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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    „Hammer-Urteil“ des EuGH: Keine Steuerschuld für überhöhten Steuerausweis an Endverbraucher

    von Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

    | Ein Steuerpflichtiger, der eine Dienstleistung erbracht hat und in seiner Rechnung einen Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen hat, der auf der Grundlage eines falschen Steuersatzes berechnet wurde, schuldet den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil diese Dienstleistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. So lautet der Leitsatz eines aktuellen EuGH-Urteils zu einem Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen Bundesfinanzgerichts. Das EuGH-Urteil dürfte aber für das deutsche Recht gleichermaßen von großer Bedeutung sein (EuGH 8.12.22, C‑378/21). |

     

    Sachverhalt

    Die Beschwerdeführerin betreibt einen Indoor-Spielplatz. Im Streitjahr 2019 stellte sie insgesamt 22.557 Registrierkassenbelege mit einem Mehrwertsteuersatz von 20 % an ihre Kunden aus. Diese Registrierkassenbelege sind Kleinbetragsrechnungen. Die Kunden waren ausschließlich Endverbraucher, die kein Recht auf Vorsteuerabzug besitzen. Nachdem die Beschwerdeführerin festgestellt hatte, dass ihre Dienstleistungen nicht dem gesetzlichen Mehrwertsteuersatz von 20 %, sondern dem von 13 % unterlagen, berichtigte sie ihre Mehrwertsteuererklärung, um die zu viel bezahlte Mehrwertsteuer vom Finanzamt gutgeschrieben zu bekommen. Das Finanzamt verweigerte die Berichtigung. Die Begründung: Zum einen sei die Beschwerdeführerin nach nationalem Recht verpflichtet, die höhere Mehrwertsteuer zu entrichten, da sie die Rechnungen nicht berichtigt habe, zum anderen würde sie durch die beantragte Berichtigung ungerechtfertigt bereichert, da ihre Kunden die Kosten der höheren Mehrwertsteuer getragen hätten. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid des Finanzamts Beschwerde an das vorlegende Gericht, das Bundesfinanzgericht (Österreich).

     

    Entscheidungsgründe

    Nach Art. 203 MwStSystRL wird die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist. Die in einer Rechnung ausgewiesene Mehrwertsteuer wird vom Aussteller dieser Rechnung auch dann geschuldet, wenn jeglicher tatsächlich steuerpflichtige Umsatz fehlt. Die Vorschrift soll der Gefährdung des Steueraufkommens entgegenwirken, die sich aus dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann. Eine Gefährdung des Steueraufkommens setzt aber voraus, dass der Adressat der in Rede stehenden Rechnung sein Recht auf Vorsteuerabzug überhaupt geltend machen kann.