23.08.2001 · IWW-Abrufnummer 011073
Bundessozialgericht: Urteil vom 17.05.2001 – B 12 KR 34/00 R
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESSOZIALGERICHT
Im Namen des Volkes
Urteil
Verkündet am 17. Mai 2001
in dem Rechtsstreit
Az: B 12 KR 34/00 R
Klägerin und Revisionsklägerin,
gegen
Beklagte und Revisionsbeklagte,
beigeladen:
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Peters, die Richter Balzer und Dr. Schlegel sowie die ehrenamtlichen Richter Overländer und Koch
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist, ob die Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Der Ehemann der Klägerin betrieb bis 1989 als Einzelunternehmer den Verkauf von Kühlfahrzeugen und den Handel mit Getränkefahrzeugen. In diesem Betrieb war die Klägerin seit dem 1. Oktober 1986 aufgrund eines "Ehegatten-Arbeitsvertrages" vom 26. November 1986 beschäftigt und für das gesamte Rechnungswesen zuständig. Im November 1988 gründeten die Klägerin und ihr Ehemann die I. GmbH. Diese übernahm ab 1989 das Vermögen und die Verbindlichkeiten des bisherigen Einzelunternehmens. Eine Änderung des Arbeitsvertrages der Klägerin erfolgte nicht. Die GmbH beschäftigt neben der Klägerin und deren zum alleinigen Geschäftsführer bestellten Ehemann eine weitere kaufmännische Angestellte und zwei technische Aushilfskräfte. Die Klägerin und ihr Ehemann halten jeweils die Hälfte des Stammkapitals der GmbH (zunächst je 25.000 DM, später je 125.000 DM). Gemäß § 14 des Gesellschaftsvertrags bedürfen Beschlüsse der Gesellschafter einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen, Änderungen des Gesellschaftsvertrags werden einstimmig gefaßt. Die Gesellschafterversammlung ist beschlußfähig, wenn mehr als 60 % des Stammkapitals vertreten sind. Das der Klägerin zustehende "Nettoarbeitsentgelt" wird auf einem besonderen Verrechungskonto der GmbH gutgeschrieben, zu dessen Lasten die Klägern verfügen kann. Soweit über die Gutschriften nicht verfügt wird, gilt ein zinsloses Darlehen an die GmbH als vereinbart. Von dem ihr laut Arbeitsvertrag zustehenden Urlaub von 30 Werktagen im Jahr nimmt die Klägerin zwei Wochen in Anspruch.
Für die Klägerin wurden seit 1986 unter der Annahme einer abhängigen Beschäftigung Pflichtbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) und seit 1995 auch zur Pflegeversicherung abgeführt. Mit Bescheid vom 23. September 1997 stellte die beklagte Krankenkasse fest, die Klägerin sei nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 1998 zurück: Die Klägerin könne, obwohl sie nicht zur Geschäftsführerin bestellt sei, aufgrund ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen ihr nicht genehme Beschlüsse bezüglich ihres Arbeitsverhältnisses und damit die für ein Arbeitsverhältnis typische Abhängigkeit vom Arbeitgeber verhindern. Sie sei die einzige und gleichberechtigte Mitgesellschafterin ihres Ehemannes. Der für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeberverhältnis typische Interessengegensatz liege bei ihr nicht vor.
Das Sozialgericht (SG) hat die I. GmbH (Beigeladene zu 1), die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Beigeladene zu 2) und die BA (Beigeladene zu 3) zum Rechtsstreit beigeladen und die Klage mit Urteil vom 5. Mai 1999 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Pflegekasse (Beigeladene zu 4) beigeladen und die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 27. Juli 2000 zurückgewiesen. Zwar sei die nicht zur Geschäftsführerin bestellte Klägerin als Gesellschafterin rechtlich nicht in der Lage, ihre Weisungsgebundenheit bei der Beigeladenen zu 1) aufzuheben oder abzuschwächen. Die Weisungsbefugnis über Angestellte und Arbeiter sei mangels anderweitiger Regelung im Gesellschaftsvertrag Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung. Die rechtlich bestehende Abhängigkeit sei vorliegend jedoch durch die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere das Interesse der Klägerin am wirtschaftlichen Erfolg der Beigeladenen zu 1), ihre Beteiligung am Stammkapital, die Art der Lohnzahlung und die Voraussetzungen für eine Beschlußfassung durch die Gesellschafterversammlung derart überlagert, daß eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision sinngemäß eine Verletzung des § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 27. Juli 2000, das Urteil des SG vom 5. Mai 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 1998 aufzuheben und festzustellen, daß sie weiterhin aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung versicherungspflichtig sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung beitrags- bzw versicherungspflichtig ist.
Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 2), 3) und 4) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des LSG im Ergebnis für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat das klageabweisende Urteil des SG zutreffend bestätigt. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Die Kl ägerin ist bei der Beigeladenen zu 1) nicht versicherungs- und beitragspflichtig beschäftigt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, daß der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSGE 45, 199, 200 ff = SozR 2200 § 1227 Nr 8; SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 31 f; SozR 3-2400 § 7 Nr 15 jeweils mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht
Eine derartige Rechtsmacht haben GmbH-Gesellschafter regelmäßig dann, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 % des Stammkapitals innehaben (BSG SozR 4100 § 168 Nr 16). Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligung geringer ist, kann sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages die Rechtsmacht ergeben, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer mit seinem Anteil alle ihm nicht genehmen Entscheidungen verhindern kann (sog Sperrminorität, BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; SozR 3-4100 § 168 Nr 5 jeweils mwN). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Die Klägerin hält als Gesellschafterin zwar die Hälfte des Stammkapitals der Beigeladenen zu 1). Sie ist aber nicht deren Geschäftsführerin. Ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (vgl BSG Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92, USK 9448 S 253 = NJW 1994, 2974, 2975). Das LSG ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin aufgrund des Arbeitsvertrages vom 26. November 1986, der gemäß § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches auch gegenüber der Beigeladenen zu 1) wirksam ist, rechtlich an die Weisungen des Geschäftsführers gebunden ist: Dieser führt die laufenden Geschäfte der GmbH, zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten der GmbH gehört. Einschränkungen sieht der Gesellschaftsvertrag insoweit nicht vor; in ihm hat die Gesellschafterversammlung Weisungsrechte gegenüber Beschäftigten weder allgemein noch im Einzelfall an sich gezogen oder vorbehalten. Auch soweit die Klägerin innerhalb der GmbH für das Rechnungswesen verantwortlich ist, wird sie nur als Erfüllungsgehilfin des Geschäftsführers tätig; allein dieser ist kraft Gesetzes verpflichtet, für die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen (§ 41 Abs 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
Das LSG ist mit dem BSG aber zu Recht davon ausgegangen, daß eine rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein kann, daß eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dennoch ausscheidet. Das hat die Rechtsprechung für Beschäftigungen von Kommanditisten in der "eigenen" Kommanditgesellschaft wiederholt ausgesprochen, gilt aber ebenso für die Beschäftigung von Gesellschaftern in der GmbH (BSG USK 9448 S 253 = NJW 1994, 2974, 2975 mwN). Ob eine Überlagerung rechtlich bestehender Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse vorliegt, ist anhand einer Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Dabei kann auch der Umfang der tatsächlichen Einflußnahme der Gesellschafter auf die GmbH von Bedeutung sein, wobei auch an eine mittelbare Beeinflussung durch Verhinderung entsprechender Beschlüsse - beispielsweise der Entlastung des Geschäftsführers (§ 46 Nr 5 GmbHG) - zu denken ist (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 22 S 65).
Das LSG hat insoweit festgestellt, daß das der Klägerin zustehende Nettoarbeitsentgelt nicht auf ein eigenes Konto der Klägerin ausgezahlt, sondern auf einem Verrechnungskonto der GmbH gutgeschrieben werde. Soweit die Klägerin über die Gehaltsgutschrift nicht verfüge, werde diese als zinsloses Darlehen an die GmbH angesehen. Schließlich nehme die Klägerin von dem ihr arbeitsvertraglich zustehenden Urlaub von 30 Werktagen im Jahr lediglich zwei Wochen in Anspruch. - Das BSG ist an diese Feststellungen gebunden, weil insofern zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht sind (vgl § 163 des Sozialgerichtsgesetzes
Das LSG hat aus den genannten Feststellungen sowie aus dem Umstand, daß der Geschäftsführer gegen die Stimme der Klägerin keine Gesellschafterbeschlüsse fassen und sich als Geschäftsführer auch nicht entlasten könne, sowie der Überlegung, daß die Klägerin aufgrund ihrer hälftigen Kapitalbeteiligung ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Beigeladenen zu 1) habe, das über das Interesse einer sonstigen abhängig Beschäftigten hinausgehe, auf eine Überlagerung der rechtlich bestehenden Abhängigkeit der Klägerin durch die tatsächlichen Verhältnisse geschlossen. Es hat angenommen, daß bei der Klägerin mehr Kriterien für ihre Eigenschaft als Unternehmerin als für diejenige einer abhängig Beschäftigten sprechen. Diese Würdigung des Sachverhalts durch das LSG läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
Das Vorbringen der Revision greift demgegenüber nicht durch. Dies gilt zunächst für das Vorbringen der Klägerin, ihr Gehalt stehe ihr "im Ergebnis" voll zur Verfügung, obwohl es auf ein Verrechnungskonto der Beigeladenen zu 1) gezahlt werde. Das LSG hat festgestellt, daß das der Klägerin zustehende Nettoarbeitsentgelt auf einem besonderen Verrechnungskonto der GmbH gutgeschrieben wird, zu dessen Lasten die Klägerin zwar verfügen kann; soweit über die Gutschriften nicht verfügt wird, gilt jedoch ein zinsloses Darlehen an die GmbH als vereinbart. - Das LSG konnte diese Art der Lohnzahlung rechtlich unbedenklich als für ein Arbeitsverhältnis untypisch werten. Zwar darf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil das Arbeitsentgelt auf ein Konto des Arbeitsgebers überwiesen wird, wenn im übrigen die Voraussetzungen für ein reguläres Beschäftigungsverhältnis nachgewiesen sind (vgl BVerfG, stattgebender Kammerbeschluß vom 7. November 1995 - 2 BvR 802/90, NJW 1996, 833 für ein Ehegattenarbeitsverhältnis). Geht es jedoch darum, anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände festzustellen, ob abhängige Beschäftigung vorliegt, ist die Art der Kontoführung ein geeignetes Abgrenzungskriterium. Für die Beurteilung von Arbeitsverhältnissen unter Ehegatten hat es das BVerfG als verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich angesehen, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) an die tatsächliche Durchführung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses die Anforderung stellt, der Arbeitnehmerehegatte müsse die unter Fremden übliche Entlohnung erhalten und hierüber frei und vom Arbeitgeberehegatten uneingeschränkt verfügen können; als Indiz hierfür dürfe auch auf die Form des Entgeltzugangs beim Arbeitnehmerehegatten anhand des formalen Kriteriums der Kontoführung abgestellt werden (BFHE 158, 563, 572, BVerfG NJW 1996, 833). - Nichts anderes gilt, wenn es um die Frage geht, ob ein GmbH-Gesellschafter bei der GmbH, die ihm zur Hälfte gehört, beschäftigt ist. Auch insoweit spricht es gegen das Vorliegen abhängiger Beschäftigung, wenn die Vergütung auf ein betriebliches Konto des Arbeitgebers fließt, über das auch der "Beschäftigte" verfügen kann, über das ihm aber rechtlich nicht die alleinige Verfügungsmacht zusteht. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Die Revision hat weiter vorgetragen, Darlehen von Arbeitnehmern an den Arbeitgeber in Fällen der Not seien nicht ungewöhnlich, sondern die Praxis und selbst der Verzicht auf Gehalts- und Urlaubsansprüche oder Zulagen sei nicht ungewöhnlich. Jeder Arbeitnehmer habe ein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg seines Unternehmens, jedoch werde er nicht bereits dadurch zum Selbständigen, zum Mitunternehmer. - Dieses Vorbringen führt ebenfalls nicht zu einer Beanstandung der rechtlichen Beurteilung des LSG. Zwar sind Darlehen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber nicht ausgeschlossen (zu rechtlichen Grenzen der Erfüllung einer Lohnforderung vgl § 117 Abs 2, § 115 Abs 2 der Gewerbeordnung). Sie sind vor allem dann anzutreffen, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen will (vgl Küttner/Griese, Personalbuch 2001, Arbeitgeberdarlehen, RdNr 1). Die vorliegend gewählte Darlehensgewährung ist indes nicht auf den Fall der Not oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten der beigeladenen GmbH beschränkt, sondern ohne weitere Voraussetzungen fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1). Ob eine Darlehensklausel, wie sie im "Ehegatten-Arbeitsvertrag" der Klägerin enthalten ist, arbeitsrechtlich wirksam ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls konnte das LSG davon ausgehen, daß eine derartige Klausel ein eigenständiges Rechtsgeschäft neben dem Arbeitsvertrag und in Arbeitsverträgen im allgemeinen nicht vorgesehen ist. Sie ist entgegen der Ansicht der Revision für Arbeitsverträge nicht typisch.
Ebensowenig ist es die Regel, daß Arbeitnehmer ohne weiteres, insbesondere ohne zwingende betriebliche Gründe, einen Großteil des ihnen vertraglich zustehenden Urlaubs nicht in Anspruch nehmen. Das LSG hat ohne Rechtsverstoß auch hierin ein Indiz dafür gesehen, daß bei der Klägerin ein Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der Beigeladenen zu 1) vorliegt, das deutlich über das von abhängig Beschäftigten hinausgeht.
Soweit die Revision darauf hinweist, direkte Beteiligungen der Arbeitnehmer an ihren Betrieben durch Beteiligung an Gesellschaftsanteilen oder Aktienbeteiligungen seien nicht unüblich, sind Rechtsfehler des LSG ebenfalls nicht zu erkennen. Das LSG hat zutreffend nicht nur auf das Vorliegen einer Kapitalbeteiligung des Beschäftigten an sich, sondern auf deren konkreten Umfang und die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages abgestellt. Danach hält die Klägerin nicht nur eine für das Unternehmen nicht ins Gewicht fallende Mitarbeiterbeteiligung, sondern die Hälfte des Stammkapitals. Gegen ihren Willen können Gesellschaftsbeschlüsse nicht gefaßt werden. Der geschäftliche Erfolg oder Mißerfolg der Beigeladenen zu 1) wirkt sich unmittelbar auf die Klägerin aus, da ihr das Unternehmen zur Hälfte gehört. Sie selbst bestimmt zusammen mit ihrem Mitgesellschafter, der zudem ihr Ehemann ist, über die Verwendung des Gewinns und damit auch über die Unternehmenspolitik. Schließlich führt sie eigenverantwortlich das gesamte Rechnungswesen, einschließlich Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie den Zahlungsverkehr. Sie und ihr Ehemann haben sich durch diese Verabredung trotz der formalen Geschäftsführerposition des Ehemannes die Leitung des Betriebes faktisch aufgeteilt, indem die Klägerin die kaufmännische, ihr Ehemann die technische Leitung des Betriebes innehaben.
Nach allem ist es nicht zu beanstanden, daß das LSG aufgrund seiner Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis gelangt ist, daß bei der Kl ägerin die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse mehr gegen als für eine abhängige Beschäftigung sprechen und die Klägerin mehr auf der Unternehmer- als auf der Arbeitnehmerseite des Betriebes steht.
Entgegen der Ansicht der Revision folgt die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin auch nicht aus § 7 Abs 4 SGB IV. Diese Vorschrift wurde durch Art 1 Nr 1 Buchst b des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl 2000 I 2) mit Wirkung ab 1. Januar 1999 in das SGB IV eingefügt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vermutung des § 7 Abs 4 SGB IV anwendbar ist, wenn es um Personen geht, die in einem Unternehmen oder für ein Unternehmen arbeiten, das ihnen zu wesentlichen Anteilen gehört. Jedenfalls ist für die in § 7 Abs 4 SGB IV geregelte Vermutung kein Raum mehr, wenn die Würdigung der gesamten Umstände in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht.
Die Revision erwies sich daher als unbegründet und war zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.