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  • · Fachbeitrag · Private Veräußerungsgeschäfte

    Vorsicht beim Kauf und Verkauf von Anteilen an grundstücksbesitzenden Personengesellschaften

    von Dipl.-Finw. Robert Bäumker, Rheda-Wiedenbrück

    | Der BFH hat brandaktuell entschieden, dass beim Erwerb einer Beteiligung an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft und einer anschließenden Veräußerung von Wohnungen seitens der Personengesellschaft innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist nach Beitritt nicht im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften über einen Gewinn nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu entscheiden ist ( BFH 21.1.14, IX R 9/13 ). |

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall hatte der Kläger 1997 einen Anteil an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft erworben. In 2006 veräußerte die Gesellschaft dann zwei Wohnungen aus ihrem Bestand. Daraufhin stellte das Feststellungsfinanzamt einen Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG fest. Der Verkauf der Wohnungen sei dem Kläger nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen. Im Rahmen des § 23 EStG sei eine Bruchteilsbetrachtung erforderlich, die zur Sicherstellung einer sachgerechten Besteuerung geboten sei.

     

    Das Finanzgericht folgte dieser Auffassung. Der Veräußerungsgewinn sei im Rahmen der gemeinschaftlichen Einkunftserzielung und durch eine gemeinsame Tatbestandsverwirklichung erzielt worden. Der Kläger habe im Zuge der Wohnungsveräußerung gemeinsam mit der Gesellschaft ein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG realisiert. Er habe die Wohnungen zunächst fiktiv nach § 23 Abs. 1 S. 4 EStG angeschafft und mittels der ihnen nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 zuzurechnenden Veräußerungen in 2006 innerhalb der 10-Jahresfrist wieder veräußert. Folglich sei im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung über einen Veräußerungsgewinn zu entscheiden. Dem ist der BFH nicht gefolgt.

     

    Anmerkungen

    Laut BFH setzt eine solche gesonderte und einheitliche Feststellung voraus, dass gemeinschaftlich Einkünfte erzielt werden. Dies sei nur der Fall, wenn mehrere Personen gemeinsam den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen. Im vorliegenden Fall sei der Anteilserwerb des Klägers an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft nicht in Einheit mit der Gesellschaft, sondern individuell, ausschließlich durch den Kläger erfolgt. Die Veräußerungen hingegen wurden nur in der Einheit der Gesellschaft getätigt, nicht seitens des Klägers.

     

    Nicht zu entscheiden hatte der BFH, ob die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts vorliegen, das im Rahmen der ESt-Veranlagung des Klägers zu berücksichtigen sei. Der BFH machte jedoch deutlich, dass dies wohl der Fall wäre. Es „liege nahe“, die beiden Veräußerungen dem Kläger anteilig zuzurechnen. Dies ist bemerkenswert, da ein solcher „Mischfall“ bisher noch nicht entschieden und in der Literatur kontrovers diskutiert wurde.

     

    MERKE | Gemäß § 23 Abs. 1 S. 4 EStG gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Dieser Satz wurde zu Beginn des VZ 1994 mit in das Gesetz aufgenommen. Im Ergebnis soll es keinen Unterschied machen, ob der Steuerpflichtige alleine den Tatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllt oder als Gesellschafter durch Veräußerung seines Gesamthandsanteils.

     

    Der BFH lässt erkennen, dass nach seiner Ansicht ein privates Veräußerungsgeschäft auch in einem „Mischfall“ anzunehmen ist, wenn z.B. der Steuerpflichtige einen Anteil an einer grundbesitzenden Personengesellschaft erwirbt und nicht innerhalb der Veräußerungsfrist diesen Anteil wieder veräußert, sondern die Gesellschaft stattdessen innerhalb der Frist von zehn Jahren ein Grundstück verkauft. Auf Ebene der Gesellschaft ergibt sich dann kein Gewinn nach § 23 EStG, da die Gesellschaft nicht innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb eines Grundstücks dies wieder veräußert hat. Vielmehr hat lediglich der Gesellschafter höchstpersönlich die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt.

     

    Praxishinweis

    Die Auffassung des BFH überzeugt. Meines Erachtens sind in der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung nur Einkünfte aufzunehmen, die die Gesellschaft erzielt hat. Mag es auch sein, dass bei dem Feststellungsamt die Kenntnisse über die bei der Gesellschaft vorhandenen Wirtschaftsgüter vorliegen und es somit verwaltungsökonomischer wäre, dort auch andere Einkünfte festzustellen. Dies lässt sich verfahrensrechtlich jedoch nicht halten. Den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht der Steuerpflichtige in eigener Person und die Zuständigkeit, diese Einkünfte festzustellen, liegt originär beim für die Einkommensteuer zuständigen Finanzamt. Dies gilt auch dann, wenn ein Veräußerungsgewinn auf Seiten mehrerer Beteiligter entsteht, da auch hier nicht die Gesellschaft den Tatbestand des § 23 EStG verwirklicht, sondern der Gesellschafter.

     

    Falls nun das Feststellungsfinanzamt dennoch einen Feststellungsbescheid erlässt und darin Einkünfte nach § 23 EStG ansetzt, sollte man genau prüfen, ob sich ein Rechtsbehelfsverfahren im Einzelfall lohnt:

     

    MERKE | Denn wird ein Grundlagenbescheid ersatzlos aufgehoben, eröffnet dies dem für den Erlass des Folgebescheides zuständigen Finanzamt die Möglichkeit, den Sachverhalt, der bisher Gegenstand des Feststellungsverfahrens war, selbstständig zu beurteilen und den Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO entsprechend zu ändern. Die Vorschrift erfasst nämlich auch die Fälle, in denen ein bestimmter Sachverhalt, der in einem Folgebescheid zu regeln ist, zunächst in einem Feststellungsbescheid berücksichtigt war und durch dessen Aufhebung aus der bis dahin bestehenden Bindungswirkung entlassen wird (BFH 14.7.93, X R 34/90, BStBl II 94, 77). Das gleiche gilt, wenn einzelne Besteuerungsgrundlagen nachträglich aus dem Feststellungsverfahren ausgeschieden werden (AEAO zu § 175, Nr. 1.3, S. 1,2). Das für die Einkommensteuer zuständige Finanzamt ist dabei nicht an frühere Beurteilungen oder Berechnungen gebunden (BFH 7.12.93, IX R 134/92, BFH/NV 94, 547).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 193 | ID 42612603