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  • · Fachbeitrag · Dienstwagen

    Lohnsteuerliche Überlassung von Dienstwagen: BMF mit Aktualisierungen und Neuregelungen

    von Steuerberater, Dipl. Finanzwirt (FH) Michael Heuser, Alfter/Bonn

    | Die Überlassung betrieblicher Fahrzeuge an Arbeitnehmer ist ein komplexer Themenbereich mit vielen Facetten. Die Rechtsgrundlagen finden sich in § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG, R 8.1 Abs. 9 und 10 LStR sowie in dem umfassenden BMF-Schreiben vom 04.04.2018. Letzteres hat das BMF jetzt mit Schreiben vom 03.03.2022 ersetzt. Neben der Einarbeitung zwischenzeitlicher Rechtsprechung des BFH enthält dieser Erlass auch einige andere Neuerungen, die LGP nachfolgend erklärt. |

    Definition von Kraftfahrzeugen

    Das BMF stellt nun klar, dass auch Kombinationskraftwagen (z. B. Geländewagen), Taxen, Elektrokleinstfahrzeuge (z. B. Elektro-Tretroller, E-Scooter) und E-Bikes, deren Motor auch bei Geschwindigkeiten über 25 km/h unterstützt, als Kraftfahrzeug i. S. v. § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG gelten. In der Folge ist ein geldwerter Vorteil bei der privaten Nutzung nach der Ein-Prozent-Regelung zu versteuern sowie ‒ für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb ‒ nach der 0,03-Prozent-Regelung. Alternativ ist die Fahrtenbuchmethode anwendbar (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Az. IV C 5 ‒ S 2334/21/10004 :001, Rz. 26 ff, Abruf-Nr. 228043).

     

    Wichtig | In Abgrenzung dazu sind E-Bikes, die verkehrsrechtlich als Fahrrad gelten (u. a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht), keine Kraftfahrzeuge. Hier werden die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb im Ergebnis nicht gesondert besteuert (§ 8 Abs. 2 S. 10 EStG i. V. m. gleichlautende Ländererlasse vom 09.01.2020, Abruf-Nr. 213598, BStBl. 2020 I, 174).

    Rückwirkender Wechsel der Bewertungsmethode zulässig

    Die Vorteile aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens können entweder mit der Ein-Prozent-Regelung oder der aufwändigeren Fahrtenbuchmethode bewertet werden. Ein unterjähriger Wechsel zwischen beiden Methoden ist nicht zulässig (R 8.1 Abs. 9 Nr. 3 LStR, BFH, Urteil vom 20.03.2014, Az. VI R 35/12, Abruf-Nr. 142294).

     

    Nach dem neuen BMF-Schreiben (Rz. 41) wird eine rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs (Wechsel von der Ein-Prozent Regelung zur Fahrtenbuchmethode und umgekehrt) zugelassen. Diese muss jedoch spätestens bis zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung des betreffenden Jahres erfolgen (§ 41c EStG) mit Frist zum 28./29.02. des Folgejahres (§ 41b Abs. 1 S. 2 EStG i. V. m. § 93c Abs. 1 Nr. 1 AO).

     

    Wichtig | Ein wirksamer rückwirkender Wechsel zur Fahrtenbuchmethode setzt zwingend voraus, dass bereits laufend ein (ordnungsgemäßes) Fahrtenbuch geführt worden ist. Wer also einen Wechsel hierzu erwägt, muss ganzjährig, d. h. auch in den Monaten mit angewandter Ein-Prozent-Regelung, vorsorglich ab Beginn des Jahres ein Fahrtenbuch führen.

    Rückwirkender Wechsel bei Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte

    Wird der Dienstwagen einem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen, muss bei Anwendung der 0,03-Prozent-Regelung der geldwerte Vorteil (Monatswert) versteuert werden, selbst wenn das Fahrzeug dafür nur an wenigen Tagen im Monat genutzt wird. Dies gilt auch, wenn die wenigen Fahrten auf arbeitsrechtlicher Vereinbarung bzw. sonstigen Umständen beruhen (z. B. Teilzeit, Home-Office, Dienstreisen, Urlaub, Krankheit etc.). In solchen Fällen ist es zulässig, die Fahrten alternativ mit der sog. Einzelbewertung ‒ d. h. mit 0,002 Prozent des maßgeblichen Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer und je tatsächlichem Arbeitstag ‒ zu versteuern (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz.13).

     

    Wichtig | Eine solche Einzelbewertung ist steuerlich immer dann günstiger, wenn der Arbeitnehmer im Durchschnitt weniger als 15 Tage pro Monat zur ersten Tätigkeitsstätte fährt.

     

    Wie bisher muss entweder die 0,03-Prozent-Regelung oder die 0,002-Prozent-Einzelbewertung für das gesamte Jahr einheitlich angewandt werden. Neu ist durch das BMF-Schreiben geregelt, dass beim Lohnsteuerabzug ein rückwirkender Wechsel zwischen den beiden Methoden zulässig ist; dies ebenfalls bis spätestens zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung.

     

    Wichtig | Wird ein Wechsel von der 0,03-Prozent-Regelung zur Einzelbewertung erwogen, müssen vorsorglich die tatsächlich durchgeführten Fahrten ganzjährig tagegenau, d. h. mit konkreter Datumsangabe, dokumentiert sein, um die steuerliche Anerkennung der Einzelbewertung nicht zu gefährden (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 13 Buchst. a). Das FG Nürnberg hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Angabe der bloßen Anzahl der Fahrten ‒ also ohne konkretes Datum ‒ jedenfalls dann ausreicht, wenn diese nur ein- bis zweimal pro Woche stattfanden und seit Jahren insoweit als Werbungskosten vom Finanzamt akzeptiert worden sind (FG Nürnberg, Urteil vom 23.01.2020. Az. 4 K 1789/18, Abruf-Nr. 215859, rechtskräftig).

     

    • Beispiel 1

    Arbeitnehmer A hat im Jahr 2021 seinen Dienstwagen mit UVP 37.980 Euro für Fahrten zwischen der Wohnung und dem 19 km entfernten Betrieb genutzt; die Lohnversteuerung ist auf Basis der 0,03-Prozent-Regelung erfolgt.

     

    Während er im Januar bis März 2021 monatlich je 20 Fahrten durchgeführt hat, haben sich diese aufgrund von Home-Office ab April auf jeweils vier Fahrten monatlich verringert. In Abstimmung mit dem Arbeitgeber wird der Lohnsteuerabzug rückwirkend für das Jahr 2021 auf die Einzelbewertung umgestellt.

    Für Januar bis März berechnet sich der monatliche geldwerte Vorteil wie folgt:

     

    Geldwerter Vorteil (0,03 % x 37.900 Euro x 19 km)

    216,03 Euro/Monat

     

     

    Bei rückwirkender Nutzung der Einzelbewertung ermittelt sich der geldwerte Vorteil für das Jahr 2021 insgesamt wie folgt:

     

    Tatsächliche Fahrten (3 x 20 Tage und 9 x 4 Tage)

    96 Tage

    Geldwerter Vorteil (96 x 0,002 % x 37.900 Euro x 19 km)

    1.382,59 Euro/Jahr

     

    Ergebnis: Der Wechsel reduziert den geldwerten und beitragspflichtigen Vorteil für 2021 um 1.209,77 Euro (12 x 216,03 ./. 1.382,59Euro).

     

    Nutzungsentgelte für die Privatnutzung

    Laufende Zahlungen des Arbeitnehmers für die Privatnutzung mindern als sog. Nutzungsentgelt laufend den geldwerten Vorteil bis maximal auf Null (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 52 ‒ 57).

     

    Neu geregelt ist, dass auch eine Einmalzahlung für die Privatnutzung den laufenden geldwerten Vorteil gleichmäßig verteilt mindert, wenn diese arbeitsvertraglich auf einen bestimmten Zeitraum bezogen worden ist. Hier hat sich das BMF dem BFH (Beschluss vom 16.12.2020, Az. VI R 19/18, dort 1. Leitsatz, Abruf-Nr. 223086) angeschlossen; es akzeptiert eine gleichmäßige Verteilung auf diesen Zeitraum (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 57).

     

    Maßgeblich ist dann der vereinbarte Zuzahlungszeitraum; nicht dagegen die tatsächliche Nutzungsdauer (z. B. bei vorzeitiger Rückgabe, Veräußerung, Tausch oder Totalschaden). Eine Übertragung verbleibender Zuzahlungen auf einen vom Arbeitnehmer genutzten anderen Dienstwagen ist nicht zulässig.

     

    • Beispiel 2

    Arbeitnehmer B hat für die private Nutzung des Dienstwagens mit UVP 48.000 Euro an den Arbeitgeber einen Einmalbetrag in Höhe von 7.200 Euro gezahlt. Es ist vertraglich vereinbart worden, dass diese Zahlung ein Nutzungsentgelt für die Privatnutzung für 36 Monate darstellt.

     

    Der geldwerte Vorteil von B beträgt nach der Pauschalregelung (ein Prozent) zunächst 480 Euro. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung kann dieser Betrag jeden Monat d. h. max. 36 Monate lang um 200 Euro (7.200 : 36) auf 280 Euro gemindert werden.

     

    (Einmal-)Zuzahlung zu den Anschaffungskosten

    Bei der (Einmal-)Zuzahlung zu Anschaffungskosten sind zwei Sachverhalte möglich; nämlich ohne oder mit Vereinbarung eines konkreten Zuzahlungszeitraums.

     

    1. Ohne Vereinbarung eines Zuzahlungszeitraums

    Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine ausdrückliche Vereinbarung zum Zuzahlungszeitraum, gelten die bisherigen Grundsätze zu der Behandlung (R. 8.1 Abs. 9 Nr. 4 S. 2 und 3 LStR; BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 65). Demnach wird die Zuzahlung nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauffolgenden Jahren auf den privaten Nutzungswert jeweils bis auf null Euro angerechnet.

     

    • Beispiel 3

    Arbeitnehmer C ist ab Januar 2021 ein Dienstwagen mit UVP von 48.950 Euro zur Privatnutzung und für Fahrten zwischen Wohnung und zehn Kilometer entfernter erster Tätigkeitsstätte überlassen worden. Er hat sich an den Anschaffungskosten mit einer einmaligen Zuzahlung von 8.950 Euro beteiligt. Hinsichtlich eines Zuzahlungszeitraums ist nichts vereinbart worden.

     

    Der monatliche geldwerte Vorteil berechnet sich wie folgt:

     

    Privatfahrten (48.900 x 1 %)

    489,00 Euro

    Wohnung/Betrieb ( 48.900 x 0,03 % x 10 km)

    146,70 Euro

    Monatlicher geldwerter Vorteil

    635,70 Euro

     

     

    Ergebnis: Im Jahr 2021 und den Folgejahren würde sich grundsätzlich ein jährlicher Vorteil von jeweils 7.628,40 Euro (635,70 x 12) ergeben. Aufgrund der Zuzahlung im Jahr 2021 reduziert sich dieser auf null Euro. 2022 wird dann der verbleibende Rest von 1.321,60 Euro (8.950 Euro ./. 7.628,40 Euro) abgezogen; es verbleibt noch ein zu versteuernder geldwerter Vorteil von 6.306,80 Euro. Ab 2023 sind dann jährlich 7.628,40 Euro zu versteuern.

     

    Wichtig | Hinsichtlich der Zuzahlungen liegen weder negativer Arbeitslohn noch Werbungskosten vor. Die Übertragung eines nicht verbrauchten Betrags auf ein anderes vom Arbeitnehmer genutztes Fahrzeug ist nicht zulässig; der Restbetrag verfällt.

     

    2. Mit arbeitsvertraglich vereinbartem Zuzahlungszeitraum

    Treffen Arbeitgeber und -nehmer eine ausdrückliche Vereinbarung zum Zuzahlungszeitraum, wird dieser Zuzahlungszeitrum steuerlich übernommen, wenn lt. Rechtsprechung „die Verteilung von den Parteien ernsthaft gewollt und den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht widerspricht“. Auch hier hat sich das BMF der o. g. BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 16.12.2020, Az. VI 19/18, dort 2. Leitsatz) angeschlossen und akzeptiert eine gleichmäßige Verteilung auf diesen Zeitraum (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 66).

     

    • Beispiel 4 ‒ Abwandlung Beispiel 3

    Arbeitnehmer C und sein Arbeitgeber haben arbeitsvertraglich vereinbart, dass die Zuzahlung von 8.950 Euro für 60 Monate gelten soll, sodass auf jeden Monat 149,17 Euro der Zuzahlung entfallen.

    Ergebnis: Aufgrund dieser Vereinbarung mindert sich der monatliche geldwerte Vorteil für die Dauer von maximal 60 Monaten von 635,70 Euro auf jeweils 486,53 Euro.

     

    PRAXISTIPP | Ob im Einzelfall ein sukzessiver Sofortabzug jeweils bis auf Null (wie in Beispiel 3) oder eine gleichmäßige Verteilung auf einen bestimmten Zeitraum (wie in Beispiel 4) mit Blick auf die Steuerprogression vorteilhafter ist, richtet sich nach der individuellen Einkommenssituation des Arbeitnehmers. Damit von der Zuzahlung steuerlich jedenfalls nichts verfällt, empfiehlt es sich den Zuzahlungszeitraum grundsätzlich an dem Zeitraum auszurichten, in dem der Arbeitnehmer das Fahrzeug voraussichtlich nutzt.

     

    Einmalzahlung auf Leasingsonderzahlung

    Least der Arbeitgeber einen Dienstwagen und leistet der Arbeitnehmer, der dieses Fahrzeug nutzt, auf die Leasingsonderzahlung des Arbeitgebers eine Einmalzahlung, gelten die o. a. Regelungen für Zuzahlungen zu Anschaffungskosten sinngemäß (BMF, Schreiben vom 03.03.2022, Rz. 65 ff und Beispiel 3). Sprich:

     

    • Sukzessiver Sofortabzug jeweils bis auf Null ohne Vereinbarung eines Zuzahlungszeitraums.
    • Mit arbeitsvertraglich vereinbartem Zuzahlungszeitraum gleichmäßige Verteilung auf diesen Zeitraum.

     

    • Beispiel 5

    Arbeitnehmer D hat im Jahr 2020 zur Leasingsonderzahlung seines Arbeitgebers zum Dienstwagen eine Zuzahlung von 7.500 Euro geleistet. Die Leasingvertragsdauer beträgt 36 Monate; D darf das Fahrzeug über diesen Zeitraum nutzen. Sein geldwerter Vorteil (Privatnutzung zzgl. Nutzung für Fahrten Wohnung/erste Tätigkeitsstätte) beträgt in den Jahren 2020 und 2021 jeweils 6.000 Euro.

     

    Ergebnis: Im Jahr 2020 wird der geldwerte Vorteil um 6.000 Euro auf Null gemindert und im Jahr 2021 um den Restbetrag von 1.500 Euro auf 4.500 Euro; im Jahr 2022 ergibt sich keine Minderung mehr.

     
    • Beispiel 6 ‒ Abwandlung Beispiel 5

    Haben D und der Arbeitgeber dagegen vereinbart, dass die Einmalzahlung für einen Zuzahlungszeitraum von 36 Monaten gelten soll, wäre die Zahlung gleichmäßig auf Januar 2020 bis Dezember 2022 zu verteilen. Der geldwerte Vorteil würde in jedem der drei Jahre um 2.000 Euro auf 4.000 Euro gemindert.

     

    FAZIT | Arbeitgeber sollten sich mit den o. a. Neuerungen vertraut machen. Diese können ‒ wie in den Beispielen aufgezeigt ‒ im Einzelfall zu einer niedrigeren Steuerbelastung führen. Sämtliche Regelungen inkl. der Neuerungen sind ab sofort und in allen offenen Fällen anzuwenden.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2022 | Seite 80 | ID 48106879