht daher die Möglichkeit eines Antrags zur Rückoption vor, der wiederum im Wirtschaftsjahr vor dem Systemwechsel gestellt werden muss.

     

    Die Neuregelungen sollen ab dem VZ 2022 Anwendung finden. Unklar ist, wie insoweit eine wirksame Antragstellung bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr noch im Jahr 2021 erfolgen kann. In der Darstellung der Änderung der Haushaltseinnahmen wird jedoch schon für das Wirtschaftsjahr 2022 von einer entsprechenden „Verschiebung“ von Steueraufkommen hin zur KSt ausgegangen, sodass insoweit noch mit einer Übergangsregelung gerechnet werden kann. Alternativ könnte die Umstellung auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr im Einvernehmen mit dem Finanzamt gemäß § 4a Abs. 1 S. 2 EStG erwogen werden.

    2. Faktischer Formwechsel auf Antrag

    Kernpunkt der Neuregelung ist die Fiktion eines Formwechsels der optierenden Gesellschaft in § 1a Abs. 2 KStG. Das heißt, obwohl der Rechtsträger zivilrechtlich „das Kleid“ der Personengesellschaft nicht wechselt, werden steuerlich die Folgen des „als ob“ gezogen. Insoweit sind die Regelungen gem. § 25 i. V. m. § 20 UmwStG entsprechend anzuwenden. Maßgebender Einbringungszeitpunkt ist das Ende des Wirtschaftsjahrs vor dem ersten Optionsjahr.

     

    MERKE | Die Regelungen des § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG sind ausdrücklich ausgenommen. Eine Rückwirkungsmöglichkeit des „Rechtsformwechsels“ wird daher ausgeschlossen und liefe auch dem vorgeschalteten Antragserfordernis nach § 1a Abs. 1 KStG-E zuwider. Für eine PartG (mbB), die ihren Gewinn zulässigerweise nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, bedeutet die Option zugleich einen Übergang zum Bestandsvergleich und die hiermit zusammenhängende Ermittlung eines ‒ nicht verteilbaren ‒ Übergangsergebnisses.

     

    Ob mit der entsprechenden Anwendung der §§ 25 i. V. m. 20 UmwStG auch eine siebenjährige Sperrfristverhaftung nach § 22 Abs. 1 UmwStG der (fortbestehenden) Kommanditanteile einhergeht, wird in der Entwurfsbegründung nicht gesondert klargestellt. Dies wäre jedoch die logische Folge einer Gleichstellung mit einem Formwechsel nach § 190 UmwG. Eine Rückoption, die § 1a Abs. 4 KStG-E ausdrücklich regelt, dürfte m. E. mangels übertragener Umwandlung keinen Sperrfristverstoß i. S. d. § 22 Abs. 1 UmwStG darstellen, wird jedoch dem Regime des § 9 i. V. m. §§ 3 ff. UmwStG unterworfen.

    3. Risiko: Zurückbehalt wesentlicher Betriebsgrundlagen

    In der Begründung zum Entwurf wird kurz auf das Problem des schädlichen Zurückbehalts funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen hingewiesen. Im Klartext bedeutet dies, dass alle entsprechenden Wirtschaftsgüter der Mitunternehmer, die bis zur Geltendmachung der Option als Sonder-BV i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren sind, in das gesamthänderisch gebundene Vermögen der Gesellschaft übertragen werden müssen. Anderenfalls impliziert die entsprechende Anwendung der §§ 25 u. 20 UmwStG, dass die Einbringung einer erforderlichen Sachgesamtheit fehlschlägt und in der Folge (wohl) von einer verdeckten Einlage der dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft zuzurechnenden Wirtschaftsgüter in die nun für ertragsteuerliche Zwecke als Kapitalgesellschaft zu qualifizierende Gesellschaft erfolgt.

     

    Beachten Sie | Die Nichterfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung des § 25 UmwStG führt somit nach dem Regierungsentwurf gerade nicht zu einer Unbeachtlichkeit der Option i. S. d. § 1a KStG-E, sondern (nur) zu einer Versagung der entsprechenden Buchwertfortführung.

     

    MERKE | Die funktionale Wesentlichkeit eines Wirtschaftsguts bestimmt sich allein aus Sicht des Einbringenden. Daher kann z. B. ein Zurückbehalt der Anteile an einer Komplementär-GmbH im Rahmen einer Einbringung i. S. d. § 20 UmwStG schädlich für eine buchwertneutrale Einbringung sein. Für den Fall des zivilrechtlichen Formwechsels soll nach Auffassung der OFD Frankfurt a. M. (3.12.15, S 2134 A-14-St 213) die Übertragung auch der Anteile an der Komplementär-GmbH entbehrlich sein. Ob diese Auffassung in Fällen des fiktiven Formwechsels i. S. d. § 1a KStG-E greift, dürfte m. E. fraglich sein. Zumindest aus Vorsichtsgründen sollte erwogen werden, im zeitlichen Zusammenhang mit der Ausübung der Option nach § 1a KStG-E, durch Abtretung der entsprechenden Geschäftsanteile eine Einheits-GmbH & KG zu schaffen.

     

    Zu beachten dürfte daneben sein, dass ein entsprechendes Guthaben des Gesellschafters auf dem „Privat- bzw. Darlehenskonto“ im Zuge der Einbringung i. S. d. § 25 UmwStG als aus dem Sonder-BV zurückbehalten zu qualifizieren ist. Das heißt, es wandelt sich entsprechend dem handelsbilanziellen Ausweis in „echtes“ Fremdkapital. Entsprechende Forderungen des Gesellschafters stellen keine funktional wesentliche Betriebsgrundlage dar (vgl. BFH 9.7.19, X R 9/17). Streitig ist jedoch aktuell, ob in dem Zurückbehalt eine sonstige Gegenleistung i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 UmwStG zu sehen ist (siehe Nitzschke in: Blümich, § 20 UmwStG, Rz. 75b).

     

    • Abgrenzung

    Einer nicht gem. § 15 Abs. 3 EStG gewerblich geprägten, lediglich vermögensverwaltenden Personenhandelsgesellschaft steht der Anwendungsbereich des § 25 UmwStG allerdings nicht offen. Obwohl der Wortlaut des § 1a KStG-E keine Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG fordert, dürfte in diesen Fällen die Möglichkeit der Option verwehrt sein.

     

    4. Wechsel in das Trennungsprinzip

    Es ist noch einmal hervorzuheben, dass der Wechsel in das Besteuerungssystem des KStG keinen Einfluss auf die zivilrechtliche Rechtsform der Gesellschaft hat. Die optierende Gesellschaft führt also für handelsbilanzielle Zwecke weiterhin für ihre Gesellschafter veränderliche Kapitalanteile. Da Personengesellschaften über kein Nennkapital verfügen, erfolgt für (körperschaft-)steuerliche Zwecke ein Zugang des Eigenkapitals laut Steuerbilanz auf den Einbringungsstichtag zum steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG.

     

    Auf Ebene der (ehemaligen) Mitunternehmer wird das bisherige Sonder-BV vollständig negiert. Tätigkeitsvergütungen werden somit ab dem Optionsjahr den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit zugerechnet (LSt-Einbehalt beachten!), Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern werden den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG bzw. den sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG zugerechnet, soweit nicht wiederum die entsprechende Subsidiaritätsklausel zu gewerblichen Einkünften führt.

     

    PRAXISTIPP | Insoweit sind künftig auch Betriebsaufspaltungsfälle zwischen einem Gesellschafter und einer von diesem beherrschten optierenden Personengesellschaft denkbar. Ebenfalls sind ggf. bestehende Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter aufzulösen und die Mehr- oder Minderanschaffungskosten auf Ebene des Gesellschaftsvermögens auszuweisen.

     

    Beachten Sie | Mit dem Wirksamwerden der Option greift auch das Regime des § 8 Abs. 3 KStG, und die Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter müssen sich dem Fremdvergleichsgrundsatz stellen; ‒ im Geltungsbereich des Sonder-BV einer Mitunternehmerschaft gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sind derartige Vereinbarungen grds. frei von derartigen Zwängen. Insbesondere werden daher die Gesellschaftsverträge der optierenden Gesellschaft einer genaueren Prüfung unterzogen werden müssen.

     

    Gewinnanteile des Gesellschafters sind nach wirksamer Option den Einkünften des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen. Nach § 1a Abs. 3 S. 5 KStG-E gelten diese erst dann als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann. Hierbei ist für optierende Gesellschaften zu beachten, dass der Jahresüberschuss im Rahmen der Ergebnisverwendung regelmäßig unmittelbar dem t„Privat-/Darlehenskonto“ des Gesellschafters gutgeschrieben wird (vgl. Ley, kösdi 20, 21729). Da eine Zurechnung dieser Konten zum Sonderbereich der Gesellschafter gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG nunmehr ausscheidet, liegt in diesem Zeitpunkt bereits eine Novation der Gewinnanteile und somit eine Ausschüttung an den Gesellschafter vor (KapESt-Einbehaltpflicht ist zu beachten!).

    5. Sperrfristen prüfen

    In der Praxis wird auch zu berücksichtigen sein, dass die Option nach § 1a KStG-E einer Einbringung nach § 25 i. V. m. § 20 UmwStG gleichgestellt wird und somit weitere steuerliche Folgen auslösen kann. Insbesondere ist hier auf folgende, mittelbare Auswirkungen hinzuweisen:

     

    • Auslösung des nachversteuerungspflichtigen Betrages gem. § 34a Abs. 6 Nr. 2 EStG
    • Sperrfristverstoß gegen Behaltefristen nach § 6 Abs. 5 S. 4 u. 6 (vgl. BMF 8.12.11, BStBl I 11, 1279, Rz. 33 f.) und § 16 Abs. 3 S. 3 EStG (BMF 19.12.18, BStBl I 19, 6, Rz. 26)
    • Sperrfristverstoß i. S. d. § 6 Abs. 3 S. 2 EStG (Unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmerteilanteilen unter Zurückbehalt von Sonder-BV, vgl. BMF 20.11.19, BStBl I 19, 1291, Rz. 29)
    • Auslösen eines Veräußerungsgewinns nach Einlage eines Grundstücks gem. § 23 S. 5 Nr. 1 EStG (vgl. BMF 5.10.00, BStBl I 00, 1383, Rz. 4)

    6. Weitere steuerliche Auswirkungen der Option

    Die Option nach § 1a KStG-E greift ausschließlich für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen. Für Zwecke der Verkehrssteuern bleibt es somit bei der personalistischen Struktur der Gesellschaft. Nach der aktuellen Erlasslage bleibt es somit für die Frage der Begründung eines Organschaftsverhältnisses i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bei dem Erfordernis eines „Ein-Personen-Unternehmens“ zur Erfüllung des Merkmals der finanziellen Eingliederung (vgl. A 2.8 Abs. 5a UStAE, siehe aber Vorlagebeschluss FG Berlin 21.11.19, 5 K 2044/19; EuGH C-868/19).

     

    Für die Gestaltungspraxis hochinteressant dürfte die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Befreiungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG sein, die einen steuerfreien Transfer von Grundvermögen in das oder aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft ermöglichen. Da die hierbei zu beachtenden Nachbehaltefristen der §§ 5 Abs. 3 und 6 Abs. 3 GrEStG an den entsprechenden „Anteil an der Gesamthand“ anknüpfen und durch die Option nach § 1a KStG-E zivilrechtlich gerade keine Änderung der gesamthänderischen Bindung des Grundvermögens erfolgt, würde die Steuerfreiheit einer Grundstücksübertragung unter Inanspruchnahme der obigen Befreiungsvorschriften nicht tangiert werden.

     

    PRAXISTIPP | Im Zusammenspiel mit der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG könnte die Optionsmöglichkeit nach § 1a KStG-E erhebliches Gestaltungspotenzial bei der steueroptimierten Allokation von Grundvermögen aufzeigen. Das Zeitfenster für entsprechende Gestaltungen könnte sich jedoch aufgrund der avisierten Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) bereits wieder zum Jahr 2023 schließen (siehe Behrens/Seemaier, DStR 21, 644).

     

    Hinzuweisen wäre hier noch darauf, dass keine gesetzliche Gleichstellung optierender Gesellschaften i. S. d. § 1a KStG-E mit Kapitalgesellschaften für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke in §§ 13a und 13b ErbStG-E sowie § 97 BewG-E erfolgt.

    7. Sonstige Reformvorschläge im Überblick

    Daneben enthält der Gesetzesentwurf folgende Reformvorschläge:

     

    • Globalisierung des Umwandlungssteuergesetzes durch Öffnung für Drittstaatengesellschaften (§ 1 UmwStG-E, § 12 Abs. 2 und 3 KStG-E)
    • Ersatz der Ausgleichsposten bei organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen durch die sog. Einlagelösung (§§ 14 und 27 KStG-E)
    • Streichung des Abzugsverbots für Gewinnminderungen aus Währungskursschwankungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen (§ 8b Abs. 3 KStG-E)

     

    FAZIT | Die obigen Ausführungen und Hinweise basieren auf dem aktuellen Regierungsentwurf und unterliegen daher einer gewissen „Halbwertzeit“. Geht man jedoch davon aus, dass der Gesetzgeber hier zwar ggf. noch Anpassungen/Ergänzungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens vornehmen wird, aber die Einführung einer Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer dem Grunde nach nicht mehr zur Disposition steht, sollten die angedachten Änderungen auch schon in aktuellen Gestaltungsfragen berücksichtigt werden. Daneben sollte der Beraterschaft bewusst sein, dass ein ggf. leichtfertig gestellter Antrag auf Unterwerfung einer Personengesellschaft unter das Regime des § 1a KStG-E erhebliche negative steuerliche Folgewirkungen haben kann. Das verbleibende Zeitfenster bis zum Jahresende sollte daher ‒ vor allem in Fällen mit Verlustvorträgen oder negativen wirtschaftlichen Prognosen ‒ genutzt werden, vorausschauend sich bietendes Gestaltungspotenzial für die Mandantschaft sorgfältig zu prüfen und das Gesetzgebungsverfahren im Auge zu halten.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2021 | Seite 168 | ID 47339526