· Fachbeitrag · Elektromobilität
E-Bikes: Neue Spielregeln des BMF zur Umsatzsteuer ‒ Abweichungen von der Lohnsteuer
von Steuerberater, Dipl. Finanzwirt (FH) Michael Heuser, Alfter/Bonn
| Die steuerlichen Spielregeln rund um die Überlassung bzw. Übereignung von E-Bikes und Elektrofahrrädern sind unterschiedlich. Zur Umsatzsteuer hat sich nun das BMF in einem mit den Ländern abgestimmten Schreiben vom 07.02.2022 geäußert. Das Schreiben ‒ mit dem parallel der Umsatzsteueranwendungserlass ergänzt wird ‒ gilt ab sofort und in allen offenen Fällen. Es wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht und ist daher allgemein anwendbar. Erfahren Sie, in welchen Fällen die umsatz- und lohnsteuerliche Behandlung auseinanderklaffen und wie Sie das richtig handhaben. |
Überlassung von Elektrofahrrädern (E-Bikes)
Bei E-Bikes richtet sich die lohnsteuerliche Behandlung danach, ob diese noch als Fahrrad einzustufen sind oder bereits als Kraftfahrzeug i. S. v. § 1 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz gelten. Demnach ist ein Elektrofahrrad dann kein Kraftfahrzeug, wenn der elektromotorische Hilfsantrieb eine Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kWh hat und ab einer Geschwindigkeit von 25 km/h nicht mehr unterstützt. Elektrofahrräder mit Anfahr- oder Schiebehilfe (sog. Pedelecs) sind dann kein Kraftfahrzeug, wenn diese ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers eine Geschwindigkeit von maximal sechs km/h erreichen. Im Folgenden ist also zunächst zu unterscheiden, ob das Elektrofahrrad verkehrsrechtlich noch als Fahrrad oder bereits als Kraftfahrzeug gilt.
Einstufung als Fahrrad
Wird ein Elektrofahrrad überlassen, das als Fahrrad einzuordnen ist (u. a. keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht), gilt lohnsteuerlich:
- Erfolgt die Überlassung zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn ab dem 01.01.2019, bleibt der geldwerte Vorteil steuerfrei (§ 3 Nr. 37 EStG).
- Überlassungen bei Gehaltsumwandlung: Überlassungen ab dem 01.01.2019 sind im Jahr 2019 nur mit ein Prozent des halbierten UVP und ab 2020 nur mit ein Prozent eines Viertels des UVP anzusetzen. Mit den Ansätzen ist die Privatnutzung insgesamt lohnsteuerlich erfasst. Ein zusätzlicher Ansatz (0,03-Prozent-Regelung) für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entfällt (Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautende Erlasse vom 23.11.2012, Az. S 2334, Abruf-Nr. 188727).
Umsatzsteuerlich finden sowohl die Steuerbefreiung als auch die Bruchteilsansätze von ½ bzw. ¼ keine Anwendung (BMF, Schreiben vom 07.02.2022, Az. III C 2 ‒ S 7300/19/10004 :001, I Abs. 2, II Abs. 4, Abruf-Nr. 227358).
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Arbeitgeber A überlässt seiner Mitarbeiterin E ab 2020 zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn ein Elektrofahrrad mit UVP 2.980 Euro zur privaten Nutzung. | ||||
A muss monatlich 4,63 Euro Umsatzsteuer abführen. |
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Der Arbeitgeber überlässt seinem Mitarbeiter F ab 2020 gegen Gehaltsumwandlung ein Elektrofahrrad mit UVP von 3.290 Euro. F verzichtet hierfür monatlich auf 50 Euro seines Gehalts.
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Sonderregelung für Fahrräder mit Wert unter 500 Euro
Für Fahrräder (theoretisch inkl. als Fahrrad geltende E-Bikes) mit Wert unter 500 Euro bietet das BMF eine erfreuliche weitere Erleichterung. Demnach wird bei Überlassungssachverhalten ab sofort und für noch offene Fälle auf eine Umsatzbesteuerung verzichtet (BMF, Schreiben, Tz. II Abs. 3 letzter Satz; Abschn. 15.24 Abs. 3 Sätze 4 - 6 UStAE).
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Der Arbeitgeber überlässt seiner Mitarbeiterin L ein Fahrrad mit UVP von 495 Euro zur privaten Nutzung.
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Einstufung des E-Bikes als Kfz
Wird ein Elektrofahrrad aufgrund seiner Leistungsmerkmale verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug eingestuft, gelten lohnsteuerlich die identischen Regeln wie bei der Überlassung von reinen Elektrofahrzeugen.
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Der Arbeitgeber überlässt seiner Mitarbeiterin T ab 01.01.2020 ein E-Bike mit einer Nenndauerleistung von 0,45 kWh und einer Motorunterstützung auch über eine Geschwindigkeit von 25 km/h. Das E-Bike hat einen UVP von 3.895 Euro. T nutzt dieses für Privatfahrten sowie für die arbeitstäglichen Fahrten von der Wohnung zum zwölf km entfernten Betrieb.
Da das E-Bike als Kraftfahrzeug gilt, ist der Vorteil aus den Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ebenfalls als geldwerter Vorteil zu erfassen: Der monatliche Vorteil unter Berücksichtigung des Bruchteilsansatzes berechnet sich wie folgt:
Umsatzsteuerlich gilt ‒ genauso wie bei Fahrrädern ‒ der Bruchteilsansatz nicht. Die monatliche Umsatzsteuerschuld wird wie folgt berechnet:
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Übereignung von E-Bikes in Leasingfällen
In der Praxis werden E-Bikes häufig vom Arbeitgeber für 36 Monate geleast und an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen. Bei diesen Sachverhalten ist es auch üblich, dass der Arbeitnehmer das E-Bike anschließend zu einem festgelegten Preis erwerben kann. In anderen Fällen erwirbt der Arbeitgeber selbst das E-Bike und schenkt es dann dem Arbeitnehmer. Wie derartige Sachverhalte lohnsteuerlich zu behandeln sind, hat das BMF mit Schreiben vom 17.11.2017, Tz. 4b (Az. IV C 5 ‒ S 2334/12/10002-04, Abruf-Nr. 197765) geregelt. Demnach wird aus Vereinfachungsgründen nach 36 Monaten ein Wertansatz von 40 Prozent des auf volle 100 Euro abgerundeten UVP des Herstellers, Importeurs bzw. Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme akzeptiert (dies entspricht rechnerisch einem Wertverlust von 20 Prozent pro Jahr).
Wichtig | Es kann auch ein niedrigerer Restwert angesetzt werden, sofern dieser z. B. durch Verkaufsangebote nachgewiesen und dokumentiert wird.
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Der Arbeitgeber least ab 01.07.2018 bei einem Fahrradhändler ein E-Bike mit UVP von 3.249 Euro für 36 Monate und überlässt es dem Arbeitnehmer Z zur privaten Nutzung. Nach Ablauf der Leasingzeit zum 30.06.2021 kann Z das E-Bike unmittelbar beim Leasinggeber für 1.000 Euro erwerben.
Der verbilligte Kauf führt ‒ da durch das Dienstverhältnis veranlasst ‒ zu einem geldwerten Vorteil, der sich wie folgt berechnet: | ||||||||
Umsatzsteuerlich ist vom Arbeitgeber nichts zu veranlassen, da der Verkauf unmittelbar zwischen dem Fahrradhändler und dem Arbeitnehmer stattfindet. Zudem wird der Fahrradhändler seinen Abgabepreis kaufmännisch kalkuliert haben, sodass der Abgabepreis auch als marktüblich anzusehen sein dürfte. |
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Nach Ablauf der 36-monatigen Leasingzeit erwirbt der Arbeitgeber das E-Bike für 1.000 Euro (brutto). Er verkauft es ‒ da es entgegen seiner Erwartung im Unternehmen doch nicht genutzt wird ‒ einen Monat später an Z für 500 Euro.
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Wichtig | Die vorgenannten Regeln gelten für Übereignungen in Leasingfällen und auch, wenn der Arbeitgeber das E-Bike von Beginn an gekauft hat.
Das o. g. BMF-Schreiben regelt wörtlich die Behandlung von (Elektro-)Fahrrädern, sodass der 40-Prozent-Wertansatz jedenfalls für E-Bikes gilt, die noch als Fahrrad eingestuft sind. Es dürfte wohl nichts dagegen sprechen, das gleiche Prinzip auch bei E-Bikes anzuwenden, die als Kraftfahrzeug gelten.
E-Scooter
Nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV vom 06.06.2019) handelt es sich bei einem E-Scooter um ein Kraftfahrzeug. Das hat zur Folge, dass die oben beschriebenen lohn- und auch umsatzsteuerlichen Regelungen für als Kraftfahrzeug eingestufte Elektrofahrräder Anwendung finden.