05.06.2008 | Nachberechnung erforderlich
Lohnabrechnung von Nachzahlungen für mehrere Monate – Achtung Abrechnungsfalle!
Werden Umsatzprovisionen oder Bonuszahlungen aufgrund betrieblicher Besonderheiten zusammengefasst für mehrere Monate gezahlt, kann es in der Praxis leicht passieren, dass zu wenig Umlagen U1 und U2 abgeführt werden. Das hat sich inzwischen auch bei den Prüfern der „Deutschen Rentenversicherung“ herumgesprochen. Seit einiger Zeit werden derartige Nachzahlungen deshalb immer öfters systematisch geprüft.
Abrechnung von laufendem Arbeitslohn
Auf laufenden Arbeitslohn sind folgende Abgaben zu leisten:
- Die Lohnsteuer (je nach Steuerklasse) geht zulasten des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber führt sie lediglich an das Finanzamt ab.
- In der Sozialversicherung sind zunächst die jeweils hälftig vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tragenden Beiträge zur Rentenversicherung (19,9 %), zur Arbeitslosenversicherung (3,3 %) sowie zur Krankenversicherung (Beitrag je nach Kasse) zu zahlen. Hinzu kommt seit dem 1. Juli 2005 der vom Arbeitnehmer allein zu leistende Sonderbeitrag für Krankengeld (0,4 %) und Zahnersatz (0,5 %). In der Pflegeversicherung gilt ein Beitrag von 1,7 % (1,95 % ab 1. Juli 2008) den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. Zusätzlich zahlen kinderlose Arbeitnehmer, die das 23. Lebensjahr vollendet haben, einen Zuschlag von 0,25 %.
- Die Umlagen für Lohnfortzahlung zahlt der Arbeitgeber (U1 = Krankheit, Beitragspflicht bei weniger als 30 Mitarbeitern, und U2 = Mutterschutz). Die Betragssätze sind abhängig von Kasse und Tarif.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer erhält ein laufendes Gehalt von monatlich 3.500 Euro. Er ist Single (Steuerklasse I), hat keine Kinder, gehört der AOK Hessen (14,9 %) an und ist nicht kirchensteuerpflichtig. Seine Lohnabrechnung sieht wie folgt aus:
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Aufwendungen des Arbeitgebers: | |
Beitrag Krankenversicherung (1/2 x 14,9 %) | 260,75 Euro |
+ Beitrag Pflegeversicherung (1/2 x 1,7 %) | 29,75 Euro |
+ Beitrag Rentenversicherung (1/2 x 19,5 %) | 348,25 Euro |
+ Beitrag Arbeitslosenversicherung (1/2 x 3,3 %) | 57,75 Euro |
+ Umlage U1 (3,9 % = Erstattungssatz 80%) | 136,50 Euro |
+ Umlage U2 (0,05 %) | 1,75 Euro |
= Aufwendungen Sozialversicherung | 834,75 Euro |
+ Bruttolohn | 3.500,00 Euro |
= Aufwendungen des Arbeitgebers insgesamt | 4.334,75 Euro |
Abrechnung von Einmalbezügen – keine Umlagepflicht
Einmalbezüge werden abrechnungstechnisch auf die Entgeltzeiträume des laufenden Jahres bis einschließlich dem Zeitpunkt der Zahlung verteilt, wenn der Arbeitnehmer in der Zeit beim selben Arbeitgeber beschäftigt ist. Einmalbezüge sind zum Beispiel:
- Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld
- Gewinnbeteiligungen und Gratifikationen
- Jubiläumszuwendungen, Heirats- und Geburtsbeihilfen
Für die Sozialversicherungsbeiträge werden Einmalbezüge in der Regel dem Gehaltsmonat zugeordnet, in dem sie ausgezahlt werden. Um zu ermitteln, ob und bis zu welcher Höhe für einen Einmalbezug Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen, muss die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze bis zu dem Monat ermittelt werden, in dem die Sonderzahlung stattfindet.
Grundlage dafür sind die so genannten Sozialversicherungstage. Die jährlichen Beitragsbemessungsgrenzen werden durch 360 geteilt und anschließend mit der Anzahl der bereits angefallenen Sozialversicherungstage multipliziert. Beitragsfreie Zeiten (zum Beispiel während des Bezugs von Krankengeld) sowie Beschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitgeber werden nicht mitgezählt.
Erhalten die Mitarbeiter mehrere Einmalbezüge pro Jahr, zum Beispiel im Juli Urlaubs- und im November Weihnachtsgeld, muss für die Feststellung der Sozialversicherungspflicht bei der Zahlung des Weihnachtsgelds die erste Sonderzahlung mit berücksichtigt werden: Sofern sie beitragspflichtig war, wird sie zum bereits erhaltenen laufenden Gehalt addiert.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer ist seit dem 1. Mai 2007 bei einer Firma A in Köln beschäftigt. Er verdient monatlich 3.500 Euro. Im Juli 2008 erhält er 1.000 Euro Urlaubsgeld und im November 2008 2.500 Euro Weihnachtsgeld. |
Feststellung der Sozialversicherungspflicht beim Urlaubsgeld:
43.200 Euro : 360 Tage x 210 Tage = 25.200 Euro
63.600 Euro : 360 Tage x 210 Tage = 37.100 Euro
Der Arbeitnehmer liegt für die Krankenversicherung 700 Euro und für die Rentenversicherung 12.600 Euro unter der Grenze . Für sein Urlaubsgeld bedeutet das, dass in der Krankenversicherung 700 Euro des Urlaubsgelds beitragspflichtig sind, die restlichen 300 Euro sind beitragsfrei. In der Rentenversicherung ist das gesamte Urlaubsgeld beitragspflichtig.
Feststellung der Sozialversicherungspflicht beim Weihnachtsgeld:
43.200 Euro : 360 Tage x 330 Tage = 39.600 Euro
63.600 Euro : 360 Tage x 330 Tage = 58.300 Euro
In der Krankenversicherung sind 400 Euro und in der Rentenversicherung ist das Weihnachtsgeld in vollem Umfang beitragspflichtig. |
Sonderfall: Märzklausel
Einmalbezüge, die im ersten Quartal eines Kalenderjahrs gezahlt werden, werden dem letzten Gehaltsmonat des vergangenen Jahres – also in der Regel dem Dezember – zugeordnet (Märzklausel), wenn
- im vergangenen Jahr bei demselben Arbeitgeber ein Beschäftigungsverhältnis bestanden hat und
- wenn im aktuellen Kalenderjahr die Beitragsbemessungsgrenze zur Krankenversicherung überschritten wird.
Beispiel
Arbeitnehmer B ist seit dem 1. Oktober 2003 bei der Firma H beschäftigt. B verdient pro Monat 3.100 Euro. Im März 2008 erhält er eine Gratifikation in Höhe von 1.800 Euro. Sein laufendes Arbeitsentgelt bis einschließlich März 2008 beträgt 9.300 Euro. Zuzüglich des Einmalbezugs im März 2008 in Höhe von 1.800 Euro ergeben sich 2008 Gesamteinkünfte von 11.100 Euro.
Bei 90 Sozialversicherungstagen bis Ende März 2008 ergibt sich eine anteilige Jahresbemessungsgrenze für die Krankenversicherung in Höhe von 10.800 Euro (= 43.200 Euro : 360 Tage x 90 Tage). Die Gesamteinkünfte im ersten Quartal (= 11.100 Euro) übersteigen somit die anteilige Bemessungsgrenze um 300 Euro. Die Einmalzahlung im März muss also dem vorangegangenen Kalenderjahr (Abrechnungsmonat Dezember 2007) und nicht dem laufenden Kalenderjahr zugeordnet werden. |
Wichtig: Auf Einmalbezüge sind keine Umlagen fällig. Für den Arbeitgeber besteht deshalb auch kein Erstattungsanspruch nach dem Aufwendungsausgleichgesetz (AAG). Das heißt: In den Antrag auf Erstattung ist der Einmalbezug nicht aufzunehmen (§ 23a SGB IV).
Unser Tipp: Einmalbezüge führen aber zu einem höheren Krankengeld, wenn der arbeitsunfähige Arbeitnehmer die Einmalzahlung ohne die Arbeitsunfähigkeit von seinem AG erhalten hätte (§ 47 Abs. 2 SGB V).
Nachzahlung von laufenden Bezügen
Werden laufende Bezüge aufgrund betriebsinterner Besonderheiten zusammengefasst für mehrere Monate gezahlt, weil zum Beispiel für Bonuszahlungen und Umsatzprovisionen die entsprechenden Bemessungsgrundlagen erst später vorliegen, stellt sich die Frage, wie diese sporadischen „Nachzahlungen“ in der Lohnabrechnung zu behandeln sind.
In der Praxis wird dabei oft auf folgende Vereinfachungsregelung zurückgegriffen: Die Nachzahlungen werden wie Einmalbezüge behandelt, mit der Maßgabe, dass die anteiligen Jahresbeitragsbemessungsgrenzen des Nachzahlungszeitraums zugrunde zu legen sind.
Nachzahlung bleibt laufendes Arbeitsentgelt
Durch die Vereinfachungsregelung soll aber der Charakter der Nachzahlung als laufendes Arbeitsentgelt nicht berührt werden. Das heißt: Auf die Nachzahlung sind die Umlagen U1 (bei Beitragspflicht) und U2 fällig.
Und genau darin liegt das „abrechnungstechnische“ Problem der Vereinfachungsregelung. Wird für die Nachzahlung die Stammlohnart „Einmalbezug“ verwendet, werden keine Umlagen berechnet und abgeführt. Wird die Stammlohnart „laufender Bezug“ verwendet, wird der Betrag nicht auf den Nachzahlungszeitraum verteilt.
Folge: Weil der Einmalbezug über den Nachzahlungszeitraum verteilt werden soll, wird die Vereinfachungsregelung angewendet und deshalb die Stammlohnart „Einmalbezug“ verwendet. In der Praxis wird dann häufig die Einbeziehung der Umlagepflicht übersehen. Das hat sich inzwischen auch bei Prüfern der „Deutschen Rentenversicherung“ rumgesprochen. Seit einiger Zeit werden Nachzahlungen daher systematisch überprüft.
Auch wenn die Umlagesätze für sich genommen relativ gering sind, so liegt das quantitative Problem darin, dass es sich um einen systematischen Fehler handelt und somit eine Vielzahl von Fällen betroffen sind. Und Kleinvieh macht eben auch Mist. Selbst das am meisten verwendete DATEV-Lohnabrechnungsprogramm sieht hier keine „Standardlösung“ vor. Lohnabrechner müssen sich ihre Lösung deshalb selbst stricken.
Unser Tipp: Aufgrund der fehlenden programmtechnischen Lösung bietet sich folgendes Vorgehen an. Am Jahresende werden die Umlagenbeiträge mit Hilfe einer individuellen Exceltabelle manuell überprüft und korrigiert. Weil die Korrekturen für jede Krankenkasse vorzunehmen sind, ist dies im Einzelfall zwar zeitaufwendig, aber derzeit wohl die einzige Möglichkeit, eine Kumulierung von Beitragsnachzahlungen zum Zeitpunkt der Sozialversicherungsprüfung zu vermeiden.
Beispiel
Die Arbeitnehmer A bis D sind alle bei der AOK Hessen versichert. Im Juni 2007 erhalten die Arbeitnehmer ihre jährliche Auszahlung aus dem Bonusprogramm. Diese wird als Einmalbezug abgerechnet. Die Nachzahlungen und der Jahresverdienst der Arbeitnehmer
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Zum Jahresende werden die Umlagebeträge nachberechnet. Dabei ist die Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung (63.600 Euro) zugrunde zu legen (§ 7 Abs. 2 AAG):
Exceltabelle für Nachberechnung der Umlagen
Umlagenberechnung auf Sonderzahlungen | Name der Krankenkasse | AOK Hessen | ||||||
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| U1 | U2 |
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| 3,90 % | 0,05 % |
Pers.Nr. | Name | SV-Gehalt 2008 | BMG-RV 2008 | Differenz | Sonderzahlung | umlagepflichtige Differenz |
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1 | Arbeitnehmer A | 42.000 | 63.600 | 21.600 | 3.500 | 3.500 | 136,50 | 1,75 |
2 | Arbeitnehmer B | 60.000 | 63.600 | 3.600 | 5.000 | 3.600 | 140,40 | 1,80 |
3 | Arbeitnehmer C | 65.000 | 63.600 | -1.400 | 3.500 | 0 | 0,00 | 0,00 |
4 | Arbeitnehmer D | 48.000 | 63.600 | 15.600 | 15.000 | 15.000 | 585,00 | 7,50 |
| Summe |
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| 861,90 | 11,05 |
Unser Service: Sie finden das Berechnungsprogramm auch in „myIWW“ (www.iww.de) im „Online-Service“ unter „Arbeitshilfen und Checklisten“ Stichwort: „Sozialversicherung“.