· Fachbeitrag · Lohnabrechnung
Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber: Pflicht oder Kür?
von StB Volker Grasmück, Walsheim
| Mit einem Lohnsteuer-Jahresausgleich kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zu viel einbehaltene monatliche Lohnsteuer erstatten, sofern die Lohnsteuer nach der Jahrestabelle niedriger ausfällt. Das spart dem Arbeitnehmer eine Einkommensteuer-Veranlagung. Wann der Arbeitgeber einen Lohnsteuer-Jahresausgleich für seine Arbeitnehmer durchführen muss und was er dabei zu beachten hat, zeigt der folgende Beitrag. |
Sinn und Zweck des Lohnsteuer-Jahresausgleichs
Die für den einzelnen Monat einzubehaltende Lohnsteuer bemisst sich nach der Monatslohnsteuertabelle. Die Jahreslohnsteuer entspricht dann der Summe der monatlichen Lohnsteuerbeträge, sofern der Arbeitnehmer ganzjährig einen etwa gleichbleibenden Lohn bezieht. Erhöht oder vermindert sich der Monatslohn im Laufe des Kalenderjahres, erhöht oder vermindert sich auch die entsprechende Lohnsteuer. Hierdurch kann die während des Jahres einbehaltene Lohnsteuer von der insgesamt zu erhebenden Jahreslohnsteuer, die der festzusetzenden Einkommensteuer entsprechen soll, abweichen.
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Ein Arbeitnehmer wird zum 01.01.2016 eingestellt und bezieht innerhalb der Probezeit einen Monatslohn von 4.000 Euro; monatliche Lohnsteuer 721,16 Euro. Ab 01.07.2016 erhöht sich der Lohn auf 4.050 Euro; monatliche Lohnsteuer 736,33 Euro. Ab 01.10.2016 übt er eine höherwertigere Tätigkeit aus und bezieht in den letzten drei Monaten einen Lohn von 4.500 Euro; monatliche Lohnsteuer 886 Euro.
Lösung:
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Pflicht, Wahlrecht oder Verbot?
§ 42b EStG regelt abschließend, ob der Arbeitgeber einen Lohnsteuerjahresausgleich durchführen muss oder kann. Danach gilt
- eine Durchführungspflicht, sofern der Arbeitgeber zum 31.12. mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt,
- ein Durchführungswahlrecht, sofern die Angestelltenzahl zum 31.12. unter zehn liegt,
- ein Durchführungsverbot in den Fällen, in denen ein korrekter Lohnsteuereinbehalt nicht mehr gewährleistet ist.
Hier die acht wichtigsten Ausschlusstatbestände des § 42b Abs. 1 S. 3 EStG:
- 1. Der Arbeitnehmer beantragt, keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchzuführen (kommt in der Praxis selten vor).
- 2. Die Besteuerung erfolgte ganz oder teilweise nach Steuerklasse V oder VI.
- 3. Die Besteuerung erfolgte für einen Teil des Ausgleichsjahres nach den Steuerklassen II, III oder IV.
- 4. Bei der Lohnsteuerberechnung ist ein Freibetrag oder Hinzurechnungsbetrag zu berücksichtigen, oder das Faktorverfahren wurde angewendet.
- 5. Der Arbeitnehmer hat bestimmte Lohnersatzleistungen bezogen (z. B. Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld, Mutterschaftsgeldzuschuss nach dem Mutterschutzgesetz, Aufstockungsbeträge nach dem Altersteilzeitgesetz).
- 6. Im Lohnkonto ist der Großbuchstabe U eingetragen.
- 7. Im Kalenderjahr wurden lediglich Teilbeträge der Vorsorgepauschale beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt.
- 8. Der Arbeitnehmer hat Arbeitslohn bezogen, der nach einem DBA oder nach dem Auslands-Tätigkeits-Erlass vom Lohnsteuerabzug befreit war.
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Zeitpunkt des Lohnsteuer-Jahresausgleichs
Der Lohnsteuer-Jahresausgleich ist nach § 42b Abs. 3 EStG
- frühestens im Lohnzahlungszeitraum Dezember möglich und
- spätestens im März des Folgejahres zulässig. Nach Übermittlung der elektronischen Lohnsteuer-Bescheinigung darf der Arbeitgeber den Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht mehr durchführen.
PRAXISHINWEISE |
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Besonderheiten bei der Ermittlung des Arbeitslohns
Welche Zuwendungen der Arbeitgeber in den Lohnsteuer-Jahresausgleich einbeziehen muss und welche nicht, zeigt die nachfolgende Übersicht:
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Einzubeziehende Zuwendungen | Nicht einzubeziehende Zuwendungen |
Steuerpflichtiger Barlohn | Steuerfreier Arbeitslohn (z. B. Leistungen zur bAV, Kindergartenzuschüsse, Reisekosten) |
Steuerpflichtige Sachbezüge (z. B. Firmenwagen, Kost und Logis) | Pauschalierter Arbeitslohn (z. B. Zuschüsse für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte, Gestellung von Kantinenmahlzeiten) |
Ermäßigt besteuerte Abfindungen oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeit
- bleiben bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs grundsätzlich außer Ansatz.
- können auf Antrag des Arbeitnehmers nach § 42b Abs. 2 S. 2 EStG in den Jahresausgleich einbezogen werden.
- Macht der Arbeitnehmer vom Wahlrecht Gebrauch, zählen diese Vergütungen zum Jahreslohn, für den die Jahreslohnsteuer zu ermitteln ist.
- Eine Einbeziehung macht nur Sinn, sofern sich auch bei Anwendung der maßgebenden Jahreslohnsteuertabelle noch eine günstigere Lohnsteuer ergibt, als dies bereits im laufenden Jahr unter Berücksichtigung der Steuerermäßigung (Fünftel-Regelung des § 34 EStG) der Fall war.
PRAXISHINWEISE |
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Wichtig | Haben sich die ELStAM im Laufe des Jahres geändert, hat der Arbeitgeber - sofern ein Lohnsteuer-Jahresausgleich dann überhaupt zulässig ist - die für den letzten Lohnzahlungszeitraum des Ausgleichsjahres (Dezember) maßgebenden ELStAM zugrunde zu legen.
Ergebnis der Berechnungen
Die Reaktion des Arbeitgebers auf das Berechnungsergebnis des Jahresausgleichs hängt davon ab, ob dieses zu einer Erstattung oder Nachzahlung führt.
Berechnung ergibt Erstattung
Den Betrag, um den die Jahreslohnsteuer die bisher einbehaltenen Lohnsteuerbeträge unterschreitet, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu erstatten. Die Erstattung erfolgt regelmäßig im Rahmen der Lohnabrechnung des Monats, in dem der Lohnsteuer-Jahresausgleich durchgeführt wurde.
Berechnung ergibt Nachzahlung
Ergibt sich im Rahmen des Lohnsteuer-Jahresausgleichs, dass bisher zu wenig Lohnsteuer einbehalten wurde, sind folgende Fälle zu unterscheiden:
- Wurde der Lohnsteuerabzug zutreffend durchgeführt, muss der Arbeitgeber nichts veranlassen. Die Nachforderung der zu wenig einbehaltenen Lohnsteuer erfolgt ggf. im Rahmen einer Einkommensteuer-Veranlagung.
- Basiert die Nachzahlung darauf, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer während des Jahres in unzutreffender Höhe einbehalten hat, ist er verpflichtet, die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer nachträglich abzuführen.
Besonderheiten zum Bestehen des Dienstverhältnisses
Ein Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber ist nur zulässig, sofern das Dienstverhältnis ganzjährig zu diesem (einen) Arbeitnehmer besteht.
- Es reicht nicht aus, dass der Arbeitnehmer ganzjährig beschäftigt ist (bei mehreren Arbeitgebern).
- Unschädlich ist es, wenn der Arbeitnehmer nicht ganzjährig Arbeitslohn bezogen hat (z. B. bei unbezahltem Urlaub oder längerer Arbeitsunfähigkeit).
- Ein Beginn oder Ende der unbeschränkten Steuerpflicht (z. B. Zuzug aus dem Ausland, Wegzug in das Ausland) schließt den Jahresausgleich aus.
Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber ist nach § 42b Abs. 4 EStG verpflichtet, die für das Ausgleichsjahr erstattete Lohnsteuer gesondert im Lohnkonto einzutragen.
Wichtig | In der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (Zeile 4) hingegen sind die gezahlten und erstatteten Lohnsteuerbeträge zu saldieren. Hier taucht nur eine Gesamtsumme ohne gesonderten Ausweis der im Lohnsteuer-Jahresausgleich erstatteten Beträge auf. Gleiches gilt für den Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer.
Weiterführender Hinweis
- Beitrag „So führen Sie ein Lohnkonto richtig“, Ausgabe 6/2016, Seite 94 → Abruf-Nr. 43982522