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  • · Fachbeitrag · Betriebliche Altersversorgung

    Die wichtigsten Spielregeln für Arbeitgeber bei der betrieblichen Altersversorgung - Teil I

    von Dr. Claudia Veh, Schweizer Leben Pensionsmanagement, München

    | Um das Thema betriebliche Altersversorgung kommt kein Arbeitgeber herum. Neben der Rechtspflicht zur Installation bei Entgeltumwandlung sprechen die Anreizfunktion und Fürsorgepflicht für deren Einrichtung im Unternehmen. Unter Verzicht auf viele Details bietet „LGP“ eine „Anleitung“, wie Arbeitgeber die Altersversorgung möglichst haftungsarm und einfach umsetzen können. Der erste Teil zeigt, worauf in der Einrichtungsphase zu achten ist. Der zweite Teil geht auf das laufende Arbeitsverhältnis und die Leistungsphase ein. Eine abschließende Übersicht rundet die Serie ab. |

    Entscheidung für den richtigen Durchführungsweg

    Die erste Frage, die sich bei der Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) stellt, ist die nach dem richtigen Durchführungsweg.

     

    Direktversicherung

    Pensionskasse

    Unterstützungskasse

    Direktzusage

    Pensionsfonds

     

    Auf den Punkt gebracht haben die fünf grundsätzlich möglichen Alternativen in ihrem jeweils breiten Spektrum folgende Vorteile (+) und Nachteile (-):

     

    • Direktversicherung und Pensionskasse

    +

    Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze (2014 jährlich 2.856 Euro), weitere 1.800 Euro steuer-, aber nicht sozialversicherungsfrei (§ 3 Nr. 63 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV).

    +

    Verwaltungsarm und ohne gesonderte Verwaltungskosten.

    +

    Bei der Pensionskasse keine Beiträge an den Pensions-Sicherungs-Verein aG. Bei der Direktversicherung nur, wenn der Arbeitnehmer widerruflich bezugsberechtigt ist oder wenn der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten, beliehen oder verpfändet hat.

    +

    Einfache Mitnahme beim Jobwechsel zum Folgearbeitgeber (Portabilität).

    +

    Weiterführung durch Arbeitnehmer bei vorzeitigem Dienstaustritt möglich.

    -

    Aufstockungsbetrag von 1.800 Euro ausgeschlossen für Altzusagen vor 2005, wenn diese nicht um zusätzliche biometrische Risiken erweitert werden, oder wenn für den Arbeitnehmer Beiträge nach § 40b EStG pauschal besteuert werden.

    -

    Direktversicherung oder Pensionskasse werden meist für die nach § 3 Nr. 63 EStG geförderte arbeitnehmerfinanzierte bAV verbraucht (§ 1a BetrAVG). Somit stehen diese Durchführungsformen nur noch eingeschränkt für die arbeitgeberfinanzierte bAV zur Verfügung.

     
    • Unterstützungskasse

    +

    Besonders geeignet für die arbeitgeberfinanzierte bAV, wenn das Fördervolumen des § 3 Nr. 63 EStG für arbeitnehmerfinanzierte bAV (Entgeltumwandlung) reserviert bleiben soll oder bereits ausgeschöpft ist.

    +

    Höhere Versorgungszusagen mit Beiträgen über vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze können steuer- und im Falle der arbeitgeberfinanzierten bAV beitragsfrei bleiben (bei Entgeltumwandlung gilt die Begrenzung auf vier Prozent). Auch reine Kapitalzusagen sind möglich.

    +

    Beiträge führen beim Arbeitnehmer noch nicht zu Arbeitslohn, erst spätere Leistungen der Unterstützungskasse sind - gegebenenfalls nach Kürzung um Freibetrag - Versorgungsbezug (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG).

    -

    Arbeitgeber treffen Meldepflichten auch nach Rentenbeginn (Lohnsteuer, Sozialabgaben - wird meist von der Unterstützungskasse übernommen).

    -

    Verwaltungskosten (auch noch im Versorgungsfall).

    -

    Beiträge zum Pensions-Sicherungs-Verein aG.

    -

    Keine Einmalbeiträge (beispielsweise keine Umwandlung von Boni).

    • Direktzusage

    +

    Alternative für möglichst hohe Altersversorgung mit grenzenloser steuerlicher Förderung, insbesondere für Gesellschafter-Geschäftsführer.

    +

    Einmalbeiträge möglich (Umwandlung variabler Gehaltsbestandteile).

    +

    Finanzierung frei wählbar, keine Rückdeckungsversicherung erforderlich.

    +

    Steuerstundungseffekt über Pensionsrückstellungen.

    -

    Bilanzausweis oft unerwünscht.

    -

    Beiträge an Pensions-Sicherungs-Verein und Verwaltungskosten für versicherungsmathematische Gutachten über die Höhe der Rückstellungen.

    -

    Arbeitgeber ist direkter Verfahrensbeteiligter im Versorgungsausgleich. Auch dann können noch Kosten entstehen (Gutachten, Rentenverwaltung, Versorgungsausgleich).

    • Pensionsfonds

    +

    Eignet sich vor allem, um bestehende Alterszusagen - Direktzusage oder Unterstützungskasse - auf Pensionsfonds auszulagern (§ 3 Nr. 66 EStG).

    +

    Beiträge an Pensions-Sicherungs-Verein aG wesentlich niedriger als bei Direktzusage.

    +

    Breite Vielfalt an Anlageformen.

    -

    Kaum Bedeutung für die Neueinrichtung einer bAV.

     

    Beachten Sie | Die Wahl des Durchführungswegs für die arbeitgeberfinanzierte bAV liegt beim Arbeitgeber. Bei der arbeitnehmerfinanzierten Entgeltumwandlung kann grundsätzlich jeder Durchführungsweg vereinbart werden. Der Arbeitgeber kann jedoch im Ergebnis die Pensionskasse, den Pensionsfonds oder die Direktversicherung vorgeben.

    Wahl der passenden Zusageart

    Die zweite Qual der Wahl liegt darin, dass der Arbeitgeber sich für eine Zusageform entscheiden muss. Hier eine kurze Beschreibung der drei Möglichkeiten, die § 1 BetrAVG vorsieht:

     

    • Leistungszusage
    • Der Arbeitgeber sagt eine bestimmte Leistung zu, zum Beispiel eine betriebliche Altersrente in Höhe von 500 Euro monatlich. Auch eine gehaltsabhängige Zusage in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Gehalts ist möglich.
    • Das Finanzierungsrisiko liegt beim Arbeitgeber. Resultieren aus der bAV bei Fälligkeit beispielsweise tatsächlich nur 450 Euro, muss der Arbeitgeber 50 Euro im Monat aus anderen Quellen aufbringen.
    • Beitragsorientierte Leistungszusage
    • Die zugesagte Leistung ergibt sich aus der Höhe des Beitrags. Sagt der Arbeitgeber zum Beispiel eine monatliche Einzahlung in die Versicherung von 100 Euro zu, erhält der Arbeitnehmer die daraus resultierende Leistung, oftmals in Form einer tarifabhängigen garantierten Altersrente zuzüglich eventueller Überschussanteile.
    • Sofern der Arbeitgeber die vereinbarten Beiträge leistet, sind Nachfinanzierungsrisiken ausgeschlossen. Finanzierungslücken lassen sich vermeiden.
    • Beitragszusage mit Minderleistung
    • Der Arbeitgeber leistet auch hier einen vereinbarten Beitrag, steht aber dafür ein, dass bei Erreichen der Altersgrenze mindestens die Summe der eingezahlten Beiträge zur Verfügung steht.
    • Bei der Ermittlung der Mindestleistung dürfen die Beitragsteile für die vorzeitigen Risiken Tod und Invalidität abgezogen werden.
    • Eignet sich insbesondere für fondsgebundene Altersvorsorgeprodukte.
     

    Beachten Sie | Auch bei der Zusageart entscheidet der Arbeitgeber. In der Praxis hat sich die beitragsorientierte Leistungszusage bewährt.

    Festlegung der Zusageinhalte

    Als nächsten Schritt bei der Einrichtung einer bAV muss der Arbeitgeber die genauen Inhalte der Zusage festlegen. Insbesondere muss er folgende Bereiche regeln:

     

    • Abzusichernde Risiken
    • Möglich ist die Absicherung wegen Alters, Tod oder Invalidität.
    • Der Arbeitgeber kann, muss aber nicht alle drei biometrischen Risiken in die bAV einschließen. Beispielsweise kann nur eine Altersrente zugesagt werden (BAG, Urteil vom 12.6.2007, Az. 3 AZR 14/06; Abruf-Nr. 073100). Bei ledigen, kinderlosen Arbeitnehmern kann auf einen Hinterbliebenenschutz verzichtet werden, dadurch kann sich eine höhere Altersversorgung ergeben.
    • Arbeitnehmern kann Auswahl angeboten werden, was die bAV aber verkompliziert. Zur möglichst einfachen und transparenten Versorgung sollten Arbeitgeber sich auf Versorgungsordnung ohne Wahlmöglichkeiten beschränken.
    • Leistungsform
    • Entscheidung zwischen Zusage einer Rente oder einer Kapitalleistung.
    • Kapitalzusage ist nur möglich bei Direktzusage oder Unterstützungskasse. Bei Direktversicherung und Pensionskasse muss die Zusage auf ein Rentenversprechen lauten, der Arbeitnehmer kann sich aber im Leistungsfall für die Auszahlung einer Kapitalzahlung entscheiden.
    • Zugesagte Leistung kann eine Festzusage sein (beispielsweise 200 Euro Altersrente) oder an das Gehalt gekoppelt werden (zum Beispiel Altersrente in Höhe von 20 Prozent des letzten Bruttomonatsgehalts).
     

    Beachten Sie | Neben dem Durchführungsweg und der Zusageart darf der Arbeitgeber auch die Inhalte der bAV vorgeben. Je mehr verschiedene Bausteine eine bAV hat - gehaltsabhängiger oder fester Betrag, Mindest- oder Höchstverzinsung der Beiträge, Wahlmöglichkeiten hinsichtlich Durchführungsweg oder Produkt, Absicherung verschiedener Risiken -, desto aufwändiger wird die Einrichtung und Umsetzung der bAV für den Arbeitgeber.

     

    Der Arbeitgeber muss auch arbeitsrechtliche Vorgaben aus Gesetzen und Rechtsprechung beachten. Insbesondere wäre es unzulässig,

    • nur männlichen Arbeitnehmern eine arbeitgeberfinanzierte bAV anzubieten,
    • Teilzeitkräfte auszuschließen oder
    • zwischen Arbeitern und Angestellten zu differenzieren.

    Einrichtung des Versorgungsplans

    Nach der Festlegung der wichtigsten Inhalte muss der Arbeitgeber entscheiden, über welchen Rechtsbegründungsakt er die gewählte Versorgungsordnung im Unternehmen implementiert. Es gibt drei Möglichkeiten:

     

    • Betriebsvereinbarung
    • Gilt in Unternehmen mit Betriebsrat. Dieser hat bei der Lohngestaltung Mitbestimmungsrechte (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz [BetrVG]).
    • Betriebsrat darf nur bei der Leistungsplangestaltung mitbestimmen.
    • Diese vier grundsätzlichen Entscheidungen trifft der Arbeitgeber alleine:
      • Ob er eine arbeitgeberfinanzierte bAV einrichtet oder für Neuzugänge ab einem bestimmten Stichtag schließt.
      • Welchen Durchführungsweg er wählt.
      • Welcher Personenkreis in der arbeitgeberfinanzierten bAV begünstigt wird.
      • Wie hoch der Dotierungsrahmen ist, den der Arbeitgeber bereitstellt.
    • Gesamtzusage
    • Übliche Rechtsgrundlage in Unternehmen ohne Betriebsrat.
    • Gesamtzusage sollte betriebsvereinbarungsoffen ausgestalten werden, damit sie später über eine Betriebsvereinbarung geändert werden könnte.
    • Einzelzusage
    • Individuelle Einzelzusagen kommen in Betracht, wenn nur einzelne Arbeitnehmer bAV erhalten sollen (beispielsweise Geschäftsführung oder Vorstand).
     

    Informationspflichten während der Einrichtungsphase

    Zuletzt stellt sich die Frage, inwieweit der Arbeitnehmer über die bAV informiert werden muss. Für die Phase der Einführung der bAV gilt Folgendes:

     

    • Informationspflichten des Arbeitgebers
    • Bei der Installation einer bAV treffen den Arbeitgeber Hinweis- und Informationspflichten. Er sollte von sich aus Hinweise geben, um Versorgungsnachteile für die Arbeitnehmer zu vermeiden. Empfehlenswert ist die Einschaltung von Fachleuten wie Renten- oder Steuerberatern. Sie stellen wichtige Informationen zur Weitergabe an Arbeitnehmer zur Verfügung oder beraten diese direkt.
    • Betriebsvereinbarung gilt unmittelbar und zwingend. Sie ist allen Arbeitnehmern zugänglich zu machen (§ 77 Abs. 2 BetrVG).
    • Gesamtzusage wird Bestandteil der Arbeitsverträge, Zustimmung nicht nötig.
    • Über Einzelzusage ist der betroffene Arbeitnehmer bereits direkt informiert.
     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Die Vor- und Nachteile der Unterstützungkasse für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Überblick“, LGP 3/2014, Seite 48; im Archiv auf lgp.iww.de
    • Beitrag „Gestaltungselemente bei den Altersgrenzen einer arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung“, LGP 2/2014, Seite 31; im Archiv auf lgp.iww.de
    • Worauf Arbeitgeber während des bestehenden Arbeitsverhältnisses und im Leistungsfall achten müssen, erfahren Sie in der Ausgabe 8/2014.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 122 | ID 42748532