· Fachbeitrag · Umwandlungssteuerrecht
Einbringung gegen Mischentgelt führt nicht zur Gewinnrealisierung
von Dr. Hansjörg Pflüger
Bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft können die Vergünstigungen des § 24 UmwStG und des § 6 Abs. 3 EStG nebeneinander greifen, wie der BFH jüngst klargestellt hat. Dabei können dem Einbringenden neben Gesellschaftsrechten in bestimmtem Umfang auch andere Wirtschaftsgüter gewährt werden. Dadurch kann in vielen Fällen eine Gewinnrealisierung vermieden und die Firmennachfolge deutlich einfacher gestaltet werden (BFH 18.9.13, X R 42/10, Abruf-Nr. 133453; entgegen dem Umwandlungssteuererlass vom 11.11.11). |
1. Sachverhalt
Unternehmer E brachte sein Einzelunternehmen, das hohe stille Reserven aufwies, im Streitjahr 2003 zu Buchwerten in die neu gegründete M GmbH & Co. KG ein. Der Buchwert des Einzelunternehmens betrug zum Einbringungszeitpunkt etwas mehr als 350.000 EUR. Gleichzeitig nahm E seine Ehefrau und seine beiden Töchter mit Kapitalanteilen von insgesamt 100.000 EUR (Ehefrau 50.000 EUR, die Töchter je 25.000 EUR) als Kommanditisten auf. Sein eigener in der Bilanz der KG ausgewiesener Kapitalanteil betrug 150.000 EUR. Die Differenz zwischen dem dadurch ausgewiesenen Eigenkapital der Mitunternehmer an der KG (250.000 EUR) und dem Buchwert des eingebrachten Vermögens des Einzelunternehmens (über 350.000 EUR) wurde auf einer als Darlehenskonto bezeichneten Bilanzposition gutgeschrieben.
Das FA und auch das FG (EFG 11, 491) nahmen an, dass der E aufgrund der Einräumung des Darlehens einen Einbringungsgewinn von über 100.000 EUR zu versteuern habe. Dem folgte der BFH nicht, da die Summe der mitunternehmerischen Kapitalkonten und des Darlehenskontos den Buchwert des eingebrachten Einzelunternehmens nicht übersteigen.
2. Anmerkungen
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die unentgeltliche Übertragung der mitunternehmerischen Beteiligung auf die Ehefrau und die beiden Töchter vom Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 S. 1 EStG gedeckt ist. Nach dieser Vorschrift sind bei einer unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft die Buchwerte fortzuführen. Dies gilt auch bei der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person oder der unentgeltlichen Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person (§ 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 EStG). Die Vorschrift ist dabei auch dann anzuwenden, wenn mehrere Personen unentgeltlich in eine bestehende Mitunternehmerschaft aufgenommen werden.
Auch ist dem Grunde nach unstreitig, dass hier ein Fall des § 24 UmwStG vorliegt. Wird danach ein Betrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Mitunternehmerschaft eingebracht, kann die Buchwertfortführung gewählt werden, wenn das Recht der Bundesrepublik zur Besteuerung eventuell vorhandener stiller Reserven nicht ausgeschlossen oder beschränkt und über die Gewährung von Gesellschaftsanteilen hinaus keine weitere Gegenleistung gewährt wird (§ 24 Abs. 2 S. 2 und 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG).
MERKE | Das dem E neben der mitunternehmerischen Beteiligung gewährte Darlehen ist zwar grundsätzlich eine Gegenleistung, die die Buchwertfortführung ausschließt und zur anteiligen Aufdeckung stiller Reserven führt (so Tz. 24.07 des UmwStErl.). Laut BFH ist jedoch zumindest dann keine Gewinnrealisierung anzunehmen, wenn die Summe aus dem Nominalbetrag der Gutschrift auf dem Kapitalkonto und dem gemeinen Wert des gewährten Darlehens den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt. |
Beachten Sie | Der BFH schließt dies aus der sog. Einheitstheorie, die zu § 16 Abs. 1 EStG entwickelt wurde. Zwar sei dort von teilentgeltlichen Veräußerungen auszugehen, während Einbringungen nach § 24 Abs. 1 UmwStG dem Grunde nach immer vollentgeltliche Vorgänge darstellten. Gleichwohl hält der BFH die Anwendung der Einheitstheorie auch im Rahmen der Einbringung eines Betriebs gegen Gewährung eines Mischentgelts für sachgerecht, da es sich bei den unter § 24 Abs. 1 UmwStG 2002 fallenden Einbringungsvorgängen ebenfalls um die Übertragung betrieblicher Sachgesamtheiten handelt. Das vorliegende Mischentgelt (Mitunternehmeranteil und Darlehensforderung) ist mithin nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten. Allein entscheidend ist laut BFH, ob das gesamte Teil- oder Vollentgelt den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt.
Auch die Tatsache, dass durch die schenkweise Aufnahme der Ehefrau und der Töchter in die KG Teile der stillen Reserven auf diese übergehen, ist von der Konzeption des § 24 UmwStG mit abgedeckt. E hat den Einbringungsvorgang mit einer unentgeltlichen Übertragung i.S. des § 6 Abs. 3 EStG gekoppelt. Diese Vorschrift ist vom Gesetzgeber bewusst geschaffen worden, um das Übergehen stiller Reserven bei solchen unentgeltlichen Übertragungen - typischerweise auf Angehörige - zu ermöglichen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb das Übergehen stiller Reserven zwar in den Fällen des § 6 Abs. 3 EStG sachgerecht und vom Gesetzgeber gewollt sein soll, nicht aber dann, wenn ein solcher Vorgang mit der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft gemäß § 24 UmwStG gekoppelt wird. Das Gericht stellt sich damit explizit gegen Tz. 1.47 des Umwandlungssteuererlasses.
3. Praxishinweis
Die Entscheidung ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen erleichtert der BFH durch das nunmehr mögliche Nebeneinander von § 24 UmwStG und § 6 Abs. 3 EStG die Nachfolgeplanung erheblich. Zum Anderen stellt der BFH die Einbringung in ein Personenunternehmen der in § 20 UmwStG geregelten Einbringung in eine GmbH in ertragsteuerlicher Hinsicht praktisch gleich.
Während in § 20 Abs. 2 S. 3 UmwStG ausdrücklich ausgeführt wird, dass ein Einbringungsgewinn bei Einbringung eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft in eine Körperschaft nur dann anzusetzen ist, wenn der Einbringende neben den Gesellschaftsrechten auch andere Wirtschaftsgüter (z.B. Darlehen) erhält und diese den Wert des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigen, war dies bei der in § 24 UmwStG geregelten Einbringung in ein Personenunternehmen bislang anders. Ein Beispiel:
X ist Einzelunternehmer. Er überlegt sich, ob er sein Unternehmen künftig in der Rechtsform einer GmbH oder besser in einer Einmann-GmbH & Co. KG betreiben soll. Die Bilanz des Einzelunternehmens zeigt zum steuerlichen Übertragungsstichtag 1.1.14 (= Steuerbilanz 31.12.13, § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG) folgendes Bild:
Bilanz des Einzelunternehmens zum 1.1.14 | |||
Aktiva | Passiva | ||
Anlage- und Umlaufvermögen |
300.000 EUR | Eigenkapital | 100.000 EUR |
Verbindlichkeiten | 200.000 EUR | ||
|
| ||
Summe | 300.000 EUR | Summe | 300.000 EUR |
In dem Einzelunternehmen sind (einschließlich Firmenwert) 300.000 EUR stille Reserven enthalten. Der Teilwert des Betriebsvermögens beträgt damit 400.000 EUR. X hat folgende Möglichkeiten:
Lösung 1: GmbH mit Darlehensverbindlichkeit
Das Stammkapital der GmbH beläuft sich auf 25.000 EUR. Die Einbringung erfolgt nach § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG auf Antrag zu Buchwerten.
Eröffnungsbilanz GmbH zum 1.1.14 | |||
Aktiva | Passiva | ||
Anlage-und Umlaufvermögen |
300.000 EUR | Stammkapital | 25.000 EUR |
| Darlehensverbindlichkeiten ggü. X |
75.000 EUR | |
| sonstige Verbindlichkeiten |
200.000 EUR | |
Summe | 300.000 EUR | Summe | 300.000 EUR |
Es ist kein Einbringungsgewinn zu versteuern (§ 20 Abs. 2 S. 4 i.V.m. Abs. 3 UmwStG), da die Gegenleistung von 75.000 EUR kleiner ist als der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens von 100.000 EUR. Die Anschaffungskosten des X für seine neuen GmbH-Anteile i.S.d. § 22 Abs. 1 UmwStG („EG I-gefährdeten Anteile“) errechnen sich wie folgt:
Veräußerungspreis (= BW des BV) | 100.000 EUR |
./. Darlehen (§ 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG) | ./.75.000 EUR |
Anschaffungskosten insgesamt: | 25.000 EUR |
Lösung 2: GmbH mit Passivierung einer Kapitalrücklage
Eröffnungsbilanz GmbH zum 1.1.12 | |||
Aktiva | Passiva | ||
Anlage- und Umlaufvermögen |
300.000 EUR | Stammkapital | 25.000 EUR |
Kapitalrücklage | 75.000 EUR | ||
| sonstige Verbindlichkeiten |
200.000 EUR | |
Summe | 300.000 EUR | Summe | 300.000 EUR |
Auch hier ist kein Einbringungsgewinn zu versteuern. Die Anschaffungskosten des X für seine neuen („EG I-gefährdeten“) GmbH-Anteile i.S.d. § 22 Abs. 1 UmwStG betragen 100.000 EUR. Es erfolgt ein Zugang beim steuerlichen Einlagekonto zum 1.1.14 (vgl. § 27 Abs. 2 S. 3 KStG) von 75.000 EUR.
Lösung 3 : GmbH & Co. KG
Eröffnungsbilanz GmbH & Co. KG zum 1.1.14 | |||
Aktiva | Passiva | ||
Anlage- und Umlaufvermögen |
300.000 EUR | Eigenkapital | 10.000 EUR |
Darlehensverbindlichkeiten gegenüber X |
90.000 EUR | ||
| sonstige Verbindlichkeiten |
200.000 EUR | |
Summe | 300.000 EUR | Summe | 300.000 EUR |
Auch hier ist kein Einbringungsgewinn zu versteuern. Die Anschaffungskosten für den Mitunternehmeranteil betragen 10.000 EUR. Dabei kann jeder Wert bis zur Höhe des Eigenkapitals des Einzelunternehmens (100.000 EUR) gewählt werden. Wenn X den Anteil veräußert, gilt für 7 Jahre die Versteuerung nach § 24 Abs. 5 UmwStG.
FAZIT | Fast noch wichtiger als die Rechtsformneutralität ist die Entscheidung aber für die Erweiterung der Möglichkeiten, die Rechtsnachfolge erfolgsneutral zu gestalten. Die Verwaltungsregelung in Tz 1.47 letzter Absatz des Umwandlungssteuererlasses, die im Gesetz keinerlei Rückhalt findet, wurde durch den BFH gekippt. Die Einbringung des Einzelunternehmens kann mit der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils gekoppelt werden.
Firmeninhaber mit mehreren Erben können also auch den Weg über das Personenunternehmen wählen und sind nicht mehr ausschließlich auf GmbH und/oder Betriebsaufspaltung angewiesen. Die Rechtsnachfolge lässt sich im Rahmen der Personengesellschaft jetzt zumindest ertragsteuerlich ebenfalls gewinnneutral gestalten. |