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  • 06.10.2008 | ArbG Marburg widerspricht Geringfügigkeitsrichtlinien

    400-Euro-Grenze gilt auch bei Beginn oder Ende der Beschäftigung während des Monats

    Endet das Arbeitsverhältnis eines geringfügig beschäftigten Arbeitnehmers (Minijob) nicht exakt zum Monatsende, sondern zu einem früheren Zeitpunkt im Monat, ist das in diesem Monat erzielte Entgelt nicht auf eine fiktive Monatsvergütung hochzurechnen. Das hat das ArbG Marburg gegen den Wortlaut der Geringfügigkeitsrichtlinien entschieden.  

    Hochrechnung entsprechend den Geringfügigkeitsrichtlinien

    Um die Entscheidung des ArbG Marburg nachvollziehen zu können, erläutern wir Ihnen zunächst die Regelung nach den Geringfügigkeitsrichtlinien. Danach müssen für Teilmonate folgende anteiligen Geringfügigkeitsgrenzen angesetzt werden.  

     

    Anteilige Geringfügigkeitsgrenzen

    Zeitraum für die Abrechnung  

    Arbeitsentgeltgrenze  

    Monat  

    400,00 Euro  

    Kalendertag (bei einer 7-Tage-Woche)  

    13,33 Euro  

    eine Woche  

    93,33 Euro  

    zwei Wochen  

    186,67 Euro  

    vier Wochen  

    373,33 Euro  

    fünf Wochen  

    466,67 Euro  

    Beispiel

    Ein Hotelportier (ledig und kinderlos) hat vom 1. August 2008 bis zum 20. August 2008 an zwanzig Tagen (sieben Tagen pro Woche) gearbeitet und einen Bruttolohn in Höhe von 390 Euro erhalten.  

     

    In diesem Fall besteht Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Es dürfen keine Pauschalbeiträge (Kranken- und Rentenversicherung und pauschale Lohnsteuer) entrichtet werden, weil der erzielte Bruttolohn in Höhe von 390 Euro die anteilige Geringfügigkeitsgrenze von 266,60 Euro (= 400 Euro : 30 Tage x 20 Tage) übersteigt. Die erzielten 390 Euro werden auf eine fiktive Monatsvergütung in Höhe von 585 Euro (= 390 Euro : 20 Tage x 30 Tage) hochgerechnet. Entsprechend der Gleitzonenregelung ergibt sich eine fiktive Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe von 536,24 Euro für den vollen Monat August 2008.  

     

    Die Beitragsbemessungsgrundlage für die Beschäftigung vom 1. August bis 20. August 2008 beträgt 357,49 Euro (536,24 Euro : 30 Tage x 20 Tage). Bei einem Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenkasse von 15 Prozent. ergibt sich für den Arbeitnehmer ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 69,35 Euro. Der Arbeitgeber zahlt deshalb an den Arbeitnehmer nur 320,65 Euro aus (= 390 Euro ./. 69,35 Euro). Der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung beträgt 78,30 Euro.  

    Entscheidung des ArbG Marburg

    Mit einem ähnlichen Fall musste sich das ArbG Marburg beschäftigen und das entschied im Sinne der klagenden Arbeitnehmerin.  

     

    Urteilsfall

    Eine Verkäuferin war seit 1. Januar 2006 auf 400-Euro-Basis als Aushilfe beschäftigt. Ihr Arbeitgeber zahlte Pauschalbeiträge an die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung, sowie die pauschale Lohnsteuer in Höhe von zwei Prozent. Am 4. Juni 2007 vereinbarten die Verkäuferin und der Arbeitgeber im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs, dass das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt durch ordentliche Kündigung am 15. Juni 2007 beendet wird. Der Vergleich sah vor, dass die Verkäuferin, für die Zeit vom 1. Juni 2007 bis zum 15.Juni 2007 noch ein Bruttogehalt in Höhe von 344,86 Euro erhält. Ihr Arbeitgeber zahlte der Verkäuferin aber nur ein Nettogehalt von 219,64 Euro aus.  

     

    Das Nettogehalt in Höhe von 219,64 Euro ergab sich dadurch, dass der Arbeitgeber (nach Rücksprache mit der Krankenkasse) - wegen des Ausscheidens während des laufenden Monats - den Lohn fiktiv auf ein volles Monatsgehalt hochgerechnet hatte. Das ergab ein fiktives Bruttogehalt von 689,72 Euro. Der Arbeitgeber rechnete das Gehalt deshalb nicht mehr als geringfügiges Arbeitsentgelt ab und die Verkäuferin musste die nach dem fiktiven Bruttogehalt berechneten Steuern und Sozialabgaben aus dem vereinbarten Bruttogehalt in Höhe von 344,86 Euro entrichten.  

    Arbeitnehmerin klagt vor dem ArbG

    Mit dieser Abrechnung war die Verkäuferin nicht einverstanden und klagte vor dem ArbG Marburg. Sie war der Meinung, dass die vom Arbeitgeber vorgenommene fiktive Berechnungsweise gesetzeswidrig sei. Ohne die fiktive Berechnungsweise hätte das Bruttogehalt im Juni 2007 die 400-Euro-Grenze nicht überschritten. Der Arbeitgeber hätte für zu hohe Steuern Sozialabgaben abgeführt.