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  • · Fachbeitrag · Betriebliche Altersversorgung

    Vier aktuelle BFH-Entscheidungen zur Altersversorgung von Gesellschafter-Geschäftsführern

    von Dr. Claudia Veh, Schweizer Leben Pensionsmanagement, München

    | Der BFH hat vier wichtige Entscheidungen zu den Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer veröffentlicht. Auch die Personalabteilung sollte darüber Bescheid wissen. Zum einen wegen der nötigen Trennung zwischen bilanz-, ertrags- und lohnsteuerwirksamen Vorgängen von solchen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und deshalb ohne Auswirkung auf die betrieblichen Erträge und Steuern bleiben. Zum anderen, weil solche verdeckte Gewinnausschüttungen nicht zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn, sondern zu Kapitaleinkünften führen. |

    Vorzeitige Kapitalabfindung einer Zusage

    Ein Fall drehte sich um die vorzeitige Kapitalabfindung einer Pensionszusage vor Beendigung des Dienstverhältnisses.

     

    Der Fall: Einmalabfindung statt Rente vor dem Ausscheiden aus der GmbH

    Eine GmbH hatte einem 1945 geborenen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) im Jahr 1984 eine rückgedeckte Pensionszusage auf das vollendete 60. Lebensjahr zugesagt. Der Vertrag forderte für den Eintritt des Versorgungsfalls neben der Vollendung dieser Altersgrenze auch das Ausscheiden aus der Firma. Im Februar 1996 wurde die zugesagte Leistung erhöht. Im Januar 2006 wurde dem GGf die Pensionsleistung in voller Höhe über die Ablaufleistung der Rückdeckungsversicherung ausbezahlt. Der GGf blieb weiter in der GmbH tätig.

     

    BFH sieht Kapitalabfindung im Gesellschaftsverhältnis veranlasst

    Laut Betriebsprüfer und BFH lag eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor. Neben weiteren Gründen lag das Hauptindiz darin, dass die GmbH die Zusage auf laufende Rentenzahlungen entgegen der Vereinbarung bereits vor Beendigung des Dienstverhältnisses durch Einmalzahlung abgefunden hatte und der GGf entgegen den vereinbarten Voraussetzungen weiterhin für die GmbH tätig blieb (BFH, Urteil vom 23.10.2013, Az. I R 89/12; Abruf-Nr. 140986).

     

    Wichtig | Die Kapitalabfindung führt übrigens bei der GmbH selbst dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer vGA, wenn zeitgleich die für die Pensionszusage gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst wird.

     

    PRAXISHINWEISE | Das Urteil belegt, dass bei der Leistungserbringung aus einer Pensionszusage genau auf die in der Zusage vereinbarten Leistungsvoraussetzungen zu achten ist. Werden Leistungen erbracht, auf die gemäß Pensionszusage noch gar kein Anspruch besteht, stellt die Zahlung eine vGA dar. Zur Frage, ob eine auf das vollendete 60. Lebensjahr erteilte Pensionszusage bereits dem Grunde nach eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis indiziert - so wie es die Vorinstanz sieht -, musste sich der BFH nicht mehr äußern.

     

    Kapitalabfindung der Pensionszusage

    Die Abfindung von Pensionszusagen bei GGf kommt in der Praxis sehr häufig vor. Allerdings ist stets fraglich, inwieweit die Finanzverwaltung die Abfindung als betrieblich oder im Gesellschaftsverhältnis veranlasst ansieht.

     

    Der Fall: Abfindungszahlung aus Anlass der Übertragung der GmbH

    Eine GmbH hatte 1990 einem beherrschenden GGf eine Pensionszusage erteilt. Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf den Sohn des GGf wurde als Nachtrag zur Zusage vom 31. Juli 2006 vereinbart, dass der GGf auf seine Pensionszusage gegenüber der GmbH verzichtet, um seinem Sohn eine von Pensionsansprüchen unbelastete Gesellschaft übergeben zu können. Als Abfindung erhielt er von der GmbH im August 2006 einen Einmalbetrag ausgezahlt. Die GmbH buchte die Auszahlung als Betriebsausgabe und unterwarf sie beim GGf als Arbeitslohn der Lohnsteuer, die Pensionsrückstellungen löste sie gewinnerhöhend auf. Der GGf arbeitete weiter aktiv in der GmbH.

     

    Dem BFH fehlt eine klare, eindeutige und vorherige Vereinbarung

    Auch in diesem Fall sah der BFH eine vGA (BFH, Urteil vom 11.9.2013, Az. I R 28/13; Abruf-Nr. 140982).Die Richter haben drei wichtige Leitsätze formuliert:

     

    • 1. Zahlt eine GmbH ihrem beherrschenden und weiterhin als Geschäftsführer tätigen GGf aus Anlass der Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf seinen Sohn eine Abfindung gegen Verzicht auf die ihm erteilte Pensionszusage, obwohl als Versorgungsfälle ursprünglich nur die dauernde Arbeitsunfähigkeit und die Beendigung des Geschäftsführervertrags mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres vereinbart waren, ist regelmäßig eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis anzunehmen.

     

    • 2. Sagt eine GmbH ihrem beherrschenden GGf anstelle der monatlichen Rente „spontan“ die Zahlung einer Kapitalabfindung zu, so ist die gezahlte Abfindung regelmäßig vGA. Außerdem unterliegt die Änderung der Zusage dem Schriftlichkeitserfordernis (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG).
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    • 3. Die Kapitalabfindung führt auch dann zu einer vGA, wenn der Begünstigte zeitgleich auf seine Anwartschaftsrechte verzichtet und die bis dahin gebildete Pensionsrückstellung erfolgswirksam aufgelöst wird.
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    PRAXISHINWEISE |  

    • Das BFH-Urteil macht erneut deutlich, dass die Abfindung von Pensionszusagen an GGf stets auf eine gesellschaftliche Veranlassung zu prüfen ist.
    • Bei einer Abfindungsvereinbarung sind die Vorgaben an die Schriftform sowie Klarheit und Eindeutigkeit der Regelung zu beachten.
    • Die Höhe der Abfindungszahlung sollte auf den Barwert auf Basis der steuerlich anerkannten Rechnungsgrundlagen abstellen.
    • Wann eine Abfindungsvereinbarung aus Sicht des BFH als rechtzeitig im Vo-raus vereinbart angesehen werden kann, ist offen. Aufgrund des BFH-Urteils könnte einiges dafür sprechen, die Möglichkeit einer Abfindung künftig bereits in der ursprünglichen Zusage zu regeln und von der Praxis wegzugehen, die Abfindungsvereinbarung erst kurz vor der Abfindung zu schließen.
     

    „Rente neben Gehalt“ nach Eintritt des Versorgungsfalls

    Arbeitet ein GGf noch für die GmbH, wenn er bereits seine reguläre Altersrente bezieht, stellt sich die Frage, ob die bezogene Rente eine Versorgungsleistung oder eine vGA darstellt. Auch damit hat sich der BFH befasst.

     

    Der Fall: Reduzierte Tätigkeit für die GmbH ab Alter 67

    Zwei GGf mit einem zeitlich unbefristeten Geschäftsführeranstellungsvertrag erhielten im Jahr 1991 Pensionszusagen. Bei einem GGf war als Pensionsalter das vollendete 67. Lebensjahr vereinbart. Kurz davor hat dieser GGf mit der GmbH für zunächst zwei Jahre vereinbart, dass er nach Vollendung des 67. Lebensjahrs seine Arbeitszeit als Geschäftsführer auf 20 Prozent und sein Gehalt auf 25 Prozent reduziert. Gleichzeitig erhielt der GGf ab Vollendung des Pensionsalters von 67 Jahren die vereinbarte monatliche Pension, die allerdings bei der Auszahlung nicht gesondert als Pension deklariert wurde.

     

    BFH sieht wegen der fortgesetzten aktiven Tätigkeit eine vGA

    Der BFH sieht in der Rentenzahlung eine vGA, weil es unterblieben ist, das gezahlte laufende Gehalt auf die Pension anzurechnen (BFH, Urteil vom 23.10.2013, Az. I R 60/12; Abruf-Nr. 140984). Der BFH stellt zwar klar - in Widerspruch zur Sicht der Finanzverwaltung -, dass eine Versorgungszusage ihren Charakter als betriebliche Altersversorgung nicht dadurch verliert, dass sie für den Eintritt des Versorgungsfalls nicht zwingend das Ausscheiden aus den Diensten der GmbH fordert. Allerdings verträgt sich nach Ansicht des BFH der gleichzeitige Bezug von Rente und Gehalt nur bedingt mit den Anforderungen, die für das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft maßgeblich sind.

     

    Wichtig | Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter müsse nach Ansicht des BFH verlangen, das Gehalt auf die betriebliche Altersrente anzurechnen oder aber den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit aufzuschieben, bis der GGf endgültig seine Tätigkeit als Geschäftsführer beendet - gegebenenfalls unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs. Der GGf dürfe die GmbH nicht als beliebige Quelle sowohl einer Altersversorgung als auch einer laufenden Tätigkeit „benützen“. Die Tätigkeitsherabsetzung und die Gehaltsreduktion änderten alleine nichts daran, dass der eigentliche Zweck der betrieblichen Altersversorgung bei Weiterzahlung der Bezüge verfehlt werde.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BFH hat seine bereits 2008 geäußerte Ansicht bestätigt (BFH, Urteil vom 5.3.2008, Az. I R 12/07; Abruf-Nr. 081556). Er akzeptiert somit nach wie vor nicht den gleichzeitigen Bezug von Rente und laufendem Gehalt. Möglich ist jedoch, dass der bisherige GGf nicht mehr als Geschäftsführer, sondern in anderer Funktion, zum Beispiel als Berater, für die GmbH tätig wird. In diesem Fall erhält er die betriebliche Altersversorgung für die bisherige Tätigkeit als Geschäftsführer und daneben eine Vergütung für seine Tätigkeit als Berater. Hier dürften in der Praxis jedoch die Anforderungen der Finanzverwaltung an die praktische Gestaltung sehr hoch sein, damit kein Gestaltungsmissbrauch oder ein Umgehungstatbestand gesehen wird.

     

    Mindest-Pensionsalter bei beherrschenden GGf

    Seit der gesetzlichen Heraufsetzung des Mindestalters für Sozialversicherungsrenten ist auch für die Berechnung der Pensionsrückstellungen an beherrschende GGf eine Staffelung nach dem Geburtsjahrgang vorgeschrieben (R 6a Abs. 8 EStR 2012). Demnach gilt

    • für Geburtsjahrgänge bis 1952 (wie bisher) als Mindest-Endalter 65,
    • für die Jahrgänge von 1953 bis 1961 Mindest-Endalter 66 und
    • für Geburtsjahrgänge ab 1962 Mindest-Endalter 67.

     

    Der Fall: Wechsel von der Minderheits- zur Mehrheitsbeteiligung

    Für einen im Jahr 1950 geborenen minderheitsbeteiligten GGf bestand eine Pensionszusage auf das vollendete 60. Lebensjahr. Entsprechend wurden die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG auf Pensionsalter 60 berechnet. Später änderte sich seine Beteiligung zu einer Mehrheitsbeteiligung. Die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen wurden weiter auf Pensionsalter 60 berechnet.

     

    BFH fordert keine Anpassung des Pensionsalters

    Das Finanzamt war der Meinung, die bilanzielle Berechnung müsste nach der Änderung zur Mehrheitsbeteiligung gemäß R 6a Abs. 8 EStR auf Pensionsalter 65 erfolgen. Nach Ansicht des BFH ist die bisherige Pensionsrückstellung in der Bilanz allerdings nicht aufzulösen und auf das höhere Pensionsalter zu berechnen. Dass der GGf vom minderheits- zum mehrheitsbeteiligten GGf wurde, ändere nichts am Inhalt des ursprünglichen Versorgungsversprechens. Die Richter konnten den Regelungen des § 6a EStG nicht entnehmen, dass für GGf überhaupt ein Mindestpensionsalter zu gelten habe (BFH, Urteil vom 11.9.2013, Az. I R 72/12; Abruf-Nr. 140985).

     

    Wichtig | Beim Wechsel vom minderheits- zum mehrheitsbeteiligten GGf hat sich der BFH dafür ausgesprochen, dass das vertraglich zugesagte Pensionsalter der Rückstellungsberechnung zugrunde zu legen ist und nicht das für beherrschende GGf jahrgangsabhängige Mindestpensionsalter von 65, 66 oder 67 Jahren. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH dies auch in den beiden anhängigen Revisionsverfahren mit den Aktenzeichen I R 50/13 und I R 2/14 so sieht, bei denen der GGf bereits bei Zusageerteilung beherrschend war.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch wenn auf der ersten Stufe der Bilanzebene keine Änderung veranlasst ist, können auf der zweiten Stufe die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen zur Annahme einer vGA führen, wenn nach dem Wechsel vom Minderheits- zum Mehrheits-GGf die Altersgrenze nicht angehoben wird. Zu dieser Frage hat sich der BFH in seinem Urteil nicht geäußert.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Gestaltungselemente bei den Altersgrenzen einer arbeitgeberfinanzierten Altersversorgung“, LGP 2/2014, Seite 31; im Archiv unter lgp.iww.de
    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 81 | ID 42639448